Peter betrat seine Wohnung und schloss wütend hinter sich die Tür. <Was denkt sich eigentlich Strenlich dabei, immer mir die ganze Arbeit aufzubürden?>, grollte er innerlich. Er hatte sich auf einen schönen Abend mit Jordan gefreut, und nun musste er Undercover arbeiten, nur weil er verlauten ließ, dass er Halloween für Schwachsinn hielt und nicht daran glaubte, dass seltsame Dinge geschehen könnten. "Alles nur Märchen für abergläubische Spinner", knurrte er leise. Eilig zog er sich die Sachen aus und sprang unter die Dusche. Das warme Wasser entspannte seinen verkrampften Körper ein wenig und er beruhigte sich langsam. Er schloss seine Augen und genoss die angenehme Wärme. Seine Hand griff nach der Seife und verteilte sie mit leichten Bewegungen über seinen gesamten Körper. "Verdammt," rief er plötzlich, als ihm die Seife aus der Hand glitt. Vorsichtig bückte er sich und tastete nach ihr. Seine Augen brannten und er konnte sie nicht ganz öffnen, da er etwas von der Seife hineinbekommen hatte. Er schob die Duschtür ein Stück bei Seite, und machte einen Schritt vor, um nach dem Handtuch zu greifen. Plötzlich trat er auf etwas Glitschiges, doch bevor er reagieren konnte, verlor er das Gleichgewicht und fiel auf den Boden der Duschtasse. "Aaaaah!" vor Schmerz stöhnend hielt sich Peter seinen Kopf. "Peter Caine, du bist und bleibst ein Tollpatsch", schimpfte er mit sich selbst. Mühsam stand er auf und drehte das Wasser ab. Vorsichtig verließ er die Dusche, trocknete sich ab und betrachtete nachdenklich die dicke Beule an seinem Kopf im Spiegel. "Ok, mit einer Beule kann ich leben, solange es nichts Schlimmeres ist", grinste er sein Spiegelbild an. Hastig zog er neue Sachen an und sah sich suchend um. "Das gibt es doch nicht. Wo ist denn meine Dienstmarke?" Heiß und kalt durchfuhr es ihn, bei dem Gedanken sie verloren zu haben. "Ich könnte schwören, sie vorhin noch gehabt zu haben." Vergeblich suchte er seine ganze Wohnung ab. Seine Waffe war da, aber wo war die verdammte Marke? Verzweifelt seufzte er auf. <Vielleicht habe ich sie auf dem Revier vergessen?> "Oh Mann, ich glaube, ich werde alt", grinste er und eilte zur Wohnungstür. Er ließ einen letzten prüfenden Blick durch die Wohnung schweifen. <Nein, da ist keine Dienstmarke, hoffentlich befindet sie sich wirklich in meinem Schreibtisch> "Ich mag mir gar nicht vorstellen, was der Chief mir erzählt, wenn ich sie tatsächlich verloren habe", schluckte er schwer und rannte los. ***** Es war schon dunkel, als er kurze Zeit später das Revier erreichte. Er trat leicht beunruhigt ein, immer noch damit beschäftigt, wo wohl seine Marke sei und blieb dann abrupt stehen. <Was ist denn das? Innerhalb einer Stunde können doch nicht alle Möbel umgestellt worden sein, und wenn ja: Weshalb zum Kuckuck?> durchfuhr es ihn. Langsam ging er auf den Platz zu, an dem sein Schreibtisch eigentlich hätte stehen sollen. Aber da war nichts, statt dessen stand er vor einer riesigen Pflanze, die den halben Raum einnahm. Irritiert blickte er sich um. Was zur Hölle war hier los? Die Bürotür des Captains wurde aufgerissen und der Chief trat heraus. "Frank, was bedeutet das hier? Ich verstehe nicht. Was das soll?" Strenlich zog eine Augenbraue hoch und blickte Peter an, als sei dieser von einem anderen Stern. "Kennen wir uns?" Peter entwich ein leises Lachen und er klopfte ihm auf die Schulter. "Chief, wollen Sie mich auf den Arm nehmen?" Unwirsch schob Strenlich Peters Hand von seiner Schulter und machte einen Schritt gefährlich nah auf ihn zu. "Wenn Sie mich noch einmal anfassen, buchte ich sie ein. Verstanden?" Peter spürte Franks Atem und wich unwillkürlich einen Schritt zurück. "W...was ist denn los? Frank, ich bin es doch, Peter. Peter Caine. Detective Peter Caine." "Detective Caine? Wer soll das sein? Ich habe sie hier noch nie gesehen." Peter riss vor ungläubigem Erstaunen seine Augen weit auf und öffnete den Mund um etwas zu antworten, doch ihm fehlten schlichtweg die Worte. <Das kann doch nicht wahr sein. Ich werde doch mit Sicherheit von meinen Kollegen auf den Arm genommen!> Ein verschmitztes Grinsen machte sich auf Peters
Gesicht breit. "Okay, okay. Ihr hattet euren Spaß. Kommt ruhig
raus und lacht euch kaputt. Ich bin tatsächlich für einen Moment
darauf reingefallen. Ihr habt euch ja richtig Mühe gegeben, um mich
reinzulegen. Alleine die ganzen Möbel umzustellen..." Strenlich betrachtete ihn, als habe Peter einen leichten Dachschaden. "Junger Mann, ich weiß zwar nicht, was sie dazu bewegt, hier so einen Aufstand zu machen, aber das ist ein Polizeirevier und kein Zirkuszelt. Also sagen Sie endlich, was sie wollen, oder nehmen Sie ihre Beine in die Hände und machen einen Abflug", donnerte Strenlich los. Peter fasste sich verwirrt an den Kopf. "Wenn es wegen vorhin ist, Chief. Es tut mir leid, dass ich so wütend war. Ich hatte mich auf meinen Feierabend gefreut und, na ja...sie kennen ja mein Temperament", versuchte Peter sich zu entschuldigen. "Alles in Ordnung Chief?" Peter drehte sich um und blickte in Kermits Gesicht, dessen grüne Brille die Augen verdeckte und es ihm unmöglich machte, darin zu lesen. "Kermit, bin ich froh, dass du da bist! Ich fing schon an, an meinem Verstand zu zweifeln." Der Ex-Söldner zog seine Brille von der Nase und sah Peter so eisig an, dass diesem ganz schummrig wurde. "Ich wüsste nicht, dass man uns vorgestellt hat. Nur meine Freunde dürfen mich so nennen und ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie dazu gehören." Peter schnappte nach Luft und raufte sich sein Haar. "Leute, es reicht jetzt. Schluss damit. Ich weiß, dass heute Halloween ist, aber genug ist genug. Das finde ich nicht mehr witzig und ich will endlich meine Dienstmarke wieder haben. Verstanden?!" Der junge Cop spürte, wie langsam Wut in ihm hochstieg. Mittlerweile hatten sich Jody und Skalany zu ihnen gesellt und betrachteten interessiert das Geschehen. Peter machte einen Satz auf Jody zu und fasste sie an den Schultern. "Jody, sag du wenigstens etwas, damit ich verstehe." "Hey, Finger weg! Sie sind zwar ein schnuckeliges Kerlchen, aber mich fasst keiner einfach so an", schimpfte sie und stieß ihn zurück. "Was war das vorhin mit der Dienstmarke? Sie sagten, Sie seien ein Cop?", hakte Kermit nach. Peter wirbelte herum. "Ja, verflixt noch mal. Aber ich habe sie verloren. Sie muss hier irgendwo sein. Aber ihr habt ja sogar meinen Schreibtisch verschwinden lassen. Da muss sie drin liegen." Skalany schüttelte den Kopf. "Hier hat niemand etwas verändert. So stehen die Möbel schon seit Ewigkeiten. Kann es sein, dass Sie betrunken sind?" Der junge Mann holte tief Luft. Das Maß war nun endgültig voll. "Na gut, ich habe zwar keine Marke aber trotzdem kennt ihr sicher noch meine Waffe." Blitzschnell zog er sie aus seinem Halfter und hob sie siegessicher hoch. Mit allem hatte er gerechnet, doch nicht mit dem, was dann geschah. "Vorsicht! Er hat eine Waffe! Geht in Deckung!" Aufgeregte Schreie tönten durch den Raum und Peter registrierte wie sich seine Freunde und Kollegen verschanzten und ebenfalls ihre Waffen zogen. Ohne groß zu überlegen, kickte Peter mit einer schnellen Bewegung Kermit die auf ihn gerichtete Waffe aus der Hand. Dann hieb er Strenlich die Faust in den Magen, so dass dieser mit einem Aufschrei in die Knie ging. Anschließend schlug er ihm die Waffe aus der Hand, riss ihn hoch und hielt ihm seine Waffe an die Schläfe. "Waffen fallen lassen. Sofort!", schrie er Jody und Skalany an, welche nach leichtem Zögern der Aufforderung folgten. Kalter Schweiß stand Peter auf der Stirn, während er mit Strenlich als Schutzschild zum Ausgang drängte. <Was um Himmels Willen ist nur hier los?> stöhnte er innerlich auf. Blitzschnell stieß er Strenlich von sich und rannte hinaus, als sei der Teufel hinter ihm her. **************************************** Wie lange er durch die mittlerweile tief dunkle Nacht gerannt war, konnte Peter nicht mehr genau sagen. Nachdem er das Revier verlassen hatte, wollte er nur weg, weit, weit weg. Seinen Wagen hatte er voller Panik und Verwirrung stehen gelassen. Jetzt verfluchte er sich für seine Unbesonnenheit. Ohne Wagen war er ziemlich aufgeschmissen. Müde lehnte er sich gegen die Mauer in einer Seitenstraße und schloss erschöpft die Augen. Im Geiste durchlebte er noch einmal das vorangegangene Geschehen und konnte es sich noch immer nicht erklären. "Ich habe zwar schon von den tollsten Halloween Geschichten gehört, aber das ist doch alles nur Unsinn", murmelte er vor sich hin. Plötzlich riss er die Augen auf. "Paps, er kann mir sicher helfen." Hastig sah er sich um und machte sich auf den Weg zu seinem Vater. Nachdem er dort eintraf, überprüfte er zunächst die nähere Umgebung. Wenn er auf den Gedanken kam, zu seinem Vater zu gehen, kamen die Cops sicher ebenso darauf, doch trotz intensiver Suche, konnte er keinen seiner Kollegen sehen. Erleichtert sah er zur Wohnung seines Vaters hoch. <Bitte sei da Paps!> betete er innerlich. Der sanfte Schimmer von brennenden Kerzen ließ sein Herz höher schlagen. Schnell lief er die Treppe hoch und betrat den Raum. "Paps? Bist du da?", rief er laut, da von Caine keine Spur zu sehen war. "Paps?", wiederholte er, doch noch immer erhielt er keine Antwort. Enttäuscht wandte er sich zum Gehen, als er auf einmal den Schatten einer Gestalt wahrnahm. Bevor er noch etwas sagen konnte, wurde er am Arm gepackt und mit einem heftigen Schwung zu Boden geworfen. "Was wollen Sie hier? Wer sind sie?", fuhr Caine ihn böse an. Leicht benommen blinzelte Peter seinen Vater an und rappelte sich hoch. "Paps? Was soll das. Ich bin es, Peter, dein Sohn!" Caine schüttelte energisch den Kopf. "Mein
Sohn ist tot. Er starb vor vielen Jahren. Ich selbst habe ihn begraben.
Jemanden so anzulügen, ist absolut unwürdig. Ich möchte,
dass sie sofort meine Wohnung verlassen." "Aber Paps, bitte, was sagst du denn da? Seid ihr denn alle auf einmal verrückt geworden? Ich bin es wirklich. Ich bin Peter, dein Sohn. Erinnerst du dich nicht? Damals im Tempel, wir waren zusammen bis der Tempel einstürzte. Wir wurden getrennt und jeder dachte vom anderen er sei tot, aber das war nicht so. Wir haben uns wieder gefunden. Bitte, ich flehe dich an, das kannst du doch nicht vergessen haben", schrie Peter voller Verzweiflung. Prüfend sah er in die Augen seines Vaters, die jedoch statt Wärme und Liebe nur Wut und Zorn widerspiegelten. Alles drehte sich vor Peters Augen. Voller Entsetzen wich er zurück, als sein Vater eine Hand nach ihm ausstreckte. "Nein, nein. Ich muss hier raus. Das kann doch alles nicht wahr sein!" Sein Herz raste und sein Atem flog. Tränen rannen über sein Gesicht, als er in Richtung Ausgang taumelte. "Warum lasst ihr mich alle alleine? Womit habe ich das verdient? Paps, ich liebe dich doch", schluchzte Peter leise. Blind vor Tränen lief er zur Treppe und übersah einen kleinen Schemel der im Weg stand. Mit einem lauten Aufschrei stürzte er kopfüber in die Tiefe und schlug am Ende der Treppe hart auf. Das Letzte, was er sah, bevor ihn eine alles verschlingende Dunkelheit umhüllte, war das verwunderte Gesicht seines Vaters. "Paps", hauchte Peter noch, dann verlor er das Bewusstsein. ****************************************************** Ein lautes Dröhnen hämmerte in Peters Kopf und mühsam öffnete er seine Augen. Verwirrt blickte er sich um. Er lag in seinem eigenen Bett, in seiner Wohnung. Mit einem Ruck setzte er sich auf, was er sogleich bitter bereute. Sein Schädel schien zu platzen und er fasste sich vorsichtig an die Stirn. Er konnte einen Verband ertasten und darunter eine große Schwellung. "Aaah, du bist wach. Das ist gut." Erschrocken sah Peter in die Richtung, aus der die Stimme kam. Sein Vater stand im Türrahmen und hielt eine dampfende Tasse Tee in der Hand. "Paps?", fragte Peter zögernd. Überrascht zog Caine eine Augenbraue hoch und lächelte. "Selbstverständlich. Wer sollte ich sonst sein? Vielleicht hat der Schlag auf den Kopf ein wenig deinen Geist verwirrt." "A...aber vorhin, da sagtest du, du würdest mich nicht kennen. Und Frank, Kermit, Skalany und Jody ebenso. Ich bin weggerannt, sie wollten auf mich schießen und dann...", sprudelte es aus dem jungen Cop hervor. Verwundert setzte sich Caine neben seinen Sohn
auf das Bett. "I...ich verstehe das nicht, Paps. Was ist denn mit mir passiert?" "Ich kam vorbei, um dich zu sehen, als ich plötzlich spürte, dass etwas geschehen sein musste. Ich betrat deine Wohnung und fand dich bewusstlos in der Dusche liegen. Du bist wohl ausgerutscht und mit dem Kopf aufgeschlagen. Ich habe dich ins Bett getragen und deine Wunde verbunden. Du hast mir einen großen Schrecken eingejagt, mein Sohn." Liebevoll strich Caine Peter über das Gesicht. Ein tiefes Gefühl der Liebe und Geborgenheit erfüllte den jungen Mann. "Paps, es war schrecklich, was ich glaubte zu erleben. Keiner kannte mich, ich hatte niemanden. Ich war so alleine." Caine drückte Peters Hand. "Du wirst niemals alleine sein. Nun schlaf noch ein wenig. Morgen wird es dir wieder besser gehen." Er stand auf und löschte das Licht. "Ich werde heute nacht hier bleiben." Erleichtert atmete Peter tief durch, dann fiel sein Blick auf die Fensterbank auf der ein Halloweenkürbis stand, in dem eine Kerze brannte. "Ach ja, als Kermit hier war, hat er mir das für dich gegeben." Caine reichte seinem Sohn einen dunklen Gegenstand entgegen. Erstaunt griff Peter danach und als er im Schein der Kerze erkannte, was es war, stockte ihm der Atem. In der Hand hielt er seine Dienstmarke, und als er sie aufklappte, fiel das Blatt einer Grünpflanze tänzelnd auf sein Bett. "Er sagte, sie habe da gelegen, wo du sie vermutet hast." Verwirrt schloss Peter seine Augen. <Wie ist das möglich?> Nachdem sein Vater das Zimmer verlassen hatte, glaubte Peter für einen Moment ein hämisches Lachen vom Fenster her zu hören, bevor ihn die Müdigkeit übermannte und er, seine Dienstmarke fest umklammernd, in einen tiefen Schlaf fiel. Ende
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