Erkenntnisse Der Priester verbeugte sich und lächelte bescheiden, als sich die Beamten für seine Hilfe bedankten. Dann sah er zu, wie die Männer fortgeführt worden. Die beiden waren der Meinung gewesen, Unruhe und Schrecken verbreiten zu müssen und so die Bewohner der Straße durch diese Einschüchterung zu erpressen. Caine hatte ihnen sehr unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß sie damit im Irrtum waren. Ihren schmerzverzerrten wie gleichzeitig verblüfften Gesichtsausdrücken war zu entnehmen, daß sie wohl mit allem gerechnet hatten, nur nicht von einem für sie so unscheinbar wirkenden Mann eines Besseren belehrt zu werden. Ein dritter, der versucht hatte, durch eine kleine Seitengasse zu entkommen, wurde nach ein paar Minuten von seinem Sohn Peter zurückgeführt. Das wäre bis dato nichts ungewöhnliches gewesen. Nur diese Mal war der junge Polizist vom Kopf bis zur Brust in gleichen Maßen sowohl pitsch- als auch tropfnass. Er schubste den Mann ärgerlich seinen Kollegen zu und bemerkte dann den Blick seines Vaters. Zwar wortlos, aber mit hochgezogener Augenbraue - und sehr fragend. "Ich konnte doch nicht wissen, daß jemand gerade dann sein Abwaschwasser aus der Tür kippt, wenn ich einem Verbrecher hinterher jage." versuchte er, sich in einer Mischung aus Hilflosigkeit und Hektik zu rechtfertigen, während er dabei relativ erfolglos an seiner Lederjacke herum wrang und sich die nassen Haare aus der Stirn wischte. Wirklich viel brachte das nicht und erinnerte eher an den Anblick des sprichwörtlichen begossenen Pudels. "Soll ich Dir ein Handtuch und Duschbad bringen?" neckte ihn eine dunkle Stimme aus dem Hintergrund. "Brüllend komisch, Kermit!" grummelte Peter und verdrehte genervt die Augen. Das war mal wieder typisch. Er bekam die Ladung Wasser ab und sein Vater hatte sich bei seiner "Unterredung" mit diesen Burschen kaum von der Stelle bewegt. Auch schien der Priester kaum außer Atem zu sein, während Peter noch immer nach Luft rang und ein bisschen den Eindruck machte, als bräuchte er dringend ein Sauerstoffgerät. --- Um Caines Augen tanzten verdächtige Lachfalten, als er seinen durchnässten Sohn betrachtete. Bevor sich seine Mundwinkel all zu offensichtlich nach oben verziehen konnten, wurde er durch einen kleinen Jungen abgelenkt, der sich aus der Menge der neugierigen Zuschauer gelöst hatte und direkt auf ihn zu rannte. "Das war toll, Mr. Caine ! Genau wie der Superheld aus dem Fernsehen, der immer die Bösen verhaut ! Das war so cool !" sprudelte es aus ihm heraus, während er dabei den Kampf mit den passenden Geräuschen nachstellte. Beides entsprach zwar eher der Kopie einer quietschbunten Comic-Serie, konnte aber seiner kindlicher Begeisterung keinen Abbruch verleihen. "Christopher David !!" schalt ihn kurz darauf eine weibliche Stimme. Eine junge Frau kam mit eiligen Schritten auf den Jungen zu und sah ihn streng an. "Du sollst doch Mister Caine nicht belästigen ! Außerdem habe ich Dir gesagt, daß Du an meiner Seite bleiben solltest." An Caine gewandt, sagte sie: "Vielen Dank, Mr. Caine! Jetzt können wir endlich wieder in Ruhe schlafen." Der Priester verbeugte sich leicht. Dann strich er dem Jungen über das Haar, dessen Augen immer noch vor Begeisterung strahlten. "Sie sind so cool, Mr. Caine !" wiederholte dieser noch einmal mit glänzenden Augen, bevor er an der Hand seiner Mutter weiter gehen mußte.
Der Priester wandte sich wieder seinem Sohn zu. "Wollten wir nicht zusammen zu Mittag essen ?" "Jetzt ??" kam es völlig entgeistert von Peter zurück. "Ich bin naß!" Dann schaute er an sich herunter und fügte noch brummiges "... und ich tropfe!" hinterher. "Sagtest Du nicht, Du könntest – wie war Deine Formulierung - ein ganzes Pferd essen ? Ich bin mir nicht sicher, ob wir so ein Gericht auf der Speisekarte finden werden, aber wir können ja einmal den Koch fragen." fuhr der Priester anscheinend unbeeindruckt fort. "Paps ! ICH BIN NASS !" wiederholte Peter noch einmal in eindringlichem Tonfall. So, als ob er sich nicht sicher war, daß sein Vater diese Tatsache auch wirklich verstanden hatte. "Das ist richtig! Du ... bist naß ..." Caine zuckte mit verdächtig unschuldigen Blick mit den Schultern, schob sich in aller Ruhe seinen Hut in den Nacken, um dann mit einer durchaus akzeptablen Superhelden-Stimme zu sagen: "Und ich ... bin cool!" Dann drehte er sich um, ging in Richtung Restaurant und ließ einen offensichtlich nicht ganz so coolen jungen Cop zurück, der ihm mit offenen Mund hinterher starrte. Immer noch naß. Und immer noch tropfend. Und wenn ihm niemand ein Handtuch geliehen hat, steht er da noch heute. Und tropft. ENDE
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