Autor: Lady Charena
 

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The dream has gone – darkness all over the land

You held the cards – but somehow they slipped thru’ your hands

Now you’re lost, drifting away

And love’s a feeling forbidden.

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„Hey, was ist mit dir los, Rocky?“

Cindy folgte dem älteren Mann in das schäbige Hotelzimmer, in dem er wohnte. Sie konnte ihn einfach nicht dazu überreden, dass er in ihr kleines, aber gemütliches Appartement zog. Es war das erste Mal in den über zwei Monaten, in denen sie sich kannten, dass er ihr gestattete, mit zu kommen. Oder vielleicht bemerkte Rocky überhaupt nicht, dass sie noch an seiner Seite war? Er benahm sich schon den ganzen Abend über so merkwürdig, wirkte in Gedanken verloren.

Der Raum war überraschend sauber. Die Möbel altmodisch und abgestoßen, man merkte ihnen an, dass sie schon viele Gäste hatten kommen und gehen sehen. Die Sonne oder vielleicht der Rauch unzähliger Zigaretten, der noch immer bitter in den staubig wirkenden Vorhängen hing, hatten die wohl ursprünglich weißen Streifen der weiß-blaugrau-gestreiften Tapete vergilbt. Sie setzte sich auf die Kante des ordentlich gemachten Bettes und sah auf die fadenscheinigen Stellen des flachen Kopfkissens. Zumindest schien die Bettwäsche sauber zu sein, doch Cindy hätte niemals hier schlafen wollen. Sie fragte sich, wie Rocky dieses Leben aushielt. Vielleicht verbrachte er deshalb so viel Zeit im Casino.

„Du hast den ganzen Abend über kaum fünf Worte mit mir gesprochen. Das ist sogar ungewöhnlich für dich.“ Sie stützte den Ellbogen aufs Knie und legte das Kinn in die Handfläche. So blickte sie zu dem Mann auf, der lässig an die gegenüberliegende Wand gelehnt da stand und sich eben eine neue Zigarette anzünden wollte.

Plötzlich hielt Rocky Dalton inne und betrachtete die Zigarette, als wüsste er nicht mehr, was er damit hatte anfangen wollen. Seine Finger zitterten ganz leicht, als er das goldene Feuerzeug in die Tasche seines Jacketts schob und die unangezündete Zigarette zurück ins Päckchen.

„Dieser junge Mann heute im Casino... Peter... das hat dir ganz schön zugesetzt, nicht wahr?“ Aufmerksam beobachtete sie Rocky. „Irgendetwas, dass er zu dir gesagt hat, beschäftigt dich.“

„Er war sehr... verzweifelt.“ Dalton sah auf seine Hände, als wüsste er nicht, was er damit anfangen solle – oder als ob er sich nicht einmal sicher sei, das sie zu ihm gehörten – dann begann er seine Schläfen zu reiben.

Cindy stand auf und trat dicht zu ihm. „Du hast wieder Kopfschmerzen.“ Sie hob die Hand, strich sein Haar aus der Stirn zurück, so dass das feine, kaum sichtbare Geflecht weißer Narben zu erkennen war, das sich hell von seiner Haut abhob. Von seinem Körper strahlte eine fiebrige Hitze ab. Er hatte ihr erzählt, dass sie von einem Autounfall stammten und dass er mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe des Wagens geprallt wäre. Als sie sich zum ersten Mal trafen, leuchteten die Schnittwunden hellrot, doch sie waren außergewöhnlich schnell verheilt und nun zu kaum sichtbaren Narben verblasst.

Rocky schien von dem Unfall nichts weiter zurückbehalten zu haben, als diese Narben und Anfälle Kopfschmerzen, denen oft eine Art Orientierungslosigkeit folgte. Cindy hatte nichts davon gewusst – und sie hätte es auch sicher nie erfahren - wäre Rocky nicht eines Abends im Casino ohnmächtig geworden. Die meisten nahmen einfach an, er hätte zu viel getrunken. Zwei Männer hakten ihn unter und schafften Rocky zu der Sitzecke bei der Bar. Sie überließen ihn Cindys Obhut. Bald darauf war der Spieler wieder zu sich gekommen und hatte es abgelehnt, sich von einem Arzt untersuchen zu lassen. Cindy bestellte bei Lisa Wasser, als sie den üblichen Whiskey für Dalton bringen wollte und holte die Geschichte des Unfalls aus ihm heraus – wenn es Rocky auch sichtlich widerstrebte.

Er hielt ihre Hand für einen Moment fest zwischen seinen, dann ließ er sie los. „Bitte mache dir keine Sorgen. Es fehlt mir nichts.“

Cindy schüttelte den Kopf, heute wollte sie sich nicht einfach so abspeisen lassen. Ihre Gefühle für ihn gaben ihr das Recht, sich Sorgen um ihn zu machen. Seine Haut schimmerte gräulich mit Erschöpfung und seine Augen waren rot. „Ich kann dir Tabletten gegen die Schmerzen besorgen, das ist kein Problem.“ Sie trat nicht zur Seite, hielt ihn durch ihre simple Präsenz förmlich an die Wand genagelt. „Du solltest dich wirklich von einem Arzt untersuchen lassen. Ich kenne einen, der...“

„Cindy.“ Rocky sprach nicht weiter, hob nur die Hand und legte sie an Cindys Wange.

„Du bist krank“, entgegnete sie leise. „Du hast Fieber.“

Rocky schüttelte den Kopf. „Ich muss nur... meditieren...“ Er runzelte die Stirn, als hätte er ein Fremdwort ausgesprochen, das er nur einmal gehört hatte und über dessen Bedeutung er sich nicht ganz im Klaren war.

„Meditieren?“, wiederholte Cindy.

„Ja. Nein. Schlafen.“ Rocky ließ die Hand sinken. „Ich muss schlafen. Schlafen. Das ist alles.“ Er schloss für einen Moment die Augen – und als er sie wieder öffnete, war sein Blick klarer. „Ich werde dich jetzt nach Hause bringen.“

„Warum lässt du mich nicht hier bleiben?“ Cindy legte die Hand auf seinen Arm. „Das Bett ist groß genug für zwei.“

Wieder schüttelte Dalton den Kopf. Er nahm ihre Hand von seinem Arm, hob sie zum Mund, küsste ihre Handinnenfläche und bog dann ihre Finger darum, wie um ihr zu sagen, sie solle die Berührung festhalten. „Ich muss jetzt alleine sein. Cindy.“

Sie gab sich geschlagen. Wie sie es bisher jedes Mal getan hatte. Immer wich er allen Fragen aus, die über privates Arrangement hinaus gingen. „Na gut. Wenn du das wirklich willst.“ Sie wandte sich von ihm ab und holte ihre Handtasche, die sie auf dem Bett hatte liegen lassen. „Aber es ist nicht nötig, dass du mich nach Hause bringst. Ich nehme ein Taxi.“ Cindy lächelte, als er den Mund öffnete, um zu protestieren. „Mir passiert schon nichts. Das Theater hat ein Abkommen mit einem seriösen Taxiunternehmen, damit wir nachts sicher nach Hause kommen. Der Fahrer wird direkt vor das Gebäude fahren und warten, bis ich drinnen bin.“ Sie beugte sich vor und küsste ihn sanft auf den Mund, wie um jede weitere Widerrede im Keim zu ersticken. „Brauchst du mich morgen Abend?“, fuhr sie dann fort. „Ich kann für eine kranke Kollegin einspringen. Es ist keine große Rolle, aber wenn ich ihnen gefalle, dann buchen sie mich vielleicht als ständige Vertretung.“

„Du hast schon so viel für mich getan, ich kann dir nicht genug danken.“ Rocky lächelte, aber es war ein müdes Lächeln. „Es ist ohnehin besser, wenn du morgen nicht im Casino bist.“

Sie blickte ihn prüfend an. „Wieso? Weißt du etwas, dass ich nicht weiß?“

Wieder lächelte er und dieses Mal erreichte es auch seine Augen. „Ich weiß viele Dinge, die du nicht weißt, Cindy.“ Er strich ihr übers Haar. „Gute Nacht, Cindy. Sei’ vorsichtig.“

Sie seufzte leise. „Ich habe das Gefühl, dass ich das zu dir sagen sollte. Ich hoffe, du findest Ruhe.“ Sie küsste ihn auf die Wange.

Rocky sah ihr nach. Erst, als sich die Tür längst hinter ihr geschlossen hatte, antwortete er: „Das hoffe ich auch.“

* * *

Rocky stand vor dem altersblinden Spiegel im Badezimmer. Langsam hob er die Hände, kämmte mit den Fingern durchs Haar, zog es straff nach hinten, um es im Nacken zusammen zu fassen. Ein Fremder sah ihm aus dem Spiegel entgegen, jemand den er kennen sollte. Sein Kopf schmerzte und wenn er die Augen schloss, sah er ein Kaleidoskop aus Bildern, das ohne Sinn blieb. Und immer wieder der junge Mann aus dem Casino, der ihn in diese Wohnung mitgenommen hatte...

Er öffnete die Augen. „Meine Wohnung. Mein Sohn! Peter”, sagte er laut. Die Welt rückte wieder in Fokus. Nicht Rocky Dalton. „Caine.“ Er sprach den Namen laut aus, als müsse er sich selbst davon überzeugen. Er streckte die Hand aus, berührte das verschwommene Bild im Spiegel. Genauso fühlte er sich. Die Vision, der Unfall, die Erinnerungen an Rocky Dalton – an einen Weg, Peter zu retten - alles bildete einen Strudel wirbelnder Bilder und Gedanken, deren Gefangener er war. Peter... Er erinnerte sich an den Schmerz in den Augen seines Sohnes, an den stummen Vorwurf. Wieder einmal hatte er ihn im Stich gelassen. Seine Hand fiel von dem kalten Spiegel weg. „Es tut mir leid, Peter.“ Er hoffte, er würde ihm verzeihen. Wenn dies hier alles vorbei war, wenn Peter in Sicherheit sein würde. Er sah keinen anderen Weg...

Er war so müde. Er wandte sich ab, verließ den Raum. Vielleicht wusste er wieder, wer er war, wenn er ein paar Stunden geschlafen hatte... Caine legte sich auf das Bett, rollte sich zusammen als wäre ihm kalt. Peter Bild folgte ihm in unruhige Träume.

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Episode: „Who Is Kwai Chang Caine? (Caine und Rocky Dalton)“

Auf dem Weg nach Hause von einem Rendezvous mit Mary-Margaret Skalany wird Caine von einem Auto angefahren. Danach scheint er wie vom Erdboden verschluckt. Ganz Chinatown rätselt über das spurlose Verschwinden des Priesters. Die Bemühungen von Kermit und Peter, ihn ausfindig zu machen, bleiben erfolglos, genau wie Donny Double Ds Fischzüge in der Unterwelt. Drei Monate später findet in einem Casino eine Polizeikonferenz statt. Ein paar Tage vorher führt Kermit Captain Simms in eben dieses Casino aus – und lernt dort einen Mann, einen Berufsspieler namens Rocky Dalton, kennen - der Caine verblüffend ähnlich sieht. Wenn er auch weder in Lebensstil, Sprache oder Kleidung dem Shaolinpriester gleicht. Peter ist sich jedoch sicher, seinen Vater gefunden zu haben. Caine kann sich aber offenbar weder an seinen Sohn, noch an sein früheres Leben erinnern. Auch der Rest der Gang des 101sten erkennt Caine zweifelsfrei wieder; sehr zu Mary-Margarets Missfallen, der Rockys junge, blonde und ausgesprochen attraktive Freundin ins Auge sticht... Ein Ausflug zu Caines Loft weckt keine Erinnerungen bei Rocky, erregt jedoch die Aufmerksamkeit von Jack Wong, dem Lakaien von Bon Bon Hi. Als Rocky und Peter angegriffen werden, lässt Rocky mit einer Geste eine Flasche in der Hand eines Angreifers zerspringen, der sich mehrere Meter von ihm entfernt befindet. Und Jack wittert eine gute Gelegenheit... Rocky weigert sich jedoch rundherum, jemals etwas von Kung Fu gehört zu haben. Peters Verwirrung wächst immer mehr, besonders als am darauffolgenden Morgen Master Kahn auf dem Revier auftaucht und von einem Spieler namens Rocky Dalton berichtet, den Caine kurz nach Lauras Tod in San Francisco getroffen hatte. So scheint es, dass Caine bei dem Unfall sein Gedächtnis verloren hat, gedanklich in eine Zeit vor dem Tempel zurückgekehrt ist, und er mangels Erinnerung an seine eigene Identität, die von Rocky Dalton annahm. Am Tag vor der Polizeikonferenz wird Rocky zu einem getürkten Pokerspiel herausgefordert – und verliert eine große Summe. Um seine Schulden zu begleichen, schlägt ihm der Casinomanager vor, zusammen mit Jack Wong und dessen Männern das Casino während der Konferenz zu berauben. Denn wer glaubt schon, dass jemand es wagen würde, ein Casino zu überfallen, während dort 200 Polizisten tagen? Rocky soll die elektronischen Schlösser öffnen, ein Zaubertrick, zu dem er nichts weiter braucht, als mit den Händen über die Schalttafeln zu streichen. Der Casinoraub läuft ab wie geplant – bis zu dem Moment, an dem Rocky die Seiten wechselt und beginnt, die Räuber einen nach dem anderen auszuschalten. Peter, Kermit und TJ kommen ihm rasch zu Hilfe, auch wenn Jack Wong entkommen kann. Inmitten des Trubels lässt Caine endlich die Maske fallen und gibt sich Peter und den anderen gegenüber zu erkennen. Am darauffolgenden Tag finden sich Peter und seine Freunde erneut im Casino ein, wo Caine ihnen alles zu erklären versucht. Während seines Treffens mit Mary-Margaret erlebte Caine eine Vision, in der er den Überfall auf das Casino voraussah – und auch, dass die Räuber Peter, Kermit und Jody töten. Um dies zu verhindern und um sicher zu stellen, dass er dort sein würde, nahm Caine nach dem Autounfall Rocky Daltons Identität an. Er verlor oder gewann ganz nach Belieben, um damit die Aufmerksamkeit des Casinomanagers auf sich zu lenken, um somit nicht nur ein unbeteiligter Zuschauer, sondern aktiver Teilnehmer an den Ereignissen sein zu können. Peter ist von dieser Erklärung nicht völlig überzeugt, und er ist auch gekränkt, dass sein Vater ihn nicht ins Vertrauen zog. Die Erleichterung, seinen Vater zurück zu haben, überwiegt jedoch. Und auch Mary-Margaret ist sichtlich froh darüber, dass sich Cindy Belmonte als Schauspielerin und Tochter eines alten Freundes (Rykker) herausstellt, die die Rolle von Rockys Freundin nur gespielt hat...

Eine meiner Top-Ten-Lieblingsfolgen. Der Plot ist zugegebenermaßen dürftig, aber die Folge lebt (wie auch „Kung Fu Blues“) von den Einblicken in den Musiker David Carradine. „Rocky“ spielt im Casino Klavier und der Song, den er vorträgt, ist einer von Davids eigenen. DC sagte einmal in einem Interview, er habe zwei Hobbys – Sex und Klavierspielen. Aber nicht unbedingt in der Reihenfolge... <g>

Ein besonderes Extra ist außerdem der Auftritt von Carradines jüngerer Tochter Kansas, die eine Kellnerin spielt.

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