Autor: Lady Charena
 

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HEART OVER MIND
YES I'M MY FATHER'S SON
YES I'M INCLINED TO DO
AS MY FATHERS DONE

HERE I AM WITH YOU
AND I KNOW THAT IT'S TRUE
DESPITE ALL THE FEELINGS
YOUR PUTTING ME THROUGH
I TRY TO WALK AWAY, SOMETHING MAKES ME STAY

I CAN'T SEEM TO LET GO

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„Das hat wirklich wehgetan.“ Mit einem schiefen Grinsen rappelte Peter sich hoch und setzte sich auf. Mit einem Seufzen stützte er die Ellbogen auf die angewinkelten Knie und fuhr sich durch die Haare.

Caine ging neben ihm in die Hocke und betrachtete seinen Sohn kritisch. „Du hast dich nicht konzentriert“, sagte er ruhig. „Deshalb hast du die Balance verloren und die... Landung... ist missglückt.“ Er richtete sich auf und streckte Peter die Hand entgegen. „Wir beenden das Training für heute. Du bist müde, es hat keinen Sinn, weiter zu machen.“

Dankbar auch für kleine Gnaden ergriff Peter die Hand seines Vaters und ließ sich auf die Beine ziehen. Dabei glitt der Ärmel seines langärmligen Shirts zurück und ein Lichtstrahl fiel auf drei blasse Narben an seinem Unterarm, aufgereiht wie Perlen an einer Schnur.

Caines Finger umschlossen das Handgelenk seines Sohnes, glitten dann über das Narbengewebe. „Peter?“ Er drehte Peters Arm herum und studierte ihn genauer. Die Narben wirkten wie verschwommen, ihre Entstehung musste schon eine Weile zurückliegen. Seine Fingerspitzen strichen die Kontur nach. „Stammen diese Narben auch von der Zerstörung des Tempels?“ Erst vor ein paar Wochen hatte Peter ihm erzählt, dass seine gebrochene Nase ein Souvenir dieser Nacht war – und nicht von einem Eishockey-Spiel stammte, wie er zuvor behauptet hatte..

Peter entzog ihm abrupt seine Hand und krempelte den Ärmel herunter. „Nein“, erwiderte er kurzangebunden. Wieder fuhr er sich durch die verschwitzten Haare, die wirr nach allen Seiten abstanden. „I-Ich... geh’ mich umziehen.“ Er verschwand in einen Nebenraum, noch bevor sein Vater ein Wort sagen konnte.

Als Peter zurückkehrte, war der Kwoon leer, die Matten ordentlich weggeräumt und an dem kleinen Altar an einer Stirnwand des Raumes brannten Kerzen. Der Geruch von Räucherstäbchen mischte sich mit dem der Blüten und Früchte in den Opferschalen. Er lehnte sich gegen die Wand, die seinen erhitzten Körper angenehm abkühlte und schloss die Augen. Der Geruch war das Vertrauteste. Wenn er - so wie jetzt - die Augen schloss, kamen Bilder aus seiner Kindheit zurück, von Spielen mit den anderen Jungen, von Unterrichtsstunden, gemeinsamen Mahlzeiten, Gelächter und... Geheimnissen.

Obwohl er keine Schritte gehört hatte, befiel Peter plötzlich das Empfinden, dass jemand im Raum war. Er öffnete die Augen – und eigentlich war er nicht wirklich überrascht, dass sein Vater vor ihm stand, die Hände in seiner üblichen, ruhigen Pose verschränkt. „Das werde ich nie lernen, mich so lautlos zu bewegen.“

Caine legte den Kopf schief. „Du beurteilst deine Fortschritte zu kritisch“, sagte er. „Komm’ mit mir nach oben in die Wohnung.“ Er legte Peter eine Hand auf die Schulter. „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir noch ein wenig Zeit miteinander verbringen könnten, bevor du gehen musst.“

„Es tut mir leid, P... Dad.“ Peter schüttelte den Kopf. „Ich habe heute dafür keine Zeit. Vielleicht... vielleicht sehen wir uns am Wochenende? Das heißt, wenn du da noch nichts vorhast.“ Er wandte sich ab, wie um zu gehen.

„Warte.“ Caine hielt ihn zurück. „Warum weichst du mir aus?“

„Ausweichen?“ Peter schüttelte mit einem gekünstelten, erstaunten Lachen den Kopf. „Wie kommst du auf die Idee? Ich habe dir doch erklärt, dass meine Arbeit...“

„Es geht nicht um deine Arbeit. Seit ich dich nach den Narben an deinem Arm gefragt habe, bist du... verschlossen.“ Caines Hand glitt von Peters Schulter zum Kragen seines Hemdes, strich ihn glatt, wischte ein unsichtbares Stäubchen vom Stoff.

„Das bildest du dir ein.“ Ein ärgerlicher Unterton lag nun in Peters Stimme. „Himmel, lass’ das! Ich bin doch keine zehn mehr, du brauchst nicht an mir herumzuputzen.“ Er schob die Hand seines Vaters weg. „Ein bisschen spät für elterliche Fürsorge, findest du nicht?“

Caine zog die Hände zurück und drehte sie um, die Handflächen nach oben. Dann wich er einen Schritt zurück. „Es tut mir leid, wenn du dich von mir... bedrängt.. fühlst. Es lag nicht in meiner Absicht.“

„Ich habe einfach viel zu tun. Dass sollte dir bekannt vorkommen, oder?“ Peter stopfte die Hände in die Taschen seiner Jeans. „Du bist doch auch ständig beschäftigt. Hier tauchen doch alle Naselang neue Schüler auf. Oder Lo Si. Oder Jake. Oder Patienten. Oder Leute mit irgendwelchen Problemen, die deine Hilfe brauchen.“

„Ich bin hier“, entgegnete sein Vater nur.

„Du bist so verdammt verzeihend.“ Peter spürte seinen Ärger wegschmelzen. Er seufzte – und lächelte dann schief. „Du hast doch hoffentlich nicht wieder einen dieser... deiner Tees vorbereitet?“

Caine schüttelte den Kopf und erwiderte das Lächeln. „Kein Tee.“

Nervös fuhr sich Peter zum wiederholten Male durch die Haare.

„Peter – die Narben?“

„Warum ist das plötzlich so wichtig? Sie haben nichts mit dir zu tun. Du warst nicht da, als ich...“

„Du hast recht. Wir können beide nicht ignorieren, dass es eine Zeit gab, in der ich nicht bei dir sein konnte; eine Zeit, in der du mich gebraucht hättest.“ Er trat dicht zu seinem Sohn, berührte Peter aber nicht. „Das ist vorbei. Ich bin jetzt hier. Und da ist nichts, was du mir nicht sagen kannst.“

„So, wie du mir alles erzählst, was du während dieser fünfzehn Jahre gemacht hast?“, entgegnete Peter bitter.

Caine senkte den Kopf. Er erwiderte nichts.

„Es... war im Waisenhaus. Etwa ein Jahr nach... ein Jahr danach“, begann Peter widerstrebend. „Eins der anderen Kinder hatte Geburtstag. Es gab Kuchen für alle und Kerzen für das Geburtstagskind. Nach dem Essen gingen alle nach draußen, bis auf einen Jungen, der verbotenerweise ein Feuerzeug hatte und nicht widerstehen konnte, die ausgepusteten Kerzen wieder anzuzünden. Er lief dann raus zu seinen Freunden. Die Kerzen brannten noch, als ich in den Raum kam. Ich war bei der Feier nicht dabei, das ganze kannte ich gar nicht. Nur die Kerzen...“ Peter unterbrach sich einen Moment, seine Finger rieben unbewusst über die Stelle an seinem Unterarm. „Ich starrte auf diese Kerzen, wie hypnotisiert. Ich weiß nicht, was ich mir dabei dachte. Ob ich überhaupt etwas dachte. Damals... damals war mir alles egal. Irgendwann... war dann meine Hand über der Kerzenflamme. Es tat überhaupt nicht weh. Ich spürte überhaupt nichts, keine Hitze, keinen Schmerz. Die Handfläche... den Arm entlang...“

„Hör’ auf.“ Caines Stimme klang rau, als er Peter unterbrach.

Überrascht über den ungewohnten Ton, verstummte Peter. Er verschränkte unsicher die Arme vor der Brust. Sein Vater wandte sich von ihm ab, den Kopf gesenkt, seine Hände schlossen sich für einen Moment zu Fäusten, bevor er sich wieder umwandte. Sein Gesicht war sorgfältig neutral. „Es tut mir sehr leid“, sagte er leise.

„Deshalb wollte ich nicht darüber sprechen“, erwiderte Peter. „Ich wollte nicht, dass du dich verantwortlich fühlst. Das ist vorbei. Es ist vorbei, Paps.“ Fast zögernd streckte er die Hand aus und legte sie seinem Vater auf die Schulter. „Hey, Paps, du hast nicht zufällig etwas zu Essen da? Ich verhungere.“ Sein Lächeln war warm.

Etwas von dieser Wärme spiegelte sich in den dunklen Augen des Priesters wieder, als er seine Hand über Peters legte und sie kurz drückte. „Ich habe Reis...“

Peter schnitt eine Grimasse.

„...aber da ich weiß, dass du Reis nicht magst, werde ich Nudeln für dich kochen“, beendete Caine den Satz.

Peter wandte sich um und begann, die Stufen der hinter der Papierwand verborgenen Treppe zu erklimmen, die in die über dem Kwoon liegende Wohnung führten. „Ich denke, ich sollte häufiger zum Training kommen...“ Seine Stimme verklang.

Caine folgte ihm langsamer.

Ende

 

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