Autor: Lost-Sheep
 

Es war mitten in der Nacht, als Peter die Augen aufschlug. Von draußen prasselte der Regen gegen sein Schlafzimmerfenster und in der Ferne war ein leises Donnergrollen zu hören.

Er verspürte eine unerträgliche Hitze und in ihm stieg das Bedürfnis auf, das Fenster zu öffnen und kühle, frische Luft in den Raum zu lassen. Als er versuchte sich aufzurichten, merkte er, dass sein ganzer Körper schmerzte und sein Kopf brummte, als sei ein Bienenschwarm in ihm unterwegs. Mit einem Seufzen fiel er zurück auf sein Kissen und fuhr sich langsam mit der Hand übers Gesicht. Seine Stirn glühte und feine Schweißperlen hatten sich auf seiner Haut gebildet.

In den letzten Tagen hatte er sich schon abgekämpft und müde gefühlt. Aber es war einfach keine Zeit gewesen, um einen Tag frei zu nehmen. Ein grausamer Mord hielt das ganze Revier in Atem und bis jetzt tappten sie bei der Tätersuche völlig im Dunkeln. Zu allem Überfluss waren Jody und Mary-Margret auch noch für eine Woche auf einer Fortbildung und so war es in den letzten Tagen keine Seltenheit, dass Peter Überstunden machte und ihn die Arbeit auch nach Dienstschluss nicht los ließ.

Peter stöhnte leise auf, als er versuchte langsam aufzustehen, um sich eine Tablette und ein Glas Wasser zu holen. Dann wurde es schwarz um ihn.

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Ein kühler Lufthauch streifte sein vom Fieber glühendes Gesicht. Mühsam öffnete er die Augen und erkannte eine ihm vertraute Silhouette. "Paps?" stieß er heiser hervor.

Die Frage, warum er mitten in der Nacht an seinem Bett saß, ersparte Peter sich. In den letzten Jahren hatte er sich daran gewöhnt, dass sein Vater immer auftauchte, wenn er in Schwierigkeiten steckte und ihn schon aus so manch brenzliger Situation gerettet hatte. Und in dieser Nacht war er mehr als froh ihn zu sehen.

Caine lächelte ihn an, als würde er wissen, was Peter gerade dachte und reichte ihm einen Becher mit einer dampfenden Flüssigkeit.

"Trink das bitte. Aber langsam."

Es fiel Peter sichtlich schwer sich aufzurichten. Sein Vater stellte den Becher auf den Nachttisch und half seinem Sohn sich hinzusetzen und ein paar Schlücke zu sich zu nehmen. Danach sank Peter wieder zurück auf sein Bett und er merkte wie seine Augenlider immer schwerer wurden.

"Ich wollte mir eine Tablette holen, aber ich kann mich danach an nichts mehr erinnern." Er blickte den Priester fragend an und atmete tief durch.

"Du hast hohes Fieber. Schlaf jetzt. Wenn du aufwachst, wirst du dich besser fühlen." Caine merkte, wie sein Sohn gegen die Müdigkeit ankämpfte und Sekunden später fielen ihm die Augen zu. Er deckte ihn zu und strich ihm noch einmal liebevoll übers Haar.

Draußen brach langsam der neue Tag an. Der Regen hatte aufgehört und die ersten Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch die Jalousien.

Nachdenklich betrachtete Caine seinen schlafenden Sohn. Ein paar Strähnen waren ihm ins Gesicht gefallen und seine Brust hob und senkte sich in einem gleichmäßigen Rhythmus. Die Kräutermixtur schien schon zu wirken.

Seinen Sohn verletzt oder krank zu sehen, versetzte ihm jedes Mal einen Stich ins Herz. Er erinnerte sich, als er Peter damals, kurz nachdem sie sich wieder gefunden hatten, in der Drogenhölle am Stadtrand entdeckt hatte. Vollgepumpt mit Speedball und bewusstlos.
Ein anderes Mal wurde er bei einem Einsatz angeschossen und kämpfte im Krankenhaus um sein Leben.

Aber besonders quälten ihn die Erinnerungen an Peters Sturz, während einer Geiselnahme. Damals hatte er sich eine schwere Kopfverletzung zugezogen, die ihn um Haaresbreite das Leben gekostet hätte. Wäre Caine nicht in seine Bardowelt gereist, um seine Seelenqualen zu heilen, hätte er die Operation wohl nicht überlebt. Es schmerzte ihn immer noch, wenn er an die Verzweiflung und das Leid dachte, das Peter in sich getragen hatte.

All diese Erfahrungen hatten ihm vor Augen geführt, dass er seinen Sohn nicht immer vor Gefahren schützen konnte, auch wenn er sich dies schon oft gewünscht hatte. Er war nun mal Cop mit Leib und Seele und liebte seinen Beruf. Aber der Gedanke daran, Peter ein zweites Mal zu verlieren, war unerträglich.

Und wenn er daran dachte, was sein Sohn in der Zeit der Trennung durchlitten haben musste, spürte er förmlich einen Schmerz in sich aufsteigen, der ihn zusammenzucken ließ. Peter war damals noch ein Kind gewesen, glaubte seinen Vater für immer verloren zu haben und musste seine vertraute Umgebung verlassen. Dann verbrachte er mehrere Jahre in einem Waisenhaus. Eine Zeit über die er nicht gerne sprach, als würden ihn die Erinnerungen auch nach so vielen Jahren noch immer zutiefst anrühren.

Drei Jahre nachdem er zum Waisenkind geworden war, trat ein Mann in sein Leben, der ihn für immer prägen sollte. Paul Blaisdell war zu einem zweiten Vater für seinen Sohn geworden und Caine war ihm dafür unendlich dankbar. Er half ihm wieder die Sicherheit im Leben zu bekommen, die scheinbar verloren gegangen war und sorgte dafür, dass Peter die Polizeiakademie besuchte. Die ganze Familie Blaisdell gab ihm die Liebe und Geborgenheit nach der er sich jahrelang gesehnt hatte.

Ein leises Stöhnen von Peter riss ihn aus seinen Gedanken. Vorsichtig legte er die Hand auf die Stirn seines schlafenden Sohnes und stellte mit Erleichterung fest, dass das Fieber schon gesunken war.

Mittlerweile war es fast Mittag und auf einmal hörte Caine ein Klopfen an Peters Wohnungstür. Er verließ das Schlafzimmer und näherte sich dem Geräusch.

"Wer ist da?"

"Caine? Sind sie das?", erklang eine vertraute Stimme auf der anderen Seite.

Schnell öffnete er die Tür und da stand Peters Freund und Kollege Kermit Griffin.

"Stimmt was nicht? Ist alles in Ordnung?", fragte dieser mit leichter Besorgnis in der Stimme, als er keine Spur von Peter in der Wohnung entdecken konnte.

"Peter ist krank.", erwiderte Caine.

Kermit nahm seine Sonnenbrille ab. "Dieser kleine Sturkopf. Ich sag ihm schon seit Tagen, dass er zu Hause bleiben soll. Er sah gestern wirklich mies aus." Dann fügte er mit einem sorgenvollen Blick hinzu: "Ist es schlimm?"

"Er hatte heute Nacht hohes Fieber, aber es geht ihm langsam besser.", entgegnete der Shaolinpriester.

In Kermits Gesicht machte sich Erleichterung breit. "Ich bin extra gekommen, um ihm zu sagen, dass wir den Mörder haben und er ruhig ein paar Tage zu Hause bleiben kann. Versprechen sie mir, dass sie den Kleinen aus dem Verkehr ziehen, bis er wieder richtig gesund ist." Und mit einem wissenden Grinsen fügte er hinzu:" Und wenn sie ihn festbinden müssen."

In diesem Moment erklang eine heisere Stimme: "Kermit?"

Peter stand auf ziemlich wackeligen Beinen im Türrahmen und blickte fragend in die Runde.

"Hey Kumpel. Was machst du denn für Sachen? Und warum liegst du nicht brav im Bett?" fragte Kermit in einem leicht autoritären Ton.

"Ich hab deine Stimme gehört und da dachte ich, es wäre was passiert und…"

Sein Vater unterbrach ihn, als er merkte, wie schwer es Peter fiel sich aufrecht zu halten.

"Leg dich bitte wieder ins Bett. Du hast immer noch Fieber."

Hilflos blickte Peter direkt ins Gesicht seines Kollegen, in der Hoffnung wenigstens von ihm eine befriedigende Antwort zu erhalten.

"Alles in Ordnung. Wir haben unseren Killer. Und du machst jetzt erstmal ein paar Tage Urlaub. In diesem Zustand nutzt du uns gar nichts auf dem Revier. Ab ins Bett"

Kermit musterte seinen Freund von oben bis unten. Peter war reichlich blass und es war unschwer zu erkennen, wie er gegen die Müdigkeit ankämpfte.

"Dein Vater macht dir bestimmt noch einen Tee", fügte er mit einem leichten Grinsen hinzu.

Diese Bemerkung konnte sich Kermit einfach nicht verkneifen. Wie oft hatte Peter ihm von den seltsamen und nicht gerade wohlschmeckenden Mixturen des Priesters erzählt und auch jetzt verzog sein Kollege bei seinen Worten das Gesicht.

"Hör auf deinen Vater und lass dich vor Montag nicht auf dem Revier blicken. Sonst bring ich dich höchstpersönlich wieder nach Hause. Und das ist kein Scherz." Kermit lächelte. "Und gute Besserung, Kleiner."

Er nickte Caine kurz zu. "Wenn sie Hilfe brauchen, wissen sie ja wo sie mich finden." Dann verließ er die Wohnung.

Caine eilte an Peters Seite und half ihm zurück ins Bett. Das Fieber war merklich gesunken, aber das Aufstehen hatte ihn geschwächt. Mit einem Seufzer der Erleichterung sank er in die Kissen.

Kurz darauf betrat Caine das Schlafzimmer. Kermit hatte sich nicht getäuscht. Er hielt eine Tasse mit dampfendem Tee in der Hand.

"Was ist das?" fragte Peter mit müder Stimme.

Es schien ihm wirklich schon wieder besser zu gehen. Denn heute Nacht hatte er den Tee einfach getrunken ohne Murren und ohne Nachzufragen, was er da eigentlich zu sich nahm.

"Das wird dir helfen, schnell wieder auf die Beine zu kommen." Er reichte ihm die Tasse und Peter rümpfte die Nase.

"Riecht ja nicht gerade verlockend, aber wenn es hilft." Er grinste seinen Vater schief an und nahm einen Schluck. "Noch nicht mal so übel. Da hast du mir schon andere Sachen vorgesetzt."

Jetzt musste auch Caine grinsen und mit Wohlwollen stellte er fest, dass Peter den Becher bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken hatte.

"Ich glaube, ich mache jetzt ein Nickerchen. Bleibst du hier?"

Diese Frage machte den Shaolinpriester sehr glücklich und er nickte mit einem zufriedenen Lächeln.

Peter schloss die Augen und mit dem Wissen seinen Vater bei sich zu haben, fiel er in einen tiefen und erholsamen Schlaf.

"Ich hab dich lieb, mein Sohn. Und ich werde dich nie mehr alleine lassen.", flüsterte Caine.

Ende

 

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