Autor: Lost-Sheep
 

Er spürte den weichen Sand unter seinen nackten Fußsohlen, während er auf das weite Meer hinaus sah. Im nächsten Moment atmete er tief ein, fühlte, wie sich die klare Luft in seinen Lungen ausbreitete und schmeckte das Salz auf seinen Lippen.

Unzählige Lichtpunkte tanzten auf den schäumenden Wellen, die sich bis zum Horizont zogen. Die wärmende Sonne strahlte aus einem wolkenlosen, tiefblauen Himmel und ein Schwarm Möwen hatte sich kreischend auf einer Sandbank unweit der Küste niedergelassen.

Gedankenverloren blickte er zum Horizont und ließ noch einmal die Ereignisse der letzten Wochen Revue passieren. Manchmal konnte er es immer noch nicht fassen.

Wie lange hatte er sich nach diesem Tag gesehnt?

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Mit schnellen Schritten eilte Peter Caine die Stufen zum 101. Revier hinauf. Kurz zuvor hatte er einen Anruf von seinem Freund Kermit Griffin erhalten, der ihn gebeten hatte sofort zu seiner ehemaligen Dienstelle zu kommen. Auch auf sein Nachfragen hin hatte sich der Ex-Söldner nicht erweichen lassen ihm mitzuteilen, worum es sich handelte. Alles, was er wusste war, dass ihn eine Überraschung erwartete, aber dies konnte bei Kermit alles bedeuten.

Als Peter die Tür erreicht hatte, standen ihm kleine Schweißperlen auf der Stirn, denn seit einigen Tagen herrschte eine fast schon unerträgliche Hitze in Sloanville. Wer konnte fuhr zu einem der Seen außerhalb der Stadt, um im erfrischenden Wasser zu baden und sich so wenigstens eine kurzweilige Abkühlung zu verschaffen.

Peter hatte alle Hände voll zu tun, um besonders älteren Menschen zu helfen, die unter den hohen Temperaturen litten und den Shaolinpriester um Hilfe baten. Seit sechs Monaten führte er jetzt die Apotheke seines Vaters und so langsam hatte er sich an seine neuen Lebensumstände gewöhnt, auch wenn er manchmal tief in seinem Inneren eine Sehnsucht nach seinem alten Leben als Polizist verspürte.

Wenig später betrat er seine alte Wirkungsstätte. Wie immer herrschte Trubel auf dem 101. Nachdem er seine ehemaligen Kollegen kurz begrüßt hatte, klopfte er an die Bürotür mit der Aufschrift "Detective Griffin".

Er hoffte, dass sein bester Freund nun nicht auch noch ein Ratespiel aus den Neuigkeiten machen würde, denn er konnte seine Neugier jetzt schon kaum mehr im Zaum halten.

Ob er vielleicht etwas von seinem Vater gehört hatte?

Bevor er diesen Gedanken überhaupt zu Ende führen konnte, öffnete sich die Tür und mit einem gekonnten Griff am Oberarm wurde er von einer vertrauten Hand in das Innere des Büros gezogen.

"Kermit, was soll denn da…."

Die letzten Worte blieben ihm regelrecht im Halse stecken und mit offenem Mund starrte er auf das, was ihn in dem abgedunkelten Büro erwartete.

Im nächsten Moment fand er sich in den starken Armen wieder, die ihn in der Vergangenheit schon so oft gehalten hatten und ohne deren Hilfe er sich in diesem Moment sicherlich auf dem kalten Fußboden wieder gefunden hätte.

Das konnte doch einfach nicht wahr sein.

Ganz langsam begann er zu begreifen, was sich soeben ereignet hatte. Glitzernde Tränen bahnten sich lautlos ihren Weg über seine Wangen. Er schloss die Augen und atmete den vertrauten Geruch des After Shaves ein.

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"Peter", ganz leise drang der Ruf seines Namens an sein Ohr.

"Peter, pass auf."

Auf was sollte er denn aufpassen?

Er drehte sich in die Richtung, aus der er die Stimme vernommen hatte. Im gleichen Moment traf ihn eine Welle völlig unerwartet von hinten und brachte ihn unsanft in das Hier und Jetzt zurück. Seine Jeans war völlig durchweicht und das kühle Salzwasser ließ ihn kurz frösteln.

Peter blickte hoch und grinste verlegen. Ein paar Meter entfernt sah er zwei allzu vertraute Gestalten, die Arm in Arm am Strand standen und ihm vergnügt zuwinkten.

Dann vernahm er das leise Grollen eines herannahenden Gewitters. Das aufziehende Unwetter hatte das Meer aufgepeitscht und ihn in diese missliche Lage gebracht.

Mit vorsichtigen Schritten und so zügig, wie es seine durchnässte Hose zuließ, stapfte er durch den Sand und wurde von zwei strahlenden Gesichtern empfangen, die sich bei seinem Anblick ein Lachen nicht verkneifen konnten.

"Am besten gehen wir erstmal ins Hotel, sonst fängst du dir noch eine Erkältung ein und all unsere Urlaubspläne werden schon am ersten Tag zunichte gemacht."

"Nein, so schnell geht das nicht."

"Peter, hör auf deine Mutter", erklang eine sonore Stimme.

Sofort kam sich der Shaolinpriester wieder wie ein kleines Kind vor. Eine Tatsache, die ihn früher rasend gemacht hätte.

Aber jetzt genoss er es einfach der Sohn zu sein. Der Sohn von Paul und Annie Blaisdell.

Ende


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