Der beißende Rauch wurde immer dichter und nahm ihm langsam die Luft zum Atmen. Eine fast unerträgliche Hitze schlug ihm in Wellen entgegen und trotzdem tastete er sich vorsichtig immer weiter. Brennende Tränen stiegen in seine Augen und trübten seine Sicht. Wie durch Watte hörte er die verzweifelten Schreie der Mutter, die von draußen ins Innere des Hauses drangen "Mein Baby. Mein Baby ist da noch drin." Jody hatte die panische Frau zurückgehalten, während er in das brennende Gebäude gelaufen war, um das vermisste Kind zu finden. *Was hat sie gesagt?* Peter versuchte sich zu erinnern. *Das Kinderzimmer ist hinten links.* Der junge Cop wusste nicht mehr, wo im Gebäude er sich befand. Er hörte das bedrohliche Knacken der Holzbalken, die von den unerbittlichen Flammen angefressen, jederzeit herunterzustürzen drohten. "Hallo!" Vielleicht würde das Kind ja auf sein Rufen reagieren. "Hallo!" Nichts. Peters Körper wurde von einem Hustenanfall durchgeschüttelt und keuchend stützte er sich gegen eine Wand. Plötzlich erklang ein ohrenbetäubender Lärm und der erste Balken krachte nur wenige Zentimeter vor seinen Füßen herab. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete er das Szenario. Schlagartig hatte er die Bilder vom Brand des Tempels vor Augen. Dem Tempel, der sein Zuhause gewesen war und bei dessen Zerstörung er seinen geliebten Vater für immer verloren zu haben glaubte. All der Schmerz von damals stieg langsam wieder in ihm hoch und ergriff Besitz von seinem ohnehin schon geschwächten Körper. Der junge Cop kniff die Augen zusammen und hoffte, die Bilder auf diese Weise wieder los zu werden. Aber es half nichts. Er sah sich als Zwölfjährigen am Boden des Tempels liegen. Durch ein Loch in der Wand blickte er auf seinen Vater. Sein eigener, unbeantworteter Hilferuf von damals klang ihm auch jetzt in den Ohren. "Vater", flüsterte er. "Bitte hilf mir." Gerade als er verzweifelt und kraftlos zu Boden sinken wollte, hörte er etwas. Ein leises Wimmern drang an sein Ohr. *Das Baby* So gut es ihm möglich war, versuchte er sich auf das Geräusch zu konzentrieren und diesem zu folgen. Augenblicke später hatte er es tatsächlich geschafft sich bis zum Kinderzimmer vorzutasten. Blind griff er nach dem kleinen, vor Angst zitternden Bündel und drückte es eng an seinen Körper. Völlig orientierungslos versuchte er den Weg nach draußen zu finden. Weitere Balken stürzten mit lautem Getöse hinab und langsam schwand in Peter die Hoffnung jemals wieder Luft zum Atmen zu haben. *Peter.* "Paps?" *Ich bin hier mein Sohn. Folge meiner Stimme.* Peter lenkte seine Konzentration auf die Worte in seinem Kopf. Wie von einer unsichtbaren Kraft getrieben, setzte er einen Fuß vor den anderen und fand so langsam aber sicher den Weg aus der Feuerhölle. "Da ist er! Gott sei Dank", hörte er auf einmal die Stimme seiner Partnerin. Von Ohnmacht umhüllt, sank er in die vertrauten Arme seines Vaters. --------------------------------------------------------------------------------- Nachdenklich betrachtete Kwai Chang Caine seinen schlafenden Sohn. Vorsichtig nahm er eine bandagierte Hand in die seine und streichelte sie liebevoll. Der junge Cop hatte einem kleinen Erdenbürger das Leben gerettet und sein eigenes dadurch fast verloren. Während einer Meditation hatte er seinen Sohn um Hilfe rufen hören und gesehen, wie er verzweifelt versuchte einem, Meer aus Flammen zu entfliehen. Minuten später war dieser ohne Bewusstsein und völlig erschöpft in seine Arme gesunken. Der Shaolin-Priester erinnerte sich daran, wie er Lo Si vor wenigen Jahren aus einem brennenden Gebäude gerettet hatte. Damals hatten ihn die Erinnerungen an die Zerstörung des Tempels lähmend wieder eingeholt. War es Peter genau so ergangen, als er in das Haus gelaufen war? Noch schlimmer als die Bilder waren die Angst und der Schmerz, die mit den Erlebnissen von damals verknüpft waren. Es hatte fünfzehn Jahre gedauert, bis er seinem Sohn endlich erklären konnte, was damals wirklich geschehen war. So lange hatte er in dem Glauben gelebt, sein eigener Vater habe ihn im Stich gelassen. Wie alleine musste er sich all die Jahre gefühlt haben? Bis heute sprach Peter nicht gerne über seine Zeit im Waisenhaus. Seit ihrem Wiedersehen, hatte es immer wieder Momente gegeben, in denen der Priester diesen Schmerz in den Augen seines Sohnes gesehen hatte. Wie damals, als er ihn ein weiteres Mal alleine gelassen hatte, nachdem er Sing Ling für seine Aufgabe als Kaiser von China vorbereitet hatte. Hätte er gewusst, wie Peter sich in den sechs Monaten ihrer erneuten Trennung quälen würde, wäre er nicht auf Wanderschaft gegangen. Warum hatte er das nicht gefühlt? Er war doch sein Vater. Eine glitzernde Träne bahnten sich lautlos ihren Weg über seine Wange, als der Schmerz von einst noch einmal in ihm lebendig zu werden schien. Wenn er daran dachte, dass er seinen eigenen Sohn, den er so unendlich liebte, heute beinahe für immer verloren hätte, durchströmte seinen Körper blanke Angst und ihm entglitt ein hörbares Seufzen. Vorsichtig strich er Peter eine Haarsträhne aus der Stirn und legte seine Hand auf dessen warme Wange. Eine Geste, die für Vater und Sohn etwas sehr vertrautes hatte und Beiden ein Gefühl von Geborgenheit gab. Augenblicke später begannen Peters Augenlider zu flattern und sich langsam zu öffnen. Ein fast nicht hörbares "Paps" durchbrach die Stille des Raumes. "Shhh, nicht sprechen. Du bist in Sicherheit." Zwei haselnussbraune Augen sahen ihn fragend an. "Dem Baby geht es gut. Das ist glimpflicher davon gekommen, als du." Der junge Cop lächelte müde und blickte dann in Richtung des Nachttisches. Caine verstand sofort und goss ihm ein Glas Wasser ein. Peter setzte sich auf und mit Hilfe seines Vaters nahm er ein paar Schlücke der kühlen Flüssigkeit. Dann sank er zurück in die weißen, weichen Kissen. Der Priester konnte hören, dass seinem Sohn das Atmen noch schwer fiel, aber die Ärzte hatten gesagt, dass sich das im Laufe der nächsten Tage wieder normalisieren würde. Man müsse nur Geduld haben. Ein leichtes Grinsen zog sich über sein Gesicht. Die Ärzte schienen noch nicht zu wissen, dass Peter Caine und Geduld keine gute Kombination war. Aber er würde schon dafür sorgen, dass sein Sohn es nicht gleich wieder übertrieb, wenn sie ihn aus dem Krankenhaus entlassen hatten. "Was?", erklang eine heisere Stimme. "Nichts. Es macht mich nur sehr glücklich, dass du wieder da bist." Caine sah sofort, dass Peter ihm kein Wort glaubte. In diesem Moment war er froh, dass dieser noch zu schwach war, um jetzt einen Diskussion anzufangen, oder ihn mit weiteren Fragen zu löchern. "Ruh dich jetzt aus. Reden können wir auch, wenn es dir wieder besser geht." Augenblicke später war Peter in einen tiefen, erholsamen Schlaf gefallen und sein Vater wich keine Sekunde von seiner Seite. Ende
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