Anm. des Autors: Der Charakter Kendra wird in der "Romance Series" eingeführt. Die vorliegende Story kann aber auch ohne Kenntnis dieser Serie gelesen werden. ---------------------------------------------------------------------------------------- Gedankenverloren blickte Mary aus dem Küchenfenster. Nicht mehr lange und sie würde endlich wissen, wer die Unbekannte war, die Peters Leben innerhalb kürzester Zeit sehr verändert hatte. Sie erinnerte sich genau an den Anruf vor zwei Tagen. Der junge Priester hatte am Telefon sehr glücklich gewirkt, fast schon euphorisch. Im ersten Moment war Mary der Gedanke gekommen, Caine sei wieder zurück. Doch das war es nicht gewesen. Noch am gleichen Abend war Peter vorbeigekommen. Er hatte ihr alles erzählt. Alles über seinen Urlaub im letzten Jahr in Palm Beach. Damals war ihm eine junge Frau über den Weg gelaufen. Kendra Waters. Eine junge Ladenbesitzerin. Sie hatte Peter am Strand angesprochen, nachdem sie mit ihrem Wagen liegen geblieben war. Er, ganz Gentleman, war natürlich sofort bereit gewesen, ihr aus dieser misslichen Lage zu helfen. Aus diesem ersten Treffen war eine leidenschaftliche Urlaubsliebe entstanden. Aber zu diesem Zeitpunkt war keiner der Beiden bereit gewesen, sein Leben für den anderen aufzugeben und so hatten sich ihre Wege in der Abflughalle für immer getrennt. Wirklich für immer? Nein, jetzt war Kendra völlig unerwartet in Sloanville aufgetaucht und hatte dem jungen Priester ihre Liebe gestanden. Und auch Mary war klar geworden, warum er nie über die Ereignisse in Palm Beach gesprochen hatte. Er wollte einfach nicht an die traumhaften Tage unter der Sonne Floridas erinnert werden und vor allem nicht daran, wie sehr er Kendra in all den Monaten vermisst hatte. Der junge Priester hatte sich nicht wieder mit der Frage quälen wollen, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte oder ob er doch alles hätte anders machen sollen. Der Entschluss von Kendra nach Sloanville zu kommen, beeindruckte Mary sehr. Woher nahm diese Frau nur den Mut und die Kraft? Sie hatte alle ihre Zelte in Palm Beach abgebrochen und war bereits bei Peter eingezogen. Mary war schon ein wenig verwundert gewesen. Natürlich, hätte sie nicht noch die Verantwortung für ihren kleinen Sohn, würde sie solche Entscheidungen vielleicht auch schneller treffen. Jedenfalls konnte sie es kaum abwarten, Kendra endlich kennen zu lernen. Dennoch kannte sie Peter und ahnte bereits, dass irgendwann wieder die Zweifel und Sorgen kommen würden, ob er das gleiche für Kendra getan hätte. Es war einfach schwer für den jungen Mann zu begreifen, dass ein Mensch ein solch großes Opfer für ihn brachte, einfach weil er ihm mehr bedeutete, als alles andere auf der Welt. Er war schon zu oft enttäuscht worden. Gleichzeitig hatte er ständig Angst alles wieder zu verlieren, egal wie oft man ihm sagte, dass man ihn liebte. Sein Vater hatte ihn schließlich mehr als einmal verlassen. Und sein Pflegevater war nun auch schon seit über zwei Jahren untergetaucht. Sofort hatte Mary wieder die Bilder vor Augen, als sie Peter völlig verstört vorgefunden hatte, nachdem Kwai Chang Caine die Stadt verlassen hatte. Er hatte wie ein verängstigtes Kind gewirkt und nicht wie der starke, junge Mann für den er immer gehalten wurde. Auch Mary hatte erst mit der Zeit bemerkt, wie verletzlich der ehemalige Cop war. Aber gerade das war es, was sie an ihm so schätzte. Denn genau das machte ihn so sensibel und aufmerksam, besonders im Umgang mit dem kleinen Jamie. Er wusste genau, wie es sich anfühlte keinen Vater zu haben und auf der Suche nach einem männlichen Vorbild zu sein. "Mama", erklang es auf einmal und riss sie aus ihrer Gedankenwelt. "Rausgehen und Blumen pflücken." "Du möchtest Blumen pflücken?" "Ja, für Peters Frau." Der kleine Knirps grinste sie an. "Noch ist sie nicht Peters Frau. Und ihr Name ist Kendra." "Kendra?" "Ja, Kendra." Dann nahm sie den Wohnungsschlüssel vom Haken und ging mit ihrem Sohn in den Garten hinterm Haus. Peters Frau? Da hatte Jamie wohl Recht. So wie es aussah, würde sie das wahrscheinlich in absehbarer Zeit werden. Nachdenklich blickte Mary zu ihrem Sohn. Innerlich wünschte sie sich nichts mehr, als dass Peter in Zukunft auch noch Zeit für sein Patenkind haben würde. Eigentlich wusste sie, wie viel Jamie ihm bedeutete. Aber was würde Kendra dazu sagen, wenn ihr Partner soviel Zeit mit einer Freundin und ihrem Sohn verbrachte? Würde sie vielleicht sogar eifersüchtig werden auf Peters Beziehung zu ihr? "Für dich." Jamie stand mit strahlenden Augen vor ihr und hielt ihr einen bunten Blumenstrauß vor die Nase. "Oh wie schön. Danke mein Schatz." Sie gab ihm einen zärtlichen Kuss auf seinen blonden Schopf. Wie dankbar sie ihm wirklich war, konnte der kleine Mann gar nicht ahnen. Nicht nur für die Blumen, sondern auch dafür, dass er sie davon abgehalten hatte, diese Gedanken über eine mögliche Eifersucht weiter zu spinnen, bevor sie Kendra überhaupt zum ersten Mal gesehen hatte. Warum machte sie sich jetzt schon verrückt? Einmal mehr wurde ihr klar, welch wichtige Rolle Peter in ihrem und vor allem in Jamies Leben spielte. Ja, sie hatte Angst ihn an Kendra zu verlieren. Wäre ja nicht das erste Mal, dass sich jemand durch eine Partnerschaft völlig veränderte. Und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als das dies bei dem jungen Priester nicht passieren würde. Mary seufzte leise. Anstatt sich einfach darüber zu freuen, dass Peter so glücklich war, machte sie sich schon wieder Sorgen. Aber sie konnte nun mal einfach nicht aus ihrer Haut. "Peeeeeteeeeer." Der Ruf ihres Sohnes brachte sie schlagartig in die Realität zurück. Sie sah wie Jamie in Richtung seines Patenonkels flitzte, der gerade um die Ecke bog. Nur Augenblicke später, wirbelte er den kleinen Knirps lachend durch die Luft. Dann gab er ihm zur Begrüßung einen sanften Kuss auf die Stirn. "Na, mein Kleiner. Alles in Ordnung?" "Ja. Hab Blumen gepflückt." "Und für wen sind die?" "Für Kendra." Jetzt sah Mary die blonde Frau, die lächelnd um die Hausecke kam. Das war sie also. Das war Kendra. Sie sah wirklich sehr sympathisch aus und Mary hoffte, dass der erste Eindruck sie nicht täuschte. Mit einem Strahlen im Gesicht überreichte Jamie die Blumen. Kendra lächelte leicht verlegen. "Danke. Das ist aber lieb. Und du bist bestimmt Jamie." Der kleine Knirps nickte heftig mit dem Kopf. "Ja, ich bin Jamie." Dann sprang er von Peters Arm und nahm Kendras Hand. "Komm mit." Sie gingen auf Mary zu, die die Szene immer noch aus der Entfernung beobachtete und sich gerade wünschte, sie könnte diese erste Begegnung genauso unbefangen, wie ihr kleiner Sohn, genießen. "Das ist meine Mama", sagte der blonde Knirps stolz. Dann löste er sich von Kendra und schlang seine Arme um Mary. "Hallo. Mary Graham." "Kendra Waters. Freut mich wirklich sehr." Die beiden Frauen gaben sich die Hände. "Hallo Mary." Peter kam auf sie zu und gab ihr zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange. Aus dem Augenwinkel konnte Mary sehen, dass diese Geste für Kendra wohl kein Grund für Eifersucht zu sein schien. Jedenfalls lächelte sie immer noch und roch dann an dem bunten Blumenstrauß. "Die duften ja wirklich ganz wunderbar." Jamie blickte hoch zu seiner Mutter und strahlte über das ganze Gesicht. Mary strich ihm behutsam über seine blonden Haare. "Aber ich denke, wir stellen sie besser schnell ins Wasser. Wollen wir nicht reingehen? Der Kaffee wartet schon." Ein paar Minuten später saßen die Vier im Wohnzimmer. Kendras Blick fiel auf den Teddy, der auf dem Tisch lag. "Peter, der sieht ja genauso aus wie deiner. Genau wie der, der auf deinem Nachttisch sitzt." Der junge Priester grinste. "Ja, Jamies und mein Teddy sind Zwillinge und passen immer auf uns auf." "Ja genau", stimmte der Knirps strahlend zu. Nur Augenblicke später war er auf den Schoß seines Patenonkels geklettert und kuschelte sich an dessen starke Brust. Als Kendra das sah wurde ihr ganz warm ums Herz. Die Zwei schienen sich wirklich sehr nah zu sein. Natürlich hatte Peter ihr schon von seinem Patenkind erzählt, aber sie jetzt zusammen zu erleben, war einfach herzergreifend. Wenn sie sich vorstellte, der ehemalige Cop wäre wegen ihr nach Palm Beach gegangen und hätte den kleinen Mann nur noch wenige Male im Jahr sehen können… "Peter, komm mit." Jamies Stimme riss die junge Frau aus ihren Gedanken. "Gönn deinem Patenonkel doch auch mal eine Pause", sagte Mary mit einem Lächeln. "Kein Problem. Was willst du mir denn zeigen?" Der Dreijährige grinste seine Mutter triumphierend an. Mary winkte nur ab, denn sie wusste, dass Peter gegen das kleine Energiebündel sowieso machtlos war und er ihm keinen Wunsch abschlagen konnte. Nur so langsam schien Jamie das auch zu begreifen. Der jungen Mutter entglitt ein leises Lachen. Da würde noch etwas auf Peter zukommen in den nächsten Jahren. Dann verschwanden Peter und Jamie im Kinderzimmer. "Ihr Sohn ist ein toller Junge", bemerkte Kendra. "Sie können wirklich stolz auf ihn sein." Marys Gesicht verzog sich zu einem Strahlen. "Danke. Ich wüsste auch nicht, was ich ohne ihn machen würde… Und ohne Peter." Jetzt lächelte auch Kendra. "Ja, sie sind Beide etwas ganz Besonderes… Peter hat mir schon viel von ihnen erzählt. Auch, was sie schon alles für ihn getan haben. Das ist wirklich nicht selbstverständlich. Er hat Glück, dass er sie hat." Mary merkte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen und langsam wurde ihr klar, dass sie sich keine Sorgen darüber machen musste, dass Kendra sich zwischen Peter und sie stellen würde. Denn sie spürte, dass die junge Frau die Worte auch genauso meinte, wie sie es sagte. Plötzlich erklang ein Schrei aus dem Kinderzimmer. Die beiden Frauen sprangen vom Sofa auf und Augenblicke später sahen sie Peter am Boden liegen. "Ich ergebe mich, ich ergebe mich." Jamie lag auf seinem Patenonkel und lachte siegesssicher. "Sagt mal, was treibt ihr denn hier? Ihr habt uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt!" "Kung.. Kung Fu.. Fu", antwortete Jamie glucksend. "Ich dachte man kann mit dem Training nicht früh genug anfangen." Der junge Priester sah die beiden Frauen mit einem spitzbübischen Grinsen an. "Vielleicht warnt ihr uns das nächste Mal vor. Wir dachten wirklich, es sei etwas Schlimmes passiert", sagte Mary mit ernstem Blick. Peter und Jamie blickte verlegen nach oben. "Entschuldigung." "Tschuldigung." Die Beiden sahen aus, als könnten sie kein Wässerchen trüben. "Jetzt sieh sich das einer an. Euch kann man einfach nicht böse sein… Und was haltet ihr von einem Abendessen, damit ihr wieder zu Kräften kommt?" Mary sah sie fragend an. "Gute Idee", erklang es wie aus einem Munde. "Wir helfen dir auch." "Nein, ihr Kung Fu Asse räumt erst einmal das Chaos hier auf… Kendra hilfst du… helfen sie mir?" "Von mir aus können wir auch gerne gleich beim Du bleiben." "Dann sind wir uns ja einig", sagte Mary zufrieden. Nur kurze Zeit später waren die beiden Frauen in der Küche verschwunden. Jamie stürzte sich direkt wieder mit wildem Gebrüll auf seinen Patenonkel. Sofort erklang ein Ruf aus dem Nebenzimmer: "Jungs, aufräumen." "Oh, was meinst du, ich glaube, wir sollten auf deine Mama hören. Sonst müssen wir noch hungrig ins Bett gehen." "Ok", sagte der blonde Knirps mit einem leisen Seufzen. "Das nächste Mal trainieren wir in unserer Wohnung. Da haben wir auch mehr Platz." "Jaaaa. Morgen?" "Wenn Kendra nichts dagegen hat." "Mag Kendra", bemerkte Jamie mit einem Lächeln. Peter fühlte wie ihn ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte. Er hatte so sehr gehofft, dass sich Jamie, Mary und Kendra verstehen würden und dass seine kleine Familie hier in Sloanville auch ein Teil von Kendras Leben werden würde. "Das freut mich sehr." Mit diesen Worten nahm er sein Patenkind in den Arm und gab ihm einen sanften Kuss. "Aber jetzt sollten wir wirklich mal das Schlachtfeld hier beseitigen." Als es draußen zu dämmern begann, machten sich Peter und Kendra auf den Weg nach Hause. Nach einer herzlichen Verabschiedung und dem Versprechen auf ein baldiges Wiedersehen, schloss Mary die Tür hinter den Beiden. Auf ihren Lippen lag ein zufriedenes Lächeln. "Kendra ist lieb", bemerkte Jamie. "Ja, das ist sie wirklich." Jetzt, nachdem sie die junge Frau kennen gelernt hatte, konnte Mary kaum noch nachvollziehen, warum sie sich vorher so viele Gedanken gemacht hatte. Kendra war wirklich ganz bezaubernd und sie machte Peter mehr als glücklich. Tief in ihrem Inneren wünschte Mary sich, sie würde vielleicht auch bald einen Partner finden, der ihr all das geben konnte, was Kendra Peter gab. Aber solange gab es in ihrem Leben nur einen Mann und der stand gerade gähnend vor ihr und drohte im Stehen einzuschlafen. "Na du, vielleicht gehst du besser ins Bett. War wirklich eín aufregender Tag heute." Zwanzig Minuten später zog sie behutsam die kuschelige Decke über den kleinen Körper ihres Sohnes. "Gute Nacht Mama", murmelte er. "Nacht Peter… Nacht Kendra." Momente später erfüllte sein gleichmäßiger Atem das Kinderzimmer. "Gute Nacht, mein Schatz", flüsterte Mary mit einem Lächeln. Und die junge Frau spürte, dass der heutige Tag der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein könnte. Ende
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