Autor: Lost-Sheep
 

Vorsichtig klopfte die junge Frau an die Tür mit der Aufschrift "Detective Griffin".

"Herein", erklang eine markante Stimme aus dem Inneren des Büros.

"Hallo Kermit. Sgt. Broderick hat mir gesagt, dass Peter nach Dienstschluss noch zu einem Einsatz musste…"

"… und eigentlich wolltest du gerade den kleine Mann hier bei ihm abgeben", vollendete der Ex-Söldner Marys Satz. "Keine Sorge, ich weiß Bescheid."

Dann wandte er sich Peters Patenkind zu. "Na du, nimmst du auch mit mir vorlieb? Jetzt wo dein Beschützer gerade nicht verfügbar ist."

Mary beugte sich zu ihrem kleinen Sohn herunter. "Bleibst du bei Kermit, bis Peter wieder da ist?"

"Jajaja", antwortete der Knirps mit einem Grinsen im Gesicht.

Dann löste er sich von der Hand seiner Mutter und kletterte flink auf Kermits Schoß, wo er sofort damit begann ihm die Sonnenbrille von der Nase zu ziehen. Der Ex-Söldner kam ihm jedoch zuvor und nahm die Brille freiwillig ab, denn er wusste dass es Jamie unheimlich war, wenn er ihm nicht in die Augen sehen konnte und diese hinter den dunklen Gläsern verbarg.

"Und es macht dir wirklich nichts aus", hakte Mary noch einmal nach.

"Nein, kein Problem. Jamies Besuch ist mal eine nette Abwechslung im grauen Alltag eines Polizeibeamten." Kermit grinste die junge Mutter an.

"Danke, du bist der Beste. Und sag Peter doch bitte liebe Grüße."

"Mach ich. Und dir viel Spaß bei deinem Wellness-Nachmittag. Das hast du dir wirklich verdient."

"Den werde ich sicherlich haben."

Mary wusste, dass ihr kleiner Sohn bei Kermit in guten Händen war. Der Ex-Söldner mochte auf den ersten Blick vielleicht nicht so wirken, aber hinter der rauen Schale war ein weicher und liebenswerter Kern verborgen. Und hatte man diesen einmal entdeckt, konnte man den Detective einfach nur gern haben. Mary war wirklich froh, dass auch er mittlerweile ein fester Bestandteil ihres Lebens geworden war.

"Bye bye, Mama", sagte Kermit auf einmal und riss sie aus ihren Gedanken.

"Bye bye", plapperte Jamie sofort nach.

Die junge Frau lächelte und gab ihrem Sohn noch einen Abschiedskuss auf die Stirn. Sie merkte wie Kermit sie erwartungsvoll von der Seite ansah.

"Du auch?" fragte sie lachend.

"Ich bitte darum."

Mary beugte sich runter und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange, "Danke Kermit."

Dann verließ sie das Büro.

"So und was machen wir jetzt?" wandte sich der Ex-Söldner wieder seinem kleinen Gast zu.

"Autos spielen." Mit diesen Worten rutschte Jamie von Kermits Schoß und steuerte direkt auf die Tasche zu, die Mary neben die Tür gestellt hatte. Zielsicher griff er hinein und zog eine blaue Plastikbox heraus, die verdächtig rappelte.

"Da Autos drin", bemerkte er strahlend.

Währendessen versuchte Kermit auf seinem Schreibtisch soviel Platz wie möglich zu machen, denn er wollte dem kleinen Knirps nicht zumuten, dass er auf dem kalten und ungemütlichen Bürofußboden spielen musste.

Dann hob er Jamie hoch und setzte ihn auf die Tischplatte.

"Da hast du aber eine tolle Garage. Wie viele Autos da wohl drin sind?"

Nach und nach kamen immer mehr bunte Miniautos zum Vorschein, die von Kermit natürlich gebührend bewundert wurden.

"Hey, das sieht ja fast aus wie meins", bemerkte er, als Jamie einen quietschgrünen Flitzer in seiner kleinen Hand hielt.

"Wo hast du das denn her?"

"Von Peter zum Burstag", antwortete er lachend.

"So eins könnte mir dein Patenonkel auch mal schenken."

Jamie zögerte nicht lange und hielt ihm das Auto vor die Nase. "Da."

"Nein, das kann ich doch nicht annehmen. Das war doch ein Geschenk."

"Doch. Da. Für dich." Jamies blaue Augen strahlten ihn an und dem Detective wurde es ganz warm ums Herz.

"Wirklich?"

"Jaaaaaaaa."

Und schon drückte Jamie ihm das Kermit-Mobil im Miniformat in die Hand.

"Dankeschön."

Nie im Leben hätte sich der Ex-Söldner vorstellen können, dass ihn ein kleines Auto einmal so anrühren würde. Er blickte in Jamies strahlende Augen und ihm wurde schlagartig klar, warum sein jüngere Kollege den blonden Zwerg so in sein Herz geschlossen hatte. Und er spürte, dass auch er gerade dabei war, seins an das kleine Wesen zu verlieren.

Sofort erinnerte er sich an jenen Tag, als Peter ihn völlig aufgeregt angerufen hatte, um sich mit ihm im Park zu treffen. Der junge Mann wäre beinahe vor Stolz geplatzt, als er ihm erzählte, dass er der Patenonkel von Jamie werden würde. Kermit hatte schon damals gewusst, dass sich Mary niemanden besseren dafür hätte wünschen können.

Er fühlte eine tiefe innere Zufriedenheit, jedes Mal wenn er sah, wie liebevoll sich Peter, um sein Patenkind kümmerte. Denn irgendwie hatte er sich immer ein wenig wie der große Bruder des jungen Cops gefühlt. Und es machte ihn einfach glücklich zu sehen, was für ein wundervoller Mensch aus seinem Schützling geworden war.

Peter hatte es wirklich nicht leicht gehabt im Leben. Erst der vermeintliche Verlust seines Vaters und die Zerstörung des Tempels. Dann die Zeit im Waisenhaus und der Neubeginn bei den Blaisdells. All dies hatte in ihm einen besonders ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit entstehen lassen. Auch wenn er manchmal aufbrausend sein konnte, in dem, was er tat, war es genau diese Mischung seiner Persönlichkeit, die alle so sehr an ihm schätzten.

"Hallo, Ihr Zwei", ertönte plötzlich eine Stimme.

Kermit blickte hoch und sah direkt in Peters Gesicht. Wieso hatte er denn gar nicht bemerkt, dass der junge Cop sein Büro betreten hatte?

"Hallo Peter", sagte er immer noch gedankenverloren.

Jamie streckte seine Arme nach seinem Patenonkel aus, traute sich jedoch nicht von der Tischplatte zu springen.

"Na, mein Kleiner. War Onkel Kermit lieb zu dir?" Mit diesen Worten hob er ihn hoch und gab ihm einen Begrüßungskuss.

"Ja, immer lieb. Mit Autos spielt."

"Wie ich sehe, hast du deinen ganzen Fuhrpark dabei. Wollen wir die Autos jetzt wieder in die Garage fahren, damit wir los können."

"Ihr wollt schon gehen?" meldete sich der ältere Cop zu Wort.

"Hast du noch nicht genug gespielt für heute?" fragte Peter lachend. "Wie ich sehe, willst du das eine Auto ja gar nicht mehr hergeben."

Erst jetzt bemerkte Kermit, dass er den grünen Flitzer noch immer in der Hand hielt.

"Das, mein Lieber, ist ein Geschenk von Jamie."

"Ja, von Jamie", sagte der Knirps triumphierend.

"Und das wird einen Ehrenplatz auf meinem Schreibtisch bekommen", fügte der Ex-Söldner mit einem Grinsen hinzu.

"Ich hatte ja keine Ahnung, dass man dir mit einem Spielzeugauto so eine Freude machen kann."

"Tja, es gibt so einige Sachen, die du nicht von mir weißt", konterte Kermit mit einem Zwinkern.

"Ich glaube, so einiges möchte ich auch lieber nicht wissen." Dann wandte Peter sich Jamie zu. "Gehen wir jetzt spazieren?"

Der kleine Knirps nickte und zeigte dann auf Kermit. "Mitkommen."

Dieser konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. "Ich soll mitkommen?"

"Ja, mitkommen."

Der ältere Cop dachte einige Momente nach. "Ich glaube, das Verbrechen kommt auch ein paar Stunden ohne mich aus. Ich werde mir einfach einen halben Tag frei nehmen."

Peter sah seinen Kollegen ungläubig an. "Ist das dein Ernst?"

"Ja, mein voller Ernst. Können wir los?"

Jamie lachte zufrieden. "Autos."

"Aber natürlich, die Autos." Sofort machte sich Kermit daran, die Autos wieder behutsam in der Plastikbox zu verstauen. Als alle Flitzer eingepackt waren, stellte er das Mini-Kermitmobil direkt neben seinen Bildschirm.

Dann erhob er sich von seinem Stuhl.

"Ich weiß nicht, was mit euch ist, aber ich gehe jetzt spazieren." Mit diesen Worten verließ er sein Büro und steuerte auf den Ausgang zu.

Alle Kollegen auf dem Revier bemerkten das zufriedene Lächeln, dass die Lippen des Ex-Söldners umspielte, als er an ihnen vorbeilief.

Und einige meinten auch, ein glückliches Strahlen in seinen Augen gesehen zu haben.

Ende

 

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