Autor: Lost-Sheep
 

Niemals würde sie den Tag vergessen, an dem sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Damals hatte sie noch nicht ahnen können, wie sehr dieser Mann ihr Leben und besonders das Leben ihres Sohnes verändern würde.

Warum?

Warum hatte sie ihm ihr Baby in jener Nacht anvertraut, obwohl sie ihn doch gar nicht gekannt hatte? Waren es seine haselnussbraunen Augen gewesen, mit denen er sie im Park so vertrauensvoll angesehen hatte? War es die Tatsache, dass er Polizist war und sie glaubte, ihm deshalb vertrauen zu können?

Vielleicht.

Aber da war noch etwas anderes gewesen, ein Gefühl, das sie nur schwer in Worte fassen konnte. Als hätte sie damals vor fast anderthalb Jahren schon gewusst, dass ihr Sohn diesem Mann bedingungslos vertrauen würde.

Manchmal schien es ihr schon ein wenig unheimlich und ließ sie ernsthaft daran glauben, dass es da oben irgendwo eine Kraft gab, die den jungen Cop an genau diesem Tag in den Park hatte gehen lassen, um dort auf sie zu treffen.

Immer wieder fragte sie sich, womit sie all das verdient hatte? All das, was er für sie getan hatte und wohl auch noch in Zukunft tun würde? Eine Antwort hatte sie noch nicht gefunden, aber langsam hatte sie gelernt seine Hilfe anzunehmen, ohne immer wieder von einem schlechten Gewissen geplagt zu werden. Denn sie spürte, dass es ihm einfach Freude machte.

Wie hatte er einmal gesagt: "Jamies Lachen zu hören und euch so glücklich zu sehen, ist der größte und schönste Dank, den ich mir vorstellen kann." Und sie wusste, dass dies aus seinem tiefsten Herzen kam.

Sie war unendlich dankbar für dieses Geschenk, woher auch immer es gekommen war. Und sie hoffte ihn niemals zu verlieren.

Glück. Freude. Vertrauen.

All das hatte sie erst durch ihn kennen gelernt.

Angst. Schmerz. Verzweiflung.

Das war vorher gewesen.

Mit einem Lächeln erinnerte sie sich an den Tag zurück, an dem sie ihn gefragt hatte, ob er ihren Sohn auf seinem weiteren Lebensweg begleiten wolle. Vor Rührung hatte er kaum ein Wort über seine Lippen gebracht und sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel gewischt. Aber das eine Wort hatte genügt, um all das, was sie sich für Jamie gewünscht hatte, wahr werden zu lassen.

Und sie hatte in ihrem Leben selten ein Wort gehört, das mit mehr Aufrichtigkeit und Liebe ausgesprochen worden war.

Ihr Kleiner liebte seinen Patenonkel zutiefst. Alleine wenn er nur seinen Namen hörte, zauberte ihm dies jedes Mal ein Strahlen ins Gesicht. Und wenn die Beiden zusammen waren, spürte sie das Glücksgefühl, das ihren Sohn durchströmte.

Wo wären sie wohl, wenn es diese Begegnung niemals gegeben hätte?

Diesen Gedanken schob sie ganz schnell beiseite. Denn er war in ihr Leben getreten. Dieser Mann, von dem sie manchmal glaubte, er müsse ein Engel sein.

Liebte sie ihn?

Nicht nur einmal hatte sie diese Frage gehört, wenn ihre Freundinnen oder Kollegen sie mit ihm zusammen gesehen hatten.

Sie liebte ihn für das Glück, das er in ihr Leben gebracht hatte. Dafür, dass er immer für sie und Jamie da gewesen war und dafür, dass er ihren Sohn niemals im Stich lassen würde.

Sie spürte eine tiefe Freundschaft zu ihm und er würde immer einen Platz in ihrem Herzen haben, aber nicht als der neue Mann an ihrer Seite.

Und sie glaubte zu wissen, dass der junge Cop dies auch so empfand.

Vielleicht war sie aber auch einfach noch nicht bereit, eine neue Beziehung einzugehen nach ihren Erfahrungen mit John.

Oder hatte sie Angst, Peter zu verlieren?

Natürlich konnte sie nicht wissen, was die Zukunft noch bringen würde, aber sie war sich sicher, dass dort noch viele glückliche Stunden auf sie warteten.

Mary blickte hoch und sah wie Jamie und Peter die schnatternden Enten am Ufer des Teiches fütterten. Sie hörte das vergnügte Lachen ihres Sohnes und sie wusste genau, was Peter damals gemeint hatte. Gab es etwas Schöneres auf dieser Welt? Etwas Schöneres als das Lachen eines Kindes. Ihres Kindes.

Sie atmete tief durch, schloss die Augen und genoss die wärmenden Strahlen der Sonne. Sie spürte, wie ihr ganzer Körper von einer tiefen Zufriedenheit durchströmt wurde und sie wusste, dass dies alles kein Traum war, sondern ihr Leben.

Und sie fühlte sich lebendiger, als jemals zuvor.

Ende

 

zurück zum Autoren Index      zurück zum Story Index