Ein wärmendes Feuer knisterte im offenen Kamin und die unzähligen Kerzen tauchten den Raum in ein schon fast unwirkliches Licht. Mary sah sich in dem gemütlichen Wohnzimmer um, während Peter in die Küche gegangen war, um den Wein zu holen. Der junge Cop hatte sie und ihren kleinen Sohn für ein gemeinsames Wochenende in die Hütte seines Pflegevaters eingeladen. Auf dem Kaminsims entdeckte die junge Frau mehrere Fotos. Eins, das ganz links stand, zeigte Peter mit einem stattlichen, weißhaarigen Mann an seiner Seite. Mary wusste von einem Bild in Peters Appartement, dass dies sein Ziehvater Paul Blaisdell war, der die Familie verlassen hatte und von dem bis heute keiner wusste, wo er sich seit jenem Tag aufhielt. "Für Dad, Weihnachten`91, In Liebe Peter", konnte sie auf dem Foto in Peters Handschrift lesen. "Das habe ich ihm in dem Jahr geschenkt, in dem ich meinen Vater wieder gefunden hatte", erklang auf einmal eine Stimme hinter ihr. Sie lächelte ihn an. "Er muss wirklich ein ganz besonderer Mensch sein." "Ja, das ist er. Ich weiß nicht, was ohne ihn aus mir geworden wäre." Mary konnte den Schmerz in der Stimme des jungen Cops hören. Ein Schmerz, der ihr zeigte, wie sehr er diesen Mann, bis um heutigen Tage vermisste. "Ich glaube, ich wollte ihm mit dem Bild einfach zeigen, dass sich zwischen uns nichts ändern würde, auch nicht wenn Paps wieder zurück war. Er sollte wissen, dass er für immer mein Dad bleiben würde, egal was passiert." "Meinst du, er hat jemals daran gezweifelt?" fragte die junge Frau mit leiser Stimme. "Er hat nie etwas zu mir gesagt, aber es war sicherlich nicht leicht für ihn, wenn ich andauernd nur über Paps, die Zeit im Tempel und unseren Neubeginn, geredet habe." Peter schluckte. "Trotzdem hat er mich immer unterstützt, er war immer für dich da, wenn ich nicht weiter wusste. Er hat immer gesagt, es bräuchte einfach Zeit." Vorsichtig legte Mary ihm die Hand auf die Schulter. Im flackernden Licht des Kamins konnte sie die ungeweinten Tränen in seinen Augen sehen. "Er hat mich damals aufgenommen wie einen eigenen Sohn und niemals einen Zweifel daran gelassen, dass ich ein Teil der Familie bin." Er blickte ihr direkt in die Augen. "Vielleicht liegt mir Jamie deshalb so am Herzen. Vielleicht möchte ich mich so für all das bedanken, was Paul für mich getan hat." Jetzt spürte auch Mary, wie ihre Augen feucht wurden. Sie kannte Peter jetzt fast zwei Jahre und hatte sich oft gefragt, womit Jamie und sie all das verdient hatten. Der junge Cop war in dieser Zeit immer für sie da gewesen und hatte sie nicht ein einziges Mal im Stich gelassen. Ihr Blick wanderte wieder zu dem Foto und sie spürte eine unsichtbare Verbundenheit zu dem ehemaligen Polizeicaptain in sich aufsteigen. Eine stille Sehnsucht diesem Mann einmal zu begegnen und ihm für all das zu danken, was seinen Pflegesohn zu dem gemacht hatte, was er heute war. Er wüsste nicht, was aus ihm geworden wäre ohne Paul, hatte er vorhin gesagt. Und was wäre aus Jamie und ihr geworden ohne den jungen Cop? Ohne ihre Begegnung im Park an jenem Tag, als sie Angst gehabt hatte, John würde Jamie etwas antun? "Ich hoffe Jamie wird sich niemals von dir verabschieden müssen und immer wissen, wo du gerade bist." "Das hoffe ich auch." Dann zog Peter die junge Frau sanft an sich und hielt sie ganz fest. Ihre Nähe zu spüren tat unendlich gut und er fühlte, wie sich eine glitzernde Träne lautlos ihren Weg über seine Wange bahnte. Minuten später lösten sie sich voneinander. Mary sah in seine glänzenden haselnussbraunen Augen. "Und du weißt, dass du immer ein Teil von Jamies Leben sein wirst, auch wenn es irgendwann wieder einen neuen Mann an meiner Seite geben sollte... Dann wird Jamie, wie du, zwei Daddys haben." Peter brachte nur ein kaum hörbares "Danke" hervor und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht Natürlich hatte er schon einmal darüber nachgedacht, was geschehen würde, wenn ein neuer Partner in Marys Leben treten würde. Aber nun durchströmte wieder dieses unbeschreiblich warme Glücksgefühl seinen Körper und er war sich sicher, dass er Jamie niemals verlieren würde. ------------------------------ Langsam bahnten sich ein paar vorwitzige Sonnenstrahlen ihren Weg durch den Vorhangschlitz und kitzelten Peter unerbittlich an der Nase. Dieser murmelte etwas unverständliches, bevor er sich seufzend auf die andere Seite drehte. Das Bett war einfach viel zu schön und kuschelig, um es jetzt schon zu verlassen. Vor ein paar Tagen hatte er noch einen Artikel gelesen, in dem stand, dass Stubenfliegen zwölf Stunden am Tag zu schlafen pflegen und Katzen sogar vierzehn. Warum sollte er also jetzt schon aufstehen? Durch die Strahlen der Sonne breitete sich eine wohlige Wärme auf seinem Rücken aus und Momente später war er wieder in einen tiefen Schlaf gefallen. Auf Zehenspitzen schlich Mary zu Peters Zimmertür und öffnete sie leise. Sofort fiel ihr Blick auf den seelenruhig schlummernden Cop. Sein gleichmäßiger Atem verriet ihr, dass er sich noch weit weg im Land der Träume befand. Kurz zuvor hatte sie nach Jamie gesehen, der ebenso friedlich im Nebenzimmer schlief. Die junge Frau blieb im Türrahmen stehen und betrachtete den jungen Mann für einige Momente. Seit dem gestrigen Abend wusste sie, welch wichtige Rolle sein Ziehvater in seinem Leben gespielt hatte und bis heute spielte. "Maaaamaaa", erklang auf einmal eine nur allzu vertraute Kinderstimme. "Ich bin hier, mein Schatz", antwortete sie. "Aber leise, Peter schläft noch." Diese Bemerkung kam jedoch zu spät. Denn ihr kleiner Sohn war bereits lachend an ihr vorbeigelaufen und sprang gerade mit vollem Schwung in Peters Bett. "Waaaah", entglitt es dem jungen Cop, der mit einem Schlag hellwach war. Seine braunen Haare waren ähnlich zersaust, wie Jamies blonder Schopf und die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben "Guten Morgen, mein Kleiner." Dann gab er seinem Patenkind einen Kuss auf die Stirn. "Morgen. Auch schon wach?" fragte dieser mit großen Augen. Peter und Mary mussten lachen. Der kleine Mann grinste von einem Ohr zum anderen und kuschelte sich dann an seinen Patenonkel. "Was haltet ihr davon, wenn ihr euch anzieht, während ich das Frühstück vorbereite?" Mary blickte die Beiden erwartungsvoll an. Genau in diesem Moment fing Peters Magen hörbar an zu knurren. "Bär?" fragte Jamie. "Nein, das war ich. Ich glaube, ich bin hungrig." "Jamie auch hungrig." "Na, dann geh ich mal in die Küche. Ich kann ja nicht verantworten, dass meine beiden Männer hier Hunger leiden müssen " Mit diesen Worten und einem Lächeln auf den Lippen verließ Mary das Zimmer. Auf dem Weg in die Küche verweilte sie für einige Augenblicke am Kamin. "Danke Paul", flüsterte sie, während sie vorsichtig mit dem Finger über das Bild fuhr. "Ich hoffe, ich werde eines Tages die Chance bekommen dich kennen zu lernen, um dir zu sagen, was für einen wundervollen Pflegesohn du hast." Ende
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