Weiße, glitzernde Flocken tanzten durch die kalte, klare Luft und legten sich dann lautlos, wie eine wärmende Decke, über die Stadt. Die Straßen und Plätze waren festlich geschmückt und man spürte eine ganz besondere Stimmung, denn es war Heiligabend in Sloanville. Das geschäftige Treiben, das noch vor ein paar Stunden in der Stadt geherrscht hatte, war einer fast schon besinnlich anmutenden Atmosphäre gewichen. Peter Caine parkte seinen Stealth und wenig später stieg er die Stufen zur Wohnung seines Vaters hinauf. „Paps, bist du da?“ rief er schon, bevor er über die Schwelle getreten war. „Ich bin hier, mein Sohn.“ Der junge Cop betrat den Raum, der von unzähligen Kerzen in ein wohlig warmes Licht getaucht wurde. Kwai Chang Caine war gerade dabei diverse Kräuter in einen Lederbeutel zu füllen. „Was machst du da?“ „Das ist ein Tee für Mary.“ Peter grinste. „Na dann hoffe ich, er schmeckt auch, sonst wird sie uns nie wieder zum Weihnachtsessen einladen.“ Bei dieser Bemerkung verzogen sich auch die Mundwinkel des Shaolin-Priesters zu einem Lächeln. Dann sah er in das strahlende Gesicht seines Sohnes und spürte das Glück, dass dessen Körper durchströmte. Dies erfüllte auch ihn mit Zufriedenheit, aber vor allem mit unendlichem Stolz. Stolz auf das, was der junge Cop für Mary und Jamie in den vergangenen Monaten getan hatte und mit welcher Aufopferung er sich bis heute um die Beiden kümmerte. Schon als Kind hatte Peter einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit gehabt und sich mit all seiner Kraft vor Schwächere gestellt. Jetzt als erwachsener Mann hatte sich dies nicht geändert und sein Patenkind hatte sich einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen erobert. Natürlich wusste Caine, dass dies nicht alleine sein Verdienst war, sondern auch die liebevolle Erziehung, die sein Sohn im Hause der Blaisdells genossen hatte. Die Zeit im Tempel, aber auch die Jahre bei seinen Pflegeeltern und die Ausbildung auf der Polizeiakademie hatten Peter zu dem gemacht, was er heute war und sein Vater liebte ihn zutiefst dafür. „Trinken wir noch einen Tee, bevor wir uns auf den Weg machen? Ich möchte nicht zu früh bei Mary auftauchen. Sie macht sich eh schon verrückt, wegen dem Essen.“ Peters Worte rissen Caine aus seinen Gedanken und als Antwort nickte er ihm nur kurz zu. Der junge Cop zog seinen Mantel aus und trat ans Fenster, während sein Vater den Tee zubereitete. Verträumt blickte er hinaus und beobachtete die tanzenden Schneeflocken. Er dachte an Jamie und daran, wie er ihn vor fast acht Monaten vor dem Revier gefunden hatte. Mittlerweile hatte er angefangen zu sprechen und machte seine ersten Stehversuche. Wie aufgeregt hatte Mary ihn vor ein paar Tagen auf dem Revier angerufen, nachdem der kleine Knirps zum ersten Mal „Mama“ gesagt hatte. Und dann durfte er selbst am Telefon hören, wie eine zarte Kinderstimme die Silben formte. Im Frühjahr würden sie ihn nicht mehr im Kinderwagen durch den Park schieben, sondern Jamie würde auf seinen eigenen, kleinen Füßchen durch das Gras laufen und mit anderen Kindern den Spielplatz erkunden. Dann spürte er eine vertraute Hand auf seiner Schulter. Er drehte sich um und sein Vater hielt ihm einen Becher mit dampfendem Tee vor die Nase. „Danke“, sagte er mit einem Lächeln. Der Shaolin-Priester blickte ihn an. „Hast du an Jamie gedacht?“ „Ja und daran wie schnell die Zeit vergeht. Ehe ich mich versehe, wird er mich im Basketball in Grund und Boden spielen.“ Peter grinste und nahm dann vorsichtig einen Schluck. „Auch ich kann manchmal kaum glauben, was aus dem kleinen, hilflosen Wesen geworden ist, das mit vor fast dreißig Jahren in die Arme gelegt wurde.“ Caine seufzte leise und legte seine Hand auf die Wange seines Sohnes, der ihn mit seinen haselnussbraunen Augen ansah. „Ich hoffe doch sehr, dass du mit dem zufrieden bist, was du siehst“, entgegnete Peter mit leiser Stimme. „Niemand könnte mich mit mehr Glück erfüllen, als du mein Sohn. Und dafür liebe ich dich.“ Der junge Cop musste schlucken und spürte, wie seine Augen feucht wurden. Mit erstickter Stimme erwiderte er:“ Ich hab dich auch lieb, Paps.“ Dann zog er seinen Vater in eine feste Umarmung und legte seinen Kopf auf dessen Schulter. Nach einigen Augenblicken lösten sie sich wieder voneinander. „Langsam sollten wir uns auf den Weg machen“, sagte Peter und griff nach seinem Mantel. Auch Caine nahm seine Jacke und seinen Hut und gemeinsam machten sie sich auf dem Weg zu Jamies erstem Weihnachtsfest. Ende
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