Autor: Lost-Sheep
 

Gedankenverloren blickte Peter auf das glitzernde Wasser des Sees. Es war ein angenehm warmer Sommertag und die Sonne strahlte aus einem zartblauen, wolkenlosen Himmel. Der leichte Wind, der an diesem Tag wehte, brachte den süßlichen Duft von frischgebackenen Waffeln mit sich und dem jungen Cop lief langsam das Wasser im Mund zusammen.

Er blickte sich um und sah, dass sich nur wenige Meter von ihm entfernt ein Eiswagen befand, vor dessen Theke sich schon eine beachtliche Menschenschlange gebildet hatte. Wenn sein Freund Nicky Elder gerade dabei war sich unter der karibischen Sonne zu aalen, umgeben von Palmen und Bananenpflanzen, wahrscheinlich in einer Hängematte am Strand liegend, so konnte er sich doch zumindest ein erfrischendes Zitroneneis gönnen.

Als Peter an Nicky dachte schmunzelte er kurz. Vor nur drei Tagen hatte er ihn zum Flughafen gebracht. Eine Nacht vor seinem Abflug war der Gerichtsmediziner noch im Krankenhaus gewesen. Angeheitert von ein paar leckeren Cocktails, war er im Chandlers die Treppe heruntergefallen. Zum Glück waren seine Verletzungen nicht allzu ernst gewesen und so hatte er seinen wohlverdienten Urlaub pünktlich antreten können. Der junge Cop hoffte nur, dass sein Freund diese überaus fragwürdigen, bunten Bermudas zu Hause gelassen hatte, die er ihnen allen auf dem Revier präsentiert hatte. Peter lachte leise bei der Vorstellung Nicky würde damit bekleidet am karibischen Strand auf- und abflanieren, womöglich noch in der Hoffnung eine hübsche Frau kennen zulernen.

Knapp zwanzig Minuten später ließ sich der junge Mann auf eine Bank am Ufer des Sees sinken. Das Eis schmeckte einfach köstlich und die knusprige Waffel enthielt eine leichte Spur von Zimt und Vanille. Peter war gerade dabei sich auch an den weißen Südseestrand zu träumen, als er etwas an seinem Bein spürte. Er blickte zum Boden und sah einen kleinen, schwarzgefleckten Hund, der überaus interessiert an dem Hosenbein seiner Jeans schnüffelte.

"Entschuldigung", erklang auf einmal eine weibliche Stimme von der Seite.

Peter hob den Kopf und sah eine junge Frau, die ihn verlegen anlächelte. Ihre Wangen waren gerötet und sie schien ziemlich aus der Puste zu sein. In ihrer Hand hielt sie einen Lederkoffer, den sie nun erst einmal mit einem Seufzen auf den Boden stellte. Der Schnitt ihrer dunklen, kurzen Haare verlieh ihr ein fast schon freches Aussehen, das den jungen Cop sofort faszinierte.

"Keine Sorge, ihr Hund stört mich nicht", sagte Peter mit einem leichten Grinsen.

"Haben sie auch einen?"

"Nein. Aber früher hatten wir einen. Als ich noch ein Kind war. Er hieß Konfuzius."

"Konfuzius? Das ist aber ein außergewöhnlicher Name."

"Ich hatte ja auch eine außergewöhnliche Kindheit", bemerkte Peter mehr zu sich selbst, als zu seiner neuen Bekanntschaft. Dann zeigte er auf den Platz neben sich. "Aber wollen sie sich nicht setzen?"

Wenige Augenblicke später hatte sie es sich neben dem Cop bequem gemacht. "Mein Name ist übrigens Amy Morton." Dann zeigte sie auf das kleine Fellknäuel, das sich immer noch unbeirrt mit Peters Hosenbein beschäftigte. "Und das ist Mr. Hobbs"

"Peter Caine. Freut mich sie kennen zu lernen."

"Ganz meinerseits… Aber ich muss mich noch einmal für unseren Überfall entschuldigen. Mr. Hobbs ist einfach aus dem Taxi gesprungen und in den Park gelaufen." Dann schlug sie die Hand vor den Mund. "Oh jee."

Peter blickte sie irritiert an. Erst jetzt bemerkte er ihre wunderschönen, dunklen Augen, die im Licht der Sonne fast schon geheimnisvoll funkelten.

"Ich habe ganz vergessen das Taxi zu bezahlen. Was mache ich denn jetzt?"

Von weitem sah Peter einen etwas älteren Herrn, der sich ihnen im Laufschritt näherte. Sein Gesichtsausdruck versprach nichts Gutes und der junge Cop war sich sicher, dass es sich dabei um den geprellten Taxifahrer handeln musste.

"Sie habe ich gesucht", rief er schon aus der Entfernung. "Sie und ihren Köter." Peter blickte auf Mr. Hobbs und fragte sich, wie man ein so kleines, süßes Fellknäuel als Köter bezeichnen konnte.

Amy stand auf. "Beruhigen sie sich erst einmal und hören sie auf meinen Hund zu beleidigen." Sie atmete tief durch. "Es war ja keine Absicht. Sie bekommen ihr Geld. Was schulde ich ihnen?"

"Das haben sie sich aber zu einfach vorgestellt. Das wird eine schöne Anzeige bei der Polizei geben. Erst verdreckt ihr Biest meine Sitze und dann rennen sie einfach weg, ohne den Tarif zu bezahlen."

Nun hielt es auch Peter nicht mehr auf seinem Sitz. "Die junge Dame hat Recht. Regen sie sich nicht so auf. Es wird sich sicherlich eine Lösung finden."

Der Taxifahrer fuchtelte wild mit den Händen in der Luft herum. "Wenn ihre kleine Freundin hier einfach wegläuft, muss sie auch mit den Konsequenzen rechnen… Gleich da drüben ist ein Polizeirevier. Und da werden wir jetzt hingehen."

"Und genau da arbeite ich zufällig." Peter blickte seinem Gegner in die Augen. "Und wenn sie glauben so eine Bagatelle wäre etwas für eine polizeiliche Anzeige, dann muss ich ihnen leider mitteilen, dass dem nicht so ist. Meine Kollegen und ich haben wirklich Besseres zu tun, als uns mit vermeintlich verschmutzten Sitzpolstern in ihrem Taxi zu beschäftigen." Gerne hätte der junge Cop sich die letzte Bemerkung verkniffen, aber bei solchen Kerlen konnte er sich in den seltensten Fällen beherrschen. "Außerdem hat die Dame sich ja sofort bereit erklärt, ihnen das ausstehende Geld zu bezahlen."

Es schien, als sei dem älteren Mann die Streitlust soeben gehörig vergangen. Er blickte von Peter zu Amy und streckte dann seine Hand aus "In Ordnung. Einverstanden."

Die junge Frau war sichtlich erleichtert und zog, nach einem versöhnlichen Händedruck mit dem Taxifahrer, sofort ihr Portemonnaie aus der Handtasche.

Nachdem die Schulden beglichen waren, fiel sie Peter um den Hals. "Danke. Sie waren meine Rettung, ich weiß gar nicht, was ich ohne sie gegen diesen Kerl gemacht hätte."

"Keine Ursache. Wenn ich nicht da gewesen wäre, hätte Mr. Hobbs ihnen sicherlich geholfen." Der junge Cop beugte sich zu ihm herunter und kraulte ihn liebevoll hinter den Ohren.

Der kleine Hund blickte Beide mit seinen großen, treuen Augen an. Amy lachte. "Ich befürchte mein flauschiger Freund hier kann keiner Fliege etwas zu leide tun." Dann wandte sie sich wieder an Peter. "Und wie kann ich mich jetzt bei ihnen revanchieren?" Sie dachte kurz nach. Dann lächelte sie ihn an. "Ich wohne hier im Hotel. Vielleicht kann ich sie morgen zum Frühstück einladen?"

Peter grinste "Das ist wirklich nicht nötig... Aber wenn sie so nett fragen."

Sie strahlte ihn an. "Ok. Abgemacht. Dann sehen wir uns morgen. Sie waren heute wirklich unser Glücksstern... Danke."

"Das habe ich wirklich gerne gemacht."

Dann machte sich das ungleiche Duo auf den Weg ins Hotel und Peter blickte ihnen zufrieden nach.

Glücksstern. So hatte ihn auch noch nie jemand genannt. Mit einem leisen Seufzen setzte er sich wieder auf die Bank. Seine Sehnsucht nach einem Urlaub in der Karibik war schlagartig verflogen und er war sehr froh, dass er heute genau hier gewesen war. Hier in Sloanville.

Ende

 

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