Autor: Lost-Sheep

 

*Autsch*

Unsanft landete Detective Peter Caine auf dem harten Asphalt. Er fühlte einen brennenden Schmerz an seinem Ellenbogen. Irgendwie hatte er noch versucht sich abzufangen, aber dann war alles so schnell gegangen, dass er keine Chance mehr gehabt hatte zu reagieren.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht erhob er sich langsam vom kalten Boden und blickte strafend auf die vereiste Pfütze. So langsam konnte er Eis und Schnee nicht mehr sehen und sehnte sich sehr nach den ersten Frühlingsboten. Denn seit Wochen, die sich wie eine kleine Ewigkeit anfühlten, bestimmten Schneeflocken, Eiszapfen und graue Wolken das Stadtbild.

Der junge Cop befürchtete schon gar nicht mehr zu wissen, wie sich Sonnenstrahlen auf der Haut anfühlten oder wie Sloanville ohne die dicke, weiße Schneedecke aussah. Dazu herrschte eine eisige Kälte, die alles gefrieren ließ.

Kälte spürte Peter jetzt auch an seinem lädierten Körperteil. Vorsichtig drehte er den Arm und konnte direkt auf seinen aufgeschlagenen Ellenbogen blicken.

*Na toll. Jetzt ist auch noch mein wärmster Mantel ruiniert.*

Der junge Cop verdrehte die Augen und beschloss, diesen Tag sofort aus dem Kalender zu streichen. Sein Stimmungsbarometer drohte einen neuen Tiefpunkt zu erreichen und er wünschte sich nichts sehnlicher, als sich in seinem warmen Appartement zu verkriechen und nicht mehr herauszukommen, bis die ersten Strahlen der Frühlingssonne ihn an der Nase kitzelten.

Ja, er hatte den Winter für dieses Jahr gehörig satt und schon ernsthaft in Erwägung gezogen, sich nach Kalifornien oder Florida versetzen zu lassen. Der Gedanke an Sonnenschein und sommerliche Temperaturen das ganze Jahr, dazu Strand, Palmen und wogende Wellen, ließen in ihm ein Gefühl von Fernweh aufkommen. Er seufzte hörbar und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.

Dann riss ihn eine Stimme aus seinen melancholischen Gedanken.

"Alles in Ordnung? Sind sie verletzt?"

Peter drehte sich um und blickte direkt in das freundliche Gesicht einer jungen Frau, die ihn besorgt ansah.

"Ist nicht so schlimm. Ich befürchte nur, mein Mantel ist nicht mehr zu retten."

"Aber sie bluten ja. Mein Laden ist direkt um die Ecke. Da können sie sich erst einmal aufwärmen und ich kann mir ihre Verletzung genauer ansehen." Sie lächelte ihn an.

"In Ordnung. Überredet... Aber nur, wenn es wirklich keine Umstände macht."

"Keine Sorge… Mein Name ist übrigens Lillian. Lillian Harvey."

"Und ich bin Peter Caine."

"Freut mich, Peter."

Sie blickte direkt in seine haselnussbraunen Augen und Peter spürte, wie ein angenehm warmes Gefühl seinen Körper durchströmte.

Ein paar Minuten später betraten sie Lillians Laden. Der junge Cop sah sich um und erblickte viele Stoffe, Modezeichnungen und wunderschöne Kleider.

"Sind sie Schneiderin?"

"Wie sind sie da nur darauf gekommen?", fragte sie lachend.

"Das muss mein Cop-Instinkt sein", bemerkte er grinsend, während er vorsichtig seinen Mantel auszog.

"Na, dann werde ich doch mal sehen, was ich für sie tun kann, Detective. Und wenn ich sie versorgt hab, schaue ich mal, ob ihr Mantel vielleicht doch noch zu retten ist."

Und schon war sie verschwunden.

Wenige Augenblicke später breitete Lillian den Inhalt des 1. Hilfe Kastens auf der Ladentheke aus. Erst jetzt sah Peter wie hübsch sie war. Bis eben hatten ein dicker, roter Schal und eine große, wollige Mütze ihr Gesicht fast komplett verdeckt. Nur ihre warmen, dunkelbraunen Augen waren ihm sofort aufgefallen. Sie hatte schulterlange Locken und ihre Wangen waren von der Kälte gerötet. Ihr Anblick zauberte ihm ein Lächeln auf die Lippen und er spürte, wie ein sanftes Kribbeln seinen Körper durchzog.

Auf einmal erklang ein lang gezogenes Pfeifen.

"Oh, das Wasser. Mögen sie Tee? Oder lieber Kaffee?"

"Tee klingt wunderbar."

Peter blicke ihr nach. Vor noch nicht einmal zwanzig Minuten hatte er diesen Tag noch aus dem Kalender streichen wollen. Und jetzt? Jetzt saß er hier zwischen bunten Stoffen und Schaufensterpuppen und war einem dunkelhaarigen Engel begegnet… Vielleicht war Sloanville ja doch gar nicht so übel.

Mit einem Tablett in der Hand, auf dem zwei Teebecher standen, betrat Lillian erneut den Raum. Sie stellt es ab und kam dann direkt auf ihn zu. Vorsichtig schob sie den Ärmel seines Hemds hoch und betrachtete die Verletzung genauer.

"Ist nur eine Schürfwunde. Ich würde sagen, sie werden es überleben", stellte sie grinsend fest.

"Da hab ich ja nochmal Glück gehabt."

Einige Minuten später war der Ellenbogen des Cops versorgt und Lillian drückte ihm einen Becher mit dampfendem Tee in die Hand.

"Danke."

"Ich glaube ihren Mantel bekomme ich auch wieder hin, wenn es ein paar Tage Zeit hat."

"Aber natürlich. Ich bin ja froh, wenn er überhaupt noch zu retten ist." Und mit einem Lächeln fügte er hinzu: "Und vielleicht darf ich sie als Dankeschön mal zum Essen einladen?"

"Sehr gerne."

Dann klingelte Peters Handy. "Caine."

"Hallo Peter. Hier ist Mary-Margaret. Kannst du mich vielleicht abholen? Mein Wagen ist mal wieder liegen geblieben."

Auch wenn er natürlich lieber noch mehr Zeit mit Lillian verbracht hätte, sagte er zu, denn seine Freunde wussten, dass sie sich immer auf ihn verlassen konnten. Außerdem wollte er seine Kollegin bei der Kälte nicht im Stich lassen und verantworten, dass sie womöglich stundenlang irgendwo am Straßenrand ausharren musste.

"Ich muss leider weg." Er stand auf und reichte Lillian die Hand. "Es war mir ein Vergnügen."

"Ganz meinerseits. Ich rufe sie an, wenn der Mantel fertig ist."

"Sie sind meine Rettung. Danke für alles."

"Kein Problem… Ist es weit? Es ist eigentlich zu kalt draußen, um nur im Hemd herumzulaufen.

"Mein Wagen steht direkt hier um die Ecke."

"Dann bin ich ja beruhigt… Machen sie es gut, Peter."

Mit einem Lächeln verließ er den Laden und ging zu seinem Stealth.

Auch wenn der Winter die Stadt noch fest im Griff zu haben schien, hatte der junge Cop das Gefühl, als läge bereits jetzt ein Hauch von Frühling in der frostigen Luft.

Ende

 

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