Autor: Ratzenlady
 

Ausgelassen torkelten Mary-Margaret Skalany und Jody Powell aus einer Bar. Sie hatten die Arme ineinander eingehakt, um nicht zu stürzen, und beide waren ziemlich angetrunken.

Der Alkoholspiegel der Damen war so hoch, dass sie ihre Angreifer nicht kommen sahen. Sie schrieen auf, als sie plötzlich von hinten gepackt und festgehalten wurden. Sofort kehrte die Nüchternheit wieder in ihren Kopf, mit polizeilicher Genauigkeit sondierten sie sofort die Lage.

Sie waren von vier Männern angegriffen worden. Große, bullige Kerle, mit Lederjacken und wohl auch ihrerseits angetrunken. Zwei waren damit beschäftigt, sie festzuhalten, die anderen beiden wandten sich jetzt je einer Frau zu.

Mary-Margaret blickte angewidert ins Antlitz eines fast zwei Meter großen Kerls, mit einer schmalen Narbe am Kinn, der lüstern grinste. Der Mann hinter ihr hielt ihre Arme nach hinten eingekeilt. Selbst wenn sie ihre Waffe einstecken gehabt hätte, wäre sie nicht dran gekommen.

Warum mussten sie auch ausgerechnet heute beschließen, mal wie ganz normale Frauen, ohne Pistole in der Handtasche, auszugehen? Sie ärgerte sich.

Ihr Gegenüber grinste noch immer schief, dann plötzlich strich er ihr mit dem Handrücken über die Wange. Sie drehte den Kopf weg, woraufhin er ihr fest ins Gesicht packte und sie zwang, ihn anzusehen.

Wütend starrte Mary Margaret in die Augen dieses Mannes, von dem sie sich genau vorstellen konnte, was er vor hatte. Sie spuckte ihm angewidert ins Gesicht. Sofort bekam sie die Quittung, einen harten Schlag ins Gesicht, mit der flachen Hand.

Ihre Wange brannte, ihr Herz raste und die Wut schien ihren Brustkorb sprengen zu wollen. Sie blickte rüber zu Jody, ehe der Kerl wieder fest ihr Kinn in seinen Griff nahm.

Der Mann hinter der blonden Polizistin hatte ihr beide Arme um den Bauch gelegt, ihre Arme mit umfassend. Sie zappelte wild und wehrte sich widerspenstig. Ihr gegenüber schien ungeduldig zu werden.

Mary-Margaret sah nur, wie er zum Faustschlag ausholte, dann wurde ihr Gesicht zurückgezogen. Aber sie hörte den erstickenden Laut ihrer Freundin, als die Faust sie hart im Oberbauch traf. Jetzt wurde sie richtig sauer.

Der Gorilla hinter ihr hielt sie so fest, dass er problemlos ihr Körpergewicht tragen würde, ohne es zu merken. Sie hob so schnell sie konnte ihre Beine vom Boden, zog sie zu sich und trat dann ihrem überraschten Angreifer gegen die Brust.

Wütend brüllend taumelte er zurück, stürzte aber nicht. Wie ein tollwütiger Hund kam er jetzt auf sie zu, sie zog den Kopf ein. Da ihre Hände sich aber hinter ihrem Rücken befanden, konnte sie den Hagel an Schlägen, der jetzt auf sie nieder regnete nicht abwehren.

Ihr Gesicht schmerzte, ebenso wie der Oberkörper. Sie schmeckte Blut, ihre Lippe musste aufgeplatzt sein, ihre Rippen taten bei jedem Atemzug weh und ihr rechtes Auge begann schon anzuschwellen. Endlich hörte er auf und trat einen Schritt zurück. Er besah sich sein Werk.

Mary-Margaret blickte wieder rüber zu Jody. Deren Gegenüber hatte ihr die Bluse aufgerissen und begutachtete ihren wohlgeformten Oberkörper, der nur noch mit dem BH bedeckt war.

Mary-Margaret schloss die Augen. Für einen Moment hatte sie keine Hoffnung, was sie hätte tun können, ihre Schreie blieben offensichtlich ungehört. Dann aber kam ihr etwas in die Erinnerung, das sie schon fast vergessen hatte.

"Wenn ihr jemals Hilfe braucht, dann sucht mein Spiegelbild!"

Sie krampfte ihre Augen fest zusammen und konzentrierte sich darauf. Sie spürte, wie die Hände des Mannes mit der Jacke über ihren Körper glitten, Ekel regte sich in ihrem Magen, aber sie verdrängte das Gefühl. Sie musste sich konzentrieren.

Langsam erschien vor ihrem inneren Auge ein Bild. Eine Wasseroberfläche, eine Pfütze in einer dunklen Gasse, so wie diese hier. Dann erschien ihr eigenes Spiegelbild darin, als würde sie sich darüber beugen. Aber sie blieb allein. Als sie schon fast aufgegeben hatte, erschien plötzlich Peters Bild hinter ihr. Ein zuversichtlicher, charmant lächelnder Peter, der ihr die Hand auf die Schulter legte.

Sie spürte, dass die Hände plötzlich von ihrem Körper verschwunden waren. Als sie die Augen aufriss, sah sie gerade, wie der Angreifer unter Peters Griff in den Nacken bewusstlos zu Boden fiel.

Sofort ließ der andere Kerl von Jody ab und stürmte auf Peter zu. Der junge Shaolin konnte sich aber unter dem Schlag wegducken, packte den Arm, verdrehte ihn und versetzte dem Mann einen Tritt in den Magen. Mit einem zusätzlichen Ellenbogenschlag auf den Rücken beförderte er ihn endgültig zu Boden.

Nahezu gleichzeitig entledigten sich die anderen beiden Männer der Frauen, die sie festgehalten hatten, wohl in der Hoffnung nach ihren Freunden auch noch zum Zug kommen zu dürfen, und gingen auf Peter los. Jody und Mary-Margaret stürzten zu Boden.

Mit fließenden, eleganten Bewegungen wich Peter den Angreifern aus und versetzte ihnen seinerseits elementare Treffer, sodass es nicht lange dauerte und alle vier Männer auf der Erde lagen, in Ohnmacht versunken.

Peter half Mary-Margaret auf die Beine.

"Alles in Ordnung?"

"Geht schon", keuchte sie etwas atemlos. Peter wandte sich zu Jody, die sich mittlerweile auf die Knie gekämpft hatte, aber einen Arm fest vor ihren Bauch drückte. Auch ihr half er auf. Skalany kam hinzu.

Peter legte beiden Frauen je einen Arm sanft um die Taille und stütze sie. Erst als er sicher war, dass sie stehen bleiben würden, ließ er sie los. Mary-Margaret wühlte sofort in ihrer Handtasche und zog ihr Handy hervor. In polizeilicher Routine beorderte sie Verstärkung zum Abtransport der Gangster.

Als sie das Gespräch aber beenden wollte, zog Peter ihr das Telefon aus der Hand und gab, auch in der üblichen Polizisten-Art, Anweisungen, einen Krankenwagen zu schicken.

"Ich will, dass ihr euch durchchecken lasst!" sagte er, nachdem er aufgelegt hatte, und sein Tonfall verriet, dass er keine Widerrede dulden würde. Erschöpft ließen beide Frauen den Kopf hängen und fügten sich den Anweisungen des Shaolin.

* * *

"Wir werden sie heute Nacht zur Beobachtung hier behalten, aber ich denke, dass sie morgen wieder nach Hause können. Wir konnten keine ernsthaften Verletzungen feststellen. Prellungen und Abschürfungen, Gott sei Dank nichts weiter", erklärte der Arzt Peter, der in der Notaufnahme gewartet hatte.

"Kann ich zu ihnen?" fragte er freundlich.

"Natürlich. Sie liegen in Zimmer 185."

Peter bedankte sich nickend und machte sich dann auf den Weg. Er klopfte leise und trat dann durch die Tür. In zwei Betten nebeneinander lagen seine zwei ehemaligen Kolleginnen, beide sahen geschunden aus.

An Mary-Margarets Lippe hatte sich eine braune Kruste gebildet, wo sie aufgeplatzt war. Ihr Auge war fast komplett zugeschwollen und verfärbte sich langsam schon lila und blau. Jody hatte einen Bluterguss am Kinn, und noch immer lag ihr Arm um ihren Bauch.

"Wie geht's euch?" fragte Peter lächelnd.

"Guck uns doch an! Wir könnten Karriere in einer Geisterbahn machen!" sagte Jody mürrisch.

Peter musste grinsen, da konnten auch die Frauen nicht anders und lächelten zurück. Als Jody allerdings auch ein breites Grinsen auflegen wollte, verzog sie schmerzhaft das Gesicht.

"Das mit dem Lachen sollte ich bleiben lassen", fügte sie ihrer Reaktion hinzu.

Mary-Margaret schaute zu Peter, sah ihm tief in die Augen. Dankbar und Vertrauensvoll.

"Du hast dein Versprechen nicht gebrochen!"

"Nein. Und dieses Versprechen werde ich auch nie brechen."

Jody blickte fragend zu Peter, dann zu Skalany. Sie hatte sich noch gar nicht gefragt, warum Peter plötzlich aufgetaucht war. Schließlich war er ein Shaolin, da stellte man am besten erst gar keine Fragen. Peter aber erkannte jetzt die nicht ausgesprochene Frage, und er beantwortete sie gerne; mit denselben Worten wie damals: "Wenn ihr jemals Hilfe braucht, dann sucht mein Spiegelbild!"

Peter lächelte seinen beiden Freundinnen direkt ins Herz hinein.

"Ich komm euch heute Nachmittag noch mal besuchen. Ich hab noch ein paar Patienten. Seid schön brav", sagte er, bevor sich zum Gehen wandte.

Die Hand schon auf der Klinke der Zimmertür drehte er sich noch einmal um.

"Und wenn ihr das nächste Mal ausgehen solltet, nehmt doch einfachen einen großen, gutaussehenden, starken Mann mit", sagte er und grinste.

Skalany grinste zurück. "Ist gut, wir werden Kermit fragen", lachte sie.

Peter lachte auch herzlich auf, zwinkerte ihnen zu und verließ das Krankenzimmer.

ENDE

 

zurück zum Autoren Index      zurück zum Story Index