Anmerkung Autor: Kapitel I „Gib mir dein Geld!“ „Ganz ruhig. Hier ist es. Nimm es.“ „Was hast du da unter deinem Mantel? Was ist das?“ „Nichts.“ „LÜG MICH NICHT AN! Ich habe es glänzen gesehen! Was ist das.“ „Mein Schwert.“ „Was?“ „Mein Schwert. Du wolltest eine Antwort, du hast sie bekommen. Es ist mein Schwert.“ „Dein Schwert? … Gib es mir! Gib es sofort her, oder ich knall ich dich ab!“ „Ich werde es dir nicht geben.“ „Sofort!“ „Niemals.“ Ein Schuss. Stille. Schwärze. *** „Was haben wir hier?“, fragte Kermit, zwei Pappbecher mit Kaffee in Hand. Den einen reichte er seinem Partner rüber. „Eine Leiche.“ „Herzlichen Dank“, brummte der Ex-Söldner ungeduldig. „OK, OK“, gab sich Ryan Walker geschlagen. „Raubüberfall, würde ich sagen. Männliches Opfer. Die Brieftasche fehlt. Und ansonsten: eine dunkle Gasse, späte Nacht, du weiß ja, wie das läuft.“ Kermit nickte. Viel zu oft musste er feststellen, dass den Menschen ihr Geld wichtiger war als ihr Leben. Wenn sie es ja einfach hergeben würden. Aber meistens bekamen sie etwas ab, weil sie versuchten, den Angreifer zu überwältigen oder sich schlichtweg weigerten, ihr Portemonnaie rauszurücken. „Hat er sich gewehrt? Was wissen wir über ihn?“ „Ich habe keine Abwehrverletzungen ausmachen können. Und da die Brieftasche und alle Ausweise ja weg sind, wissen wir im Grunde gar nichts, außer dass der Mann tot ist.“ Ryan trank dankbar einen Schluck von dem Kaffee, den sein Kollege ihm mitgebracht hatte. Noch während er die wohlige Wärme in seiner Kehle spürte, kam ein Officer in Uniform auf die beiden Cops zugelaufen. „Wir haben da hinten bei den Mülltonnen diese Brieftasche gefunden. Das Geld ist weg, aber dem Ausweis nach zu urteilen handelt es sich um das Opfer.“ „Danke“, sagte Kermit und nahm den Gegenstand an sich. Tatsächlich entsprach das Bild auf dem Führerschein dem Gesicht ihrer Leiche. „Adam Pierson. Wohnte hier in Chinatown.“ „O-ho. In Chinatown direkt? Da gibt es nicht viele nicht-Asiaten.“ Kermit verstand den Wink seines Freundes. „Du meinst, es steckt vielleicht mehr dahinter?“ „Keine Ahnung. Ich hab nicht wirklich ein Gefühl bei der Sache. Aber warum sollte man dorthin ziehen, wo man zum einen fremd ist und vermutlich nie akzeptiert wird, und zum anderen dementsprechend auffällt wie ein bunter Hund? Denke, wir sollten uns mal bei ihm umsehen“, meinte er abschließend und warf seinen leeren Pappbecher in eine nahestehende Mülltonne. „Zumal: sieh dir mal das Geburtsdatum an. Der Kerl sieht noch ganz schön frisch aus für Anfang Fünfzig.“ Kermit nickte. Dann sah er auf die Uhr und beobachtete den heller werdenden Horizont im Osten. „Jap. Sehe ich genauso. Vielleicht wollte es auch nur jemand so aussehen lassen, als ob… auf dem Wege könnten wir uns auch gleich zum Frühstück einlagen.“ Er grinste sein Wolfsgrinsen. Ryan stimmte mit ein. Er musste nicht fragen, wovon sein Kollege sprach. Bei Shaolin-Priestern war man schließlich immer willkommen. Außerdem hatten sie in letzter Zeit nicht viel Gelegenheit gefunden, ihre gemeinsamen Freunde zu besuchen, da ein recht hoher Krankenstand auf dem Revier für ein Höchstmaß an Überstunden sorgte. *** Die Wohnungstür stand offen und trug eine frische Brise in die Wohnung. Die beiden Cops hatten den Flur noch nicht richtig betreten, als die Schlafzimmertür zu ihrer rechten aufflog und Cat, nur mit ihrem Slip und einem engen Spaghettitop bekleidet, herausstürmte. „Honey, ich…“, setzte sie an und schwieg sofort wieder, als sie ihre Freunde im Flur stehen sah. „Oh, hi Jungs!“, freute sie sich und umarmte die zwei nacheinander. „Dann geh ich mir mal was anziehen, glaube ich. … Honey, wir haben Besuch!“ Die letzten Worte rief sie durch die Wohnung, ehe sie im Schlafzimmer verschwand. Ryan konnte sich nicht verkneifen Kermit mit dem Ellenbogen in die Rippen zu stoßen. „Und wann hat dich so das letzte Mal eine halbnackte Frau umarmt?“, raunte er ihm grinsend zu. Der Ex-Söldner wollte grade etwas weniger freundliches erwidern, als Peter in den Flur trat und die Cops mit einem Handschlag begrüßte. Anschließend führte er sie in die Küche, wo der Tisch reich gedeckt war und es nach frischen Kaffee duftete. „Soll ich für euch mitdecken?“, fragte er mir einem wissenden, halben Grinsen. „Oh yeah“, gab Kermit zurück und war seinem Partner noch einen kurzen, aber nichts Gutes verheißenden Blick über den Rand seiner Brille zu. „Und wir zwei sind noch nicht fertig“, flüsterte er grollend. Ryan schien unbeeindruckt und nahm sich einen Stuhl. „Jaja, ist Recht“, tat er die Sache ab. „Hoffe, wir machen euch keine Umstände, Peter“, wechselte er geschickt das Thema. „Überhaupt nicht. Außerdem kenne ich ja auch die Vorzüge eines frisch aufgebrühten Kaffees aus schönen Porzellantassen. So ganz im Gegensatz zu lecker Pappbecher-Kaffee to go.“ „Dir kann man aber auch nichts vormachen, Honey“, lachte Cat mit gespielt-übertriebener Anerkennung im Gesicht, ehe sie den Raum betrat und sich neben Ryan auf ihren angestammten Platz setzte. Inzwischen trug sie eine Short und hatte ihr Top gegen ein weit geschnittenes T-Shirt getauscht. Peter trug zwei weitere Teller und Tassen auf den Tisch und schenkte dann aus der Kanne Kaffee für alle ein. Als er sich anschließend zu ihnen gesetzt hatte, blickte er die beiden Cops abwechseln an. „Was außer frischem Kaffee treibt euch denn jetzt eigentlich her? Schließlich habt ihr ja vor lauter Arbeit keine Zeit für uns, soweit ich mich erinnern kann.“ „Stell dir vor, Partner“, setzte Kermit an, „wir kommen ganz ohne Hintergedanken. Wir müssen zwei Straßen weiter eine Wohnung unter die Lupe nehmen und haben uns gedacht, dass wir die Gelegenheit einfach mal nutzen kurz vorbeizuschneien.“ Peter war sofort angefixt und wollte helfen. „Was denn für eine Wohnung? Wer wohnt denn dort?“ „Wohnte“, korrigierte Ryan. „Wir kommen direkt von einem Tatort. Vermutlich ein Raubüberfall. Aber man muss ja alles überprüfen.“ Cat rollte die Augen. „Mh, lecker, Mord und Totschlag gleich zum Frühstück.“ „Tut mir leid, Kleines, aber das ist nun mal unser Job“, gab Kermit unumwunden zurück. „Außerdem hat Peter gefragt.“ Cat lächelte. „Schon gut, ich weiß doch wie es läuft. Aber so ab und an muss man euch ja auch dran erinnern, dass dieser ganze Mist nicht der Lebensmittelpunkt eines jeden Bürgers dieser Stadt ist. Schließlich seid ihr ja einfach so vorbei gekommen.“ „Ich gebe mich ja schon geschlagen. Keine Gespräche über die Arbeit mehr“, gab der Ex-Söldner zurück und biss dann herzhaft in ein Brötchen. Tatsächlich hielten sich alle daran, zumindest so lange, bis Cat sich mal für einen Moment entschuldigte und im Bad verschwand. Ohne Aufforderung begann Kermit zu reden. „Du kennst niemanden, der Adam Pierson heißt, oder?“ „Der Name sagt mir nichts. Euer Opfer, nehme ich an“, fragte er und bekam sofort ein Nicken zur Antwort. „Habt ihr ein Bild?“ Ryan kramte den Beweisbeutel mit dem Personalausweis raus und hielt ihn Peter hin. „Nie gesehen, glaube ich. Aber er sieht ziemlich jung aus für sein Alter. Hat sich wohl gut gehalten.“ „Wer weiß. Vielleicht erzählt uns Nicky ja am Ende auch, dass er sich hat liften lassen. Soll ja auch bei Männern immer mehr in Mode kommen“, meinte Kermit und konnte nicht umhin, Ryan dabei verschwörerisch anzusehen. Jetzt war er dran. „Ryan hat sich liften lassen?“, fragte Cat ganz ungläubig, als sie zurückkehrte. „Hat er nicht“, knurrte der frühere FBI-Agent und schüttelte den Kopf. „Kermit ist schlichtweg neidisch auf ebenmäßige und glatte Haut.“ Um das Gesagte zu unterstreichen fuhr er sich über seine frisch rasierte Wange. „Bestimmt. Ungefähr genauso neidisch wie auf einen Bären in der Bärenfalle.“ Der Ex-Söldner grinste sein Wolfsgrinsen und sah dann auf die Uhr. „So, jetzt haben wir von euren Tellerchen gegessen und aus euren Becherchen getrunken, jetzt müssen wir mal weiter. Oder wollte sich mein werter Partner noch etwas Quark für den Teint ins Gesicht schmieren?“ Cat musste unweigerlich prusten bei der Vorstellung und hätte fast den Inhalt ihrer Kaffeetasse über den Tisch verteilt. Wortlos erhob sich Ryan und baute sich für einen Moment, wie nebenbei, in voller Größe vor seinem doch wesentlich kleineren Kollegen auf. Dann wies er ihm mit der Hand den Vortritt. „Alter vor Schönheit, mein Lieber. Dann kann ich dich wenigstens ganz unverfänglich von hinten die Treppe runter stoßen.“ Sie verabschiedeten sich und Cat und Peter sahen ihnen hinterher, bis sie die Wohnungstür hinter sich verschlossen hatten. Sie grinsten immer noch. „Was haben die beiden denn heute genommen?“, fragte die junge Frau und drehte sich zu ihrem Mann um. Ihre Hände wanderten seinen Rücken hinauf und sie streckte sich, um ihm einen Kuss zu geben. „Keine Ahnung“, sagte Peter und erwiderte den Kuss. „Und was ist mit dir? Hast du dich heute noch nicht genug Männern an den Hals geworfen?“ Cat schaute unschuldig nach oben. „Ich habe keine Ahnung, wovon du redest“, entgegnete sie und drückte sich fester an ihn. „Aber wir sind doch grade erst aufgestanden“, raunte Peter zwischen zwei Küssen, die nun immer intensiver wurden. „Dann stehen wir nachher eben nochmal auf“, murmelte Cat zurück, während sie sich mit Peter heftig küssend zunächst Richtung Haustür bewegte, diese einhändig verschloss und dann ins Schlafzimmer begab. *** Kermit nahm den Schlüssel des Opfers aus dem Beutel und öffnete die Wohnungstür von Adam Pierson, welche in einem hellen und schicken Komplex lag. Das Wohnzimmer war dunkel und bis unter die Decke vollgestopft mit alten Büchern und anderen Artefakten, sodass es aussah wie im Lagerraum eines Museums. „Unser Opfer hat ein seltenes Hobby, was?“, brummte der Ex-Söldner beim Umsehen. „Und ein teures noch dazu.“ Ryan hob eine kleine Holzfigur an und betrachtete sie genau. Kunst war zwar nicht sein Fachgebiet, aber er wusste, dass solche Stücke ein kleines Vermögen kosteten. „Wissen wir, wo er arbeitet?“ „Gar nicht. Er hat keinen Job. Ist aber auch nicht arbeitslos gemeldet. Wenn wir wieder auf dem Revier sind, werde ich mal seine Finanzen checken.“ „Ich bin gespannt“, gab Ryan zurück und sah sich weiter um. Als er in einer Zimmerecke in einem Schirmständer ein Schwert fand, hob er es an und zeigte es mit hochgezogenen Augenbrauen seinem Partner. „Auch ein Sammlerstück oder eher zur Verteidigung?“ Kermit blickte kurz hin und meinte dann: „Der Position nach zur Verteidigung. Aber wer kommt schon mit einem Messer zu einer Schießerei? Sind die nicht ein bisschen aus der Mode?“ Und als wollte er seine Aussage unterstreichen hob er sein ledernes Jackett und zeigte auf die Eagle. Ryan musste grinsen. „Mir ist meine Beretta auch lieber, aber frag mal meine Frau. Die kann mit einem Käsemesser ganz schön viel anstellen.“ „Die zählt nicht, die ist ja Profi.“ „Wer weiß, was unser Freund hier war“, raunte Ryan und blickte sich weiter um. Irgendwas an dem Knaben kam ihm spanisch vor, er wusste nur nicht, was. Er wollte grade noch etwas hinzufügen, wurde aber von Kermits Handy davon abgehalten. „Nicky Elder“, meinte der Ex-Söldner erstaunt. „So schnell?“ Kermit zuckte nur die Schulte und ging dann ran. „Hallo Nicky, was gibt’s? Bist du mit unserer Leiche schon durch?“ … „Was?“ … „Doch natürlich. Deine Leute haben sie doch vorhin geholt, da waren wir noch am Tatort.“ … „Willst du mich auf den Arm nehmen? Dafür hast du dir den falschen ausgesucht!“ … „OK. Ja ist ja gut. Ich glaube dir ja. Wir gehen der Sache auf den Grund.“ Ryan schaute jetzt mehr als skeptisch zu seinem Partner. „Was?“ „Die Leiche ist weg.“ Kermit rieb sich die Augen unter der Brille. „Jetzt haben wir nicht nur keinen Hauch von unserem Täter, sondern auch noch kein Opfer mehr.“ „Wo ist sie denn verloren gegangen?“ Ryan hatte sich aufs Sofa fallen lassen blickte sich jetzt noch skeptischer um. „Die Fahrer schwören Stein und Bein, dass sie sie reingerollt haben. Und als Nicky eine halbe Stunde später etwa von einem Gerichtstermin wiederkam, stand da nur eine leere Bahre.“ „OK… Wer klaut eine Leiche und warum? Was könnte an der Leiche sein, was auf den Täter hindeutet? Die Kugel? Andere Spuren?“, überlegte der blonde Cop laut und fixierte dabei einen Punkt an der Decke. „Zu viele Möglichkeiten. Es könnte alles sein. Hautfetzen unter den Fingernägeln, das Projektil, irgendwas an der Kleidung, weiß der Geier! Viel brennender interessiert mich die Frage, wie jemand unbemerkt eine Leiche aus der Gerichtsmedizin schaffen kann?!“ „Und dann auch noch ohne die Bahre“, gab Ryan zu bedenken. Sie sahen sich skeptisch an. Irgendwie schien an diesem Fall nichts so zu sein, wie es auf den ersten Blick aussah. *** Adam Pierson schlich vorsichtig um die Ecke und sah sofort den grünen Wagen vor dem Hauseingang, der dort nicht hingehörte. Er war geübt in solchen Dingen und konnte mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass seine Wohnung vermutlich grade von der Polizei untersucht wurde. *Hoffentlich schaffen die meine Sachen nicht weg*, schoss es ihm durch den Kopf. Zwar hatte er vieles eingelagert und nur ein paar Schätze mit umgezogen, dennoch waren sie Zeuge seiner Vergangenheit. Er wollte sie ungern zurücklassen müssen. Er zog sich wieder zurück und überlegte, wie er jetzt weiter verfahren wollte. Er würde dieses beschauliche Städtchen verlassen und weiterziehen, ganz klar, aber vorher musste er noch etwas wiederbeschaffen, was ihm gestohlen worden war. Und für die Übergangszeit brauchte er den Ersatz dafür, der sich in seiner Wohnung befand. Da er Opfer und nicht Täter war, ging er davon aus, dass sich die Polizei bei ihm nur umsehen und dann wieder verschwinden würde. Also wartete er, bis der grüne Wagen wieder davon fuhr, dann verschaffte er sich mit seinem sicher deponierten Zweitschlüssel Zutritt und ließ das Schwert aus dem Schirmständer unter seinem Mantel verschwinden. So fühlte er sich doch gleich viel sicherer.
Die Mittagssonne stand warm über Chinatown, als Peter mit seiner Frau über den Markt schlenderte. Sie hatten ein paar Zutaten für ihr Abendessen gekauft, die der Shaolin in einer Tüte trug, während Cat sich schon wieder von einem Obsthändler dazu verführen ließ, etwas zu probieren. Peter merkte, wie sich etwas an seinem Bauchgefühl veränderte. Irgendetwas lag plötzlich in der Luft, und er konnte nicht sofort greifen, was es war. Langsam blickte er sich um, versuchte auszumachen, woher dieses Gefühl kam und entdeckte schließlich ein Gesicht in der Menge, bei dessen Anblick er sich fühlte, als wäre er vor eine Wand gelaufen. „Was ist, Honey?“, fragte Cat sofort und führte ihren wankend zurücktaumelnden Mann auf einen Stuhl keine zwei Meter weit. Peter versuchte den Mann wieder auszumachen, aber er war verschwunden. „Ist schon gut“, murmelte er und versuchte sich aufzurichten, aber seine Frau drückte ihn an der Schulter nach unten. „Und nochmal: was ist passiert, Peter? Hast du was gesehen? Oder gespürt? Was…“ „Ich habe jemanden gesehen, Liebes. Ich…“ er versuchte erneut aufzustehen und diesmal ließ seine Frau ihn gewähren, „…muss Kermit anrufen.“ „Kermit? Was hat der denn jetzt damit zu tun?“ Cat stieß verwirrt ihre Fäuste in ihre Hüften und blickte Peter mit schiefgelegtem Kopf an. „Erde an Peter, könntest du mich bitte mal aufklären?!“ Der junge Shaolin nahm das Gesicht seiner Frau in seine warmen Hände, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und begann dann zu sprechen. „Ich glaube… nein. Ich weiß, dass ich den Mann gesehen habe, von dem mir Kermit und Ryan heute Morgen ein Bild gezeigt haben. Und er war…“ „Lebendig?“, fügte Cat an. Sie hatte ihre Brauen noch höher gezogen als sonst und schien sichtlich verwirrt. „Aber die beiden haben doch gesagt, dass er tot ist, oder nicht?“ Peter schaute sie nichts Gutes verheißend an. „Genau das haben sie. Aber wie gesagt, ich bin mir absolut sicher, dass es der Mann war. Und irgendetwas ist mit ihm. Ich habe ihn angesehen und es hat mich umgehauen. Aber ich weiß nicht, was es war.“ Cat verzog einen Mundwinkel und seufzte. „Ruf Kermit an. Er wird sich bestimmt freuen zu hören, dass seine Leiche gar keine ist.“ Der junge Shaolin nickte gequält. Es war ihnen beiden klar, dass sich bei Kermit alles andere als Freude über solch eine Nachricht breit machen würde. * „Also irgendwas stinkt hier“, murmelte Ryan, nachdem Peter ihm und Kermit gezeigt hatte, wo er Adam Pierson für einen Moment gesehen hatte. „Der Kerl wäre zwar nicht der erste Wiederauferstandene, der mir begegnet, aber irgendwie bereitet mir so was immer Magenschmerzen.“ Kermit und Peter nickten. Dann blickte der Ex-Söldner zu seinem Shaolin-Freund. „Hast du vielleicht irgendeine Idee?“, fragte er und verzog das Gesicht. „Auch wenn diese mir wahrscheinlich überhaupt nicht gefällt“, fügte er leise hinten an. Peter musste kurz Grinsen, zuckte dann aber die Schultern. „Sorry, aber Auferstehung ist nicht mein Spezialgebiet.“ Ryan stieß sich von der Hauswand ab, an der er lehnte und stellte sich direkt zu den beiden Cops und Cat. „Ich denke nicht, dass wir so weit gehen müssen. Es gibt Mittel und Wege, den Tod vorzutäuschen.“ „Mit einer klaffenden Schusswunde in der Brust?“, fiel ihm Kermit ins Wort. Ryan seufzte. „Sogar dafür. Aber es ist zum Beispiel auch genauso gut möglich, dass wir hier von zwei verschiedenen Männern reden.“ „Ich weiß, was ich gesehen habe“, sagte Peter sofort. Der blonde Ex-Agent verdrehte die Augen. „Das wollte ich auch gar nicht bezweifeln, Peter. Aber ich habe es schon erlebt, dass Zwillinge fiese Verwirrspiele spielen. Oder aber jemand hat aus einem bestimmten Grund die plastische Chirurgie zu seinem Zweck einsetzt. Möglich ist vieles. Und das alles ziehe ich tatsächlich der Theorie mit der Auferstehung von den Toten vor.“ „Lieber wäre es mir auch“, brummte Kermit mit einem Seitenblick zu Peter. Der hob sofort entschuldigend die Hände. „Hey! Ich kann auch nichts dafür, dass ich immer wieder in… sagen wir für euch merkwürdige Vorkommnisse verwickelt werde.“ Kermit grinste. „Aber manchmal glaube ich dennoch, du machst das mit Absicht“, konnte er sich nicht verkneifen und zwinkerte mit einem Auge hinter der Brille. Peter neigte nur den Kopf und verzog das Gesicht. „Was?“, fragte der Ex-Söldner sofort. Erst jetzt erkannte er, dass es noch etwas gab, das Peter bisher nicht ausgesprochen hatte. „Naja… du willst es ja nicht hören. Aber irgendwas ist mit dem Knaben. Es hat mich förmlich aus den Socken gehauen, als ich ihn angesehen habe.“ „Wovon redest du?“, fragte Ryan skeptisch. „Keine Ahnung. Ich kann es nicht beschreiben. Wie so oft. Aber irgendwas an ihm ist komisch. Mächtig wäre das erste Wort, das mir dazu einfällt. Was er ausgestrahlt hat, hab ich noch nie erlebt. Nicht mal ein Shambala-Meister hat so eine Aura.“ Er zuckte kurz die Schultern. „Sorry Leute, aber mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich weiß nicht genau, was ich gespürt habe und was das bedeutet. Aber etwas war da.“ Kermit und Ryan sahen sich an und rollten die Augen. „War ja klar“, brummte Kermit in sich rein. Auch Cat seufzte deutlich hörbar. „Und ihr wolltet nur zum Frühstück vorbei kommen“, flüsterte sie mehr zu sich selbst. Peter wandte sich ihr zu und nahm ihr Gesicht in seine Hände. „Tut mir Leid, meine Süße. Aber wenn nun mal was passiert…“ „…dann ist der Shaolin zur Stelle. Schon klar“, gab sie sich geschlagen. „Ich bin ja auch nicht DIR böse. Aber irgendwie passiert das halt immer.“ Sie machte eine kurze Pause und blickte Peter tief in die Augen. „Wäre ja auch alles immer halb so schlimm, wenn es nicht meistens mit Gefahr für Leib und Leben einhergehen würde.“ Peter drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Du weiß doch, ich passe auf mich auf. Und die beiden auch. Und ich auf sie. Also mach dir keine Gedanken, Süße. Du wirst uns drei noch eine ganze Weile ertragen müssen“, versuchte Peter die jetzt ernste Stimmung zu durchbrechen, was ihm auch gelang. Kermit und Ryan grinsten verhalten, bis auch Cat einstimmte. „Was hab ich mir da nur angelacht“, seufzte sie und kuschelte sich dann für einen Moment selig in die Umarmung ihres Ehemannes. *** Der Mann, der der Polizei als Adam Pierson bekannt war, betrat das dunkle Ladenlokal und sah sich um. Außer dem Mann hinter der dicken Panzerglasscheibe war niemand hier, was ihm sehr willkommen war. „Kann ich ihnen helfen, Sir?“, fragte der kleine Chinese mit starkem Akzent, den Fremden skeptisch musternd. „Vielleicht können sie das. Ich suche etwas ganz bestimmtes. Es ist mir, nun, abhanden gekommen und ich hätte es gerne wieder.“ Sofort versteinerte sich die Miene des Mannes ablehnend. „Ich würde auch dafür zahlen“, ergänzte der Fremde und erkannte, dass der Mann hinter der Scheibe ihm nun freundlicher gesonnen wurde. „Es geht um ein Schwert.“ Der alte Mann sah ihn mit großen Augen an. „Ein Schwert?“ „Genau, ein Schwert. Habe ich doch gesagt. Haben sie zufällig in den letzten Stunden eines in Zahlung genommen?“ Der Chinese schüttelte den Kopf. „Nein. Aber ich habe hier ein sehr schönes Katana. Es ist eine Nachbildung, aber sehr hübsch anzuseh…“ Die Türglocke unterbrach ihn. Der Fremde hatte den Laden schon wieder verlassen. * Methos suchte sich die nächste Kneipe, um sich dort in die Ecke zu setzen und nachzudenken. Er bestellte sich ein Bier und überlegte, wie er weiter vorgehen wollte. Die Pfandleihen hier im Stadtteil hatte er abgeklappert, aber keiner schien sein Schwert angenommen zu haben. Seine tausende Jahre alte Menschenkenntnis hatte ihn überzeugt, dass sie ihm jeweils die Wahrheit gesagt hatten. Was wollte er nun weiter tun? Der Boden unter seinen Füßen wurde zunehmend heiß, auch wenn es nur die Polizei war, die ihn suchte. Es könnte schlimmeres sein. Aber es reichte für ihn, um seine Sachen zu packen und weiterzuziehen. So wie er es immer tat, wenn es ihm zu heiß wurde. Er beschloss mit dem letzten Schluck aus seiner Flasche, dass er zunächst zu seiner Wohnung fahren, seine Sachen in den Van packen und diesen verstecken würde. Dann konnte er sich auf die Suche nach seinem Schwert machen. Oder dem, der es ihm genommen hatte. Es war nur ein kleiner Straßenräuber gewesen, der es nicht besser wusste, aber niemand nahm einem Unsterblichen sein Schwert, ohne auch den Kopf zu nehmen. Böser Fehler. *** Der Abend war hereingebrochen und Dunkelheit legte sich über Sloanville. Peter Caine saß im Schneidersitz in der Mitte seines Trainingsraumes. Überall flackerten Kerzen und tauchten alles in ein schummrig gelbes Licht. Er versucht dem Gefühl auf den Grund zu gehen, das er beim Anblick von Adam Pierson bekommen hatte. Was war es gewesen? Er hatte es mit „mächtig“ beschrieben, aber war das tatsächlich das richtige Wort? Er ging in sich und versuchte die Empfindungen zurückzuholen, noch einmal zu erleben. Er stand wieder auf dem Markt. Cat probierte an einem Stand. Sein Blick schweifte für die Menschen. Dort hinten an der Hauswand lief Adam Pierson. Er bewegte sich umsichtig, versuchte möglichst unauffällig zu bleiben und die nächste Straße zu erreichen. Er schaute sich um. Die Blicke trafen sich. Diese Augen! Sie waren dunkelbraun, mit einem Hauch von Grün und mit einer Tiefe, die ihn erschauern ließ. Er konnte es genau sehen, auch aus der Entfernung, unverkennbar, unvergesslich. Er taumelte. Was sich hinter den Augen verbarg strömte auf ihn ein ließ ihn für einen Moment die Kontrolle über seine Beine verlieren. Er musste die Augen schließen. Öffnete sie wieder. Adam Pierson war fort. Verschwunden irgendwo hinter einem Stand, in einer Gasse. Der Shaolin fühlte Bedauern in sich, noch ehe Cat ihn auf den Stuhl gesetzt hatte. Er wollte weiter in diesen Augen lesen. Was darin lag war so außergewöhnlich, dass er es kaum in Worte fassen konnte. Das Gefühl konnte es ausdrücken, sein Verstand war kaum in der Lage dazu. Es gab keine Worte dafür, die auch nur ansatzweise dieser Ausstrahlung gerecht werden würden. Peter atmete tief durch. Noch öffnete er die Augen nicht, noch wollte er die Stimmung in sich behalten. Was hatte dieser Mann an sich? Dieser Mann, der ganz sicher nicht Adam Pierson hieß, da war er sich sicher. Was verbarg er hinter seinem arglosen Gesicht? Macht. Er öffnete die Lider und für einen Moment brannte sogar das Kerzenlicht hell in seinen Augen. „Wer bist du?“, fragte er leise in den Raum. Dann erhob er sich und beschloss, jemanden aufzusuchen, der ihm vielleicht erklären konnte, was genau er dort gespürt hatte. * „Was ist es, Lo Si? Weißt du es? Hast du so was schon mal erlebt?“, fragte Peter seinen Lehrmeister, kaum dass er mit der –seiner Meinung nach viel zu kargen- Beschreibung seiner Empfindungen fertig geworden war. „Nun trink erst mal von deinem Tee, Peter. Immer mit der Ruhe“, antwortete der Alte und griff seinerseits nach seiner Tasse, schloss sie in den Händen ein und trank in kleinen Schlucken davon. Der junge Shaolin wippte in seiner Sitzposition hin und her und versuchte nicht die Geduld mit dem Alten zu verlieren. Er konnte und wollte nicht abwarten, bis Lo Si ihn hatte schmoren lassen wie ein Osterkaninchen im Backofen. „Du bist noch immer sehr ungeduldig, Peter“, mahnte der Shambala-Meister. „Aber ich hab mich schon gebessert! Hier aber… ich weiß nicht, was es ist. Und ich kann es nicht ausstehen, wenn ich nicht weiß, was mit mir passiert.“ Lo Si lächelte wissend. „Oh, du wirst noch oft dem Unbekannten begegnen. Und nicht immer wird es Antworten auf deine Fragen geben. Nicht immer bekommt man eine Erklärung für das, was passiert.“ „Das weiß ich“, versuchte Peter Versöhnlichkeit zu demonstrieren. „Dennoch sehe ich nichts Schlechtes darin, zumindest zu versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen. Sollte ich am Ende akzeptieren müssen, dass ich es nicht verstehe, dann ist es so. Aber noch stehe ich am Anfang, noch möchte ich wissen, was dort auf dem Marktplatz geschehen ist. Was an diesem Mann mich so umgehauen hat?“ „Nun. Es gibt Menschen, die eine gewaltige Ausstrahlung haben. Vielleicht hast du einfach nur einen besonderen Menschen getroffen.“ Lo Si faltete die Hände und sah seinen früheren Schüler unumwunden an. „Du weißt etwas, das du mir nicht sagst, nicht wahr?“, fragte Peter, der diesen Blick kannte. „Und du wirst es mir aus einem guten Grund nicht sagen. Oder liege ich falsch?“ Peters Stimme bekam einen leicht trotzigen Unterton. „Ja, Peter. Du hast Recht. Ich habe ähnliches schon erlebt, aber ich weiß nicht, ob das auf dich und deine Erlebnisse zutrifft. Und so werde ich dir nichts darüber erzählen, um dein Urteilsvermögen für deine eigene Erfahrung nicht zu beeinflussen.“ Peter riss sich zusammen. Eigentlich war wütend über Lo Sis fehlende Hilfestellung, aber er wusste auch, dass der alte Mann es niemals böse mit ihm meinte, wenn er etwas sagte oder nicht sagte. Vermutlich hatte er sogar Recht. „Ich danke dir, Lo Si. Vielleicht können wir uns ja dann darüber austauschen, wenn ich am Ende der Geschichte angekommen bin.“ „Du bist dann herzlich eingeladen“, antwortete der alte Shaolin und erhob sich für sein Alter erstaunlich elegant aus dem Schneidersitz, um Peter zum Abschied leise lächelnd zur Tür zu begleiten. *** Methos lenkte seinen Van auf einen Supermarktparkplatz am Rande Chinatowns und stellte ihn ein Stück vom Eingang entfernt ab. Hier sollte nichts passieren, solange er noch unterwegs war, um sein Schwert wiederzufinden. Es war dunkel und er beschloss grade, sich etwas zu trinken zu kaufen und sich damit zurückzuziehen, als er das bekannte und verhasste Kribbeln auf seiner Haut spürte. Sofort wanderte sein wacher Blick über jede Bewegung, jeden Menschen, jeden möglichen Gegner. Er entdeckte einen Mann, ebenfalls im langen Mantel, der grade aus dem Supermarkt getreten war und sich jetzt auch skeptisch umsah. Ihre Blicke trafen sich und Methos überlegte fieberhaft, wohin er jetzt am besten verschwinden konnte. Der Mann kann direkt auf ihn zu, wandte seine Augen nicht ab. Methos griff routiniert unter seinen Mantel und umfasste den Griff seines Ersatzschwertes. „Ich will keinen Ärger“, sagte er eindringlich, als der andere Unsterbliche nah genug war. Der andere stellte seine braune Einkaufstüte vor Methos' Van und sah sich um. „Tja, da könnten wir jetzt ein Problem bekommen“, sagte er mit tiefer Stimme und angriffslustiger Miene. „So geht das Spiel nun mal.“ „Ich spiele schon lange nicht mehr mit“, meinte Methos ernst. Er sah sich immer wieder um, aber es gab keine belebte Ecke in seinem Umfeld, wo er sich absetzen konnte. Tatsächlich würde er die Konfrontation eingehen müssen, wenn sein Gegenüber sich nicht abbringen lassen wollte. Dieser sah sich nochmal um, entdeckte keine Menschenseele und zog dann seinen Degen. „Los!“, forderte er Methos auf, während er ihn langsam aber sicher in die dunkle Liefergasse hinter dem Markt drängte. „Letzte Chance. Ich will dich nicht töten“, versuchte der älteste Unsterbliche noch einmal, einem Kampf aus dem Weg zu gehen. „Ich will auch nicht sterben“, sagte der andere leicht grinsend und schwang dann seinen Degen zum Angriff. Methos parierte problemlos. „Hast du auch einen Namen? Ich will zumindest wissen, wessen Kopf ich genommen habe“, fragte er in einer kleinen Atempause. „Decker. Colonel William Decker. Stets zu Diensten“, sagte er aufgerichtet und stürzte sich wieder auf Methos. „Großer Bürgerkriegsheld, nehme ich an. Nun denn, Colonel Decker. Leben sie wohl“, rief Methos, ehe er seinerseits das Schwert schwang und abgeblockt wurde. Sie kämpften schweigend weiter. Nur das Klingen ihrer Schwerter war in der Gasse zu hören. *** Peter war grade auf dem Fußweg zurück nach Hause, als er ein merkwürdiges Bauchgefühl bekam. Irgendetwas zerrte an ihm, irgendetwas drängte ihn dazu, seinen Weg zu ändern und Richtung Süden zu laufen. Als würde etwas nach ihm rufen. Etwas Mächtiges. Der junge Shaolin setzte sich in Bewegung und folgte seinen Sinnen schnellen Schrittes. Sie trugen ihn eine knappe Meile durch Chinatown, ehe er sich an einem Supermarkt mit nahezu leerem Parkplatz wiederfand. Etwas Großes war im Gange. Er spürte es deutlich. *Dort hinten*, rief ihm sein Gespür zu und sofort lief er in Richtung der kleinen Gasse. Als er näher kam hörte das Geräusch, das Metall auf Metall verursachte. Vorsichtig und lautlos drückte er an die Hauswand blickte um die Ecke in die Gasse. Peter musste in zweites Mal hinsehen, um zu glauben, was er da sah. Zwei Männer kämpften mit Schwertern gegeneinander. Mit Schwertern! Und einer davon war der vermeintliche Tote, dessen Mord Kermit und Ryan am Morgen untersucht hatten. Noch ehe der Shaolin sich überlegen konnte einzugreifen nahm der Kampf eine kapitale Wendung. Adam Pierson (oder wie auch immer er hieß) konnte seinem Gegner das Schwert aus der Hand schlagen, drehte sich in derselben Bewegung um die eigene Achse und trennte dann mit seiner Waffe den Kopf von den Schultern seines Opfers. Peter schlug eine Hand vor den Mund, konnte den Blick aber dennoch nicht vom weiteren Geschehen ablenken. Er sah, wie Adam Pierson auf die Knie fiel, die Augen schloss und dann von einer Art weißem Nebel eingehüllt wurde. Lampen brannten plötzlich durch, Sicherungen explodierten, überall sprühten plötzlich Funken und Blitze zuckten durch die Nacht. Das Schauspiel dauerte nur etwa eine Minute, aber Peter kam es eine Ewigkeit vor. Adam Pierson stand wieder auf und hob sein Schwert von Boden. Dann bewegte er sich in entgegengesetzter Richtung davon. Selbst in der absoluten Dunkelheit zuckten die Schatten der Blitze noch vor seinen Pupillen und Peter rieb sich für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete war der Mann verschwunden. Er trat vorsichtig in die Gasse, um sich umzusehen und sicher zu gehen, dass er sich alles nicht nur eingebildet hatte. Peter ging einige Meter in die Gasse hinein, war aber noch von der Leiche entfernt, als er plötzlich den kalten Stahl einer scharfen Klinge an seinem Hals fühlte. „Was wollen sie von mir?“, fragte der Methos den Shaolin. „Wer sind sie?“ Peter fühlte wieder die unglaublich starke Aura des Mannes und wusste instinktiv, dass er ihn nicht anlügen konnte. „Mein Name ist Peter Caine. Ich bin Shaolin-Priester und…“ „Zeigen sie mir ihre Unterarme!“ Der junge Mann krempelte seine Ärmel hoch und entblößte den Drachen und den Tiger. „Ich habe Freunde bei der Polizei, war früher selbst ein Cop und habe durch Zufall von… naja… ihrem Tod heute Morgen gehört. Meine Freunde haben mir ein Bild gezeigt und ich habe sie heute Mittag auf dem Markt gesehen und…“ „Und was hat sie HIER HER geführt“, fragte der Unsterbliche weiter, ohne Peters vorangegangene Antworten zu kommentieren. „Ich weiß es nicht. Ich habe es… gespürt. Ich wusste instinktiv, dass hier etwas Mächtiges im Gange ist und meine Füße haben mich hergetragen.“ Peter richtete sich ein bisschen auf, um zwischen der Klinge und seinem Hals etwas Abstand zu schaffen. „Wahnwitzige Geschichte, das wissen sie schon, oder?“, sagte Methos in seinem besten Ich-glaub-dir-kein-Wort-Tonfall. „Sie wollten sofort meine Unterarme sehen. Sie wissen also, was ein Shaolin ist. Und irgendetwas sagt mir, dass sie auch wissen, dass meine Worte wahr sein.“ Er rieb sich den Hals. „Und könnten sie jetzt bitte das Ding runternehmen. Ich bin unbewaffnet!“ Tatsächlich ließ Methos sein Schwert sinken und betrachtete den jungen Mann vor sich. Seine Menschenkenntnis sagte ihm tatsächlich, dass er die Wahrheit sagte. Und sie sagte ihm, dass er ihm nichts Böses wollte. Er kannte die Shaolin ein bisschen und hielt es für durchaus möglich, dass dieser junge Mann einer der wenigen Sterblichen sein konnte, die die Unsterblichkeit verstehen würden. „Ich bin einfach neugierig“, durchbrach Peter die länger werdende Stille. „Wenn ich nach meinen Shaolin-Sinnen gehe, dann sind sie ein Übermensch, stärker und erfahrener als jeder andere, den ich bisher getroffen habe. Und dann diese Schwert-Sache. Ich meine, ich habe es gesehen, sie haben den Mann…“ „Es ist ein Wettkampf“, unterbrach Methos den jungen Mann. Obwohl er sonst so zurückgezogen lebte und jeden Kampf und jede Konfrontation mied, war er jetzt verleitet sich diesem Mann anzuvertrauen und sich mit ihm auszutauschen. Warum auch immer… „Ein Wettkampf? Im Köpfe abschlagen?“ Peter glaubte selbst nicht, dass er diese Worte grade sprach. „So ähnlich. Und ich weiß nicht warum, aber ich habe tatsächlich das Gefühl, dass ich ihnen vertrauen kann. Und dass ich sie wahrscheinlich nie wieder loswerde, wenn ich es nicht tue. Außerdem können sie mir ja vielleicht die Cops vom Leib halten. Ich habe also ein Angebot für sie, Mister Caine: Ich befriedige ihre Neugier und sie helfen mir, noch etwas zu erledigen und dann zu verschwinden.“ Peter sah ihn skeptisch an. „Solange es nur ETWAS ist und nicht JEMAND, den sie erledigen wollen, bin ich dabei.“ Er fuhr sich kurz durch die Haare und sah dann auf seine Uhr. „Ich rufe nur schnell meine Frau an, dass es später wird.“ Methos konnte sich ein kurzes Lachen nicht verkneifen und machte eine einladende Geste. Während der junge Shaolin an seinem Handy ein paar Tasten betätigte, ließ er unter aufmerksamer Beobachtung sein Schwert in seinem Mantel verschwinden.
Kermit und Ryan traten aus Monahans Büro und gingen direkt in Kermits vier Wände. Der Ex-Söldner ließ sich erschöpft in seinen Schreibtischstuhl fallen und rieb sich die Augen. „Schöner Anschiss, was?“, sagte Ryan und grinste. „Oh yeah“, brummte Kermit launisch. „Aber auf der anderen Seite… ich bin auch angefressen, dass wir eine Leiche verloren haben und die jetzt anscheinend quicklebendig durch die Stadt läuft.“ Ryan nickte. Der Frust des Captains war durchaus verständlich. Sie hatten einen Fall, aber absolut nichts in der Hand. Nicht mal eine Leiche. Nur Tatortfotos, auf denen eine zu sehen war. Und die Brieftasche des Opfers. Und der Kerl war äußerst merkwürdig. „Hat denn deine Computerabfrage endlich was gebracht? Kermit aktivierte den Bildschirm durch einen Klick auf der Maus und betrachtete dann die Informationen, die sein Suchprogramm während der Standpauke des Captains zusammengetragen hatte. „Adam Pierson existiert in der Rückverfolgung seit etwa zwanzig Jahren. Keine Kreditkarten, keine Verträge, keine Anstellungen, kein Vermögen, nichts.“ Kermit sah zu seinem Partner auf. „Eine falsche Identität. Warum wundert mich das jetzt nicht?!“, brummte dieser und rieb sich sein müdes Gesicht. „Lass uns morgen weitermachen. Ich bin KO.“ „Willst du noch was trinken gehen?“, fragte der Ex-Söldner über seine Brille hinweg. „Danke“, lehnte Ryan kopfschüttelnd ab, „aber ich würde gerne mal wieder meine Frau und meine Tochter sehen.“ Er blickte kurz auf die Uhr. „Oder zumindest meine Frau“, korrigierte er mit einem Seufzen. „Verstehe, Partner. Dann bis morgen früh“, verabschiedete Kermit Ryan und nahm anschließend die Eagle aus der Schublade und das Jackett vom Stuhl, um sich ebenfalls auf den Heimweg zu machen. *** Peter und Methos hatten sich eine kleine Bar zurückgezogen, um sich zu unterhalten. Der junge Shaolin wusste nicht, was mit ihm los war, schließlich war er seelenruhig mit einem Mann mitgegangen, der zuvor einen anderen geköpft hatte. Aber selbst als die Schwertklinge an seinem Hals gelegen hatte, hatte er gewusst, dass ihm kein Schaden drohte. Und auch sagte ihm sein Gefühl, dass es kein Mord im ihm bekannten Sinne war. Was er beobachtet hatte war etwas Größeres gewesen, etwas das seine Neugier mehr geweckt hatte als seinen Argwohn. „Es ist mir neu, dass Shaolin-Mönche Bier trinken“, sagte Methos in die Gedanken des Shaolins hinein und stieß mit Peter an. „Ich bin kein Mönch. Ich lebe weder asketisch noch in einem Kloster. Ich bin ja auch verheiratet. Die korrekte Bezeichnung wäre Shaolin-Priester. Auch wenn das bei den meisten keinen Unterschied ausmacht“, korrigierte Peter und trank einen herzhaften Schluck. „Darf ich fragen, wie sie heißen? Adam Pierson ist nicht ihr richtiger Name, nicht wahr?“ „Ich trage ihn jetzt seit einundzwanzig Jahren und werde ihn bald wieder ablegen. Es wird mal wieder Zeit, mich neu zu erfinden. Mein richtiger Name aber ist Methos.“ „Methos? Klingt nicht besonders amerikanisch. Woher stammen sie?“ Peter trank noch einen Schluck. „Und wie oft haben sie ihre Identität schon gewechselt, so im Zwanzig-Jahres-Takt?“ Deutlich wurde die Skepsis, die seinen Geist beherrschte, von seiner Stimme übertragen. „Mister Caine…“ „Peter.“ Methos lächelte. „Also gut. Peter. Ich sage es mal frei heraus: Ich bin ein Unsterblicher.“ Dem Shaolin glitt fast die Bierflasche aus der Hand. Zwar passte diese Aussage zu dem, was er empfunden hatte, aber er kam sich schon geistig verwirrt vor, diese Möglichkeit überhaupt in Betracht zu ziehen. „Schließen sie den Mund, ehe Fliegen reinkommen“, scherzte Methos. „Es gibt viele Unsterbliche. Täglich kommen neue dazu und täglich sterben welche. Es ist ein Wettkampf um Macht und Stärke. Es kann nur einen geben. Das ist unser Credo. Wir sind nur durch das Abtrennen des Kopfes zu töten. Und da das mit Pistolen so schlecht geht, kämpfen wir nach wie vor mit Schwertern.“ Peters Mund stand nach wie vor offen und würden ihn seine Kiefergelenke nicht daran hindern, hätte er seine Unterlippe bis auf den Tisch gleiten lassen. „Was?“, war alles, was er darauf antworten konnte. Und dabei spürte er, dass alles, was Methos sagte, wahr war. „Dann… das heißt… wie alt sind sie? Wo kommen sie her?“ „Ich bin Ägypter. Ich habe mitangesehen, wie die Pyramiden gebaut wurden. Habe mit Nero gespeist, Helena von Troja gesehen und mit Einstein gesprochen. Nun… ich bin 5000 Jahre alt. Grob abgerundet.“ Peter starrte ihn an wie ein kleines Kind. „Ich bin der älteste Unsterbliche. Jedenfalls der älteste Bekannte. Und ich bin ein Mythos unter vielen von ihnen. Ich wäre ihnen sehr verbunden, wenn das so bleiben würde, falls sie verstehen was ich meine.“ Peter brauchte einen Moment, um seine Gedanken zu sortieren und wieder sprechen zu können. „Nun, ich kenne nicht so viele… Unsterbliche. Da müssen sie sich also keine Sorgen machen. Aber ich…“ „Ein bisschen viel, was? Versteh ich schon. Leider kann ich ihnen nicht nachfühlen, wie es ist, so etwas erzählt zu bekommen, denn ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie es war, als man es mir erzählte.“ Peter hörte den Wehmut in diesen Worten. „Es ist nicht immer ein Geschenk, oder?“ „Nein.“ Methos wurde nachdenklich. „Aber ich lebe gerne. Deshalb halte ich mich auch aus dem Spiel raus und lebe ganz bescheiden. Ich kämpfe nicht oft. Ich bin mächtig genug, ich brauche nicht die Kraft der anderen.“ „Die Kraft der anderen?“ Peter war völlig perplex. „Ja. Wenn wir einen Kopf nehmen, dann geht die Kraft des Getöteten auf uns über. Und wir werden stärker. Und mächtiger. Und werden schwerer zu besiegen.“ Methos grinste wieder und trank seine Flasche aus. Mit einem Fingerzeig bestellte er zwei neue Bier beim Barkeeper. Der junge Shaolin verstand zwar die Worte, die er alle gehört hatte, aber noch wollte sich das nicht in die Realität holen lassen. Er fühlte sich, als hätte er ein Buch gelesen, das diese Szenarien beschrieb. Oder einen Film gesehen. Und obwohl er wusste, dass es so sein musste, wie der Mann gesagt hatte, konnte sein Verstand es einfach nicht glauben. „Aber jetzt genug von mir. Sie sind dran“, forderte Methos auf. „Was meinen sie?“ „Sie wollten mir helfen. Die Polizisten, die bei mir in der Wohnung waren sind ihre Freunde?“ „Ja, sind sie“, antwortete Peter knapp. „Und wissen sie, wer auf mich geschossen hat?“ „Wollen sie sich rächen? Ich hatte ihnen gesagt, dass…“ „Nein, ich will ihm nichts tun. Aber er hat mein Schwert gestohlen, und ich will es wiederhaben! Es ist sehr alt und sehr wertvoll, wenn sie verstehen was ich meine.“ „Ganz zu schweigen vom Nostalgiewert, wahrscheinlich“, murmelte Peter und beobachtete die Reaktion im Gesicht des Unsterblichen. „Nein, sie wissen es nicht. Sie haben nicht mal eine Idee. Keine Spuren vom Täter. Aber vielleicht wurde das Schwert versetzt. Ich meine, was will ein Taschendieb mit einem Schwert.“ „Ich war bei allen Pfandleihen in Chinatown. Mein Schwert war nicht dort.“ „Es gibt noch ein paar, die kein offizielles Firmenschild an der Tür haben. Ich kenne jemanden, der uns vielleicht helfen kann. Darf ich ihn anrufen? Ich werde ihm auch sicher nichts sagen, keine Angst, der würde mich allenfalls für bescheuert erklären.“ Methos musterte den Shaolin skeptisch, nickte dann aber zustimmend. Peter kam nach wenigen Minuten zurück und erklärte, dass sein Informant ihn zurückrufen würde, wenn er etwas hörte. „Wohin wollen sie gehen, wenn sie ihr Schwert wiederhaben. Apropos: sie haben doch eines?!“ „Jeder anständige Unsterbliche hat mehr als ein Schwert. Aus eben solchen Gründen. Aber jeder hat auch SEIN Schwert. Alle anderen sind nur Ersatzwerkzeuge. Und ich will MEIN Schwert wiederhaben. Ich kämpfe zwar nicht oft, aber es hat mit mir schon manchen Kampf gewonnen.“ „Kampf gewonnen. Wettkampf. Spiel. Köpfe abschlagen. Das klingt so… als wären diese Menschen wertlos. Als wäre es so nichtsbedeutend.“ „Ganz im Gegenteil“, sagte Methos sofort. „Die Unsterblichen sind mächtiger als die Sterblichen. Und wenn sie so wollen auch wichtiger. Die letzten von uns, dann stärker und mächtiger denn je, werden nicht nur in der Welt der Unsterblichen eine Rolle spielen. Nein. Sie werden die Macht haben, auch die Sterblichen zu beherrschen. Und dann kann die Welt nur hoffen, dass die Guten gewonnen haben.“ „Die Guten? Es gibt zwei Seiten?“ „Keine Seiten. Kein Schwarz-Weiß.“ Methos neigte den Kopf und trank von seinem Bier. „Aber es ist schon so, dass es die gibt, die nur Kämpfen, wenn es nötig ist. Die friedfertig leben, etwas von Ehre und Anstand verstehen. Und es gibt die, die danach lechzen zu töten und mächtiger zu werden und das Ende des Wettkampfs aktiv näher bringen wollen. So einer war übrigens auch der Mann in der Gasse vorhin. Er hat mich gespürt und wollte mit mir kämpfen. Ich habe versucht ihn davon abzubringen, aber das Ergebnis haben sie ja gesehen.“ „Sie haben ihn gespürt?“ Peter kam sich vor wie ein Echo, das jeden zweiten Satz dieses Gespräches fragend wiederholte. *Passiert das hier grade wirklich?*, fragte er sich immer wieder in seinem Kopf. Und er wäre nicht verwundert, wenn er plötzlich in seinem Bett aufwachen und feststellen würde, dass er nur träumte. „Ja. Wir Unsterblichen nehmen einander wahr. Es ist wie eine Gänsehaut, wenn sich ein anderer in unserer Nähe befindet. … Und irgendetwas davon scheinen sie ja auch wahrgenommen zu haben.“ Peter nickte. „Nur konnte ich es nicht ausdrücken. Ich habe ihre Ausstrahlung wahrgenommen. So wie ich die Ausstrahlung der meisten Menschen spüren kann, wenn sie mich ansehen. Aber bei ihnen war es keine Ausstrahlung von ein paar Jahren, maximal neunzig oder hundert, sondern von fünftausend, wie sie sagen! Ich habe in diesem Augenblick das Wissen und die Kraft der Jahrtausende gespürt.“ Er fuhr sich grinsend durch die Haare. „Das hat mich umgehauen!“ Methos stieß erneut mit ihm an. „Ich habe lange keinen Shaolin mehr getroffen. Das letzte Mal ist schon ein paar Jahrhunderte her. Aber er hatte damals etwas sehr ähnliches gesagt. Auch eine faszinierende Gabe, die sie besitzen.“ „Ich nenne es gerne erweitere Menschenkenntnis. Damit sind die meisten Menschen dann nicht ganz so überfordert. Aber ich nehme an, mit merkwürdigen Reaktionen kennen sie sich auch genug aus.“ Methos schüttelte den Kopf. „Eigentlich nicht. Wir Unsterblichen sind ein verschwiegenes Völkchen. Es ist sehr selten, dass wir uns den Sterblichen offenbaren. Die meisten tun es aus Liebe oder Freundschaft.“ Peter nickte. „Stimmt natürlich. Soweit hatte ich nicht gedacht. Zumal Ich-bin-unsterblich schon eine Steigerung zu Ich-kann-bestimmte-Ausstrahlungen-wahrnehmen ist. Ich glaube ehrlich gesagt immer noch nicht ganz, dass ich hier mit ihnen zusammensitze und ihnen zuhöre, wie sie mir erzählen, dass sie fünftausend Jahre alt sind.“ Der junge Mann fuhr sich durch die Haare und leerte seine Flasche. Methos wollte grade ansetzen etwas zu antworten, als ihn die Gänsehaut wieder überkam. Er blendete Peter aus und blickte sofort aufmerksam zur Eingangstür. Der Shaolin konnte das Verhalten seines Gegenübers deuten. „Ein anderer Unsterblicher?“, fragte er, als wäre es das normalste auf der Welt. Methos nickte nur, die Augen ein wenig zusammengekniffen. Die Bar hatte nur einen Ausgang und er war nicht scharf darauf zu kämpfen. „Was passiert jetzt?“, fragte Peter nach einer Minute der Stille, in der sich nichts getan hatte. „Entweder hat sich der andere verabschiedet, als er mich gespürt hat. Oder aber er wartet draußen auf mich. Leider komm ich außer durch diese Tür nicht hier weg“, sagte er und die Anspannung stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Kann ich ihnen Schützenhilfe geben?“, bot sich Peter sofort an. „Nein. Nicht wirklich. Ich wäre dafür, wir trinken noch ein Bier und bleiben noch ein bisschen hier drin. Wenn er bis jetzt nicht reingekommen ist, stehen meine Chancen vielleicht ganz gut, dass ich heute nicht mehr kämpfen muss.“ Peter orderte mit einer Handbewegung eine weitere Runde und unterhielt sich dann noch etwa eine Stunde lang weiter mit Methos über seine Vergangenheit und die Unsterblichen. Aber die leichte Stimmung war aufgrund der potentiellen Bedrohung vor der Tür nicht wieder zurückzuholen. „Und?“, nutzte der Shaolin eine Pause im Gespräch. „Ist er noch da?“ „Das weiß ich nicht. Ich spüre seine Gegenwart nicht dauerhaft, sondern nur den Moment, in dem er eine bestimmte Nähe zu mir erreicht. Ob er aber in der Nähe bleibt oder sich wieder entfernt weiß ich nicht.“ Und um seinem neuen Bekannten vorwegzugreifen ergänzte er: „Ich weiß auch nicht direkt, WER es ist. Meist gibt man sich aber automatisch per Blickkontakt zu erkennen, weil man die Gefahr sehen will.“ Peter nickte und schaute auf die Uhr. „Also für mich wird es Zeit herauszufinden, ob etwas vor dieser Tür lauert. Was ist mit ihnen? Wo bleiben sie heute Nacht? Brauchen sie einen Unterschlupf?“ Er musste sofort an Kermit denken, wie er ihm die Hölle heiß machen würde, wenn er nur von dem Angebot erfuhr. „Danke, aber so gut befreundet sind wir dann doch nicht“, lehnte Methos sofort distanziert ab. „Ich finde schon ein Plätzchen.“ „Und wie erreiche ich sie, wenn ich von meinem Informanten etwas hören sollte?“ „Ich melde mich bei ihnen, keine Angst. Schließlich will ich mein Schwert zurück. Wo finde ich sie?“ Peter musste lächeln. „Kommen sie nach Chinatown, fragen sie nach Caine.“ Methos blinzelte kurz, dann aber nickte er und erhob sich. Mit dem Shaolin neben sich trat er hinaus in die kalte Nachtluft. „Also gut, Peter. Ich werde nach ihnen fragen und sie finden. Sollte ich nicht vorher den Kopf verlieren“, ergänzte er mit einem Rundumblick in die Dunkelheit. Peter nickte ihm zu und drehte sich dann um, um sich auf seinen Weg zu machen. Nach ein paar Schritten schaute er über die Schulter zurück, aber erwartungsgemäß war der Unsterbliche in der Nacht verschwunden. *** „Bekommen wir heute wieder Frühstücksbesuch?“, fragte Cat schmunzelnd und biss herzhaft in ihre Erdbeere, sodass der Saft ihren Mundwinkel hinunterlief und sie ihn überrascht mit dem Handrücken wegwischte. Peter starrte sie verliebt an. „Könntest du den ganzen Tag Erdbeeren für mich essen?“, fragte er und schickte ihr einen Luftkuss. Cat grinste und winkte dann. „Nein, so viele haben wir nicht da“, meinte sie kokett. „Hast du nochmal was von Ryan und Kermit gehört. Oder diesem Pierson?“ Peter verschluckte sich an seinem Brötchen. Er hatte Cat am Telefon nicht erzählt, worin sein Notfall gestern Abend bestand. Und sie hatte sich abgewöhnt immer danach zu fragen. Nachdem er ein paar Mal gehustet und einem Schluck Kaffee getrunken hatte, schaffte er es eine Antwort zu geben. „Nein, die beiden haben sich nicht gemeldet“, sagte er und hoffte, dass seine Frau nicht merkte, dass er Methos unterschlagen hatte. Cat merkte, dass irgendetwas schon wieder im Busch war, fragte aber nicht weiter, sondern signalisierte Peter nur mit einem kurzen Blick, dass sie sein Ausweichen durchaus bemerkt hatte. „Na gut, Honey. Und was steht heute auf dem Plan?“ „Ich hab zwei Übungsstunden, einen Hausbesuch und ansonsten lassen wir uns überraschen.“ Cat grinste und biss erneut demonstrativ in ihre Erdbeere. „Dann haben wir ja gar keine Zeit für uns“, trällerte sie neckend. Peter grollte aus der Kehle und warf ihr einen Blick zu, dessen Wirkung sie in ihrem Unterleib spürte. Aber ein bisschen Rache musste ja sein. „Nein Honey, tut mir leid. Keine Zeit, du weißt ja wie das ist“, neckte sie ihn und sprang schnell von ihrem Stuhl auf, weil er mit einem Satz hinter ihr her sprang, um sie festzuhalten. Cat schaffte es bis in den Flur, als sie abrupt stehen blieb, weil ein Mann vor ihr stand. Peter kam gar nicht mehr so weit, weil auch er auf einmal die Anwesenheit des Mannes wahrnahm. Zuvor schienen ihn Cats Avancen abgelenkt zu haben, aber jetzt brach die drohende Gefahr in seine Gedanken ein. Mit zwei schnellen Schritten stellte er sich vor seine Frau und musterte den Mann skeptisch. Seine Erfahrung des vorigen Abends verrieten ihm, wer da vor ihm stand. Aber noch etwas anderes in ihm meldete sich. Hatte er diesen Kerl schon mal irgendwo gesehen? „Wo ist er?“, fragte der hochgewachsene Mann mit der Glatze. Seine Statur war athletisch, was trotz des weiten und langen Mantels gut zu erkennen war. „Wovon reden sie?“ Peter hielt dem Blick des Mannes stand. „Keine Ausflüchte“, rief er sofort zornig und schwang unter dem langen Mantel ein mittelalterliches Schwert hervor. Die Spitze richtete er direkt auf Peters Kehle. „Ich habe euch beide gestern Abend zusammen gesehen. Also wo ist er?“ „Honey…“, murmelte Cat leise in Peters Ohr. “Sch…”, gab der Shaolin sofort flüsternd zurück. Dann schob er seine Frau noch ein Stück hinter sich und blickte dem Fremden wieder fest in die Augen. „Ist er ein Freund von ihnen?“, fragte Peter überflüssigerweise. Er hatte schon längst gemerkt, dass sein Gegenüber keine freundschaftlichen Absichten hatte. Der Angreifer grinste breit. „Das geht nur ihn und mich etwas an.“ „Wenn das so ist, was wollen sie dann von mir? Wenn sie uns gestern gesehen haben, warum sind sie dann nicht IHM gefolgt?“ Peter legte den Kopf leicht schief und wartete tatsächlich gespannt auf die Antwort. Wieder grinste der Mann. „Ihr habt wirklich alle keine Ahnung. Weil er doch vor mir geflohen wäre. Weglaufen konnte er schon immer gut. Aber wenn ich hier bei seinen Freunden auf ihn warte, hat er keine Wahl. Außerdem habe ich etwas, was ihm gehört.“ Peter vermutete, dass es sich um das Schwert handelte. Etwas anderes konnte es kaum sein. Aber wie war dieser Kerl daran gekommen? *Und woher kommt er mir bekannt vor?*, ergänzte sein Gedächtnis die Überlegungen. „Wenn sie sagen, dass er im Weglaufen ein Meister ist, warum glauben sie dann, wird er in die Höhle des Löwen kommen? Um uns zu retten? Glauben sie das wirklich? „Ich gebe zu, ich habe meine Zweifel. Kommt drauf an, wie gut ihr befreundet seid. Aber wir müssen ja nicht hier im Flur rumstehen. Los, lasst es uns gemütlich machen!“ Er schob die Schwertspitze etwas voran, sodass Peter und Cat rückwärts Richtung Wohnzimmer schritten. „So gut wie sie glauben, kenne ich ihn nicht. Genaugenommen erst seit gestern“, versuchte Peter diesen Kerl von seinem Plan abzubringen. Der Glatzkopf lachte laut auf. „Natürlich. Und dann erzählt er dir gleich alles von UNS… für wie bescheuert hältst du mich eigentlich? Es gibt kaum einen verschwiegeneren als ihn.“ Peter merkte, dass er so nicht weiterkam. Seine Argumentation, so wahrheitsgemäß sie auch war, war schlichtweg unglaubwürdig. „Und dennoch wird er nicht kommen, wenn er merkt, dass sie hier sind“, sagte er schließlich und befürchtete, dass es tatsächlich so kommen würde. „Das will ich für euch nicht hoffen“, knurrte der Schwertträger und ließ sich in einen einzelnen Sessel sinken, das Heft fest in der Hand und die Spitze auf Peter und Cat gerichtet. Cat traute sich nicht, etwas zu sagen. Sie verstand überhaupt nichts mehr. Mit wem hatte sich Peter gestern Abend getroffen? Worum handelte es sich bei dem Notfall? Und was hatte dieser Verrückte mit dem Schwert in der Hand damit zu tun? Verflucht, warum hatte sie Peter nicht gefragt, worum es gegangen war? „Ich will was trinken. Weib, hol mir was!“, befahl der Fremde und blickte Cat auffordernd an. Peter hielt seine Frau mit einer Hand zurück und erhob sich stattdessen. Aber sofort hatte er wieder die Schwertspitze an seiner Kehle. „Ich habe SIE angesprochen“, sagte er und zeigte auf Cat. „Also wird SIE ihren kleinen Arsch in Bewegung setzen und mir was holen. Sonst werde ich ihrem Herzallerliebsten leider wehtun müssen. Bevor Peter erneut intervenieren konnte, schob Cat seinen Arm weg und erhob sich. „Was wollen sie?“, fragte sie tonlos. „Geht doch“, grinste der Unsterbliche und rieb sich dann nachdenklich das Kinn. „Whiskey, Scotch, was ihr da habt. Und davon reichlich.“ Cat ging an die Minibar und zog eine Flasche und ein Glas hervor. Großzügig goss sie ein, stellte es dann auf den Beistelltisch neben dem Sessel. Wohl bedacht, so viel Abstand wie irgend möglich zwischen sich und dem Angreifer zu halten. Sie setzte sich anschließend wieder neben Peter, der sofort seine Hand auf ihre Oberschenkel legte. Peter konnte nicht abschätzen, wie lange es dauern würde, bis Methos vorbeikam. Wenn er denn kam. Vielleicht war ihm auch ein anderer Unsterblicher begegnet. Der Shaolin wusste nicht, wie oft so was vorkam. Und außerdem, was würde Methos tun, wenn er den anderen spürte? Würde er reinkommen, um ihn und seine Frau zu retten? Peter war sich nicht sicher. Das Telefon riss den jungen Shaolin aus seinen Gedanken. Fragend blickte er zu seinem Gegenüber. „Lass es klingeln. Man kann ja nicht immer zu Hause sein“, sagte er und trank sein Glas aus. „Mach mir noch einen, Weib!“ Cat erhob sich wortlos, nahm das leere Glas vom Tisch und ging rüber zum Schrank. Dabei warf sie einen Blick auf das Display des klingelnden Telefons: >Kermit< blinkte darauf in roter LED-Schrift. Sie wandte sich den Getränken zu goss das Glas wieder voll, stellte es auf dem Beistelltisch ab und ließ sich wieder aufs Sofa sinken. Nur für Peter hörbar flüsterte sie den Namen ihres Freundes. Der junge Shaolin nickte nur ansatzweise, um ihr zu zeigen, dass er sie verstanden hatte. Auch das noch. Manchmal kam Kermit vorbei, wenn er, Peter, nicht erreichbar war. Und dann würde auch er in diese Geiselnahme laufen und nicht mal verstehen, worum es ging. Genauso wenig wie Cat. Er drückte liebevoll den Oberschenkel seiner Frau, weil er mehr im Moment nicht tun konnte. *** Kermit steckte sein Handy wieder in die Innentasche und überlegte keine Sekunde, ob er sich nun Sorgen machen wollte oder nicht. Mit einem kurzen Blick auf die Verkehrssituation riss er das Lenkrad rum und wendete auf der vierspurigen Straße. *Lieber einmal zu oft, als einmal zu wenig*, dachte er bei sich und steuerte die Corvair zu Peters Loft.
Methos trat in den Innenhof und blickte die metallene Treppe empor. Dort oben fand man Caine, hatte der Gemüsehändler gesagt. Und der Mann vom Café. Und die alte Frau aus dem Lebensmittelmarkt. Der Unsterbliche hoffte, dass Peter inzwischen was von seinem Informanten und dem Schwert gehört hatte. Denn er selbst hatte keinen Anhaltspunkt mehr, wo er suchen sollte. Er ging die Stufen hinaus, als ihn auf halber Höhe die Gänsehaut erfasste. Abrupt stoppte er und die verschiedenen Möglichkeiten schossen ihm sofort durch den Kopf. *Peter hat mich verraten* Bei dem letzten Gedanken musste er fast lächeln, aber der Ernst der Lage ließ seine Mundwinkel nur den Ansatz ausführen. Langsam ging er zwei Stufen rückwärts, ehe er sich umdrehte, um die Treppe eiligst wieder zu verlassen. Aber sein Fluchtversuch wurde jäh unterbunden. Kermit kam mit der Corvair um die Ecke und sprang sofort aus dem Wagen, als er Adam Pierson auf der Treppe sah. Seine Gedanken rasten. Was machte DER hier? Der Cop zog die Eagle und richtete sie auf Pierson. „Keine Bewegung, Polizei!“, rief er aus. Methos schluckte. Sein Blick ging nach oben zu der Tür, die nach wie vor verschlossen war. Wenn es ein Freund war, der dort oben auf ihn wartete, wäre er schon längst in der Tür erschienen und hätte sich zu erkennen gegeben. Die Frage war nur, wie freiwillig Peter (*und seine Frau*) dort oben waren. Aber sein Bauchgefühl gab ihm bereits die Antwort darauf. „Was wollen sie hier, Pierson?“, fragte Kermit irritiert und betrat die Treppe. Die Mündung seiner Waffe zielte unablässig auf die Brust des Mannes. Methos versuchte die Flucht nach vorn. „Mit welchem Recht bedrohen sie mich mit einer Pistole, Detective? Habe ich was verbrochen?“ „Nun, da sie so quicklebendig vor mir stehen, kann ich mal zumindest von der Vortäuschung einer Straftat ausgehen. Und das ist ebenfalls eine Straftat. Sie sind also vorläufig festgenommen. Und jetzt sagen sie mir endlich, was sie hier wollten!“ Kermit wurde ungeduldig. Er machte sich zunehmend Sorgen um Peter und Cat. „Nun“, begann Methos und blickte zwischen der Tür am oberen Ende der Treppe und dem Cop unter sich hin und her. „Ihr Freund Peter wollte mir helfen etwas wiederzufinden, was mit abhanden gekommen ist. Allerdings…“ „Ja?“, knurrte Kermit sofort. Er hatte schließlich gesehen, dass Pierson grade dabei war, die Treppe wieder runter zu steigen. „Allerdings fürchte ich, dass die Sache eine unschöne Wendung genommen hat.“ „Kommen sie auf den Punkt!“ „Ich befürchte, dass Peter und seine Frau dort oben Besuch von jemandem haben, der nicht eingeladen war, falls sie verstehen, was ich meine.“ Kermits Herz setzte für einen Moment aus. „Und was haben sie damit zu tun? Sie kamen doch von da oben.“ „Nein. Ich habe mich auf halber Höhe spontan umentschieden.“ Kermit spürte unbändige Wut in sich aufsteigen. Wenn dieser Kerl sich weiter alle Würmer aus der Nase ziehen ließ, würde er ihm noch zeigen, was er davon hatte. „Weil…?“ „Ich gemerkt habe, dass was nicht stimmt. Wollen sie das jetzt mit mir ausdiskutieren oder ihrem Freund helfen, der vielleicht in Gefahr schwebt?“ In seiner Vorstellung hoffte er, dass der Cop jetzt an ihm vorbei in die Wohnung stürmen und ihm damit die Möglichkeit zur Flucht geben würde. Aber Methos wurde enttäuscht. „Los, vorwärts Pierson.“ Methos sah ihn mit großen Augen an. „Ich werde nämlich das Gefühl nicht los, dass sie der Grund für die Geschichte sind. Also dürfen sie auch dran teilhaben!“ Kermit schob die Waffe voran und signalisierte damit unmissverständlich, dass sein Gegenüber die Treppe hochgehen sollte. Der Unsterbliche ergab sich seinem Schicksal und ging die Treppe rauf. Er drückte auf Kermits Geheiß hin die Klinke und drückte die Haustür auf. Der Flur lag leer vor ihm. Kermit packte ihn von hinten an der Schulter und schob ihn mit der Eagle im Kreuz langsam nach vorne. „Immer herein“, rief eine tiefe Stimme aus dem Wohnzimmer. Kermit kniff argwöhnisch die Augen zusammen, während Methos sich sofort erinnerte, wem dieser Tonfall gehörte. Die beiden gingen weiter vorwärts, bis sie im Türrahmen standen und einen Blick auf die Szenerie werfen konnten. Cat saß nach wie vor auf dem Sofa, aber Peter hatte sich auf den Teppich knien müssen. Die Klinge des Schwertes seines Geiselnehmers lag eng an seinem Hals. „Arkas?“, sagten Methos und Kermit wie aus einem Mund und blickten sich dann für eine Sekunde argwöhnisch an. Peter fiel es sofort wieder ein. Dimitrios Arkas war gebürtiger Grieche und ein bekannter Hehler. Jedenfalls stand es so in der Akte. Von Unsterblichkeit war dort nie etwas zu lesen gewesen. Arkas hatte er sein Revier außerhalb von Chinatown, sodass er in seiner Polizeilaufbahn nie etwas mit ihm zu schaffen hatte. „Hallo mein alter Freund“, begrüßte der glatzköpfige Unsterbliche seinen Gegenüber. „Schön dich zu sehen!“ „Das kann ich nicht grade behaupten“, antwortete Methos wahrheitsgemäß. Die Desert Eagle im Rücken und ein Unsterblicher vor ihm waren nicht grade das, was er als freundschaftlichen Moment bezeichnen würde. Arkas grinste. „Ich habe auf dich gewartet. Ich habe gehofft, dass du kommen würdest.“ „Nehmen sie das Schwert runter!“, rief Kermit dazwischen. Er hatte noch seine Waffe in der Hand, auch wenn er sich aufgrund von Peters Situation nicht sicher war, wie lange noch. Wieder lachte der Mann, den er als Dimitrios Arkas kannte und von dem er nicht einordnen konnte, was er jetzt hier von Adam Pierson wollte. Zumal letztgenannter erst seit kurzem in der Stadt lebte und Arkas sein Imperium schon seit etwa fünfzehn Jahren führte. „Nimm die Waffe runter, Bulle. Oder dein Freund hier ist einen Kopf kürzer!“ Er drückte demonstrativ die Spitze des Schwertes fester in Peters Haut, sodass sich ein kleiner Blutstropfen bildete. Kermit ergab sich und nahm die Eagle runter. *Warum hab ich nicht einfach geschossen?*, schalt er sich jetzt einen Idioten. Aber er wusste eigentlich warum. Wäre Arkos falsch gestürzt, hätte sich das Schwert vollständig in Peters Hals bohren können. Das konnte er nicht riskieren. Widerwillig legte er die Eagle langsam auf den Boden und erhob sich wieder. „Dann hätten wir da ja geklärt“, sagte Methos plötzlich und zog seinerseits das Schwert unter dem Mantel hervor, jetzt, da er keine Waffe mehr im Rücken hatte. „Hier bin ich Arkas, lass die drei gehen. Sie haben keine Ahnung davon!“ „Nein? Ich glaube mal zumindest dein Freund hier weiß Bescheid. Und deshalb werden hier heute zwei Leute den Kopf verlieren!“, prophezeite Arkas und warf einen Seitenblick auf den Shaolin. Cat japste kurz auf und auch Kermit hielt erschrocken den Atem an. „Da rüber!“ Arkas deutete Kermit an, sich neben die junge Frau zu setzen, was dieser bereitwillig tat. Anschließend trat er näher an Methos heran. „Ich habe etwas für dich. Als ich es gestern zufällig in die Finger bekam war ich ganz erstaunt. Ich hatte gedacht, dich hätte schon längst jemand einen Kopf kürzer gemacht!“ „Woher wusstest du, dass es nicht so war? Das Schwert könnte jeder anschließend tragen“, meinte Methos ungerührt. „Nein, mein Freund. In deinem Schwert steckt genau so viel Mythos wie in dir selbst. Wer es dir im Kampf nimmt, der hängt es als Trophäe zu Hause an die Wand, aber er benutzt es nicht. Niemand außer dir kann diesen mächtigen Stahl führen. Niemand führt Methos‘ Schwert außer Methos selbst.“ Der älteste Unsterbliche lachte auf. „Die Legende wird mit jedem Jahrhundert ausgeschmückter“, sagte er abfällig. „Aber ich gebe zu, ich hätte es schon gerne wieder.“ Arkas griff mit der freien Hand unter seinen Mantel, zog das alte mächtige Schwert hervor und warf es Methos zu. „Es wäre kein fairer Kampf, wenn du nicht DEINE Waffe hättest.“ Methos spürte, wie gut es tat, sein Schwert wieder in den Händen zu halten. Plötzlich glaubte er tatsächlich eine Chance gegen seinen Widersacher zu haben.“ „Es ist an der Zeit deinen Kopf für das hinzuhalten, was du damals getan hast, Methos. Aber zunächst…“ Er wandte sich den drei Geiseln zu. „Ich hab was gegen Unterbrechungen. Sie haben doch sicher Handschellen dabei, nicht wahr Detective? Und ein paar Kabelbinder?“ Widerwillig zog Kermit in sehr langsamen Bewegungen beides aus einer Innentasche seines Jacketts. Arkas nickte in Richtung Heizkörper, woraufhin die drei Geiseln sich dorthin bewegten und Kermit sich, Cat und Peter mit dem Fesselmaterial an das Heizungsrohr band. Er hoffte, dass Arkas die Festigkeit nicht überprüfte. „Die Schlüssel!“ Kermit warf sie ihm zu. Arkas trat heran und drückte die Handschellen, die Peter durch das Heizungsrohr Cat verbanden noch ein paar Rasten fester. Ebenso zog er Kermits Kabelbinder an, sodass das Plastik die Haut des Ex-Söldners schnitt. „Können wir endlich?“, fragte Methos genervt. Auch wenn er innerlich lieber weggelaufen wäre, so ließ er sich äußerlich nichts davon anmerken. Er hielt sein Schwert für einen Moment vor sein Gesicht und ging dann in Angriffsposition. Arkas tat es ihm gleich, schwang dann aber sofort das Schwert auf seinen Gegner zu. „Was zur Hölle ist hier los?“, fragte Kermit, damit sich die Aufmerksamkeit der beiden Männer von ihnen abgewandt hatte. Cat unterstützte die Frage mit einem scharfen Blick. Peter seufzte. „Ihr würdet es nicht glauben, wenn ich es euch sagen würde. Ehrlich nicht…“ „Probier es trotzdem!“, zischte seine Frau. Jetzt, da die Bedrohung nicht direkt gegenwärtig war, wurde sie wütend, weil sie nicht wusste, was hier passierte und warum sie an einen Heizkörper gekettet war. „Ich kann es nicht erklären. Ich kann es ja selbst kaum glauben.“ Arkas und Methos waren kämpfend mittlerweile aus dem Wohnzimmer getreten und aus dem Sichtfeld der Geiseln verschwunden. Cat seufzte zornig und auch Kermits giftiger Blick hinter der Brille ließen den Shaolin schließlich klein bei geben. „OK. Hört zu. Ich sage es euch, aber ich habe euch gewarnt.“ „Peter!“, knurrte Kermit, die Grenze seiner Geduld war bereits überschritten. „Warum zur Hölle kämpfen diese Männer hier mit Schwertern?“ „Weil…“ Weiter kam der Shaolin nicht, denn ein bellendes „Hände hoch“ und ein nahezu direkt darauffolgender Schuss hallten durch den Flur und das Klirren der Klingen brach abrupt ab. „Hände hoch!“, wiederholte die Stimme und man hörte deutlich wie das zweite Schwert zu Boden fiel. „Manchmal liebe ich diesen Kerl“, sagte Kermit und grinste sein Wolfsgrinsen. „Aber wir zwei sind noch nicht fertig“, funkelte er Peter hinter der Brille an. Ryan kam um die Ecke und befreite die drei schnell von dem Heizungsrohr. „Was zur Hölle ist denn hier passiert? Und warum…?“, er zeigte auf Methos leblosen Körper hinter sich. Peter seufzte, als drei Augenpaare sich auf ihn richteten und lautlos, aber bestimmt nach einer Erklärung verlangten. Er fuhr sich durch die Haare. „Am besten sage ich einfach gar nichts“, meinte er und schaute Ryan an. „Wo ist Arkas?“ „Der Glatzkopf? Der liegt drüben im Trainingsraum und hängt lustigerweise auch an einer Heizung fest. Und der hier ist diesmal wirklich tot.“ Er zeigte auf Methos. „Sicher?“, kam es aus Peters Mund, ehe er drüber nachgedacht hatte. Ryans blaue Augen funkelten kurz auf. „Wenn ich jemanden erschieße, dann weiß ich, was ich tue, Peter“, flüsterte er gepresst. Der Shaolin fuhr sich erneut durch seine braunen Haare und beschloss dann, die Erklärung einem anderen zu überlassen. „Wisst ihr was: Wenn ich euch erkläre, was hier passiert ist, dann packt ihr mich und weist mich in die Klapse ein.“ „Du wiederholst dich, Honey. Ich würde jetzt schon gern wissen, was los ist, so verrückt es auch klingen mag“, sagte Cat. Ihre Wut war mittlerweile Besorgnis über Peters merkwürdiges Verhalten gewichen. „Ich werde es euch nicht erklären, ich werde es euch zeigen. Sonst… Habt einfach Geduld, OK? Dann seht ihr selbst, was ich meine.“ Peter hoffte, dass seine Freunde Verständnis für sein Vorgehen haben würden. „Ich versteh nur Bahnhof“, meinte Ryan und blickte zwischen den anderen hin und her. „Ich lass unseren Freund da drüben jetzt erst mal wegschaffen und ruf den Leichenbeschauer. Und dann sehen wir weiter.“ „Nein!“, bat Peter sofort, sodass sie ihn wieder alle anstarrten. „Oje. Also: Lass diesen Arkas ruhig abholen, aber Me… ich meine Pierson, warte bitte noch mit dem Leichenwagen, OK?“ Ryan kniff die Augen zusammen und musterte Peter. Entweder er hatte wirklich den Verstand verloren oder aber es war ihm wirklich wichtig. „Von mir aus“, murmelte er nachdenklich und zog dann sein Handy hervor, um über die Zentrale eine Streife zu rufen, die den Festgenommenen einsammelte und aufs Revier brachte. „Peter, was zur Hölle soll das? Worauf sollen wir warten? Dass Pierson hier wie von Zauberhand wiederaufersteht? Sieh ihn dir an, er ist mausetot, verdammt!“ Der Shaolin packte seinen Freund fest an den Schultern in sah ihm in die Augen. „Vertrau mir Kermit. Warte einfach ab. Und hör auf mich zu löchern, OK?!“ „Nein, nicht OK!“, blaffte der Cop sofort zurück, aber Peter hatte ihm seine Aufmerksamkeit schon wieder entzogen. Cat hatte sich aufs Sofa zurückgezogen und starrte nachdenklich und verwirrt vor sich hin. „Ich versteh es nicht, Honey. Diese Männer. Und du benimmst dich so komisch. Ich blick da nicht mehr durch“, flüsterte sie mit Tränen in den Augen. Peter legte den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. „Es wird sich alles aufklären, Liebling. Ich verspreche es dir. Vertrau mir einfach. Ich weiß, das ist viel verlangt. Aber eine halbe Stunde Geduld, und ihr werdet es verstehen. Hoffe ich.“ Cat seufzte schwer und nickte nach ein paar Sekunden schließlich. „Also gut“, sagte sie leise, „aber wehe, da kommt jetzt nichts mehr.“ Währenddessen waren zwei Streifpolizisten in der Wohnung aufgetaucht und nahmen Arkas in Gewahrsam. Bevor er abgeführt wurde fixierte er nochmal die Augen des Shaolin. „Sag ihm: Es ist noch nicht vorbei! Ich werde ihn wieder aufspüren! Und dann wird er seinen Kopf verlieren!“ Peter blickte ihm ungerührt hinterher, als die Cops ihn abführten. „Dem richtet keiner mehr was aus“, murmelte Ryan, als sich genau in dem Moment Methos am Boden regte. Der Unsterbliche riss die Augen auf sog einmal scharf die Luft ein. „Was zur Hölle…“, gab Kermit sofort von sich und machte einen Schritt rückwärts, seine Eagle sofort im Anschlag. „Wie…“, flüsterte auch Cat und Ryan zog wortlos seine Beretta und richtete sie auf den Mann. Peter schritt sofort dazwischen. „Nehmt die Waffen runter!“, blaffte er und half Methos auf die Beine. „Ich hab euch doch gesagt, ihr würdet mir nie glauben.“ „Was ist das für ein kranker Trick?“, frage Ryan argwöhnisch. Er hatte sofort registriert, dass es keine kugelsichere Weste oder ähnliches gab. Ein großer Blutfleck befand sich auf Piersons Pullover, ein Loch darin. Die Haut darunter war rot, aber es konnte keine Wunde ausmachen. „Heben sie ihren Pullover!“, befahl er, die Beretta immer noch in der Hand. „Ryan…“ „Schon gut, Peter. Ich verstehe seine Verwirrung durchaus“, sagte Methos und hob bereitwillig den Bund seines Pullover hoch. Es gab keine Schusswunde zu sehen. Blut war noch überall, aber keine Wunde mehr, aus der es ausgetreten war. „Ich habe euch gesagt, ihr würdet es nicht glauben“, wiederholte sich Peter und blickte kurz um Erlaubnis fragend zu Methos. „Das hier ist Methos, ein… wer hätte gedacht dass ich das mal laut ausspreche: ein Unsterblicher. So, jetzt ist es raus.“ „Unsterblich?“, flüsterten Ryan, Kermit und Cat wie aus einem Mund. „Ganz recht“, antwortete Methos. „Und ich bin nicht der einzige.“ Nachdem sich alle von ihrem ersten Schreck erholt hatten, setzten sie sich zusammen und Methos erklärte den anderen, was er am Abend zuvor Peter bereits erklärt hatte. Er beschrieb auch, wie es zu seinem Leichenfund in der Gasse kam, dass er auf der Suche nach seinem Schwert war und dass er und Arkos vor über eintausend Jahren mal Freunde waren, bis sich der eine den dunklen Mächten und dem sinnlosen Töten verschrieben hatte. Methos hatte ihn damals verlassen und seitdem sann Arkas auf Rache. Als Methos sein Schwert unter seinem Mantel verschwinden ließ und eine Abschiedsformel murmelnd hinaus in die hereingebrochene Nacht trat, waren sich die Freunde noch immer nicht sicher, ob sie träumten oder gar verrückt geworden waren. So viel Unmögliches auf dieser Welt hatten sie schon gesehen, aber ein Turnier von Unsterblichen, das schon seit Jahrtausenden tobte, konnte sich dennoch keiner von ihnen so recht vorstellen. Einzig Peter lächelte wissend in sich hinein. Irgendetwas in ihm hatte schon immer gewusst, dass es Kräfte gab, die größer und mächtiger waren als alles andere. Die irgendwann diese Welt beherrschen würden. Und die, die es unter sich ausmachten, waren die Prinzen des Universums. Er hoffte nur, dass es ein Mann wie Methos sein würde, der zum König gekrönt werden würde. Denn am Ende kann es nur einen geben. *** *** *** *** *** Here we are, born to be kings, Here we belong, fighting to survive And here we are, we're the princes of the universe I am immortal, I have inside me blood of kings. ENDE
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