Autor: TempleGirl

 

Kermit betrat sein Apartment, zog den Mantel aus und streifte die Schuhe ab. Er holte sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und ließ sich damit erschöpft auf die Couch fallen. Der Tag war hart und sehr anstrengend gewesen, jetzt wollte er nur noch abschalten.

Heute hatten sie wieder so einen Sittenstrolch verfolgt, der auf der Straße Frauen belästigt hatte. Jack Anderson hieß dieser Abschaum. Was ging nur in solchen Männern vor? Zu dumm, dass ihnen dieser Kerl entwischt war.

Kermit griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Wahllos zappte er durch die Kanäle. Für einen Krimi hatte er keinen Nerv; tagsüber erlebte er seine eigenen Krimis, da brauchte er das jetzt nicht auch noch. Für die Doku war er zu müde, mitdenken war heute nicht mehr drin. Aber der alte Western auf Kanal 5 war genau das Richtige. Keine komplizierte Handlung, einfach gezeichnete Charaktere, das Gute siegt über das Böse.

Kermit zog sich die Wolldecke bis über die Schultern hoch und machte es sich gemütlich. Auf dem Bildschirm galoppierten Cowboys durch die staubige Prärie und lieferten sich wilde Schießereien. Wohlige Schläfrigkeit überkam Kermit und ehe er sich versah, war er vor dem Fernseher eingeschlafen.

Die Sonne brennt auf die Prärie herab, alles Gras ist verdorrt und der Boden ist staubtrocken. Sand wirbelt bei jedem Schritt unter den Hufen von Kermits Pferd auf. Kermit trägt einen langen, hellen Mantel über seiner staubigen Lederkleidung und hat den Hut tief ins Gesicht gezogen. Seine runden Brillengläser hat er mit Ruß geschwärzt, er mag es nicht, wenn man ihm in die Augen sehen kann. Im Halfter steckt sein Colt griffbereit.

In der kleinen Stadt ist es auffällig ruhig. Ein Wanderbusch rollt über die staubige Straße. Kermits Kehle ist trocken. Er bindet sein Pferd vor dem Saloon an und tritt ein. Seine Gestalt hebt sich in der Tür schwarz gegen das gleißende Sonnenlicht ab.

"Was darf's sein, Fremder?", fragt der Barkeeper.

"Whiskey.", ordert Kermit, lässig gegen den Schanktisch gelehnt.

Er beobachtet die Menschen im Saloon. Die meisten sind Männer, ungewaschen und in staubigen Kleidern. Manche spielen Karten, andere prosten sich zu oder führen derbe Gespräche. Die wenigen Frauen sind allesamt äußerst aufreizend gekleidet und geschminkt und augenscheinlich zur Unterhaltung der Männer anwesend.

Auf einmal betritt eine junge Frau den Saloon. Sie trägt ein hochgeschlossenes sittsames Kleid und ist ungeschminkt. Ihr Blick wandert suchend über die Menschenmenge im Raum. Die Männer pfeifen und rufen ihr schmutzige Angebote zu.
"He, Mary-Sue, wie wär's mit uns beiden?" "Hast du heute Abend schon was vor?" Einer packt das errötende Mädchen am Arm und zieht es auf seinen Schoß.

Mary-Sue versucht, sich zu wehren. "Lassen Sie mich los! Ich suche Doctor Smith.", ruft sie.

"Der Doktor ist doch viel zu alt für dich, Mary-Sue!", witzelt der Kerl.

Das Mädchen versucht, sich aus dem Griff des Mannes zu entwinden, doch er ist stärker und jetzt wird er richtig grob. "Zier dich nicht so, du Flittchen!", fährt er sie an und versucht, sie zu küssen. Mary-Sue fängt an zu schreien.

"Lass sie los!" Kermit ist auf den Haderlump zugetreten.

Der schaut ihn herausfordernd an. "Willst sie wohl für dich haben, Fremder?", meint er grinsend.

"Im Gegensatz zu den Männern in dieser Stadt weiß ich, wie man sich einer Dame gegenüber benimmt.", erwidert Kermit ruhig.

Der Kerl stößt Mary-Sue grob von seinem Schoß herunter, so dass sie in den Staub fällt, springt auf und funkelt Kermit zornig an.

"Niemand sagt Jack Anderson, wie er sich zu benehmen hat!", faucht er.

Kermit hilft Mary-Sue auf die Beine und bietet ihr einen Stuhl an.

"Anscheinend hat er das aber dringend nötig.", gibt Kermit zurück.

Anderson wird fuchsteufelswild und fordert Kermit zum Duell heraus. Jetzt gleich, vor dem Saloon. "Lass uns das wie Männer regeln, du kleine Ratte!" Er spuckt vor Kermit aus.

Kermit und Anderson stehen sich auf der staubigen Straße gegenüber. Die Leute drängen sich am Straßenrand, um ja nichts von dem Schauspiel zu verpassen. Ein Fremder hat es gewagt, Jack Anderson zu beleidigen! Anderson zieht schneller, als jeder andere hier. Keiner hat es bisher gewagt, ihn heraus zu fordern.

Kermit steht breitbeinig da, die Hände dicht an den Hüften. Sein Mantel weht im Wind sacht um seine Beine. Sein Körper wirft einen langen Schatten vor ihn auf die Straße. Kermit blinzelt, die rußgeschwärzte Brille erschwert ihm die Sicht. Er schiebt sie auf die Nasenspitze herunter und fixiert seinen Gegner darüber hinweg.

Die beiden Männer lassen sich nicht aus den Augen. Totenstille herrscht in der Stadt. Kermit sieht, wie Anderson eine Bewegung in Richtung seiner Hüfte macht und zieht. Im selben Moment reißt sich hinter Anderson Kermits Pferd los und veranstaltet dabei einen mächtigen Radau. Anderson wirbelt mit dem Colt in der Hand erschrocken herum, um zu sehen, was los ist, und so trifft ihn Kermits Kugel in den Allerwertesten.

Die Zuschauer brüllen vor Lachen und Anderson humpelt zähneknirschend davon und hält sich den malträtierten Podex. Kermit schiebt mit einem Wolfsgrinsen seine Brille zurecht und steckt den Colt wieder ein. Das hat gesessen!

Kermit geht gemächlich auf sein Pferd zu, das sich schon wieder beruhigt hat. Als er an Mary-Sue vorbei kommt, zieht er formvollendet den Hut. Das Mädchen errötet und sieht dem Cowboy schmachtend nach. Kermit besteigt sein Pferd, gibt ihm die Sporen und reitet hinaus in die Prärie, hinein in den Sonnenuntergang.

Kermit schreckte davon hoch, dass jemand an seine Wohnungstür hämmerte.

"Hey, Kermit, schläfst du schon?", ließ sich Peters gedämpfte Stimme vernehmen.

"Stell dir vor, genau das tue ich.", brummte Kermit ungehalten.

Er griff nach der Bierflasche auf dem Tisch und schlurfte zur Tür, öffnete und ließ Peter eintreten.

"Was gibt's denn? Eigentlich hätte ich für heute den Kanal gestrichen voll.", Kermit unterdrückte ein Gähnen und setzte die Flasche an die Lippen.

"Ich weiß jetzt, wo dieser Jack Anderson wohnt. Wie wär's, wenn wir hinfahren und ihm eine Kugel in den Hintern jagen?"

Peter grinste verschlagen und Kermit verschluckte sich an seinem Bier. Hustend und spuckend presste er hervor: "Sieh zu, dass du Land gewinnst, ehe ich dir eine Kugel in den Hintern jage. Wir sind doch hier nicht im Wilden Westen!"

Ende

 

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