Autor: Turandot
 

*Ich hasse Mathe! Und den blöden alten Perkins auch! So eine Gemeinheit – jeden Nachmittag eine Extrastunde Nachhilfe, nur weil ich die letzten beiden Tests vergeigt habe! Das ist soooo ungerecht! Da habe ich überhaupt keine Zeit mehr für mein Basketballtraining. Ich hasse Mathe! ICH HASSE MATHE!!!*

Peter Caine brauchte all seine Selbstbeherrschung, um trotz seiner rasenden Wut die Klassenzimmertüre leise zu schließen, obwohl er sie am liebsten zugeknallt hätte. Aber diese Blöße wollte er sich nicht geben, oh nein! Sein Lehrer sollte keinesfalls merken, was er ihm gerade angetan hatte. Dass er ihm das einzige genommen hatte, was sein eintöniges Leben im Waisenhaus einigermaßen erträglich machte, seine tägliche Frustbewältigung in der Sporthalle. Nein, man durfte ihm auf keinen Fall ansehen, wie es in ihm aussah.

Draußen im Flur rannte Peter zur Schülertoilette und schloss sich in einer Kabine ein, bis der Lärm der nach draußen eilenden Schüler verhallt war. Er wollte, nein, er konnte jetzt keinen Menschen sehen, und allein der Gedanke, mit einem Haufen kichernder Mädchen oder prahlerischer pubertierender Jungs im Schulbus eingepfercht zu sein, bereitete ihm Übelkeit.

Als nach einiger Zeit Stille im Schulhaus eingekehrt war, kam Peter aus der Toilette, schlich sich aus dem Gebäude, rannte über den Hof und durch das Eingangstor, zurück Richtung Waisenhaus.

Kurz vor der Auffahrt bog er in einen kleinen Weg ein, der zu einem nahegelegenen Wäldchen führte. Wie von selbst trugen ihn seine Füße zu seinem Geheimversteck, einer kleinen Höhle am Waldrand. Er schlüpfte hinein und atmete erleichtert auf. Jetzt war er vor dem Rest der Welt in Sicherheit, keiner konnte ihn hier finden. In "seine" Höhle flüchtete er für gewöhnlich, wenn er die Hänseleien der anderen Kinder, das Geschimpfe der Erzieher im Waisenhaus oder die Ermahnungen seiner Lehrer nicht mehr aushielt. Mit anderen Worten, mindestens einmal pro Woche.

Hier brauchte er nicht zu funktionieren, sondern konnte einfach er selbst sein. In seiner eigenen kleinen Welt machte es überhaupt nichts aus, dass er nicht gut und clever genug war, um in der Welt draußen zu bestehen. Nur hier konnte er seinen Gefühlen freien Lauf lassen, ohne Gefahr zu laufen ausgelacht zu werden; vermochte den Schmerz und die Wut zuzulassen, die seit der Vernichtung des Tempels und dem Tod seines Vaters ständig in ihm schwelten; konnte ganze Nachmittage still daliegen und sich ausmalen wie sein Leben verlaufen würde, wenn es die letzten 2 ½ Jahre nicht gegeben hätte, diese schier endlose Kette aus Heimen und Pflegefamilien, die ihn alle nach kurzer Zeit wieder weiterreichten. Für die er nicht gut genug gewesen war und vermutlich niemals sein würde, ganz egal wie sehr er sich auch anstrengte.

Langsam beruhigte Peter sich und verlor sich in seinen Tagträumen, als er plötzlich Stimmen hörte. Eine helle, weibliche und eine etwas tiefere. Na toll, wahrscheinlich wieder ein Teenager-Pärchen, das im Wald knutschen wollte. Hoffentlich gingen die woanders hin und kamen nicht in seine Nähe, er wollte alleine bleiben. (Was für ein Glück, dass er wenigstens vor Entdeckung sicher war, der Höhleneingang war wirklich gut verborgen.)

Die Stimmen kamen näher, er hörte das Mädchen sagen: "Wo sind denn die seltenen Pflanzen, die du mir hier zeigen willst, Matt?" Das war doch Natalie aus seiner Klasse! Natalie, die seit ein paar Wochen genau wie Peter im Waisenhaus untergebracht war, weil sie niemanden hatte, der sich um sie kümmern konnte solange ihre Mutter im Krankenhaus war. Peter seufzte. Die hatte ihm gerade noch gefehlt! Er mochte sie eigentlich recht gerne (sie war eine der wenigen, die ihn nicht auslachten), aber sie war die Klassenbeste in Mathe, so etwas wie der Liebling des Lehrers, und das erinnerte ihn nur wieder daran, wie schrecklich die nächste Zeit für ihn werden würde - ohne sein Training, dafür aber mit Extra-Mathestunden.

Er wollte sich gerade weiter ins Innere der Höhle zurückziehen, als er den Jungen antworten hörte: "Ähm, also,... eigentlich... sind da gar keine besonderen Pflanzen. Ich wollte nur mit dir alleine sein und dir endlich einmal sagen wie gerne ich dich habe. Wie schön deine Augen leuchten wenn du zu mir rübersiehst und wie dein Gesicht strahlt, wenn du mich anlachst. Ich habe mich sofort in dich verliebt als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Darf ich dich küssen?"

Was für ein Stuss! Peter verdrehte genervt die Augen. Der Stimme nach war das Matt aus der Abschlussklasse. Der war Captain der Football-Schulmannschaft und der Schwarm aller Mädchen, ein arroganter Schnösel, der sich für unwiderstehlich hielt und auf alle herabsah, die nicht so sportlich, reich oder gut aussehend waren wie er.

Na, da stand jetzt wohl ein Schäferstündchen bevor; Peter musste schleunigst zusehen, dass er sich außer Hörweite brachte. Aber was war denn das? Das klang gar nicht nach Liebespaar, Natalie hörte sich ausgesprochen wütend an. "Und um mir so einen Blödsinn zu sagen, hast du mich hierhergelockt? Glaubst du, ich habe nichts Besseres zu tun als mir dein Gesäusel anzuhören? Da hast du dich aber getäuscht, mein Lieber. Ich bin nicht eine von deinen vielen Eroberungen, geh doch mit denen in den Wald, aber lass mich gefälligst in Ruhe, hörst du? Mir reicht's, ich gehe zurück." Sie drehte sich um und marschierte los.

Während Peter in seinem Versteck leise vor sich hinkicherte (Natalie war in seiner Achtung gewaltig gestiegen, weil sie nicht auf diesen Angeber hereingefallen war), schien Matt von diesem Verhalten gar nicht erbaut zu sein. Er rannte ihr nach, packte sie von hinten, drehte sie zu sich herum und herrschte sie an: "Spinnst du? Für wen hältst du dich eigentlich, du blöde Gans? Tu doch nicht so unschuldig! Was meinst du denn, wozu ein Junge mit einem hübschen Mädchen spazieren geht? Ganz bestimmt nicht zum Beerensammeln, sondern zum Knutschen. Glaubst du, du kannst erst ja sagen und mich dann so mir nichts dir nichts stehen lassen? Das kannst du mit mir nicht machen, ich..."

Weiter kam er nicht, denn er wurde von einer energischen Stimme hinter seinem Rücken unterbrochen: "Lass Natalie los und verschwinde, du Mistkerl." Als Matt nicht gleich reagierte, wiederholte Peter ruhig, aber bestimmt: "Lass sie sofort los, oder du wirst mich kennenlernen."

Matt bekam einen fürchterlichen Schreck und ließ Natalie los. Er drehte sich zu Peter um, grinste dann aber hämisch, als er erkannte dass sein Gegner einen Kopf kleiner und einige Jahre jünger war als er. "Pah, Kleiner, geh doch heim zu Mami statt hier große Leute zu belästigen. Ach so, du hast ja keine Mami mehr, du bist eines von den Bälgern aus dem Waisenhaus, nicht wahr? Na so ein Pech für dich, dann hast du jetzt niemanden der dich vor mir beschützen kann." Und schon holte er aus, um Peter einen Faustschlag zu verpassen. Ehe er sich's jedoch versah, hatte der blitzschnell Matts Hand gepackt und zu sich her gezogen, so dass Matt das Gleichgewicht verlor und zu Boden fiel, wo er erst einmal benommen liegen blieb.

Peter rief: "Los, lauf weg, der wird gleich wieder aufstehen" und gab Natalie, die wie gelähmt dastand, einen Schubs.

Gemeinsam rannten die beiden davon so schnell sie konnten. Erst als sie auf dem Gelände des Waisenhauses angekommen und in Sicherheit waren, blieben sie keuchend stehen um zu verschnaufen.

"Vielen Dank, Peter! Wenn du nicht gewesen wärst..." Natalie lief ein Schauder über den Rücken.

"Keine Ursache, das war doch selbstverständlich." Plötzlich musste Peter grinsen. "Da hat doch glatt die Gemeinheit des alten Perkins noch eine gute Seite. Wenn der mich heute nicht zu täglichen Mathe-Sonderschichten bis zu den nächsten Ferien verdonnert hätte, wäre ich gar nicht in den Wald gelaufen um mich dort abzureagieren." Er schüttelte verblüfft den Kopf. "Ich hätte nie gedacht, dass sogar Mathe mal was Gutes hat."

"Du musst Extrastunden schieben? Du Armer!" Mitfühlend legte Natalie ihre Hand auf Peters Arm.

"Ja, und das ausgerechnet bei Perkins! Der hat mich auf dem Kieker, weil ich so schlecht bin", seufzte Peter. Trotzig setzte er hinzu: "Aber der kann mir das Zeug hundertmal erklären, ich werd's trotzdem nicht kapieren. Ich bin einfach zu doof dafür, da nützt alles Nachsitzen nichts."

Natalie blickte ihn unsicher an. "Ich weiß, dass du Mathe nicht magst, aber vielleicht kann ich dir dabei ein bisschen helfen? Ich glaube, ich kann ganz gut erklären, und es ist gar nicht immer so kompliziert wie es bei Perkins klingt. Ich bin sicher, du könntest das, du kommst in den anderen Fächern doch auch ganz gut mit, nur in Mathe hapert's. Ich...ich...würde mich liebend gerne ein bisschen dafür revanchieren, dass du mich vor diesem Idioten gerettet hast."

"Da könnte ich mir aber viel schönere Dinge vorstellen als ausgerechnet Mathe! Brrrr." Jetzt schauderte es Peter. "Aber meinst du wirklich, du könntest mir helfen? Das wäre fast zu schön um wahr zu sein, ich habe schon die Hoffnung aufgegeben, das Zeug jemals zu kapieren."

"Versuchen wir's doch einfach! Warte mal... morgen besuche ich meine Mutter, da bin ich den ganzen Nachmittag weg, aber nach dem Abendessen könnten wir ein bisschen zusammen üben. Wenn Du das aushältst, neben deiner Sonderschicht, können wir das von mir aus liebend gerne jeden Abend machen. Vielleicht besprechen wir einfach die Hausaufgaben zusammen, da merken wir ganz von allein, wo du Nachholbedarf hast, und können daran arbeiten. Ok?"

Peter verzog das Gesicht, willigte aber ein. Dann schaute er Natalie treuherzig an und lächelte schüchtern. "Aber am Wochenende gehen wir dann zusammen in die Eisdiele, ja? Wenn ich schon dreimal täglich Mathe habe und wegen des Nachsitzens auch auf mein Training verzichten muss, dann brauche ich dringend etwas, worauf ich mich freuen kann."

"Abgemacht. Und wenn du fleißig mit mir lernst, lade ich dich zur Belohnung zu einem Rieseneisbecher ein", lachte Natalie und hielt ihm ihre Hand hin.

Peter schlug ein. "Das ist ein Wort. Abgemacht!"

***

In den nächstenTagen hatte Peter wenig zu lachen. In der Schule musste er dem wütenden Matt aus dem Weg gehen, im Waisenhaus bekam er den Zorn seiner Teamkollegen aus der Basketballmannschaft zu spüren. Auch der Trainer hielt ihm eine Standpauke und legte ihm dringend ans Herz, seine Leistungen in Mathematik schleunigst zu verbessern, wenn er nicht ganz aus dem Team fliegen wolle.

Außerdem hatte Peter für seine täglichen Arbeiten viel weniger Zeit als sonst, da er ja spät nach Hause kam und alle seine Hausaufgaben schon vor dem Abendessen fertig haben musste. Denn nach dem Essen wartete Natalie auf ihn mit seiner zweiten Sonderschicht. Das Ende vom Lied war, dass er keinerlei Freizeit mehr hatte; nicht mal zu seiner Höhle konnte er gehen, um zwischendurch "Dampf abzulassen".

Das einzige, was ihm in dieser Zeit half, sein seelisches Gleichgewicht nicht ganz zu verlieren, war seltsamerweise die Arbeit mit Natalie. Nicht dass ihm die verhasste Mathematik plötzlich Spaß gemacht hätte, nein, er fand sie nach wie vor einfach gräßlich. Aber Natalie konnte wirklich sehr gut erklären und schaffte es, die kompliziertesten Sachverhalte so einfach zu beschreiben, dass sogar Peter etwas davon begriff. Sie brachte nach und nach ein wenig Licht in den Dschungel seiner mathematischen Unwissenheit. Und sie hatte geradezu eine Engelsgeduld mit ihm und seinen vielen dummen Fragen.

An den ersten beiden Abenden brauchten sie schier ewig, um Peters Hausaufgaben zu verbessern; danach wurde es langsam besser. Mit den ersten Mini-Erfolgen bekam Peter ein wenig Selbstvertrauen, das mit jeder richtig gelösten Aufgabe weiter wuchs (allerdings mit jeder falschen Lösung auch wieder zu schwinden drohte).

Wie vereinbart, gingen sie am Sonntag in die Eisdiele, was beiden große Freude bereitete. Zur Abwechslung diskutierten sie nicht über Parabeln, quadratische Gleichungen oder übers Wurzelziehen, sondern unterhielten sich über private Dinge.

Sie stellten fest, dass sie vieles gemeinsam hatten. Während sich Peter noch ganz schwach an seine Mutter erinnern konnte, hatte Natalie ihren Vater nie kennengelernt. Er hatte ihre Mutter noch vor Natalies Geburt verlassen, sie war immer mit ihrer Mutter ganz alleine gewesen und hatte ein sehr inniges Verhältnis zu ihr. Ein schrecklicher Autounfall vor einigen Wochen hatte innerhalb von Minuten ihr ganzes Leben völlig verändert. Glücklicherweise war Natalies Mutter außer Lebensgefahr, und voraussichtlich würde sie auch wieder völlig gesund werden, der Heilungsprozess verlief bisher erfolgversprechend. Aber es würde lange dauern, und Natalie konnte rein gar nichts tun, um ihrer Mutter zu helfen. Das war wohl das Schwerste für sie - das Gefühl, von den Ereignissen überrollt worden zu sein und selber nichts dafür tun zu können, dass es wieder besser wurde. Hilflos abwarten zu müssen, bis ihre Mutter wieder gesund war und sie aus dem Waisenhaus holen konnte.

Peter erkannte in Natalies Erzählungen viele Parallelen zu seinem eigenen Leben, und er schaffte es, einige davon in Worte zu fassen. Gewöhnlich sprach er mit niemand über seine Gefühle, die gingen keinen etwas an. Schon gar nicht Außenstehende wie die Lehrer in der Schule. Aber Natalie hatte ähnliches durchgemacht wie er, sie konnte ihn sicher verstehen; ihr gegenüber ließ er die Barrikaden, die er um sich errichtet hatte, gelegentlich etwas fallen. Er bewunderte sie dafür, wie gut sie mit ihrer Lage zurechtkam; der Gedanke an Natalies Optimismus und Frohsinn half ihm, selber nicht mehr so schnell aufzubrausen wie früher.

Und Natalie entdeckte nach und nach einige sehr liebenswerte Seiten an dem sonst so muffligen und abweisenden Peter Caine, der gewöhnlich den Mund in Gegenwart fremder Leute nicht aufbekam. Wenn sie alleine waren, wurde er richtig gesprächig, und Humor hatte er auch. Gelegentlich konnten sie, nach getaner Arbeit, richtig gut miteinander lachen.

Kurz, beide hatten im anderen einen Freund gefunden.

***

Knapp drei Wochen nach seiner ersten Nachhilfestunde trat Peter wieder einmal nach der Mittagspause zu seiner "Extraportion" Mathematik an. Mr. Perkins wartete schon auf ihn und meinte: "Lass deine Schulsachen vorläufig in der Tasche, ich muss etwas mit dir besprechen, Peter."

*Au weia, was habe ich denn jetzt schon wieder angestellt?*, fragte sich Peter verwundert. Er war sich ausnahmsweise keiner Schuld bewusst, und dank der allabendlichen Arbeit mit Natalie hatten sich auch seine Leistungen in Mathematik schon ein wenig verbessert. Da fiel sein Blick auf die Mappe mit dem Test, den sie am Vormittag geschrieben hatten, und ihm wurde abwechselnd heiß und kalt. *Habe ich den womöglich auch wieder versemmelt? Das gibt dann bestimmt weitere Strafen...*

Peter ließ den Kopf hängen. Alles nur das nicht! Er war zwar mit dem Test nicht ganz fertig geworden, hatte aber bei den Aufgaben, die er bearbeiten konnte, ein recht gutes Gefühl gehabt. Wie es aussah, stimmte das wohl nicht. Er war halt doch ein hoffnungsloser Fall. Wieder mal nicht gut genug. Peter Caine, der Versager.

Mr. Perkins hatte Peters Blick auf die Mappe und auch seine Reaktion darauf bemerkt. Er sagte in bedeutungsvollem Ton: "Ja, darüber wollte ich mir dir sprechen. Du hast in der letzten Zeit große Fortschritte gemacht, und deshalb habe ich deine Arbeit als erste korrigiert, denn ich war neugierig und wollte sehen, ob sich das auch im Test bemerkbar macht, wenn du ganz auf dich alleine gestellt bist."

Er legte eine Kunstpause ein, um die Spannung noch ein wenig zu erhöhen. Peter bekam weiche Knie, er hätte sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen. Dann hörte er Mr. Perkins in völlig verändertem Ton weitersprechen: "Schau nicht so niedergeschlagen, du hast überhaupt keinen Grund dazu. Diese Arbeit ist zwei Noten besser als die letzten beiden. Wenn du ganz fertig geworden wärst, hätte ich sie wahrscheinlich sogar um drei Notenstufen besser bewerten können statt nur um zwei. Alle Achtung, ich bin sehr stolz auf dich."

Peter traute seinen Ohren kaum, mit offenem Mund starrte er seinen Lehrer an. Der lachte angesichts Peters ungläubiger Miene und legte ihm anerkennend die Hand auf die Schulter. "Natalie hat mir erzählt, dass ihr abends regelmäßig zusammen lernt. Sie hat sich bereit erklärt, damit bis auf Weiteres fortzufahren, und mich gebeten, dir zum Ausgleich die Extrastunden am Nachmittag zu erlassen, damit du wieder zum Basketballtraining kannst. Ich wollte erst einmal den heutigen Test abwarten, bevor ich hierzu etwas sage. Aber nach diesem ermutigenden Ergebnis denke ich, wir können den Versuch wagen. Wenn du mir versprichst, mit Natalie weiterhin so fleißig zu lernen wie bisher, und wenn deine Leistungen nicht wieder absacken, dann kannst du ab heute wieder nachmittags zum Sport."

"Das.. das.. ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Ich.. Natürlich verspreche ich dass ich weiter lerne! Vielen Dank, Mr. Perkins", stammelte Peter völlig überwältigt.

Sein Lehrer winkte ab. "Bedanke dich nicht bei mir, sondern bei Natalie, die sich so für dich eingesetzt hat und die auch weiterhin ihre Freizeit für dich opfert. Und jetzt schau, dass du zum Basketball kommst, ich habe deinen Trainer vorhin schon angerufen und ihm gesagt, dass du ab heute wieder dabei bist. Der wäre mir beinahe durchs Telefon hindurch um den Hals gefallen, mir scheint du wirst in der Mannschaft schmerzlich vermisst."

Das ließ Peter sich nicht zweimal sagen, er machte dass er hinauskam. Nur weg von hier, bevor sein Lehrer es sich wieder anders überlegen konnte! Wie auf Wolken schwebte Peter in Richtung Schultor, dann lief er so schnell er konnte ins Waisenhaus, zur Sporthalle. In Gedanken überschlug er sein spärliches Taschengeld und überlegte, womit er Natalie wohl eine Freude machen konnte.

Auf dem Weg zur Umkleidekabine hätte er in seiner Hast beinahe einen Fremden umgerannt, der offensichtlich auch in die Turnhalle wollte. Er konnte einen Zusammenprall gerade noch verhindern, stieß atemlos "Tschuldigung" hervor und rannte weiter.

Einen Augenblick später hatte er den Unbekannten schon wieder vergessen. Paul Blaisdell jedoch lächelte ob dieses Eifers in sich hinein und nahm sich vor, diesen Jungen beim Spiel ein wenig genauer zu beobachten. Irgendetwas an diesem schlaksigen Teenager faszinierte ihn. Er konnte nicht recht sagen, was es war, aber der Junge hatte ganz eindeutig etwas Besonderes an sich.

Vielleicht kam er ja zu seinem Vortrag über Polizeiarbeit am nächsten Tag?

Ende

 

zurück zum Autoren Index      zurück zum Story Index