Teil 1
Autor: Ratzenlady
 

Mit einem Grinsen in ihrem abgekämpften Gesicht warf Cat Peter über die Schulter auf die Matte. Der junge Shaolin rollte sich sofort ab und stand blitzschnell wieder vor ihr. Sofort griff er wieder an, wollte an ihre Kehle. Sie drehte sich unter seinen Armen hinweg und packte einen davon, drehte ihn auf den Rücken, stemmte ihr Knie in seine Lenden und zwang ihn zu Boden. Das Erfolgsgefühl allerdings lockerte ihren Griff, woraufhin Peter sie abschüttelte und seinerseits rücklings auf die Matte brachte. Lächelnd lehnte er sich über sie und gab ihr einen Kuss.

"Sehr gut!", betonte er ihre Leistung und half ihr dann auf die Beine. Schwer atmend verbeugte sie sich vor ihrem Freund und wischte sich dann den Schweiß von der Stirn. Das Training fruchtete in immer größer werdenden Schritten, sie wurde immer besser; auch wenn es für Peter noch immer ein Leichtes war, sie abzuschütteln und bewegungsunfähig auf dem Boden festzunageln.

Cats Blick wanderte zur Uhr. "Ich geh duschen und mich fertig machen, ich will ja nicht zu spät zu meinem Vorstellungsgespräch kommen."

Peter nickte und gab ihr einen Klaps auf den Hintern, als sie an ihm vorbei kam, den sie mit gespielter Empörung quittierte.

Der junge Mann ging mit einem Lächeln auf den Lippen zur Balkontür und blickte hinaus. Der Herbst hatte in der letzten Woche Einzug in die Stadt gehalten und in Windeseile die Bäume bunt gefärbt. Der Himmel war grau, bald würde es zu regnen und stürmen anfangen, und er würde bei seinen Patienten mit zunehmenden Herbstdepressionen rechnen können.

Um Cat musste er sich in der Hinsicht keine Sorgen mehr machen, sie war fröhlich und stabil wie nie, die Therapiestunden bei Dr. Messer waren offensichtlich Balsam für ihre geschundene Seele, die in den jungen Jahren schon so viel hatte durchmachen müssen. Auch das letzte Erlebnis, als er in der Bank festsaß, hatte sie erstaunlich gut verarbeitet, und heute, fünf Wochen später, war davon gar nichts mehr zu spüren. Er dachte an ihre Worte im Krankenhaus, nach seinem Zusammenbruch.

'Es wird alles wieder gut! Du wirst wieder gesund, und ich werde endlich die Therapie anfangen. Wir schaffen das!'

Und wie sie es geschafft hatten. Peter selbst hatte viel mit Lo Si geredet, hatte sich seine Gefühle bewusst gemacht und sie mit der Hilfe des Alten annehmen können, Cat hatte ihre Probleme ihrerseits mit der Therapeutin aufgearbeitet. Es war wirklich alles gut geworden, sie hatten es geschafft. Mit einem verspielten Grinsen dachte er an die kleine Schatulle, die er sicher versteckt hatte. Der Inhalt würde ihre Liebe krönen und die Verbindung für die Ewigkeit für alle sichtbar machen.

Cat huschte in ihrem Bademantel durch den Flur und verschwand im Schlafzimmer, Peter wäre ihr am liebsten nachgegangen und hätte sie aufs Bett geworfen, aber zum einen musste sie pünktlich weg, und zum anderen kam in einigen Minuten sein Selbstverteidigungskurs.

Die junge Frau verschwand wieder im Bad, sie trug eine dunkelblaue Jeans und ein schwarzes Longshirt, mit einem dezenten, dunkelgrauen Totenkopf auf der Seite. Ihr schwarzes Haar hing in nassen Strähnen wild über ihren ganzen Kopf verteilt. Peter kam zu ihr, stellte sich in den Türahmen und beobachtete sie beim Schminken.

"Meinst du nicht, du übertreibst es mit deinem Make Up?", fragte der Shaolin mit hochgezogener Braue.

Seine Freundin belächelte ihn belustigt. "Hör mal, Honey. Ich will ja nicht Sekretärin des Bürgermeisters werden, sondern gehe zu einem Gespräch um den Job als Musikjournalistin für ein Rock- und Metalmagazin zu bekommen. Ich bin mir sicher, dass mein Outfit da eher harmlos ist", gab sie ihm verschmitzt zurück und erhöhte noch einmal den Schwarz-Anteil auf ihren Lidern.

Peter musste zugeben, dass es sich hier um Themen handelte, von denen er nichts verstand. Als sie anfing, ihre Mähne zu föhnen, drehte er sich wieder aus der Tür und ging in den Trainingsraum, um alles für die Stunde fertig zu machen. Kurz danach kam sie vorbei, gab ihm einen heißen Kuss und verschwand mit der Handtasche über der Schulter aus der Tür, sein 'Viel Glück' hatte sie nur noch leise gehört.

* * *

Kermit hackte fröhlich auf seine Tastatur ein, das gleichmäßige Klacken erfüllte das komplette Mannschaftsbüro durch die offene Tür. Seine gute Laune hatte ihm schon skeptische Blicke von den zwei Kolleginnen, Blake, T.J. und dem Chief, der heute das Revier leitete, eingebracht.

Kermit war das egal, denn er und Karen hatten am vergangen Abend beschlossen, dass sie sich in Zukunft nur noch eine Wohnung teilen wollten. Auch wenn der ehemalige Söldner die Angst um die Menschen in seinem Umfeld nicht ablegen konnte, hatte sie es doch geschafft, seine Zweifel zu zerstreuen. Schließlich war auch sie in der Lage, sich zu wehren.

Karen war an diesem Tag bei dem neuen Commissioner, Kincaid war vor drei Wochen in den Ruhestand getreten, der seine Linie vorstellte und den Captains die entsprechenden Anweisungen gab. Eigentlich sollte sie gar nicht mehr aufs Revier kommen, man wollte sich heute Abend bei ihm zum Diner treffen.

Entsprechend überrascht war Kermit, als sie plötzlich das Revier betrat. Er sah in ihrem Gesicht, dass sie furchtbar aufgebracht war. "KERMIT!", donnerte sie quer durch den Raum um zitierte ihn so unter den Blicken der Kollegen in ihr Büro. Der ehemalige Söldner folgte und schloss die Tür hinter sich.

Skalany, die den Dienst erst vor drei Tagen wieder angetreten hatte, sah zu Jody hinüber, Blake widmete sich betont uninteressiert seiner Technik und T.J. stieß einen leisen Pfiff aus. Es dauerte nicht lange, und man hörte Kermits Stimme durch die Tür.

"Ausgerechnet dieses Arschloch!", polterte er und sie hörten ihn gegen irgendetwas schlagen. Einige Sekunden herrschte Stille, dass warf er die Tür auf und kam mit schnellen, festen Schritten hinaus, Karen stellte sich in ihren Türrahmen und beobachtete, wie Kermit seine Waffe aus der Schublade nahm und sein Jackett griff.

"Detective", versuchte sie ihn zur Ordnung zu rufen, aber Kermit warf ihr einen feurigen Blick zu. "Die ganze Aktion ist doch pure Publicity! Und dann ausgerechnet dieser Mistkerl", fuhr er sie an.

"Reden sie von mir?"

Kermit drehte sich um, sein Blut begann zu kochen. "Von wem sonst, Haggart?", zischte der ehemalige Söldner den Mann an, der jetzt im Eingang stand. Auch die anderen Cops legten jetzt eine abweisende Haltung an den Tag, schließlich war Detective Haggart der wohl unbeliebteste Beamte der Inneren Abteilung.

Von denen gab es bekanntermaßen zwei Sorten: die einen, welche einfach nur die schwarzen Schafe aus dem Dienst ziehen wollten, und die zweiten, den es eine bösartige Freude bereitete, Macht über die Kollegen auszuüben, egal ob sie schuldig waren oder nicht. Haggart gehörte zu der zweiten Sorte, und er hatte noch eine alte Rechnung mit Kermit offen.

Der Cop trat auf Haggart zu, starrte ihm kurz in die Augen und schob sich dann rüde an ihm vorbei: "Tut mir leid, Detective, aber ich muss weg."

Chief Strenlich, der nur einen Meter vom Captain entfernt stand, hörte sie 'Penner' flüstern, ehe sie sich räusperte und begann, ihre Leute zu unterrichten, was das alles bedeutete; ein jeder hörte den widerwilligen Ton in ihrer Stimme.

"Detectives! Commissioner Newton hat die Captains unterrichtet, dass es Untersuchungen geben wird bezüglich aller Tötungen durch Polizisten seit Jahresbeginn. Damit jeder Zweifel des Amtsmissbrauchs gegen das Department zerstreut werden kann. Dazu wurde jedem Revier ein Detective der Abteilung für innere Angelegenheiten zugeteilt. Detective Haggart wird sich mit unseren Fällen befassen und ermitteln."

Deutlich hörten alle, dass ihr die nächsten Worte vor Ablehnung schwer fielen. "Ich fordere sie auf, ihm ihre Hilfe entgegen zu bringen und seine Ermittlungen nicht zu behindern. Betroffen von diesen Verfahren sind die Detectives Powell, Griffin und Kincaid." Sie nickte ihren Leuten zu biss die Zähen zusammen, ihr war klar, dass Haggart besonders den Fall Gaverton neu aufrollen würde, wenn auch nur, um Kermit (und damit auch ihr, Peter und Cat) eins reinzuwürgen.

Sie drehte sich zum Chief und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Übernehmen sie weiter, ich mach Feierabend", sagte sie mit geraffter Stirn und sorgenvollem Blick. Da kam einiges auf sie alle zu, und es ärgerte sie maßlos, dass sie nichts dagegen tun konnte.

* * *

Kermit war auf dem Weg zu Peter, um ihn vorzuwarnen. Er wollte nicht, dass Haggart plötzlich bei ihm vor der Tür stand und im schlimmsten Falle Cat allein antreffen würde. Die junge Frau hatte zwar inzwischen eine starke Ausstrahlung und schien gefestigt, aber er konnte nicht abschätzen, wie sehr sie das zurückwerfen würde. Vor allem weil der Detective nicht grade sanft in seinem Vorgehen war.

Jody rief ihn über Funk, ehe er den Loft erreicht hatte. "Was ist?", bellte er. "Ich brauch dich bei einem Tatort, Partner. Ich fürchte, wir haben einen Serienkiller, Skalany ist auch schon auf dem Weg."

Der Ex-Söldner knurrte kurz in das Wageninnere, dann betätigte er das Funkgerät: "Also gut. Wo?"

Seine Kollegin gab ihm die Adresse durch und er wendete die Corvair quietschend auf der Straße, um zum Tatort zu fahren. Unterwegs wählte er Peters Handynummer, erreichte aber nur die Mailbox und bat um Rückruf; so schnell wie möglich.

***

Als Kermit seinen Wagen hinter Jodys zum Stehen brachte, machte sich ein ungutes Gefühl in seiner Magengegend breit. Serienkiller waren meistens verdammt kranke Typen, und was sie anrichteten, war in der Regel wenig appetitanregend.

Der Cop stieg aus und ging auf Jody zu, die neben einem anderen Detective stand. In der Zufahrt sah er Skalanys Auto kommen. Kermit gab dem fremden Polizisten die Hand und ließ ihn sich von seiner Kollegin vorstellen.

"Detective Griffin, das ist Detective Hart vom siebenundzwanzigsten Revier. In ihrem Bezirk gab es schon zwei identische Fälle und sie haben uns aufgrund des drittens, hier in Chinatown gelegenen um Unterstützung gebeten."

Kermit nickte ihm zu. "Na dann, wollen wir uns die Sache mal ansehen", sagte der ehemalige Söldner und ging auf das Portal des früheren Firmengebäudes zu.

"Detective Griffin", sagte Hart, während er mit Jody und jetzt auch Skalany hinterher kam, "ich warne sie vor. Es ist abartig!"

Kermit drehte sich kurz um und sah den Cop an, sein Blick war ernst, es musste wohl wirklich schlimm sein. Aber er zuckte die Schultern: "Ich werd's schon aushalten." Sein Ton klang gleichgültig.

Er trat durch die Tür und einen schmalen Gang. Tief in seinem Unterbewusstschein schrie etwas auf, aber er hörte es nicht. Dann öffnete er die nächste Eisentür und blieb geschockt stehen. Er riss sich selbst die Brille von der Nase, in der Hoffnung, dass es nur eine Täuschung gewesen war.

"Ich hab's ihnen doch gesagt", sagte Hart hinter ihm, aber Kermit überhörte den Kommentar, er war plötzlich gefangen in seiner schrecklichsten Erinnerung. "Das kann nicht sein!", sagte er tonlos, dann fand die Kraft den Weg zurück in seine Stimme: "Das KANN nicht sein!"

Als Kermit zwei ungläubige Schritte vorwärts machte, traten auch die anderen ein, Jody hielt sich die Hand vor den Mund, um den Brechreiz zu unterdrücken, Skalany murmelte etwas Fassungsloses. Dann aber wandte sie sich ihrem Kollegen zu, der die Szenerie mit großen Augen ansah.

"Kermit?", fragte sie vorsichtig, während sie seine Reaktion genau beobachtete.

"Das ist unmöglich", murmelte dieser entsetzt, ehe er die Augen für einen Moment schloss und sie rieb. Aber die Bilder veränderten sich nicht dadurch, er bildete es sich nicht ein.

"Kermit?", wiederholte Skalany, diesmal sahen auch die beiden anderen Cops mit gerunzelter Stirn zu ihm rüber, als er sich umdrehte.

"Hol mir Peter her! Egal wie!"

"Was ist denn…"

"SOFORT!"

Skalany hob die Hände und verließ den Tatort wieder, um draußen besseren Empfang für ihr Handy zu haben, die Reaktion des Kollegen ließ sie wilde Theorien in ihrem Geist entwickeln. Aber auch bei ihr ging nur die Mailbox ran, die sie besprach. Auf dem Festnetz blieb ihr auch nur die Möglichkeit, auf dem Anrufbeantworter etwas zu hinterlassen.

Kermit kam jetzt auch aus der Tür, atmete tief durch und zog dann sein Telefon aus der Tasche.

"Er geht nicht ran", erklärte sie ihm.

"Dann probier's weiter, verdammt!", brüllte er wütend und wandte sich dann ab.

Zwar fühlte sie sich durch sein Verhalten verletzt, aber ihr Verstand sagte ihr, dass jetzt absolut der falsche Zeitpunkt war, um eine Grundsatzdiskussion mit ihm darüber anzufangen, wie sie von ihm behandelt werde wollte.

Der Polizist suchte aus seinem Geldbeutel eine Visitenkarte heraus und wählte schnell die Nummer. Aufmerksam hörte Mary-Margaret zu, was er sagte.

"Kermit Griffin" (…) "Keine Höflichkeiten, Agent. Was ist mit der Akte passiert?" (…) "Ja verdammt, genau die Akte!" (…) "Haben sie sie in den Computer gegeben?" (…) "Und die Merkmale?" (…) "Das ist unmöglich!" (…) "Weil ich hier einen verdammten Serienkiller habe, der genauso vorgeht!" (…) "Ja! GENAUSO!" (…) "Sind sie sicher?" (…) "Danke."

Kermit klappte sein Handy gewaltsam zusammen und rieb sich die Augen. Es war wie ein böser Traum, und in diesem Moment wollte er nichts anderes, als aufwachen und feststellen, dass nichts davon real gewesenen war.

In Skalany keimte langsam, was das alles zu bedeuten hatte. Das Gespräch, offensichtlich mit einem Agent vom FBI, hatte ihr genug Grundlage für Spekulationen geliefert. Und wenn ihre Idee richtig war, dann hatte sie das wahre Ausmaß der Qual nicht einmal geahnt. Sie schüttelte den Gedanken für einen Moment ab und wählte wieder Peters Nummer, als genau der ihr die Hand auf die Schulter legte. Mit großen Augen sah sie ihn an.

"Wie… nein, ich will es gar nicht wissen. Kermit sucht dich", sagte sie und ihr Blick verriet dem Shaolin, dass es etwas verdammt Ernstes war. Er hatte bisher nur etwas gespürt, ohne Zuordnung. Es war einfach ein Drang gewesen, wie ein Seil, das ihn an diesen Ort gezogen hatte. Jetzt ging er auf den Freund zu.

"Kermit? Was ist…"

Der Freund schnitt ihm das Wort mit einem Blick auf den Horror in dessen Augen ab. Der Cop packte den Priester am Oberarm und zog ihn ins Innere des Gebäudes.

Als Peter den großen Raum betrat, setzte sein Herz für einen Moment aus. All der Schmerz kam wieder hoch, die unglaubliche Qual, die er hatte erleiden müssen, die Schmach, dass er den Wunsch gehabt hatte, zu sterben. Er hatte tatsächlich von seinem Freund verlangt, das Kommando zu geben.

Peter drehte sich ab und stützte sich an die Wand, scharf beobachtet von Jody und Detective Hart, die bei einem der Opfer standen und die Verletzungen begutachteten. Skalany tauchte in der Tür auf und schlich sich zu ihrer Kollegin.

"Weißt du, was hier los ist?", fragte die blonde Polizistin leise.

Skalany musste zunächst schlucken, ehe sie aussprechen konnte, was sie dachte. "Nach allem, was ich bisher gehört und gesehen habe, glaube ich, dass", sie schluckte noch einmal, "das hier ein Abbild dessen ist, was Kermit, Peter, Castor und dem Captain passiert ist."

Jody riss die Augen auf, Hart blickte von einer der Frauen zur anderen. Dann besahen sie sich mit ganz neuer Sichtweise den Tatort. Eine junge Frau hing in einem kreisrunden Gestell, die Fuß- und Handgelenke am Rahmen befestigt. Ihre Leiche war von unzähligen Stich-, Schlag- und Schnittverletzungen gezeichnet. Vor ihren Füßen stand ein Topf mit Salz, blutig eingefärbt. Die tödliche Verletzung war ein Schnitt durch die Kehle gewesen.

Ihr gegenüber befand sich ein männliches Opfer, das in Stacheldraht hing, sein ganzer Körper war durch die Kleidung zerschnitten, überall hatten sich die kleinen Klingen hineingebohrt, der schleichende Blutverlust hatte schließlich zum Tod geführt. Überhaupt war alles voller Blut, es mussten mehrere Liter sein, die langsam und brutal aus den beiden Menschen herausgepresst worden waren.

Während die beiden Frauen jetzt entsetzt von einer Leiche zur anderen blickten, zwischendrin Peter und Kermit beobachteten, die sich verzweifelt und hektisch unterhielten (Kermit rieb sich ständig die Augen, Peter fuhr sich durch die Haare), schaltete sich Detective Hart ein.

"Nach unseren bisherigen Vermutungen handelt es sich um sowohl psychische wie physische Folter. Die letzten Opfer standen sich jeweils nahe. Vermutlich wird der eine, der in diesem… Ding hängt, so lange gefoltert, bis der andere im Stacheldraht ein Todesurteil ausspricht."

Jody und Mary-Margaret sahen ihn mit großen Augen an, dann schlossen sie beide ihre Lider und erinnerten sich an die Tage damals. Peters Verletzungen; sowohl der Captain als auch Castor hatten Verbände an den Handgelenken und Kermit auf der Brust. Letzteres wussten sie aber auch nur, weil er auf dem Revier zusammengezuckt war, als der Chief ihm eine Akte vor die Brust gehauen hatte, mehr aus Versehen.

"Oh mein Gott", flüsterte Jody leise, eine Träne rollte ihre Wange hinab, und stützte sich auf Skalanys Schulter ab, um nicht umzukippen. Beiden war nun klar, was damals passiert war, und dass Kermit derjenige war, den man in den Stacheldraht gesteckt hatte, derjenige, von dem verlangt worden war, seine Freunde in den Tod zu schicken.

"Würden sie mich mal unterrichten, was genau hier eigentlich los ist?", fragte Detective Hart, nachdem die beiden Frauen ihn nicht beachteten. Sie sahen ihn mit großen Augen an, aber keine fühlte sich in der Lage, etwas zu sagen. Stattdessen schüttelte Skalany nur den Kopf und blickte dann, noch immer geschockt, zu den zwei Freunden.

***

Wieder fuhr er sich durch die Haare. Der Blick des Shaolin wanderte rastlos, er konnte nur kurze Blicke auf die Szenerie werfen, dann musste er sich wieder wegdrehen, der Schmerz saß einfach zu tief. Es waren Bilder und Gefühle, die er sein Leben nicht mehr loswerden würde.

"Was hat das zu bedeuten, Peter?", fragte Kermit, ebenfalls außer sich. Sein Herz fühlte sich an, hätte jemand seine kalte Hand darum gelegt und würde zudrücken. Das Gefühl, für alles verantwortlich und daran Schuld zu sein, schlich sich wieder in sein Bewusstsein und machte ihm dem Holzhammer klar, was für ein unfähiger Versager er doch war.

"Ich weiß es nicht, aber…", er hielt sich die Hand vor die Augen, "aber ich muss hier raus. Sofort!"

Der junge Mann ging mit schnellen, aber unsicher wirkenden Schritten aus der Halle und sog die frische Luft tief ein, sein Herz schlug bis zum Hals. Kermit war ihm gefolgt, einen Moment stand jeder allein mit seinen Gedanken da, eingehüllt in Schmerz.

Die drei Detectives kamen jetzt auch wieder heraus, als die Pathologen sich den Weg ins Innere bahnten. Kermit sprach Hart an: "Wer hat sie gefunden?"

Der Detective zuckte nur die Schultern. "Es waren anonyme Anrufe, jedes Mal. Ich gehe davon aus, dass es ein Psychopath war, der auf seine Arbeit stolz ist, und uns deshalb mitteilt, wo wir sie finden, er…"

"Bullshit!", fuhr Kermit dazwischen und tauschte einen Blick mit Peter, "das ist eine Nachricht. Eine Nachricht für uns. Das Vorgehen ist abgekupfert, der Killer will uns eine Botschaft schicken damit, mehr nicht!" Wieder rieb er sich die Augen.

Hart sah die beiden Männer mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Und würden sie mir auch erklären, wie sie da rein passen?", fragte er mit polizeilichem Tonfall.

Peter und Kermit fuhren gleichzeitig zu ihm herum: "Nein!"

Dann sahen sie sich an, als wäre es Gedankenübertragung legte sich plötzlich neuer Schrecken in ihre Gesichter und sie griffen nach ihren Mobiltelefonen. Die Geräte an den Ohren entfernten sie sich einige Schritte voneinander und warteten auf das erlösende Klicken in der Leitung. Es kam bei beiden.

"Cat?"
"Karen?"
"Bist du dran? Süße?"
"Karen!"

Sie brauchten ein paar Sekunden, bis sie geschockt feststellten, dass sie die Stimme des jeweils anderen aus dem Telefon hörten. Die Handys ihrer Freundinnen wurden offensichtlich gegeneinander gehalten. Während Kermit einen gellenden Schrei der Wut und Verzweiflung aus seiner Kehle dringen ließ, legte Peter den Kopf mit geschlossenen Lidern in den Nacken und ließ pures Entsetzen durch seinen Körper fließen.

* * *

Das Erste, was sie spürte war Angst. Langsam lichtete sich der Nebel um ihren Geist und sie versuchte, die Augen zu öffnen, aber es war stockdunkel. In Gedanken ging sie durch, an was sie sich zuletzt erinnerte.

Sie hatte das Büro des Verlages verlassen und war unterwegs zum Wagen, als sie plötzlich einen Schlag in den Rücken erhalten hatte. Sie war gestürzt, und ehe sie hatte reagieren können, vernahm sie den süßlichen Geruch, der aus dem Tuch vor ihrem Mund strömte. Mit letzter Kraft hatte sie versucht, die Hand wegzuziehen, aber dann war es schwarz geworden.

Sie blinzelte mehrmals, aber es wurde nicht heller. Sie wollte schreien, aber der Knebel in ihrem Mund ließ nur einen kehligen Laut heraus. Sie spürte die Fesseln an ihren Handgelenken, in denen ihr vollständiges Körpergewicht hing. Dann kam die Panik, sie riss sie mit wie eine riesige Flutwelle auf einem sonst ruhigen Fluss, packte ihren Körper und schleuderte ihn den Wasserfall hinunter.

***

Karen Simms ging es nicht anders, als sie aufwachte. Jemand hatte ihr in ihrem Wagen aufgelauert, hatte sie mit Äther betäubt. Sie versuchte, ruhig zu bleiben, die Situation zu analysieren. Aber ihre Ruhe hielt nicht lange. Sie spürte, wie sie gefesselt war, erkannte ihre Lage.

*Oh nein*, hallte ihre eigene Stimme durch ihren Kopf. Die Erinnerung kam hoch, die Bilder ihrer Gedächtnisses, wie sie hatte zusehen müssen, als Peter Caine gefoltert wurde, als Kermit verzweifelt versucht hatte, irgendetwas zu tun und hilflos hatte alles mit ansehen müssen. Castor, die verzweifelt geschrieen und geweint hatte, heute noch zur Therapie deshalb ging. Dann hörte sie deren Versuch, um Hilfe zu rufen, das Keuchen im Knebel.

Ihre eigene Verzweiflung, die ihre Brust empor stieg und sich nicht verdrängen ließ, die begann an ihr mit kleinen spitzen Zähnen zu nagen, wurde von dem Wimmern Castors untermalt. Auch wenn sie nichts sehen konnte, entstand in ihrem Kopf ein Bild; ein Bild das an Grausamkeit nicht zu überbieten war und sich wahrscheinlich nie wieder verdrängen lassen würde.

 

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