Teil 1
Autor: Ratzenlady
 

Peter stellte sich in die offene Badezimmertür und blickte demonstrativ auf die Uhr, Cat stand vorm Spiegel und tuschte sich die Wimpern, im Hintergrund lief leise ihre Musik.

"Du musst bald los", sagte Peter.

"Ich weiß, ich bin ja auch gleich fertig", gab sie zurück, ohne ihr Tun zu unterbrechen.

"Bist du sicher, dass ich dich nicht fahren soll? Und auch nicht abholen?"

Cat musste lächeln, seine Sorge war wirklich süß. "Ich bitte dich, Honey. Wenn ich jetzt hinlaufe ist es noch hell und die Straßen belebt. Und von Dr. Messer zum Delancys sind es nur ein paar Schritte."

"Trotzdem…", warf der Shaolin besorgt ein, aber seine Freundin kam jetzt auf ihn zu, schlang ihre Arme und seine Taille und flüsterte mit dem Ansatz eines Kusses: "Außerdem kann ich mich wehren, schließlich hatte ich den besten Lehrer der Welt." Kurz bevor ihre Lippen Peters erreichten, vollführte sie eine der Übungen und befand sich sofort über dem Shaolin, der laut auflachte.

"OK ok, du hast gewonnen."

Cat half ihm wieder auf die Beine und suchte dann nach ihrer Handtasche. Das Telefon läutete plötzlich, aber die junge Frau erschrak nicht. Nicht mehr. "Troy?", meldete sie sich.

Nach einigen freundlichen Worten reichte sie den Apparat an Peter weiter, um ihre Suche weiter zu verfolgen. Wo hatte sie das Ding nur gestern hingeworfen?

Kurz danach kam Peter zu ihr und stellte das Telefon in seine Station zurück. Belustigt beobachtete er, wie seine Freundin verzweifelt nach ihrer Handtasche suchte.

"Das war Mary-Margaret. Ihr Wagen springt nicht an, ich hole sie ab. Ich kann dich also doch fahren, liegt ja auf dem Weg."

"Wenn ich meine Tasche nicht bald finde, musst du mich ohnehin fahren, weil ich es dann nämlich wirklich nicht mehr pünktlich schaffe!", sagte sie genervt. Sie schob sich an Peter vorbei und ging in die Küche, wo ihre Handtasche auf dem Tresen lag. Sie blickte hinein und stellte zufrieden fest, dass sie alles hatte.

"Na dann los!", schmunzelte der Shaolin und ging mit Castor die Treppe runter zum Wagen. Unmittelbar danach waren sie auf dem Weg zu Cats Therapeutin und dann zu Skalany.

"Und ihr seid dann schon im Delancys, wenn ich fertig bin?", fragte Cat noch mal nach dem geplanten Ablauf.

"Ich denke schon. So lange werden wir uns nicht auf dem Revier aufhalten, also mach dir keine Gedanken." Er fuhr in eine Parklücke vor dem großen Arztpraxen- und Bürohaus.

"Alles klar, bis nachher!", sagte sie und gab ihm noch einen Kuss, ehe sie ausstieg und in dem großen Portal verschwand. Peter sah ihr eine Sekunde nach, er war unglaublich glücklich, dass sie beide sich wieder gefangen hatten. Und seit seine Süße die Therapie angefangen hatte, wurde sie auch wieder lebhafter und fröhlicher. Sie wurde langsam wieder zu Castor Troy (Cassandra Torres) aus Diffon, so wie Peter sie kennen gelernt hatte.

Und er wurde wieder zu Peter Caine, wie er früher war, wie er immer sein wollte. Peter Caine der Shaolin-Priester, der dennoch Peter Caine geblieben ist.

***

"Danke, dass du mich abgeholt hast, Partner!", sagte Skalany und schaute zu Peter rüber, der den Wagen vom Bürgersteig wieder in den fließenden Verkehr einsteuerte, "ich weiß wirklich nicht, was mit meinem Wagen los ist. Das ist schon das dritte Mal, dass er grundlos nicht anspringt."

Peter grinste nur und schob sich durch den dichter werdenden Berufsverkehr. Sie waren auf dem Weg zu Kermits Überraschungs-Geburtstagsparty auf dem Revier, die sich dann anschließend ins Delancys verlegen sollte.

"Wo ist Castor?", fragte sie, weil ihr die Abwesenheit von Peters besserer Hälfte sofort auffiel.

Peters Gesichtssaudruck veränderte sich ein wenig, mit betont gleichgültiger Stimme sagte er: "Sie hatte noch einen Termin."

"Bei ihrer Therapeutin?", hakte der Cop nach, Cat hatte ihr vor ein paar Wochen in einem Nebensatz erzählt, dass sie eine Therapie begonnen hatte. Aber sofort, nachdem ihr das rausgerutscht war, hatte sie sich schamhaft abgewandt und ein anderes Gespräch gesucht. Noch immer schwiegen sich Skalanys Freunde darüber aus, was vor einem guten halben Jahr passiert war.

"Hmmhh", gab Peter zurück und seine Mimik verriet deutlich, dass er nicht weiter drüber reden würde.

Die Polizistin verkniff sich jede weitere Frage und schwieg einen Moment. Zum Zeitvertreib holte sie ihren Geldbeutel aus ihrer Handtasche und blickte hinein. Schlagartig fiel ihr ein, dass sie ihr ganzes Bargeld ja gestern beim Tanken ausgegeben hatte.

"Können wir noch mal an der Bank halten, ich hab gar kein Geld einstecken", sagte sie leicht verlegen.

Peter stimmte kurz zu und hielt zwei Minuten später vor einer großen Filiale von Skalanys Bank. Er stellte den Kombi direkt vor den Eingang, stieg aus und hielt seiner früheren Kollegin die Tür auf.

"Wow, Castor scheint dich gut erzogen zu haben", griente sie und zwang Peter ein Lachen ab.

"Hey, das war ich schon vorher!", widersprach er und dachte einen kurzen Moment an seine zwei Väter, denen er das zu verdanken hatte. "Und weil das so ist, begleite ich dich jetzt auch rein, was soll ich allein im Wagen warten. Und wer weiß, vielleicht wird die Bank ja überfallen, während du drin bist", lachte er.

Sie hob die Augenbrauen und sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. "Du kommst auf Ideen", murmelte sie mit einem Lächeln und betrat dann die große Schalterhalle.

Sie stellten sich in die Reihe und unterhielten sich über die Party, zu der sie wollten. Was Kermit wohl für ein Gesicht machen würde? Bisher hatten alle so getan, als hätten sie seinen Geburtstag vergessen. Allerdings taten sie das immer, von da her wusste er vermutlich längst, was passieren würde und wollte sich wahrscheinlich schnellstmöglich aus dem Staub machen.

***

Kermit saß hinter seiner verschlossenen Bürotür und hackte auf seine Tastatur ein. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er in einer halben Stunde am liebsten überall, nur nicht hier sein würde. Er hasste diese Geburtstagsüberraschungsfeiern, die keine Überraschung waren; und ganz besonders wenig leiden konnte er sie, wenn es sein Geburtstag war.

Er sah sie vor sich, wie sie einen Kuchen bereitmachten und schnitten, den sie ihm gleich unter die Nase halten wollten. Jody, der Chief, T.J., Blake. Vermutlich auch Skalany, die heute frei hatte, und Peter mit Cat.

"Was soll's", grummelte er resigniert eine Weile später und schob seine Brille auf der Nase zurecht, ehe den PC herunter fuhr, seine Waffe wieder in sein Holster steckte und nach seinem Jackett griff. Die Hand auf dem Türgriff knurrte er: "Auf in den Kampf."

***

Peters Nackenhaare stellten sich auf. Als er herumfuhr, sah er eine halbe Armee, die mit Skimasken und automatischen Gewehren in die Bank stürmte. Schnell fasste er Skalanys Handgelenk, damit sie nicht nach ihrer Waffe greifen konnte, was absoluter Selbstmord gewesen wäre.

In militärischer Art und Weise stellten sie sich auf, ihre Schuhe donnerten im Gleichschritt über den Marmor. Einer der Wachmänner zog seine Pistole und wurde dafür erschossen. Die Menschen in der Bank kreischten wild durcheinander, die Bankangestellten hoben automatisch die Hände.

Es waren acht Männer, die sich schnell an vorher festgelegte Positionen begaben und sich dort mit der Waffe am Anschlag hinstellten. Einer von ihnen stellte sich in die Mitte des Raumes, ein weiterer, der Peter auffiel, rannte mit einem Scharfschützengewehr die Treppe in den ersten Stock hoch, dort konnte Peter ihn nicht mehr sehen.

Zwei andere sprangen mit Taschen bewaffnet über den Tresen und verschwanden mit dem offensichtlichen Filialleiter hinter einer Tür, die zum Tresor führte. Peter sah Skalany an, die wie er die Situation begutachtete. Als sich ihre Blicke trafen war klar, dass sie sich einig darin waren, dass hier Profis am Werk waren, und dass sie vorsichtig sein mussten.

"Ladies and Gentleman", begann der vermutliche Anführer zu reden. Laut hallte seine Stimme durch den Raum. "Mein Name ist Mr. White, und ich werde für die nächsten Stunden ihr bester Freund, oder ihr ärgster Feind sein, das hängt ganz von ihnen ab."

"Wir überfallen diese Bank. Dabei ist es für uns grundsätzlich nicht nötig, irgendjemanden zu verletzen. Die Polizei wird mit uns verhandeln, und nach dem wir unseren Forderungen Nachdruck verliehen haben, werden sie uns ziehen lassen."

Peter und Skalany wechselten einen Blick, sie wussten, was mit Nachdruck gemeint war.

"Mein Freund, Mr. Brown", er zeigte nach oben auf die Galerie, wo der Mann mit dem Scharfschützengewehr stand und winkte, ehe er wieder verschwand, "wird für die entsprechende Überzeugungskraft sorgen." Er drehte sich im Kreis und sah die verängstigten Menschen an.

"Weil sie aber unbeteiligt sind, werden wie ihnen nichts tun, sofern sie mit uns zusammenarbeiten. Sollte die Polizei unsere Forderungen nicht sofort erfüllen, und das tun sie nie, wird Mr. Brown einen von ihnen erschießen."

Skalany drückte Peters Hand, auch der Shaolin machte sich jetzt wesentlich größere Sorgen. Sie waren in Chinatown, und das hieß, dass auch das 101. Revier betroffen sein würde.

"Wir werden uns also an die wenden, die dafür verantwortlich sind. Sie sind hier drin also sicherer als draußen, solange sie nicht versuchen, ein Held oder eine Heldin zu sein. Und jetzt möchte ich von ihnen, dass sie sich auf den Boden setzen, mit dem Rücken an den Tresen. Auch die Angestellten bitte, kommen sie vor die Schalter."

Erstaunlich ruhig folgten die Geiseln den Anweisungen und ließen sich nieder, auch Peter und Skalany ließen sich auf den Boden sinken. Bloß nicht auffallen, hieß die Devise. Die vier verbliebenen Männer, neben dem Anführer, positionierten sich jetzt in gleichmäßigen Abständen vor der Reihe von Menschen, in etwa acht Metern Entfernung.

Peter konnte in der Ferne die Sirenen der Polizeifahrzeuge hören, die herangerast kamen. Der Boss sah auf seine Uhr.

"Schneller als erwartet. Sie dürfen sich übrigens leise unterhalten, wenn sie das beruhigt. Allerdings sollten sie keine Pläne schmieden. Die Herrschaften Orange, Grey, Red und Black hier haben ausdrücklichen Befehl, jeden Möchtegernhelden zu erschießen. Und jetzt möchte ich sie bitten, ihre Mobiltelefone an Mr. Orange abzugeben. Er wird sie sicher verwahren."

Der Tonfall war außerordentlich ruhig, der Bankräuber war ein eiskalter, abgebrühter Profi. Sein Komplize ging jetzt mit einer kleinen Tüte umher und alle, auch Peter und Mary-Margaret, warfen ohne Widerspruch ihre Handys hinein.

"Kannst du irgendwas machen?", flüsterte Skalany leise.

Peter beugte sich ganz nah an ihr Ohr. "Die fünf hier wären kein Problem. Aber die anderen drei, ich kann sie nicht sehen und somit nicht fixieren."

Die Polizistin nickte. Sie mussten also vorerst Ruhe bewahren und Geduld beweisen.

*

Es war, wie Kermit es erwartet hatte. T.J. und Blake hielten einen Kuchen, der Chief, Karen und Jody standen dahinter und stimmten 'Happy Birthday' an. Der Cop verdrehte hinter seiner Brille die Augen und machte gute Miene zum bösen Spiel, indem er versuchte, ein freudiges Lächeln in sein Gesicht zu zaubern.

Sie hatten ihr Ständchen noch nicht beendet, als Broderick die Gesellschaft störte und rief: "Geiselnahme in der Sloanville Estate Bank, Filiale Chinatown!"

Sofort streuten sich die Polizisten, nahmen ihre Waffen aus ihren Schubladen und rannten zu den Fahrzeugen. Sie mussten vor den SWAT-Teams da sein, um die Kontrolle zu behalten.

Karen Simms fuhr mit Kermit in der Corvair. Unter lautem Sirenengeheul preschte der Cop durch die Schneise, die ihm die vorderen Fahrzeuge frei machten und kam vor der Bank zum Stehen. Es war noch kein Einatzkommando in Sicht, nur zwei Streifenwagen standen da und sperrten die Straße. Von allen Seiten kam jetzt Unterstützung.

"Gibt es schon irgendwelche Forderungen?", fragte Karen schnell, bekam aber eine negative Antwort. Routiniert gab sie Anweisungen, sich entsprechend zu positionieren und die Fläche abzudecken, um einen möglichst guten Überblick über die Situation zu bekommen. Plötzlich packte Kermit ihren Arm und zeigte auf den Wagen vor der Bank.

"Das ist Cat und Peters!", sagte er entsetzt und schlug mit der flachen Hand auf das Wagendach eines Streifenwagens. Die anderen starrten erst zu ihm, folgten seinem Blick und erschraken ihrerseits.

"Also müssen wir davon ausgehen, dass die beiden da drin sind", sagte Karen besorgt, die anderen waren näher gekommen und hörten zu. Erstarrt hielt sich Jody die Hand vor die Brust. Der Captain und ihr Geliebter wechselten einen Blick.

"Cat dreht durch da drin!", sagte Kermit und ballte seine Hände zu Fäusten.

Karen nickte wissend. "Sie hatte sich grade erholt", murmelte sie leise.

*

Mit einem Lächeln verabschiedete sich Cat von Dr. Messer und trat aus ihrem Büro. Die Therapie tat ihr gut, kontrolliert arbeitete sie ihre Erinnerungen auf und die Therapeutin, eine Frau Mitte dreißig, konnte sehr einfühlsam auf ihre Probleme eingehen.

Die junge Frau trat in den Fahrstuhl, fuhr ins Erdgeschoss und freute sich auf die Party im Delancys, wo die anderen bestimmt schon auf sie warteten. Als sie jedoch aus dem Portal trat sah sie ein Meer von Blaulicht hundert Meter die Straße runter. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit und sie rannte zum Absperrband, wo sich langsam aber sicher eine Menschenmenge bildete.

Forsch drückte sie sich durch die Traube, bis sie direkt am Band stand und ihre Freunde sehen konnte. Dann entdeckte sie zu ihrem Entsetzen ihren Kombi vor der Bank. Sie bückte sich unter dem Band durch und wollte zu Kermit laufen, aber ein uniformierter Polizist hielt sie fest.

"Sie dürfen hier nicht rein, Miss!"

"Kermit! Captain Simms!", brüllte sie und hoffte, von den Cops gehört zu werden. "KERMIT!"

Er drehte den Kopf und kam dann sofort angespurtet. "Lassen sie sie los", fuhr er den Polizisten an und schloss Cat kurz in die Arme. "Wir dachten, du wärst auch da drin."

"Was ist denn passiert? Wo ist Peter? Ich hab den Wagen gesehen…"

"Schhhh, ruhig, Kleines. Die Bank wurde überfallen. Ich hab nichts von Peter gehört, aber…" er zeigte auf den Wagen, sie nickte. Dann fiel ihr etwas ein.

"Mary-Margaret! Peter wollte sie abholen!"

Ängstlich blickte sie Kermit in die Augen. Er nahm sie an der Hand und rannte mit ihr zu Karen und den anderen.

"Skalany ist da drin, zusammen mit Peter, wie es aussieht", gab er kurz Meldung.

"Verdammte Scheiße", flüsterte der Chief, während Karen kurz die Hand vor ihre Augen hielt.

"Die dürfen auf keinen Fall erfahren, dass sie ein Cop ist. Das wäre…" In dem Moment klingelte das Telefon, das man für die Verhandlungen mit den Geiselnehmern angeschlossen hatte.

*

Mr. White wandte sich an eine junge Frau, die vor ihm auf der Erde saß. Sein Tonfall war freundlich und höflich, dennoch zitterte die Dame. "Ma'am, sie arbeiten hier, nicht wahr? Wären sie so freundlich, mir das Telefon zu holen? Unsere Freunde dort draußen werden sicher bald anrufen. Und falls nicht, werde ich sie anrufen."

Die junge Frau erhob sich langsam, ergriff allerdings nicht die Hand die Geiselnehmers, die er ihr angeboten hatte. Mit wackeligen Schritten ging sie hinter den Tresen und nahm von einem der Schreibtische das schnurlose Telefon. Mr. Orange verfolgte sie mit seinem Gewehrlauf. Sie brachte es dem Anführer und setzte sich wieder, Peter glaubte ihr Herz bis zu sich wild pochen hören zu können.

"Vielen Dank!"

Gespannt hielt Mr. White das Telefon in der Hand und wartete, dass es klingelte. Als nichts geschah, wählte er nach endlos wirkenden zwei Minuten selbst den Notruf und ließ sich mit dem Kommando verbinden. Aufmerksam beobachteten Peter und seine gute Freundin, wie er telefonierte.

"Guten Tag, Captain. Es ist mir eine Freude, mit einer Frau verhandeln zu dürfen."

Skalany schaute zu Peter rüber, der seinen Blick aber angestrengt geradeaus richtete, seine Backenknochen traten vor Anspannung hervor. Schnell begriff die Polizistin, dass ein Blickkontakt sie verraten konnte, deshalb sah der Shaolin sie nicht an. Er wusste auch so, was sie dachte. Karen Simms stand draußen und telefonierte mit dem Geiselnehmer, und das hieß, dass sie vermutlich im Visier des Heckenschützens war. Auch die anderen Freunde konnten nicht weit sein.

"Unsere Forderungen sind einfach, Captain. Wir möchten vier baugleiche Transporter, mit identischen Nummernschildern. Keine Wanzen, keine Sender. Dann wird niemandem etwas passieren."

(…)

"Ein Wachmann ist tot. Den restlichen Geiseln geht es gut. Sie haben eine Stunde."

(…)

"Oh doch, ich weiß, dass das möglich ist. Halten sie mich nicht zum Narren, Captain Simms! Sollten die Transporter nicht zu meiner Zufriedenheit in einer Stunde an Ort und Stelle sein, wird es Verletzte oder sogar Tote geben."

Mr. White legte auf und griff nach seinem Walkie Talkie. "Mr. Blue, wie weit sind sie?" Es rauschte und knackte, dann kam die Antwort: "Die erste Tür ist überbrückt. Wir brauchen noch etwa eine halbe Stunde."

"Er hat es ihr nicht gesagt", flüsterte Peter Skalany zu.

Sie sah ihn mit gekrauster Stirn an, offensichtlich war es ihr nicht aufgefallen.

"Der Scharfschütze. Er hat ihr nicht gesagt, dass die Cops das Ziel sind!"

Sie bekam große Augen, all ihre Freunde standen da draußen. Den beiden Geiseln war klar, dass die Polizei ihnen nicht einfach freies Geleit geben konnte. Wenn also kein Wunder passierte, würden Schüsse fallen. Sie schloss die Augen und lehnte sich verzweifelt an Peters Schulter.

Der junge Shaolin schloss ebenfalls die Lider und versuchte sich zu konzentrieren. Vielleicht gelang es ihm, eine Verbindung nach draußen aufzubauen, Kermit eine Nachricht zu schicken. Aber die Fokussierung seiner Gedanken blieb in einer Wand aus Angst und Panik hängen, die sich im Inneren der Bank gebildet hatte. Die Emotionen der Geiseln blockten seinen Fluss nach draußen.

Er sah auf die Uhr und zuckte geschockt zusammen. Cats Therapie war seit zehn Minuten vorbei, und ihre Ärztin befand sich nur einen Block weiter. Sie hatte garantiert mitbekommen, was passierte und wenn es schlecht lief, dann stand sie innerhalb der Absperrung bei den Cops, und somit im Schussfeld. Und sein Magen versicherte ihm, dass es genau so war.

"Was?", fragte Mary-Margaret besorgt.

Peter versuchte seine Sorge unter Kontrolle zu bekommen. "Cat ist da draußen", flüsterte er. Er hatte keinen Zweifel mehr daran.

*

Der Captain knallte den Hörer auf. Das Gespräch war auf laut gestellt gewesen, und während Cat nervös ihre Hände knetete meldete sich Jody als erste zu Wort: "Das sind Profis. Die wissen genau, was sie tun."

"Sie wussten, dass wir ohnehin eingreifen würden, dass jemand den Alarm betätigen würde. Sie haben ihren Plan auf uns abgestimmt", ergänzte Kermit. Er erkannte einen professionellen Verbrecher, wenn er einen sah (oder hörte), da hatten seine Söldnertage ihn geschult.

Karen nickte. "Trotzdem weiß ich nicht, was wir jetzt tun sollen. Wir können unmöglich stürmen, aber wir können auch nicht einfach die Forderungen erfüllen."

"Du hast ihn gehört, verdammt!", donnerte Kermit sie an, lauter als beabsichtigt, "der Kerl weiß wie wir vorgehen. Wenn wir einen Trick versuchen, sterben Menschen!"

Cat zuckte neben ihm zusammen und schlug die Hände vors Gesicht. Das brachte den ehemaligen Söldner sofort zurück.

"Entschuldige", sagte er zu Karen und nahm dann Peters Freundin in den Arm. "Es tut mir leid, Cat. Es wird alles wieder gut." Auch wenn er sich da nicht halb so sicher war. Es war noch nicht so lange her, da hatte er das gleiche zu ihr gesagt. Da hatte er Recht behalten. Er konnte nur beten, dass es diesmal genauso sein würde.

"Unser aller Nerven liegen blank. Schon gut. Blake, kümmern sie sich um die Transporter. Und wenn der Commissioner und der Bürgermeister mir den Kopf abreißen", sagte Karen bestimmt und sofort eilte der Polizist los.

Unterdessen kam T.J. mit einem älteren Herrn im Anzug zu ihr. "Captain, das ist Lionel Biggs, er ist der Präsident der Bank."

Karen Simms schüttelte ihm die Hand, der Mann trug Blaupausen unter dem Arm.

"Das hier sind die Pläne der Bank, ich hoffe das hilft ihnen."

Kermit nahm sie ihm ab und rollte sie auf der Motorhaube eines Streifenwagens aus, um sie zu studieren und eine Schwachstelle zu finden. Castor stand daneben und beobachtete sein Tun. Sie versuchte mit Atemübungen, halbwegs die Ruhe zu bewahren.

"Danke, Mr. Biggs. Haben sie eine Erklärung dafür, warum genau heute diese Filiale überfallen wurde? Wir haben Grund zur Annahme, dass es sich um Profis handelt."

Der Mann nickte. "Heute Mittag wurden die Einlagen aller Filialen hier zusammengezogen, um sie morgen zur Zentralbank zu transportieren. Es befinden sich aktuell etwa fünfundvierzig Millionen im hinteren Tresor. Aber das ist streng geheim. Nicht einmal der Filialleiter wusste genau, was passierte."

"Danke Mr. Biggs", verabschiedete sie ihn und beugte sich auch über die Pläne.

Kermit schüttelte wütend den Kopf. "Das Ding ist so sicher wie Fort Knox!" Er nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. Dann sah er auf die Uhr. "Noch vierzig Minuten."

*

Die Lage unter den Geiseln beruhigte sich allmählich. Offensichtlich merkten sie langsam, dass niemand etwas von ihnen wollte, die Gespräche nahmen zu, wenn auch leise und vorsichtig. Peter versuchte ein weiteres Mal, Kontakt nach draußen zu bekommen, aber wieder scheiterte er an der verbliebenen Angst der Menschen.

Die Gangster standen auf ihren Plätzen und beobachteten die Geiseln aufmerksam, keiner von ihnen sagte einen Ton. Mr. White saß auf einem Stuhl blickte immer wieder auf die Uhr. Peter hatte schon den einen oder anderen Überfall erlebt, meistens liefen sie aufgrund der Unfähigkeit der Verbrecher aus dem Ruder. Weil sie sich aufführten oder sich die Zeit damit vertrieben, die Geiseln zu schikanieren und somit Möglichkeit für einen Überraschungsmoment boten. Diese hier taten das (>leider<) nicht.

Skalany drehte sich zu ihm: "Wir können doch nicht einfach hier sitzen und nichts tun!"

Peter wusste, wie sich fühlte, es erging ihm nicht anders, aber aktuell war tatsächlich das Beste, was sie tun konnten. Er wusste, dass es seine Freundin nervös machte, die Waffe im Holster zu spüren, und dennoch nichts unternehmen zu können.

"Bleib ruhig, Mary-Margaret", bat er sie eindringlich. Sie hatten noch eine halbe Stunde. Aber ein weiterer Versuch, Kermit oder Cat zu erreichen, schlug wieder fehl.

"Was machen die da draußen jetzt?", fragte Skalany plötzlich, als hätte sie alles vergessen, was sie auf der Polizeischule über Geiselnahmen gelernt hatte.

Peter dachte an seine eigenen Erfahrungen. "Wenn wir Glück haben, erfüllen sie einfach die Forderungen, vermutlich wäre das sogar das Beste und es würde wirklich keinem was passieren. Aber ich denke eher, dass sie irgendwas versuchen werden. Und dann brennt hier die Luft."

Skalany nickte, so in der Art hatte sie sich das auch gedacht. Sie lehnte den Kopf zurück an den Tresen und schloss die Augen. Peter drückte noch einmal ihre Hand und versuchte sich wieder zu konzentrieren, um eine Lösung zu finden; zumindest einen Ansatz.

Das Klingeln des Telefons riss ihn aus den Gedanken, die leider ergebnislos geblieben waren. Der Anführer ging nach den dritten Klingeln ran, Peters Blick zuckte zur Wanduhr, noch zwölf Minuten.

"Captain?"

(…)

"Nein."

(…)

"Sie sollten ihre Zeit nicht mit Reden verschwenden!"

(…)

"Sie haben noch zehn Minuten. Auf Wiederhören."

Peter und Skalany war sofort klar, dass Karen Simms versucht hatte einen Zeitaufschub zu bekommen, leider erfolglos. Mr. White griff wieder zu seinem Walkie Talkie, als es angefunkt wurde.

"Mr White. Green hier, das Geld ist verpackt."

"Sehr gut, haltet euch bereit." Er hielt kurz inne und nahm dann wieder das Funkgerät in die Hand.

"Mr. Brown?"

"Hier."

"Sind sie bereit?"

"Absolut. Ziel erfasst und schussbereit."

White nickte, dann sah er auf die Uhr. "Feuer in vier Minuten. Auf mein Kommando."

"Roger, Mr. White. Feuer in vier Minuten, auf ihren Befehl."

Er steckte das Walkie Talkie in seine Jacke und starrte auf die Uhr. Peter folgte dem Sekundenzeiger, er konnte noch keine Transporter hören. Es wurde eng. Auch die Panik innerhalb der Bank wurde wieder größer, Peter spürte sie auf sich einprasseln, dazu kam seine eigene Hilflosigkeit. Er beugte sich zu Mary-Margaret.

"Was auch immer passiert; du musst ruhig bleiben, hast du mich verstanden?", sprach er auf sie ein.

"Ich versuch's", sagte sie fahrig.

Peter erhöhte den Druck auf ihre Hand: "Du MUSST! Wenn die was merken…" Er beendete den Satz nicht, musste er auch nicht.

Als der Zeiger noch eine Minute anzeigte, legten sie ihre Köpfe zurück und schlossen die Augen. Es war zu spät.


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