"Der Detective wird sich um Sie kümmern", sagte Chief Strenlich und führte eine Frau mittleren Alters zu seinem Schreibtisch. Peter hatte eigentlich grade Feierabend machen wollen, er war seit mittlerweile dreizehn Stunden im Dienst, aber ein Blick in die Augen seines Vorgesetzten verriet ihm, dass er sein wohlverdientes Arbeitsende wohl noch etwas verschieben musste. In der Stadt war Volksfest, da häuften sich die Verbrechen und alle Kollegen schoben Überstunden, um der Arbeit hinterher zu kommen. Peter stand auf und bot der Dame einen Stuhl und einen Kaffee an, letzteres lehnte sie allerdings ab. "Verzeihen sie, wie unhöflich von mir, ich bin Detective Peter Caine, was kann ich für sie tun, Mrs ...?" Die Frau starrte ihn einen Moment an. "Ist ihnen nicht gut, Ma'am?" fragte Peter unvermittelt. "Oh, nein, alles in Ordnung. Rose Pierson", sagte sie, noch immer ein wenig verwirrt. "Ist wirklich alles in Ordnung?", fragte Peter noch einmal. Sie schien irgendwie nicht ganz bei sich zu sein. "Nein, nein, wirklich. Ich dachte nur einen Moment an jemanden, den ich vor langer Zeit mal kannte. Er hieß auch Caine." Peter dachte sofort an seinen Vater, es gab so viele Menschen, die ihn kannten, da würde ihn ein weiterer nicht wundern. "Und das merkwürdige daran ist, dass dieser Caine einen Sohn namens Peter hatte, allerdings ist er bei einem Feuer ums Leben gekommen. Also vergessen sie einfach die Verwirrtheit einer älteren Dame, Detective!" Peters Herz setzte einen Moment aus. Jetzt bestand kein Zweifel, die Frau meinte seinen Vater, und sie mussten sich aus der Zeit kennen, nachdem der Tempel zerstört worden war. Eine Zeit, von der Peter nur sehr wenig wusste, was sein Vater alles getan hatte und wo er gewesen war. "Wissen sie, Mrs. Pierson, ich habe schon öfter von Namensvettern gehört, die man mit mir in Verbindung bringen wollte, allerdings kannte ich bisher keinen davon; vielleicht möchten sie mir etwas von ihrem Caine erzählen? Vielleicht gibt es ja einen gemeinsamen Ahnen oder so was ähnliches." Peter versuchte, seine Worte so ruhig wie möglich zu sprechen, aber die Neugier und die Erregung, etwas mehr über die Vergangenheit seines Vaters zu erfahren, waren zu groß. Er konnte nicht genau sagen, warum er der Dame nicht die Wahrheit erzählte, es schien eine Art Instinkt zu sein, er hatte die Worte gesprochen, ohne genau darüber nachzudenken. Irgendwie schien es besser zu sein. "Caine war ein großartiger Mann. Er ist halber Chinese und lebte in einem Tempel. Der ist aber zerstört worden und sein Sohn ist dabei ums Leben gekommen. Seine Frau war schon Jahre zuvor gestorben. Wirklich eine tragische Geschichte. Er kam zu mir auf den Hof und bat um eine kleine Anstellung. Also hat er mir am Haus und an der Scheune geholfen, hat getan, was gemacht werden musste und dafür stellte ich ihm Essen und einen Schlafplatz. So lebte er fast zwei Jahre bei mir. Näher gekommen sind wir uns auch, wenn er auch erst zum Schluss." Peter hörte aufmerksam zu, die Frau aber senkte jetzt den Kopf, ehe sie weiter sprach: "Naja, und dann war er von einem auf den anderen Tag fort. Ich hatte ihm nicht mal sagen können, dass ich schwanger war." Peter verschluckte sich bei diesen Worten. Hustend wand er sich auf seinem Stuhl, bis er wieder zu Luft kam. Die Frau erkannte nicht, dass ihr da etwas rausgerutscht war. "Ist ihnen nicht gut, Detective?" fragte sie führsorglich. Peter schüttelte nur den Kopf. Fragen über Fragen rauschten durch seinen
Kopf, langsam stieg Wut in ihm auf, aber er wollte erst noch mehr erfahren,
ehe er diesem Zorn seinen Ausbruch geben wollte. Besonders wichtig war,
wann diese Liaison stattgefunden hatte. "Oh, er, Patrick, ist jetzt vierzehn. Ein wirklich schwieriges Alter, wissen sie, die Pubertät und so." Vierzehn. Das hieße, dass Caine sie vor fünfzehn Jahren geschwängert haben musste. Peters Magen zog sich bei dem Gedanken zusammen. Seit drei Jahren waren sie jetzt wieder zusammen. Das hieße, dass er sie direkt nach dem Tempelbrand kennengelernt haben musste, und zwei Jahre später geschwängert. Peter spürte, wie sein Kopf rot anlief und Wut in ihm aufkochte. In diesem Moment hasste er seinen Vater abgrundtief, fühlte sich und seine Mutter verraten. Er erhob sich von seinem Stuhl. "Ähm, Detective?" fragte die Mutter seines Halbbruders. Peter sah sich im Revier um und dann wieder zu der Frau. "Entschuldigen Sie Ma'am, meine Kollegin wird sich um ihren Fall kümmern, ich muss schnell weg, habe noch einen dringenden Termin", sagte Peter, verwies sie an Mary-Margaret und stürmte aus dem Gebäude. Selbst dass der Chief hinter ihm herbrüllte hatte er nicht mehr gehört. Er lief die halbe Nacht im Park umher, setzte sich auf die Parkbänke, erhob sich dann aber wieder rastlos. In seinem Kopf schwirrten die wildesten Gedanken umher, und er konnte sie nicht ordnen. Vor allem aber kochte Wut in ihm. Wie konnte sein Vater das nur tun? Wie konnte er einfach woanders hingehen und eine neue Beziehung beginnen, nachdem der Tempel abgebrannt und sein Sohn tot war? Peter verstand das nicht. Er war so zornig, dass er herumliegenden Müll durch die Gegend trat und immer wieder hörbar fluchte. Gerade als seine Wut wieder richtig aufkochte, als er sich an die Worte dieser Frau erinnerte, stand sein Vater plötzlich vor ihm. Er war einfach aus der Dunkelheit aufgetaucht, ohne sich vorher bemerkbar zu machen; so wie immer. Aber in diesem Moment machte es Peter noch wütender. Er verspürte den Wunsch, seinen Vater zu schlagen. Er wusste nicht, wo dieses Verlangen herkam, aber am liebsten hätte er einfach wortlos zugeschlagen, so viel Zorn brodelte in ihm. "Du bist aufgewühlt, mein Sohn", stellte Caine hellseherisch fest. Peter funkelte ihn böse an, sagte aber nichts. Er wusste, er würde laut werden und völlig die Fassung verlieren, wenn er jetzt ansetzte. "Was bedrückt dich so sehr? Möchtest du es mir nicht anvertrauen?" Peter umrundete seinen Vater jetzt, mit finsterem Blick ließ er ihn nicht aus dem Augen und schritt langsam immer wieder um ihn herum, wie ein Tiger um seine Beute. Er versuchte, sich zu fangen, seinem Vater alles zu sagen, was er aktuell empfand, um dann zu sehen, wie er sich verteidigte. Aber die Wutz und der Zorn wurden nur größer, jetzt, da sein Vater vor ihm stand. "Ich habe gespürt, dass dich etwas bedrückt. Ich möchte dir helfen." Peter blieb stehen, jetzt platzte ihm der Kragen. "Hast du auch gespürt, was mich bedrückt? Nein? Na so was, der allwissende Caine konnte meine Gedanken nicht lesen!" keifte Peter zynisch. "Wut und Zorn versperren mir den Weg zu deinen Gefühlen", erklärte Caine, als hätte Peter seine Frage ernst gemeint. "Das ist auch besser so, glaube mir! Du möchtest gar nicht lesen, was in mir vor geht. Du verdammter...", Peter stockte, er suchte nach einem passenden Wort, um seinen Vater, wie er ihn jetzt sah, zu beschreiben. "Habe ich dir Schaden zugefügt?" fragte Caine ernst, und auch etwas verwirrt über Peters Andeutungen. "Mir, meiner Mutter, ... du erinnerst dich doch noch an sie, oder? Die Frau, der du ewige Liebe geschworen hast!" Peter lachte boshaft, er war jetzt richtig in Fahrt. "Ich verstehe nicht..." setzte Caine an, aber Peter fuhr ihm in die Parade. "Nein, natürlich nicht. Was ist auch verwerflich daran, kaum dass die Glut des Tempels erloschen ist, sich eine neue Frau zu suchen und einen neuen Sohn zu zeugen! Offensichtlich waren Mutter und ich ja austauschbar!" Peter wollte jetzt weglaufen, seine Gefühle übermannten ihn, er war kurz davor in Zornes- und Trauertränen auszubrechen. "Peter, wovon...?" "Rose Pierson!" brüllte Peter, der jetzt völlig seine Fassung verlor. Caine nickte langsam, jetzt verstand er den Zorn seines Sohnes, zumindest zu einem Teil. Aber eine Frage blieb. "Einen neuen Sohn zeugen?" fragte Caine. "Ja! Du hast noch einen Sohn, zarte vierzehn Jahre alt. Sein Name ist Patrick oder so ähnlich." Peter schnaufte wütend. Sein Zorn war noch immer nicht abgekühlt. "Vielleicht solltest du in Zukunft ihn zum Wahnsinn treiben", setzte Peter nach und wollte weggehen, aber sein Vater hielt ihn am Arm. "Bitte Peter, lass mich erklären", sagte er versöhnlich. Aber Peter entzog sich der körperlichen Berührung und sagte nur "es gibt nichts zu erklären", ehe er in der Dunkelheit verschwand. ***** Peter machte sich auf den Rückweg ins Revier. Er wusste, dass er sich eine Standpauke anhören dürfte, weil er seine Kollegen einfach mit der vielen Arbeit allein gelassen hatte. Wäre er allerdings im Revier geblieben, hätte weiter in die Augen der Frau geblickt, die seiner Meinung nach seine Mutter für seinen Vater ersetzt hatte, wäre er durchgedreht. Noch als er die Stufen in das große Backsteingebäude empor stieg, fühlte er den Schmerz mit scharfen Zähnen an seinem Herzen nagen. Seargent Broderick sah im entgeistert nach, als
er am Tresen vorbei trat, und auch im Revier waren für einen kurzen
Moment alle Augen auf ihn gerichtet, bevor sich die Kollegen, sichtlich
ärgerlich, wieder ihrer Arbeit zuwandten, von der sie mehr als genug
hatten. Jeden Moment wartete er auf den wütenden Ruf von Captain Simms, aber er blieb aus. Selbst sie schaute nur erbost und verständnislos, als sie ihn sah. Peter begann wieder, seinen Job zu machen, wenn auch nur mäßig konzentriert. Erst als die Sonne langsam aufging und die Zahl der hilfesuchenden Menschen abnahm, sprach ihn Skalany an. "Kannst du mir mal sagen, was du dir dabei gedacht hast? Wir ersticken hier in Arbeit und du haust einfach ab!" Peter fuhr sich erneut durch die Haare. "Es tut mir leid, Mary-Margaret, aber ich konnte nicht anders", erklärte er matt. "Wegen dieser Dame, der die Handtasche geklaut wurde?" fragte sie ungläubig. "Ja, das heißt nicht direkt, sondern... ach, es dauert zu lange, dir das jetzt zu erklären!" winkte er ab. "Aber du bist eine Erklärung schuldig, und zwar nicht nur mir!" fauchte sie und wandte sich wieder ab. "Na super", murmelte er vor sich hin, als Captain Simms aus ihrem Büro trat und sie alle in den Feierabend schickte, weil die Ablösung nun da sei. Peter aber rief sie in ihr Büro. Aber statt der erwarteten Standpauke fragte sie ihn ganz versöhnlich, wie es ihm ginge. "Ich mache mir Sorgen um sie Detective!" sagte sie noch. "Sie sollten Urlaub nehmen. Ein paar Tage, damit sie wieder fit werden." Peter sah sie erstaunt an. Er war aber zu müde, um das Angebot zu hinterfragen und nahm es dankbar an. ***** Zu Hause fiel er auf sein Sofa, konnte aber nicht lange sitzen bleiben und ging dann lautlos auf und ab. Er wusste nicht, wie er mit der Situation fertig werden sollte und überlegte, ein paar Tage wegzufahren, um Abstand zu gewinnen und niemanden sehen zu müssen. Allerdings wurde ihm schnell klar, dass die Idee völlig sinnlos war. Der, den er nicht sehen wollte, sein Vater, würde ihn überall finden und überraschend neben ihm stehen, ohne dazu eingeladen worden zu sein. Da könnte er genauso gut in seiner Wohnung bleiben. Aber dennoch trieb ihn etwas dazu, wegzufahren. Vielleicht in Pauls Hütte. Oder einfach irgendwo in ein Hotel, eine Pension oder ein Motel. Er war unendlich dankbar, dass der Captain so viel Verständnis gezeigt hatte, obwohl sie nicht wusste, was ihren Detective so fertig gemacht hatte. Die anderen würden zwar etwas sauer sein, aber das war aktuell nicht das Problem. Das würde sich wieder einrenken, da war er sich sicher, aber zunächst musste er einen Weg finden, wie er mit der ganzen Sache umgehen wollte. Er wollte weglaufen, dasselbe Gefühl wie damals im Waisenhaus machte sich in ihm breit. Er wäre am liebsten gerannt, tagelang, um seinen Dämonen zu entfliehen. Obwohl er damals wie heute genau wusste, dass er nicht davonrennen konnte. Er hatte damals den Schmerz nicht abwimmeln können, und auch vor seinem Vater konnte man sich nicht verstecken. Egal wo Peter hingehen würde, sein Vater könnte jederzeit neben ihm stehen, plötzlich auftauchen, völlig lautlos. Und er hasste es. Heute hasste er alles, was mit seinem Vater zu tun hatte. Noch nie hatte er so viel Abneigung einem Menschen gegenüber empfunden, und jetzt ausgerechnet gegen seinen Vater. Er konnte nicht sagen, ob er ihn jemals wiedersehen wollte. Mit der Tatsache, dass er seine Freunde für ein paar Stunden im Stich gelassen hatte, konnte er leben, das konnte er wieder ausbügeln, aber er konnte sich keinen Weg vorstellen, wie sein Vater das glätten wollte. Peter war die ganze Zeit in seinem Appartement hin und her gelaufen. Jetzt schlug er wütend eine Kaffeetasse vom Küchentresen, die noch vom gestrigen Morgen dort stand. Mit einem lauten Knall schlug sie gegen die Fliesen hinter der Kochstelle und zersprang. Das Geräusch war noch nicht ganz verhallt, als die Türglocke läutete. Ein wütendes Knurren entfloh Peters Kehle, als er sich zur Wohnungstür in Bewegung setzte. Wer auch immer es war, er wollte ihm abwimmeln und wieder für sich sein, der Besuch sah das allerdings anders. Kaum hatte Peter den Knopf gedreht wurde ihm die Tür entgegengeschleudert und ein angesäuerter Mann mit grüner Sonnenbrille rauschte an ihm vorbei in seine Wohnung. "Kannst du mir mal erklären, was das soll? Du kannst das Revier nicht so einfach allein lassen! Verdammt, wir haben uns alles ausgerissen, um mit der Arbeit durch zu kommen, und du machst einen Nachtspaziergang!" Kermit sah ihn sauer an und tippte mit der Fußspitze auf den Teppich, so wie eine Mutter, deren Kinder zu lange aus gewesen waren. "Kermit, nicht jetzt", sagte Peter matt. "Doch, genau jetzt!" Peter spürte neuen Zorn in sich. Was ging es seinen Kollegen eigentlich an, warum er das Revier verlassen hatte? Sein Blick schien seine Gedanken zu verraten, denn Kermit trat jetzt auf ihn zu und packte ihn an den Schultern. Dann zog er die Brille ab und sah ihm besorgt in die Augen. "Was ist los Partner? Hier stimmt doch etwas nicht." Peter schüttelte den Kopf. "Das hat nichts mit Dir oder den anderen zu tun; ist 'ne Privatsache", versuchte er seinen Kollegen abzuschütteln, der gab sich aber nicht geschlagen. "Ich habe Paul versprochen, auf dich aufzupassen. Und das kann ich nur, wenn du mir erzählst, was los ist. Bevor du wieder in irgendwelche Dimensionen verschwindest, wo ich dich nicht retten kann!" Kermit schien tatsächlich besorgt, bemerkte Peter. Er lächelte müde. "Ich danke dir, Kermit. Aber diesmal sind es keine anderen Dimensionen, keine Gefahren. Es ist nur; ich fühle mich, als hätte jemand mein Leben genommen, es in den Mixer gesteckt und mir die Überreste zurückgegeben." Kermit zog die Augenbrauen hoch. Er entließ Peter aus seinem Griff und ging selbstverständlich in die Küche. Die Scherben übersah er höflich. "Auch einen Kaffee, Partner?" Peter strich sich durch die Haare und nickte dann. Dankbar nahm Peter die Tasse von seinem Kollegen und ließ sich in seinen Sessel sinken. "Verrätst du mir jetzt, wer dein Leben in den Mixer gesteckt hat?" fragte Kermit, der sich bei dieser Veranschaulichung ein Grinsen nicht verkneifen konnte. "Mein Vater", sagte Peter kurz, und Kermit guckte ihn verdutzt an. "Dein Vater? Habt ihr euch gestritten?" "Naja, das ist etwas untertrieben." Peter sah Kermit direkt in die Augen, so gut das durch die Sonnenbrille möglich war. Wieder spürte er die Schmerzen, welche die Worte von Rose Pierson in seinem Herzen verursacht hatten. "Ich habe ihm in aller Deutlichkeit gesagt, dass sein Platz in meinem Leben von nun an Vergangenheit ist. Er hat mich verraten und enttäuscht, das ist nicht wieder gut zu machen", sagte er und strich sich durchs Gesicht und die Haare. Kermit starrte ihn mit offenem Mund an. Peters Worte konnte er nicht fassen. Er wollte grade nachfragen, was genau denn jetzt gewesen war, als sein Söldnerinstinkt ihm sagte, dass sie nicht allein waren. Er drehte den Kopf und sah Caine durch den Durchgang kommen, als hätte er die Tür benutzt. Kermits Blick wanderte automatisch zwischen Vater und Sohn, die sich ansahen, als sei er, Kermit, gar nicht da. "Peter, ich möchte es dir erklären", bat Caine fast flehentlich um das Gehör seines Sohnes. Der aber saß noch immer auf seinem Platz, hatte seinen Oberkörper durchgestreckt und leicht nach vorne gebeugt, und funkelte ihn durch und durch böse an. "Raus", flüsterte er leise, aber durchaus hörbar und mit entsprechendem Nachdruck. "Peter, bitte, ich..." "RAUS!" Peter sprang auf. "Verschwinde! Raus aus meiner Wohnung und raus aus meinem Leben!" Völlig hysterisch brüllte Peter seinen Vater an, der wie ein Geprügelter einsteckte, was sein Sohn austeilte. Kermit hatte weder den einen noch den anderen jemals in einer solchen Verfassung gesehen, die Szene direkt vor seinen Augen schien ihm unwirklich und unglaublich. Peter stellte sich direkt vor seinen Vater, blickte ihm wütend in die Augen. Er presste ein weiteres "Raus" durch die zusammengebissenen Zähne. Caine sah in den Augen seines Sohnes soviel Wut und Hass, dass es ihm das Herz brach. Er befürchtete seinen Sohn zu verlieren, wenn er jetzt gehen würde, er wollte es ihm erklären, es zumindest versuchen, auch wenn die Tatsachen sich nicht ändern ließen. Peters Blick wanderte hin und her von einem zum anderen Auge seines Vaters. Als er merkte, dass dieser offensichtlich kein Interesse daran zeigte, die Wohnung zu verlassen, ging sein Zorn mit ihm durch. Er packte Caine am Kragen und warf ihn eigenhändig aus seiner Wohnung, wo er ihn im Flur stehen ließ und die Tür zu schlug. Caine hatte sich widerstandslos so behandeln lassen. Sicherlich würde er problemlos wieder herein kommen, aber Peter hoffte inständig, dass er das nicht versuchen würde. Kermit starrte ihn fassungslos an, als sich Peter wieder setzte, sich durch die Haare fuhr und seine Kaffeetasse in die Hand nahm, um einen Schluck zu nehmen. "Sag mal, was war das denn?" fragte der Bebrillte verständnislos. "Das hast du doch gesehen. Ich habe ihn rausgeschmissen", entgegnete Peter, als wäre es eine völlig normale Handlung gewesen. "Ja, das hab ich gesehen. Aber warum?" "Weil er mich und meine Mutter verraten hat! Weil er mich die ganze Jahre, seit ich ihn wieder habe, belogen hat! Ich wünschte, ich hätte ihn nie gefunden!" Das klang endgültig, und die Härte dieser Worte trafen Kermit wie ein Schlag ins Gesicht. Er wusste, dass es immer wieder Differenzen zwischen den beiden gab, dass sich Peter bevormundet fühlte, aber das hier war etwas völlig anderes. Allerdings hatte Caines Reaktion auf Peters Verhalten vermuten lassen, dass die Position des jungen Mannes durchaus berechtigt war. "Verdammt Peter, was hat er denn getan?" platzte Kermit heraus, dem das alles immer noch spanisch vorkam. Peter strich sich durch die Haare und atmete tief durch. "Nachdem der Tempel zerstört worden war, zu der Zeit, als ich im Waisenhaus war und mein Vater mich tot glaubte, hatte er auf einem Bauernhof angeheuert. Die alleinstehende Eigentümerin schien es ihm angetan zu haben, so sehr, dass er sie geschwängert hat. Verstehst du? Er hat nach seiner Frau auch noch seinen Sohn verloren und nichts Besseres zu tun, als sich einfach eine neue Familie zuzulegen. Und bevor er wusste, dass er wieder Vater wird, hat er sie verlassen, um seiner Reise fort zu setzen." Peter schluckte schwer, Zornestränen stiegen in seine Augen, die er gerade noch zurückhalten konnte. Kermit machte einen tiefen Atemzug, das war starker Tobak. "Vielleicht hat er sie verlassen, weil er ein schlechtes Gewissen hatte?" gab er einen Denkanstoß, auch wenn er nicht glaubte, dass das seinen Kollegen besänftigen würde. "Na und?" konterte der, "wir sehen jeden Tag Schläger, Bankräuber oder Mörder, denen das hinterher schrecklich leid tut. Und was entgegnen wir? Dass die Reue zu spät kommt. Und mein Vater macht da keinen Unterschied!" "Sag mal, woher weißt du das alles denn eigentlich auf einmal?" fragte Kermit, sich in Gedanken strafend, nicht schon früher darauf gekommen zu sein. "Die Frau auf dem Revier war eben diese Farmerin, sie hat es mir erzählt. Ohne zu wissen, wem sie sich mitteilt." "Die Dame, die du so unwirsch an Skalany weitergeleitet hast?" Peter nickte. Für Kermit machte die ganze Sache allmählich einen Sinn, und in gewisser Weise konnte er Peter sogar verstehen, obwohl er Caine sehr gerne mochte und eigentlich immer für einen ehrenwerten Mann gehalten hatte. Kermit musterte seinen Kollegen und fragte sich, inwieweit die Sache noch zu kitten war. Sollte er sich einmischen? Vielleicht mal mit Caine reden? Peter schien seine Gedanken zu lesen, denn in eben diesem Moment sagte er: "Tu mir einen Gefallen und halt dich da raus, ok? Und es muss auch sonst niemand wissen." Kermit nickte. "Ich habe die nächsten Tage Urlaub, der Captain war so freundlich. Ich denke, dass ich die nächsten Tage nicht erreichbar sein werde." Peter machte eine Pause, während der seinen Kollegen zur Tür führte. "Und Kermit?" Er sah ihn über den Rand seiner Brille an. "Danke! Fürs Zuhören." Kermit legte ihm die Hand auf die Schulter. "Jederzeit wieder, Partner!" gab er ihm zur Antwort und war dann im Hausflur verschwunden.
|
Teil 1 Teil 2 zurück zum Autoren Index zurück zum Story Index
|