EPILOG Kermit bemerkte den Aufruhr im Krankenhausflur, als er die Station betrat. Im Wartebereich saß Cat auf einem Stuhl und weinte. Sie hatte sich halb in dem Rollkragen ihres weiten, schwarzen Pullovers vergraben und schluchzte. Sofort setzte er sich neben sie und nahm sie in den Arm, sie hatten in den vergangen Tagen auf der damaligen Beziehung aufgebaut, die solange gut und fast freundschaftlich gewesen war, bis sie ihre Aussage zurückgezogen hatte. "Was ist passiert?", flüsterte er sanft, wenn innerlich auch vor Spannung und Angst zerberstend. Peter lag noch immer im Koma, die Ärzte konnten nichts machen. Sie sah ihn mit verquollenen Augen an. "Sie mussten ihn wiederbeleben", keuchte sie und verschwand dann wieder hinter ihren Händen. Kermit drückte sie noch fester an sich. Es war das dritte Mal in acht Tagen, dass sie ihn zurückholen mussten. Kermit sah, wie der Defibrillator aus dem Krankenzimmer geschoben wurde, dicht gefolgt vom behandelnden Arzt, der lautlos zu Kermit das Wort 'unverändert' formte. Der Ex-Söldner nickte und wandte sich dann wieder Cat zu, um sie zu trösten. Seine eigenen Gedanken schwirrten immer wieder um seine Schuldgefühle, auch wenn Karen und Cat mit aller Kraft versuchten, sie ihm auszureden. Unbewusst strich er durch das Hemd mit seinen Fingerspitzen über die Wunden auf seinem Oberkörper, die schon verkrustet und halb verheilt waren. "Wollen wir zu ihm gehen?", fragte Kermit leise. Cat nickte und versuchte, sich zu sammeln, während sie aufstand. Im Schleusenraum zogen sie sich die grünen Überwurfkittel an und betraten dann Peters Zimmer in der Intensivstation, wo er an unzählige Apparate angeschlossen war, die unablässig summten, surrten und piepsten. Der Shaolin lag regungslos auf dem Rücken, im Gesicht heftige Blutergüsse und Verfärbungen. Seine Schultern lagen bloß, seine Arme auf der Decke. Die rechte Schulter war verbunden, dort, wo der Wurfstern drin gesteckt hatte, direkt über der Narbe, die Kermit nicht kannte. Auch die beiden Handgelenke waren bandagiert und die Verbände verdeckten ein Stück der Shaolin-Male. Jedes Stück des Körpers, das Kermit sehen konnte, war entweder verbunden oder geprellt. Oder beides. Und sowohl er als auch Castor wussten, wie der Körper des jungen Mannes unter der Decke aussah, was er hatte aushalten müssen. Plötzlich fing die Maschine neben Kermit an zu piepen, eine kleine rote Lampe leuchtete auf. Es war der Beatmungsapparat. Cat erschrak und begann zu zittern, während Kermit sie ein Stück zurück zog, um dem Arzt Platz zu machen, der in diesem Moment herein kam. Vor Angst hielt er den Atem an. Zunächst schaltete er das Gerät ab, dann untersuchte er den Schlauch und löste schließlich das Pflaster in Peters Gesicht, womit das Ende zwischen den Lippen festgeklebt war. Er zog den Tubus hinaus. "Was tun sie da?", fragte Kermit entsetzt, einen drohenden Unterton in der Stimme. Der Arzt aber sah ihn mit einem leichten Lächeln an. "Er atmet selbstständig. Er muss eben damit angefangen haben, deshalb hat die Maschine gemeldet. Ich werde jetzt ein Kontrollgerät anschließen, damit wir gewarnt sind, sollte er die Lungenfunktion wieder einstellen." Cat sah zu Kermit hoch, fragend, ob das ein gutes Zeichen war. Der Cop blinzelte eine Glücksträne weg, drückte ihre Hand und flüsterte: "Er hat nicht aufgegeben! Er kämpft noch!" >Und wenn Peter kämpft, gewinnt er auch!<, fügte er stumm hinzu, auch wenn er wusste, dass der Wunsch Vater dieses Gedanken war. Nachdem der Arzt einen kleinen Atemsensor unter Peters Nase angebracht hatte, verschwand er wieder. Kermit und Cat setzten sich in die Stühle, in denen sie unzählige Stunden in den letzten Tagen verbracht hatten; wartend, hoffend. *** Peter fühlte etwas auf seinem Unterarm, etwas leichtes. Langsam folgte es den Linien seines Brandmales, zart strich es über seine Haut. Dann hörte er eine Stimme, leise und flüsternd: "Kermit! Hier! Sieh doch!" Es war Cat. Er versuchte zu lächeln, aber seine Muskeln gehorchten ihm nur langsam. "Gänsehaut", murmelte sein Freund ungläubig, aber mit einem glücklichen Unterton in der Stimme. Er drückte den Knopf, um den Arzt zu rufen. "Er lächelt!", quietschte Cat auf einmal, sie begann zu zittern, vor Freude hibbelte sie neben dem Bett auf und ab. Kermit hielt sie fest und blickte mit erwartungsvollem Gesicht auf seinen jungen Freund, der jetzt ganz langsam die Lider öffnete. Er wollte grade etwas sagen, aber Cat hielt ihm sofort sanft den Finger auf die Lippen. "Oh nein! Du bist bloß still! Ruh dich aus! Und streng dich nicht an! Und..." Kermit zog sie ein Stück zurück und lachte, als der Arzt rein kam. Peter verstärkte sein Lächeln. "Hey Doc", keucht er trocken, "wie geht es mir?" Der Shaolin spürte deutlich, wie seine Kräfte zurückkamen, seinen Körper durchfluteten, als hätten sie die ganze Zeit in der Luft des Raumes darauf gewartet, dass sie zurück kommen durften. Die körperlichen Wunden hatten begonnen zu verheilen und schmerzten Aufgrund der Medikamente so gut wie gar nicht. Er wollte sich auf die Ellenbogen stützen, wurde aber vom Arzt wieder ins Bett gedrückt. "Sie sollten nicht übermütig werden", mahnte er, "es ist ohnehin ein Wunder, dass sie noch leben!" Peter wusste, dass er Recht hatte. Er sah Kermit an. "Danke!" "Wofür?" "Dass du nicht auf mich gehört hast." Der Freund nickte. Cat sah fragend zwischen ihnen hin und her, aber die beiden tauschten nur vielsagende Blicke. Dann trat sie an Peters Bett, strahlte ihn an und gab ihm einen sanften Kuss. *** Noch am gleichen Tag war Peter auf eine normale Station verlegt worden, wo ihn prompt alle seine Freunde überfielen und ihre guten Wünsche da ließen. Als Lo Si aber den Raum betrat, bat Peter darum, mit ihm allein gelassen zu werden. "Lo Si, ich... es tut mit leid", sagte er mit dünne Stimme. Die vielen Besucher hatten ihn doch mehr angestrengt, als er erwartet hatte. Dennoch war es ihm wichtig, dem alten Priester zu sagen, dass er die Beziehung nicht einfach beenden konnte, sie nicht beenden wollte. Lo Si war ein Freund, wie man ihn sie sich hart verdienen musste. Und er hatte immer nur das Beste für Peter gewollt. "Ich muss mich bei dir entschuldigen, Peter. Ich hatte kein Recht, dir die Wahrheit vorzuenthalten. Ich erwarte auch nicht, dass du mir das verzeihen kannst." Er verbeugte sich leicht. Peter lächelte ihn an. "Ich verzeihe dir, mein Freund", sagte er und schloss kurz die Augen, um sich zu stärken. Lo Si strahlte und drückte dankbar Peters Hand, er fühlte, dass es dem jungen Mann wirklich ernst war. "Ich hab's versaut, was?", fragte Peter mit dem Anflug eines Grinsens. "Dein Vater wäre stolz auf dich", zerstreute Lo Si die Zweifel. "Meinst du?", fragte Peter müde. Und er war schon erschöpft eingeschlafen, als Lo Si in den Raum flüsterte. "Ich weiß es." ENDE
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