Teil 4
Autor: Ratzenlady
 

EPILOG

Peter saß auf einem Gartenstuhl auf dem Balkon und genoss die ersten richtig warmen Sonnenstrahlen des Aprils. Neben ihm auf dem Tisch standen zwei dampfende Kaffeetassen, und der Stuhl auf der anderen Seite war leer. Er lächelte glücklich in den Himmel und dachte noch immer viel an seine Begegnung mit Caine vor zwei Wochen. Die Wärme befand sich noch immer in seinem Herzen und erfüllte ihn von Kopf bis Fuß.

"Ich bin hier, Kermit", sagte Peter plötzlich laut durch die Terrassentür zu seinem Freund, der noch im Durchgang zum Flur stand. Leicht grinsend und gleichzeitig Kopf schüttelnd kam er nun näher.

"Setz dich", bot der Shaolin ihm den freien Platz an.

"Und Cat?", fragte Kermit auf die Kaffeetasse deutend.

Peter schmunzelte. "Sie ist in geheimer Mission unterwegs, also setz dich."

Kermit sah Peter genauer an. Ihm war schon aufgefallen, dass Peter seit einigen Tagen eine merkwürdige Aura umgab, die ganze Räume mit Ruhe und Friedlichkeit füllen konnte. Irgendwie benahm er sich seltsam.

"Ich bin es ja inzwischen gewohnt, dass du weißt wenn ich komme, schon wenn ich die Treppe oben bin. Aber in der Zeit kann man keinen Kaffee holen und sich dann wieder hinsetzen, als wäre nichts gewesen", argwöhnte er.

Peter lachte auf. "Da traust du meinen besonderen Fähigkeiten aber zu viel zu. Ich hab deinen Wagen gesehen", antwortete der junge Mann und nickte in Richtung der Brüstung.

Kermit lachte auch kurz und setzte sich dann. "Und in was für einer Mission ist Cat unterwegs?" fragte Kermit interessiert nach und griff damit Peters Kommentar auf.

"Sie ist bei Mrs. Hong, der Schneiderin, wegen ihrem Brautkleid."

"Weißt du, wie es aussieht?", fragte Kermit nach.

Peter schüttelte den Kopf. "Nein, das hätte sie niemals zugelassen! Aber bei der Frau kann ich mir alles vorstellen", lachte er, "ich bin mir nicht mal sicher, ob es weiß ist. Es könnte auch rot, blau oder schwarz sein, schließlich schafft sie es immer wieder, mich zu überraschen!"

Der Cop musste jetzt auch grinsen. Sein Freund hatte absolut Recht, auch er selbst würde nicht darauf wetten, dass Cat wie jede andere in weiß heiraten wollte. Kermit musterte Peter eindringlich, während er an seinem Kaffee nippte. In den letzten zwei Wochen hatte er sich verändert. Auch jetzt, als er von der bevorstehenden Hochzeit redete, schwang kein Deut Wehmut mehr in seiner Stimme, wie es vorher der Fall gewesen war.

"Sag mal, Partner, hab ich irgendwas verpasst?", fragte er ruhig und war sich ziemlich sicher, dass Peter genau wusste, was er meinte. Der lächelte aber nur selig ins Nichts über den Dächern Chinatowns.

"Ich meine…"

"Schhhhhh", unterbrach der Shaolin ihn überraschend und legte seinen Zeigefinger auf die Lippen. Kermit war sofort still und lauschte, konnte aber zunächst nichts hören. Peter horchte auch in den nun etwas aufgefrischten Wind, der für April äußerst warm war, dann legte sich ein unbeschreibliches Lächeln auf sein Gesicht, mit einer Ausstrahlung, die sogar den früheren Söldner erreichte.

"Hörst du das?", fragte Peter glücklich.

Kermit lauschte noch intensiver. Erstaunt stellte er fest, dass er keinen Straßenlärm, keine Stimmen hören konnte. Zunächst eigentlich überhaupt nichts. Und nach einer Weile hoben sich dann seine Brauen.

"Das klingt wie eine Flöte", sagte er verdutzt und suchte mit den Augen nach der Quelle, konnte aber nichts entdecken.

"Es ist der Wind", sagte der junge Mann.

Kermit sah ihn misstrauisch durch die Brille an. Dann legte sich die Böe wieder und es wurde still, die Geräusche von Chinatown kehrten zu ihren Ohren zurück.

"Was war das?", fragte er skeptisch, aber neugierig. Noch immer lag dieses besondere Lächeln auf Peters Lippen.

"Und der Wind wird das Spiel meiner Flöte zu deinen Ohren tragen", zitierte der Shaolin die Worte seines Vaters und seine Augen glänzten dabei. Kermit sah zu ihm rüber, er glaubte zu wissen, von wem sein Freund da sprach. Er kannte nur einen Mann, der Flöte spielte. Gespielt hatte.

"Das kann doch nicht wahr sein. Das geht nicht! Das war doch nicht real", sagte Kermit sofort und wusste, dass er falsch lag. Aber sein logisch denkender Verstand wehrte sich noch immer gegen alles, womit Peter umging und was mit Physik nicht zu erklären war.

"Weißt du Kermit, ein weiser Mann hat mal zu mir gesagt: 'Alles was jemals war, alles was heute ist, alles was je sein wird, ist real. Es kommt nur immer auf den Blickwinkel an. Das ist so und fertig'."

"Und wann hat er das zu dir gesagt?", argwöhnte der frühere Söldner.

"Neulich Nacht", sagte Peter ruhig und widmete seinen Blick wieder dem blauen Himmel über dem Balkon.

Kermit starrte ihn völlig perplex an. Er wusste genau, von welcher Nacht sein Freund da sprach. Nämlich genau der Nacht, die ihm auch einiges Kopfzerbrechen gemacht hatte.

Peter schaute jetzt zu ihm rüber und sah ihm wissend in die Augen; und noch weiter in die Seele, das konnte er deutlich spüren.

"Es war kein Traum, nicht wahr?", fragte er plötzlich aus einem Gefühl heraus.

Peter aber legte nur den Kopf schief, lächelte selig und nahm dann einen Schluck aus seiner Tasse. "Macht es einen Unterschied?" fragte er; in bester Caine-Manier, wie Kermit befand.

"Heute nicht mehr. Aber damals hätte es vielleicht…"

"Alles was passiert, hat einen Sinn, Kermit. Ich habe lange gebraucht, aber ich habe es nun verstanden. Selbst die schlimmen Dinge des Lebens. Denn sie sind es, die uns unser Glück erst erkennen lassen", sagte Peter leise gen Himmel.

Kermit sah ihn kurz an, dann starrte er in sich gekehrt auf den Boden und trank seinen Kaffee. Erst nach einer Weile ergriff er wieder das Wort. "Was ist in dieser Nacht passiert?" fragte er nachdenklich.

Peter zuckte ganz leicht mit den Schultern. "Durch die starke Ähnlichkeit der Ereignisse dieses Abends und dem vor drei Jahren hat sich wohl so etwas wie ein Zeitfenster aufgetan. Mein Vater hat die Gelegenheit genutzt und mich zu sich geholt, um mir genau das zu erklären, was ich dir grade beschrieben habe."

Der frühere Söldner ließ die Worte auf sich wirken. "Aber dann hättest du doch…", er brach ab, weil Peter mit dem Kopf schüttelte. Der sortierte zunächst einen Moment die Gedanken und Worte in seinem Geist, ehe er dann zu sprechen anfing.

"Ich habe darüber nachgedacht, aber man kann die Vergangenheit nicht ändern. Wir können nur aus ihr lernen. Und was mein Vater mir sagen wollte, war, dass auch das größte Unglück ungeahntes Glück mit sich bringen kann."

Er machte eine vielsagende Pause.

"Meines heißt Cat."

ENDE


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