"Alles soweit klar?" Die Stimme drang dumpf und leicht metallisch durch die Telefonleitung. Jody lachte fröhlich. "Aber sicher doch, Kermit. Der gute Peter wird Augen machen. Er schaut schon ganz traurig aus, weil ihm keiner gratuliert. Er tut mir richtig leid." Jody schielte unauffällig in Richtung des besagten jungen Mannes, der tief gebeugt an seinem Schreibtisch saß, während er etwas auf ein Stück Papier kritzelte. Im Gegensatz zu seinem sonstigen Temperament, arbeitete der Detective sehr ruhig vor sich hin. Kermit lachte leise am anderen Ende. "Das hat der Junge verdient. Heult uns hier tagelang die Ohren voll, dass er seinen Geburtstag am Liebsten vergessen will. Nun tun wir ihm den Gefallen, und es ist auch wieder nicht recht." "Nun ja. Ein wenig fies ist es schon, was wir machen. Aber angesichts der geplanten Überraschungsparty, kann ich mich zurück halte." "Wage es ja nicht, auch nur einen Ton zu sagen", warnte Kermit. "Für wen hältst du mich? Kein Wort kommt über meine Lippen. Ich habe mir doch nicht umsonst die neue Kamera besorgt, nur um Peters dummen Gesichtausdruck festzuhalten. Wie sieht es eigentlich aus? Seid ihr soweit fertig?" "Oh Yeah. Wir liegen super in der Zeit. Das Apartment ist gleich fertig dekoriert und die Kostüme sind auch geliefert worden." "Super. Dann kann alles so ablaufen wie geplant?" "Absolut. Paul wird Peter beim Schichtwechsel noch eine Weile zurück halten. Das gibt euch dann Gelegenheit vor ihm anzukommen." "Sehr gut. Dann sehen wir uns in einer guten Stunde. Vergiss nicht den Sekt kalt zu stellen", grinste Jody. "Für dich tue ich doch fast alles, Herzblatt", erwiderte Kermit zuckersüß und legte auf. Jody starrte den Hörer einen Moment lang entgeistert an, murmelte, "Das Herzblatt zahle ich dir heim", vor sich hin und fuhr dann mit ihrer Arbeit fort. **** "Was für ein vollkommen beschissener Tag!", brummte Peter in seinen nicht vorhandenen Bart hinein, während er mit dem Fahrstuhl in den 7. Stock hochfuhr. "So viel zu meinem Geburtstag. Kein Schwein hat gratuliert oder gar dran gedacht. Nicht einmal mein Vater ist aufgetaucht. Und Paul? Paul hält mich gute zwanzig Minuten mit irgend einem Bullshit auf, aber welcher Tag heute ist, daran hat er sich auch nicht erinnert. Wie war das? Hast du solche Freunde, dann brauchst du keine Feinde." Tränen der Enttäuschung und des Selbstmitleids stiegen in Peters Augen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal von Menschen, die er liebte, so hintergangen gefühlt hatte, mal abgesehen von der Tempelexplosion und der Zeit im Waisenhaus. Es fühlte sich beinahe an, wie ein körperlicher Schmerz. Ein leises 'Ping' aus dem Lautsprecher zeigte an, dass der Fahrstuhl sein Ziel erreichte. Peter nahm einen tiefen Atemzug, fuhr sich über die Augen und wartete ungeduldig auf das Öffnen der Türe. Mittlerweile konnte er es kaum noch erwarten, in seine Wohnung zu kommen. Dort würde er sich entweder besaufen, oder er würde sich schnell umziehen und in die nächste Bar gehen, um sich eine heiße Frau für eine noch heißere Nacht anzulachen. Mit Kelly war seit drei Tagen mal wieder Schluss, also konnte er sich auch anderweitig vergnügen, überlegte er trotzig. Allerdings schien der Gedanke sich mittels Alkohol den ganzen Frust wegzusaufen wesentlich verlockender. Endlich zeigte der Lift erbarmen und öffnete seinen Schlund. Peter hüpfte regelrecht aus dem Inneren und eilte in großen Schritten den Flur entlang. Mit steifen Fingern fummelte er den Schlüssel aus der Hosentasche seiner hauteng sitzenden Jeans und steckte ihn ins Schloss. Mit einem sanften Klicken gab der Schließmechanismus nach und Peter betrat seine Wohnung. Ein kräftiger Fußtritt ließ die Türe wieder ins Schloss fallen. Ohne das Licht anzumachen, quälte sich der unglückliche Mann durch das stockfinstere Zimmer und erklomm die paar Stufen zu seiner Küche. *Ich will das Elend nicht sehen* Die Finger sacht an der Küchenumrandung entlang gleiten lassend, bahnte er sich den Weg bis zum Kühlschrank, in dem der einzige Lichtblick des Tages - eiskaltes Bier - auf ihn wartete. Er berührte gerade den Griff, als plötzlich das Deckenlicht aufflammte. Momentan geblendet, huschte seine linke Hand instinktiv zur Beretta, doch dann hörte er ein vielstimmiges "Überraschung" ihm entgegen schallen. Peter blinzelte, und wartete darauf, dass sich seine Augen der Helligkeit anpassten. Ein breites Lächeln glitt über sein Gesicht, als er sich seinen Freunden, Kollegen und seinem Vater gegenüber sah. *Sie haben doch daran gedacht!* Vergessen waren all die negativen Gefühle, die er einige Minuten zuvor noch gehegt hatte. Der Abend strahlte hell und klar. "Wow", kam es über seine Lippen während sein Blick über die liebevoll mit bunten chinesischen Papierlaternen und Pappdrachen dekorierte Wohnung und die verkleideten Kollegen huschte. *Eine Kung Fu Motto Party, klasse!* Die meisten Gäste trugen schwarzrote, mit weißen chinesischen Schriftzeichen verzierte, Stirnbänder und steckten in leicht modisch veränderten, phantasievoll hergerichteten Kampfanzügen in schwarz, grau, weiß oder rot. Selbst Kermit hatte es sich nicht nehmen lassen, einen der Kittel überzustreifen. In Kombination mit der immer präsenten Sonnenbrille wirkte der ungewohnte Aufzug geradezu grotesk. *Ob ich Kermit sagen soll, dass er wie Jackie Chan auf Extasy ausschaut?* Peter konnte nicht anders und lachte lauthals auf. All seine Freunde sahen aber auch zum Schießen aus in den Kostümen. "Was ist denn nun? Bist du da oben festgewachsen, oder kommst du mal herunter, damit man dir gratulieren kann?", tönte Frank Strenlichs tiefe, laute Stimme durch den Raum und riss Peter aus seinen amüsierten Betrachtungen. "Wenn er nicht zu uns kommt, dann gehen wir eben zu ihm!", rief Jody fröhlich. Flink wie ein Wiesel, erklomm sie die drei Stufen in die Küche und umarmte Peter stürmisch. Eng an ihn geschmiegt, sagte sie laut "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Peter" und drückte ihm flugs einen dicken, fetten Kuss auf den Mund. Die Menge johlte und pfiff. Strenlich, Kermit und Skalany riefen: "Zugabe, Zugabe..." Jody ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Sie zog den völlig überraschten Peter am Kragen seines Hemdes weiter zu sich herunter. Unter den Anfeuerungsrufen der anderen, zeigte sie ihm ihre Version eines richtigen und tiefgründigen Geburtstagskusses. Als sie sich nach einer guten Minute wieder von ihm löste, leuchtete Peters Gesicht wie eine reife Tomate. Es war ihm sichtlich peinlich von seiner Partnerin so intim geküsst zu werden, und er beeilte sich schnell von ihr weg und zu den anderen zu kommen. Bald darauf vergaß Peter den peinlichen Zwischenfall und freute sich wie ein kleines Kind über die von Herzen kommenden guten Wünsche zum Geburtstag und die vielen Geschenke. Es bereitete ihm unheimliches Vergnügen die liebevoll verpackten Päckchen aufzureißen und deren Inhalt zu erforschen. Es kam ihm so vor, als wäre ein Geschenk schöner als das andere und für nichts auf der Welt konnte er sich entscheiden, welches denn nun das Schönste war. Kurzum, Detective Peter Caine strahlte wie ein Christbaum. *** Nach dem 'offiziellen' Teil begann die Party erst richtig. Kermit versorgte mit Hingabe die Stereoanlage mit diversen CDs, Blake kümmerte sich darum, dass jeder immer ein volles Glas Sekt, Bier, Punsch, Wasser, oder was auch immer, in der Hand hielt und Skalany stellte sicher, dass es beim Buffet in der Ecke an nichts fehlte. Später am Abend trudelte auch Paul mit Annie, Carolyn und Kelly ein. Peter begrüßte seine Pflegefamilie überschwänglich und verkündete laut, dies sei einer der schönsten Tage seines Lebens, weil er all seine Lieben um sich herum versammelt habe. Alle nickten zustimmend, Annie musste sich sogar verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel wischen. Im Laufe das Abends wurden der Vorrat an alkoholischen Getränke weniger, die Musik rhythmischer und die Stimmung immer lockerer und enthemmter. Peter, der längst nicht soviel getrunken hatte wie Skalany, Jody, Frank oder Blake, fand seinem Vater in einer ruhigeren Ecke das Zimmers und ließ sich neben ihm nieder. Genau wie dieser, beobachtete der junge Mann amüsiert die beiden Pärchen Jody-Frank / Skalany-Blake wie sie mit viel Körperkontakt zu den Klängen von Dirty Dancing eine heiße Sohle aufs Parkett legten. "Wer hätte gedacht, dass der stille Blake je so aus sich heraus gehen könnte?", kommentierte Peter lachend das Geschehen. "Der Alkohol reißt die Schranken nieder und bringt das wahre Selbst hervor, mein Sohn", erwiderte Caine. Peter warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. Sein Vater sah nicht gerade so aus, als ob er den übermäßigen Alkoholgenuss billigen würde. "Dir gefällt die Party nicht, richtig Paps?" Zu Peters Überraschung breitete sich ein strahlendes Lächeln auf Caines Gesicht aus. "Wie könnte mir etwas, das meinen Sohn so glücklich macht, nicht gefallen? Dieser Raum ist erfüllt mit Liebe, Lachen und Glückseligkeit. Du hast wundervolle Freunde." Peter schluckte trocken und spürte Tränen der Dankbarkeit in sich aufsteigen. Caines Worte beinhalteten so viel mehr, als er direkt aussprach. Spontan zog er seinen Vater in eine Umarmung und küsste ihn auf die Stirn. "Ich liebe dich, Paps", flüsterte er heiser. "Und ich liebe dich auch, mein Sohn,", entgegnete Caine mit viel Gefühl in der Stimme. Dann löste er sich von seinem Sprössling und gab ihm einen leichten Klaps auf die Wange, wobei seine Hand auf der Stelle lieben blieb. Ein Ausdruck von mildem Tadel huschte über das Gesicht des Shaolin, während er geradezu sanft nachsetzte: "...aber nenn mich nicht Paps." Peter grinste fröhlich und schmiegte sein Gesicht in die warme Handfläche seines Vaters. Für einen Moment schloss er die Augen und genoss das Gefühl der starken väterlichen Zuneigung und absoluten Sicherheit, welches diese winzige Berührung ihm vermittelte. "Ja, Pa...Dad." Caine erwiderte das Lächeln seines Kindes. Er strich ihm noch einmal liebevoll über die Wange, unterbrach dann den Kontakt und erhob sich. "Ich werde jetzt gehen, mein Sohn. Es ist spät." Peter sah enttäuscht zu ihm auf. "Jetzt schon? Es ist doch erst..." Er schaute auf seine Uhr, die schon einiges nach Mitternacht anzeigte. "Wow, schon so spät. Da sieht man, wie schnell die Zeit verfliegt. Ich dachte, es sei höchstens Elf." Caine zuckte nur die Schultern und streckte die Hand aus, um ihm hoch zu helfen. Peter ließ sich hochziehen und legte den Arm um Caines Schultern. "Ich bringe dich noch bis zur Türe, Dad." "Gerne, mein Sohn." Dort angekommen, verabschiedete sich Peter mit einem weiteren Kuss auf Caines Stirn und einer langen Umarmung. Dann sah er ihm nach, wie er Richtung Treppenhaus verschwand. Peters Vorschlag ein Taxi zu bestellen, hatte er rigoros abgelehnt. Scheinbar war dies das Signal zum Aufbruch, denn nach und nach leerte sich die Wohnung. Nur noch Peter, Kermit, Jody und Skalany blieben als Aufräumkommando zurück und entledigten sich ihrer Kostüme, die sie zu den anderen legten. Kermit blickte in die Runde. "Und? Was machen wir jetzt? Aufräumen, oder weiter herum gammeln?" "Abgammeln", schallte es ihm dreifach entgegen. Kermit ließ seine weißen Zähne aufblitzen und angelte in der Schale auf dem Tisch nach einem grünen Gummibärchen. "Das dache ich mir fast. Also gut, ich gebe euch noch eine halbe Stunde, aber dann wird aufgeräumt." Er warf Skalany und Jody einen strengen Blick zu. "Wir wollen doch nicht, dass unser Freund hier nach dem Aufstehen einen Schlaganfall bekommt beim Anblick des Schlachtfeldes hier." "Na höre mal, so betrunken, als dass ich Gefahr laufe einen Filmrisses zu erleiden, bin ich längst nicht", beschwerte sich das Geburtstagskind. "Aber gut angeheitert bist du schon", gab der Ex-Söldner mit einem süffisanten Grinsen zurück. "Na du doch auch. Was willst du denn?", verteidigte sich Peter empört. Jody mischte sich ein. "Jungs, Jungs, hört auf euch zu streiten. Es gibt doch viel schönere Dinge auf dieser Welt", verkündete sie mit einem leichten Lallen in der Stimme und schmiegte sich vielsagend an Peter. Dieser wich prompt mit einem entsetzten Gesichtausdruck vor Jody zurück und warf Kermit einen hilfesuchenden Blick zu. "J...Jody, hör auf. Wir sind Partner, nicht mehr!", stotterte er. Jody lächelte nur vielsagend und schlang beide Arme um Peters Hals. "Na und? Es spricht doch nichts dagegen, wenn Partner etwas Wärme teilen", gurrte sie in sein Ohr. "Richtig", bestätigte Mary Margaret und erhob sich. Kermit, der Skalany mit einem vielsagenden Lächeln auf sich zu kommen sah, sprang wie von der Sehne geschnellt auf. *Verdammte Weiber. Wenn die zuviel getrunken haben, werden sie anhänglich wie Kletten!* "Ladies, nun ist es genug", verkündete er harsch. Er umfasste Jodys Oberarm mit festem Griff und zog die Protestierende von dem erleichtert aufseufzenden Peter weg. "Jetzt wird aufgeräumt und dann geht jeder hübsch brav in sein eigenes Bett - alleine!" Die beiden Frauen verzogen das Gesicht, nahmen aber doch die Mülltüten entgegen, die Kermit ihnen reichte. "Musst du denn immer so kommandieren?", meckerte Skalany, während sie sich leicht schwankend über den Tisch beugte und die dort herumliegenden Pappteller und -becher in den Müllsack stopfte. "Nur wenn es nötig ist", gab Kermit zurück und machte sich, zusammen mit Peter, daran, die Dekoration abzunehmen.
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