Teil 2
Autor: Fu-Dragon

 

Sie arbeiteten eine ganze Weile still vor sich hin. Bald sah die Wohnung wieder einigermaßen annehmbar aus, sofern man nicht in die Ecke sah, in der man die sauber gegen die Wand gestapelten Klappstühle und -tische, zusammengelegten Kostüme und Wanddekoration deponiert hatte.

"Ich denke, das reicht jetzt. Den Rest kann die Putzfrau morgen erledigen. Vielen Dank für euere Hilfe", erklärte Peter die Aufräumarbeiten für beendet.

"Gott sei Dank!", stieß Skalany aus und ließ sich mit einem erleichterten Seufzer auf das Sofa fallen.

Jodys tat es ihr sogleich nach. "Wie wäre es noch mit einem kleinen Schlummertrunk, bevor wir das Taxi rufen?", schlug sie vor.

Kermit nickte. "Aber nur etwas alkoholfreies", warnte er.

"Cola?", erkundigte sich Peter und ging zur Küche.

Die Zustimmung erfolgte einhellig. Der junge Cop holte vier Gläser aus dem Schrank und zwei Flaschen Coke aus dem Kühlschrank, stellte alles auf ein Tablett und trug es an den Tisch. Kermit übernahm das Einschenken. Alle machten es sich gemütlich und stießen noch einmal auf das Geburtstagskind an.

Plötzlich flackerte das Licht und erlosch letztendlich völlig. Jody stieß einen überraschten Schrei aus. Etwas klirrte. Zeitgleich klopfte es sechs Mal kräftig an Peters Wohnungstüre. Dann ging das Licht wieder an.

Kermit blinzelte und schob Jody, die in ihrem Schreck beinahe auf seinen Schoss gerutscht war, zur Seite. Er warf einen schnellen Blick zu Peter, der auf die Beine sprang und seine Beretta aus dem Halfter zog.

"Wer ist da?" rief der junge Detective durch die geschlossene Türe.

Keine Antwort.

Kermit deutete den Frauen an, sich unter den Tisch zu begeben. Mary-Margaret und Jody folgten ohne zu murren, und verschanzten sich, mit gezogenen Waffen, unter dem Tisch.

Kermit erhob sich und zog in einer fließenden Bewegung ebenfalls seinen Desert Eagle aus dem Halfter. "Ich gebe dir Deckung", sagte er leise zu Peter.

Vorsichtig näherten sie sich der Eingangstüre. Kermit stelle sich breitbeinig, die Waffe im Anschlag, so an die Seite, dass er die gesamte Türe im Blickfeld behalten konnte. Auf sein Zeichen hin riss Peter die Türe auf, und begann gleich darauf haltlos zu lachen.

"Kermit, nun hättest du beinahe ein unschuldiges Geschenk erschossen."

Der ältere Detective fand das weniger lustig. Er warf Peter einen kalten Blick zu und trat in den Flur hinaus. Wie nicht anders erwartet, fand er nichts als gähnende Leere vor. Einzig dieses, hübsch in schwarzweißes Papier verpackte und mit einer weißen Schleife verzierte, Paket lag auf der Schwelle.

"Hast du dir vielleicht mal überlegt, wer dir um diese Zeit ein Geschenk hinterlässt, ohne sich zu melden? Wenn du mich fragst, die Sache stinkt", sagte Kermit.

Peter zuckte nur die Schultern und hob das Geschenk vorm Boden auf. "Vielleicht habe ich einen heimlichen Verehrer, oder es war jemand von der Friedhofsschicht, der nicht stören wollte", tat er den Einwand seines Freundes leichthin ab.

"Oder es ist eine hübsche, kleine Bombe von jemand, der dich gar nicht mag", entgegnete Kermit sarkastisch.

"Ach Quatsch, es ist sogar eine Karte dabei. Außerdem...", er schüttelte es erst und roch dann dran. "...riecht es nicht nach Sprengstoff und ticken tut auch nichts." Er schaute zu Kermit, der noch immer stocksteif an der Türe stand. "Was ist? Willst du hier Wurzeln schlagen, oder kommst du wieder mit rein?"

Ohne seine Antwort abzuwarten, drehte sich der junge Mann um und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Kermit folgte ihm Kopfschüttelnd.

Neugierig zog Peter die Karte unter der Schleife hervor. Darauf stand in klarer Handschrift:

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag,
Peter Matthew Caine.
Möge dieser Tag dir unvergesslich bleiben.

Eine Unterschrift fehlte.

"Mach es auf", drängte Skalany neugierig.

Peter ließ sich das nicht zwei Mal sagen und riss die Verpackung auf. Zum Vorschein kam eine schwarze Schachtel, auf der in goldenen Lettern geschrieben stand: "Ouija"

Peter warf einen fragenden Blick in die Runde. "Was ist denn das?"

Er erntete einstimmiges Kopfschütteln.

"Na gut. Dann wollen wir mal schauen, was wir hier haben."

Der junge Cop zog ein Taschenmesser aus der Hosentasche und zerschnitt den Tesafilm, der den Deckel auf der Schachtel hielt. Damit fertig, öffnete Peter den Deckel und zog ein Brett und eine Art dreieckig geformten Zeiger hervor, der in der Mitte eine milchige, gläserne Öffnung besaß, die wie ein Vergrößerungsglas aussah. Das hellbraune Brett selbst war mit vielen Ornamenten verziert, die Peter nicht zu deuten wusste. Das Auffälligste allerdings stellen in einem ovalen Kreis angeordneten Buchstaben A-Z und die Zahlen 0-9 dar, außerdem prangte auf der linken Seite innerhalb des Kreises ein ebenfalls verziertes 'Yes' und rechts ein 'No'. Außerhalb des Ovals stand noch auf einer Seite zu lesen 'Hello' und auf der anderen 'Good Bye'.

Peter starrte verwirrt auf das seltsame Teil vor ihm. Es sagte ihm rein gar nichts.

"Ah, das ist die Brettvariante von Gläserrücken, auch Witchboard oder Hexenbrett genannt.", stellte Skalany fest. "Wir haben das mal als Kinder auf einer Schlummerparty gespielt. Angeblich kann man damit Geister anlocken und mit ihnen reden, aber bei uns hat das damals nicht geklappt."

Jody lachte leise, streckte die Hände in Richtung des Fernsehers aus und imitierte die Stimme des kleinen Mädchens aus Poltergeist. "Sie sind dahaaaaaaa..."

Peter schüttelte den Kopf und sah Mary-Margaret an. "Ist es eine Bildungslücke, das nur vom Hörensagen zu kennen?"

"Nein, natürlich nicht. Hey, da du es nicht kennst...wie wäre es, wenn wir es spielen? Ich wollte es schon immer noch einmal ausprobieren.", brachte sie begeistert hervor. "Außerdem wäre jetzt die ideale Uhrzeit dafür."

Peter verzog das Gesicht. "Spielen? Weißt du denn überhaupt noch, wie es geht?"

Mary-Margaret sah ein wenig nachdenklich aus. "Nun ja, so genau weiß ich nicht mehr, wie es funktioniert, es ist schon sehr lange her. Wir hatten damals eh nur unser selbstgebasteltes Zeug. Soweit ich weiß, legen wir dieses Teil hier...", sie nahm den dreieckigen Zeiger in die Hand, "...auf das Brett, legen jeweils einen oder zwei Finger drauf und stellen dann Fragen an die Geisterwelt. Dann warten wir ab, ob wir Antworten bekommen. Schau mal, ob in der Schachtel nicht irgendwo eine Beschreibung zu finden ist."

Peter warf einen weiteren Blick in die Verpackung und zog ein schmales Büchlein hervor. "Ah, das müsste sie sein."

Skalany streckte die Hand aus. "Gib mal her."

Peter wollte ihr das Büchlein reichen, doch es rutschte aus unerfindlichen Gründen aus seiner Hand und fiel unter den Tisch. Vier Oberkörper beugten sich wie auf Kommando unter die Tischkante.

"Ich habe es", rief Jody aus.

Peter kam als Erster wieder unter dem Tisch hervor. Sein Blick fiel unwillkürlich auf das Brett. Verblüfft hielt er den Atem an und blinzelte mehrmals. Bildete er sich das nur ein, oder hatte dieses seltsame Teil gerade wirklich rötlich geleuchtet? Er blickte zu den anderen Dreien, doch die schienen nichts bemerkt zu haben. Jody steckte ihre Nase in die Spielbeschreibung, Skalany fummelte an ihrer Bluse herum und Kermit schenkte Cola nach. Schließlich verbuchte Peter die ganze Sache als Einbildung. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass sich ein seltsames Gefühl in seiner Magengrube ausbreitete.

Kermit meldete sich zu Wort. "Wollt ihr wirklich um diese Uhrzeit noch mit okkultem Zeug herumspielen? Im Internet wird überall vor diesen Dingern gewarnt. An eurer Stelle würde ich die Finger von dem Zeug lassen."

"Oh, oh, lieber Kermit. Hast du Angst, es könnten ein paar Geister aus deiner Vergangenheit erscheinen und uns etwas über dich erzählen?", neckte Skalany.

Peter zuckte zusammen. Er konnte förmlich sehen, wie sich dunkle Wolken über dem Kopf des Ex-Söldners zusammen brauten. Schon warf Kermit seiner weiblichen Kollegin einen bitterbösen Blick zu, den auch die dunkelgrünen Gläser der Sonnenbrille nicht abzuschwächen vermochten.

"Schwafle du nur weiterhin so einen Blödsinn daher und ich stopfe dir die gesamte Ouija Schachtel samt Inhalt in den Rachen", fauchte er düster.

Skalany schaute deutlich indigniert drein und hob beide Hände hoch. "Oh je, da habe ich dich auf dem falschen Fuß erwischt. Das sollte nur ein kleiner Witz sein. Entschuldige bitte, Kermit, ich wollte dir wirklich nicht zu nahe treten."

"Sei froh, dass ich dein Gequatsche deinem Alkoholgenuss zuschreibe. Entschuldigung angenommen", grollte der Detective und lehnte sich mit fest zusammen gepressten Lippen in die Sofakissen zurück.

Zum Glück verkündete Jody in diesem Moment laut, dass sie fertig gelesen habe und erstickte so Skalanys eventuelle Retourkutsche im Keim. In kurzen Worten fasste der blonde Detective zusammen:

"Also, am Besten wäre es, wir spielen es bei Kerzenschein und ohne künstliches Licht, aber es geht notfalls auch so. Wir setzen uns um das Ouija Board herum und legen das Teil hier,", sie deutete auf den dreieckigen Zeiger, "er heißt übrigens Planchette, in die Mitte des Buchstabenkreises. Bevor wir anfangen, wird angeraten uns vor bösen Geistern zu schützen, indem man ein Gebet spricht. Anschließend legt jeder von uns einen Finger auf die Planchette. Tja, und dann bitten wir eben einen Geist zu uns zu kommen und wenn die Ankunft auf dem Board bejaht wird, können wir Fragen stellen. Allerdings sollen wir niemals um einen physikalischen Beweis bitten, ob der Geist tatsächlich da ist, denn das macht ihn anscheinend böse. Sind wir fertig mit der Geisterbefragung, bitten wir den Geist wieder zu gehen - die Planchette sollte dann auf 'Good Bye' fahren - anschließend sprechen wir noch ein Gebet, blasen die Kerzen aus und das soll es dann gewesen sein."

"So ein Blödsinn", murmelte Peter, unhörbar für die anderen vor sich hin und griff nach der Planchette. Er öffnete gerade den Mund, um sich gegen das Spiel auszusprechen, statt dessen sagte er: "Gut, dann fangen wir an. " *Nanu?* wunderte er sich. *Das wollte ich doch gar nicht sagen.* Doch gleich darauf verschwand dieser Gedanke, als hätte es ihn nie gegeben.

Kermit erhob sich, sein Gesicht glich einer steinernen Maske. Er verkündete entschlossen: "Das ist mein Zeichen zu gehen. Ihr Kinder könnt alleine spielen!"

"Nun komm schon, überlege es dir noch mal. Es macht bestimmt Spaß, sei kein Spielverderber. Hier...fang!", rief Peter aus und warf die Planchette dem überraschten Ex-Söldner zu, der sie rein instinktiv auffing.

Innerhalb von Sekunden veränderte sich Kermits verkrampfte Haltung. Die Muskeln lockerten sich und ein erwartungsvolles Lächeln überzog das Gesicht des älteren Mannes. "Wenn ich schon stehe, dann kann ich gleich die Kerzen holen."

Skalany und Jody, die einträchtig ihre Nasen in das Büchlein gesteckt hatten, jede von ihnen hielt eine Seite des Buches fest, blickten auf und erwiderten zeitgleich: "Sehr schön. Let's get the party on the road."

Kurze Zeit später standen auf dem Tisch nur noch das Ouija Board, die Planchette, vier weiße Kerzen und die Colagläser. Kermit zog ein Feuerzeug aus der Hose und entzündete die Kerzen. Peter machte das Licht aus und kehrte zu seinem Platz neben Jody zurück. Der blonde Detective übernahm vorerst die Führung. Sie meinte: "Im Buch steht, man soll sich vor dem Einfluss der negativen Kräfte schützen, indem man ein Gebet spricht, bevor man anfängt."

"Das hast du vorhin schon gesagt", erwiderte Skalany.

"Na und? Besser zwei Mal als gar nicht", antwortete Jody spitz und griff über den Tisch nach der Hand ihrer Kollegin fürs Gebet. Auffordernd schauten sie Peter und Kermit an, doch keiner der beiden machte Anstalten die dargebotene Hand zu ergreifen.

"Ich bete nicht", bekannte Kermit kurz und Peter erklärte: "Ich bin Buddhist, ich spreche keine christlichen Gebete."

Jody zuckte nur die Schultern. "Ihr müsst wissen, was ihr tut. Ich persönlich halte mich an die Vorschriften im Buch." Dann sprachen sie und Mary-Margaret ein kurzes Gebet und baten um Schutz vor bösen Geistern. Nachdem sie geendet hatten, richteten sie sich wieder auf und schauten gespannt auf das Brett.

"Von mir aus kann es los gehen", gab Jody den Startschuss.

 

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