Peter fühlte sich um Tonnen erleichtert, als er in die Arme seines Vater sank. Eine lange nicht mehr gekanntes Gefühl kam in ihm auf, etwas, das er in der letzten Zeit so vermisst hatte. Doch nun die Liebe seines Vaters zu spüren war einfach wunderbar. Wie viel würde er nur dafür geben, diesen Moment immer wieder erleben zu dürfen, zu wissen, dass sein geliebter Vater bei ihm war, dass er die Probleme des Alltags nicht mehr alleine lösen musste. Gedankenverloren hatte er seinen Kopf auf Caines Schulter gelegt, atmete den familiären Geruch seiner Jacke ein, spürte die Wärme, die von seinem Vater ausging. Irgendwann begann Caine damit, seine Hand auf Peters schmerzende Schulter zu legen und er schaffte es mit vorsichtig kreisenden Bewegungen dem unaufhörlichen Pochen ein Ende zu bereiten. Müdigkeit breitete sich in dem jungen Cop aus und er entschloss, sich aus der Umarmung zu lösen. Er wollte nun wirklich nicht in den Armen seines Vaters vor Erschöpfung einschlafen...nicht vor den Anderen. Vorsichtig ließ er los und blickte in die dunklen Augen seines Vaters, entdeckte die Reue über seinen Weggang und die Freude über ihr Wiedersehen. "Du hast mir gefehlt...Paps", neckte er den Shaolinpriester und empfing einen kleinen Puff mit der Faust als Antwort. Caine lächelte breit, doch sein Lächeln gefror, als er etwas hinter seinem Sohn entdeckte. Sofort schubste er ihn beiseite und versteckte auch Lihuah hinter sich. Nach einigen Schrecksekunden erkannte Peter, dass es sich um drei weitere Agenten handelte, die mit gezogenen Waffen aus ihrem Versteck hervor kamen. "Was für ein rührendes Wiedersehen...", heuchelte einer der Männer und deutete Kermit an, die Waffe zu senken. Wissend, dass Caine ihnen weit überlegen war, tat er es. "Nicht so rührend wie dich im Knast zu sehen!", fauchte Peter zurück und trat einen Schritt vor, doch sein Vater hielt ihn zurück. "Nicht", warnte er und der junge Polizist hielt sich zurück. "Willst du noch ein Loch mehr im Körper, Jungchen? Wie wär's diesmal mit deinem Kopf?", fragte der Mann zurück und richtete die Waffe auf Peter. "Das...wird nicht nötig sein", erklärte Caine mit seiner monotonen Stimme und gewann wieder die Aufmerksamkeit der Männer für sich. "Dann gib uns das Wunderkind!", forderte der Anführer der drei Männer und wedelte mit seiner Waffe herum. In diesem Moment dachte Peter an seine Beretta, die er noch immer im Gürtel stecken hatte. Doch gerade als er sie ziehen wollte, spürte er Lihuahs Hand auf seiner. "Nicht!", erklärte der Kleine und Peter seufzte leicht. "Ihr zwei seid wirklich zu oft zusammen!", flüsterte er und wandte sich wieder der Unterhaltung zwischen seinem Vater und den Geheimdienstagenten zu. "Es wird mir nicht möglich sein, den Jungen auszuhändigen", sprach Caine und zuckte mit den Schultern, "er...gehört niemanden. Und dies...", der Shaolinpriester machte eine weitreichende Handbewegung,"...ist ein freies Land." "Der Junge gehört zu China. Es ist seine Pflicht, mit uns zu kommen." "Niemand gehört hier zu China!", tönte eine andere Stimme aus dem Wald. Es war Skalany, die zusammen mit Jody hinter den Bäumen Position bezogen hatten. Überrascht blickten die Männer sich nach ihnen um, als ihre Waffen urplötzlich so heiß wurden, dass sie sie nicht mehr halten konnten. Caine, Peter und Kermit nutzten die Gelegenheit, um sie anzugreifen. Während Kermit sich den kleineren der drei schnappte, wollte Caine ihren Anführer übernehmen, doch Peter winkte ab. "Lass nur Paps!", sprach er und verpasste dem Mann einen heftigen Kinnhaken, "mit links geht's noch!" Schon bald lagen die Männer ausgestreckt am Boden und Mary Margret und Jody kamen auf sie zugelaufen, zusammen mit mehreren Polizisten. Streifenwagen erschienen hinter ihnen, die vermutlich vorerst zurückgeblieben waren, hatten sie doch die Situation nicht weiter zuspitzen wollen. "Caine!", rief Skalany überglücklich und umarmte den älteren Mann, während Jody sich auf Peter stürzte. "Wir waren so besorgt um euch!", beschwerte sich die blonde Polizistin und gab Acht, nicht in die Nähe von Peters Verletzung zu kommen. "Und was ist mit mir?", fragte Kermit, als niemand kam, um ihn zu umarmen. "Das werde ich erledigen!", sprach Simms, als sie aus einem der Streifenwagen stieg, "Wie war das, Detective Griffin, wir sollten zur Andrews Bridge fahren?!" Der Tonfall des Captains war alles andere als freundlich. Peter bekam es mit und tauschte Blicke mit dem Ex- Söldner. Er wusste, dass Kermit Paul schützen musste und dafür war er ihm dankbar. "Ich habe es ihm gesagt", erklärte er dann schulterzuckend, "die Männer, die mich verfolgt haben, hatten davon gesprochen. Ich habe Kermit gesagt, er solle ihnen folgen, aber er wollte lieber bei mir bleiben um sicher zu gehen, dass es mir gut geht." Kate Simms war zum zweiten Mal an diesem Tag unsicher, ob sie ihren Detectives die Geschichte abnehmen sollte. Für sie wirkte es eher so, als hatte man sie in die Irre leiten wollen. "Warum habe ich bei Ihnen immer das Gefühl, Sie machen mir etwas vor?", fragte sie und wartete auf die Reaktion der Männer. Wieder wurden Blicke ausgetauscht, bis ein leichtes Grinsen ihre Lippen umspielte. "Ich werde der Sache nachgehen, meine Herren....aber ich bin froh, dass es Ihnen gut geht, Detective Caine", sprach sie dann und seufzte. "Wenn mir jetzt noch jemand genauestens erklären könnte, was hier eigentlich vor sich geht..." +++ Es dauerte nicht lange, bis Peter sich im Krankenwagen wieder fand, wo seine Verletzung fachmännisch versorgt wurde. Trotz des überraschenden Wiedersehens mit Caine drifteten seine Gedanken doch immer zu Paul. Er versuchte das bisschen an Erinnerung zusammenzukratzen, was von der Hetzjagd durch den Wald noch übriggeblieben war. Wieder sah er, wie seine Beretta auf ihn gerichtet wurde, plötzlich die zwei Schüsse, die Ungewissheit, was nun passieren würde. "Peter, Ich bin es!" Immer wieder hörte er die Worte seines Ziehvaters, versuchte in Gedanken das Geschehene weiter zu spinnen, wollte herausfinden, was während seiner Bewusstlosigkeit passiert war. Doch es brachte nichts. Die Erinnerungen waren zu verschwommen, und die Schmerzmittel, die man ihm mittlerweile verabreicht hatte, taten ihr übriges. Warum war Paul nicht etwas länger dageblieben? Peter hätte viel dafür gegeben, seinen Ziehvater umarmen zu können, nur ein kurzes Wiedersehen, nicht mehr. Aber erneut traf ihn die harte Realität und er war wieder allein - nein, eigentlich war er nicht mehr allein. Sein Vater war schließlich wieder da! Die Frage war bloß, für wie lange... Eine Hand berührte seinen linken Arm und Peter erwachte aus den Tagträumen. Jody war zu ihm gelaufen und blickte ihn besorgt an. "Alles klar, Partner?", fragte sie und er nickte automatisch. "Ich bin okay.". Diese Antwort kam selbst für die blonde Polizistin zu schnell. Jody kniete sich auf Augenhöhe zu ihm herunter und musterte ihn. Peter saß auf einer Stufe des Krankenwagens, abgeschottet von dem Ort, an denen ihnen die Männer begegnet waren, außer Sichtweite der Presse, die mittlerweile Wind von der Aktion bekommen hatte. Müde blickte er vor sich hin, so als...als grübele er über etwas... Ein besorgter Blick traf die zwei haselnussfarbenen Augen, die noch immer voller Schmerz waren. "Was ist passiert?", fragte sie eindringlicher, doch Peter winkte ab. Er musste seinen Ziehvater beschützen. "Nichts weiter. Es ist nur...immer noch der Schock, nichts weiter. Wo ist Paps?" Die Ablenkung wirkte und Jody sah sich nach Caine um. "Er hat gesagt, er müsse erst den Jungen in Sicherheit bringen, danach käme er nach Chinatown zurück...ich glaube, er ist schon gegangen." Peter nickte und senkte müde den Kopf. "Das ist mal wieder typisch für ihn..." Er ließ den Kommentar im Raum stehen, ließ Jody herausfinden, ob es nett oder bösartig gemeint war. "Weißt du...", begann die Polizistin nach einer kurzen Pause, "ich habe mir wirklich Sorgen um dich gemacht. Nachdem wir den Stealth und die Leiche im Canyon gefunden haben, dachte ich, du..." Eine Träne lief ihre Wangen herunter und Peter wischte sie mit dem Daumen weg. Sekunden vergingen, in denen beide nur die Berührung genossen, ihre gegenseitige Zuneigung spürten und auf den nächsten Schritt warteten. Peter war mutig genug und ließ seine Hand sanft weiter nach unten gleiten, bis seine Finger ihr Kinn erreichten. Ohne viel Gegenwehr zog er Jody näher an sich heran und küsste sie auf den Mund. Die Geste blieb nicht unerwidert und die Polizistin schlang ihre Arme um Peter und hielt ihn fest. Er genoss ihre sanften Lippen auf seinen und schloss die Augen. Wie lang hatte er sich schon danach gesehnt? Wie oft hatte er sich selbst als Narren hingestellt, wollte er doch nie eine Beziehung mit einer anderen Polizistin anfangen, doch nun genoss er den Gedanken. Jody war in den letzten Jahren ein wichtiger Bestandteil seines Lebens geworden, sie war für ihn da, wenn er sie brauchte, hielt tagelang an seinem Krankenbett Wache, wenn er sich mal wieder nicht vor einer Kugel ducken konnte. Sie war etwas ganz besonderes. Ihr Kuss wurde nach kurzer Zeit durch Rufe jäh unterbrochen. Skalany und Kermit waren auf der anderen Seite des Krankenwagens, wissend, was sich dahinter abspielen könnte, stehen geblieben. Also gaben sie Peter und Jody Gelegenheit, sich voneinander zu lösen. Dieser entließ sie nur ungern aus seinen Armen, stand dann aber auf und kam den beiden Polizisten entgegen, gefolgt von seiner Partnerin. "Was gibt es?", fragte er, noch immer schwindelig von seiner Verletzung...oder Jodys Kuss. Skalany und Kermit wirkten erstaunt, beließen es dann aber bei einem leichten Lächeln. "Wir packen die Zelte zusammen. Ich dachte, ihr wollt auch mit aufs Revier kommen.", erklärte Mary Margret, "Kermit könnte dich von da aus ins Krankenhaus fahren. Schließlich nehme ich nicht an, dass du den Ambulanzwagen nehmen willst." Die dunkelhaarige Polizistin deutete Peters Lächeln richtig und legte ihm eine Hand auf die unverletzte Schulter. Als Kermit grinsend bereits wieder auf dem Weg zum Streifenwagen war, flüsterte sie in Peters Ohr. "Wisch dir vorher noch den Lippenstift ab. Rot steht dir nicht besonders..." +++ Es war ein langer Abend bei Chandlers gewesen und Peter hatte ihn sichtlich genossen. Das Wissen, dass sein Vater zurückkehren würde und die Freude über die neubegonnene Beziehung mit Jody beflügelten ihn. Tatsächlich war er endlich mit sich selbst im Reinen. Er wusste, dass sich alles von selbst lösen würde, es brauchte nur etwas...Zeit. Skalany hatte die kleine Feier bei Chandlers organisiert und das halbe Revier eingeladen. Sogar Captain Simms hatte sich den Abend frei genommen, um die Verhaftung der chinesischen Agenten zu feiern. Zudem fiel Brodericks Geburtstag auf diesen Tag und jeder genoss die Stimmung. Jody und Peter hatten den gesamten Abend mit Kermit, Strenlich, Skalany und Simms in einer der Eckbänke statt am Tresen verbracht. So konnten sie sich trotz der lauten Musik noch gut unterhalten und genossen etwas mehr Privatsphäre. Während Jody eher zurückhaltend war, fanden Peter und Kermit sich in der besten Stimmung und scherzten unentwegt. Selbst der Captain schien sichtlich entspannter als noch zuvor, nachdem sie alle um das Leben des jungen Detectives gebangt hatten. "Und dann hat unser Kid hier sich diesen Typen vorgeknöpft und mit der linken Hand bewusstlos geschlagen!", erklärte Kermit überlaut und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. Peter musste grinsen und schaute in sein Bierglas. Nach einer Woche Alkoholverbot und Schmerztabletten war dies endlich mal wieder ein gelungener Abend. Außerdem saß Jody neben ihm, legte ihm dann und wann einen Arm um die Hüfte, berührte seine Hand unter dem Tisch oder lehnte sich einfach nur an. Es fühlte sich gut an, endlich wieder jemanden zu haben, der sich um ihn kümmerte. Zu lange schon war er wie ein einsamer Wolf durch die Stadt gestreift, ließ niemanden an sich heran und wurde aggressiv, wenn ihm jemand zu nahe kam. Diese Zeit war nun endlich wieder vorbei und Peter genoss es sichtlich. Als sich der Abend dem Ende neigte beschloss er, sich aufzumachen, um Caines Apartment herzurichten, bevor dieser zurückkehrte. Für Peter war er mittlerweile klar, dass er wiederkommen würde, sein Vater log ihn nicht an, wenn es um solche Dinge ging. Leider hatte er das WANN nicht beantwortet und um seiner Vorfreude über das Wiedersehen Einhalt zu gebieten beschloss er, sich auf den Weg nach Chinatown zu machen. Er verabschiedete sich von seinen Freunden und erklärte Jody, warum er alleine losziehen musste. Es gab ihm einfach ein beruhigendes Gefühl wieder dort zu sein, die geistige Präsenz seines Vaters zu spüren und zu meditieren. So machte er sich auf den Weg zum Parkplatz, wo sein frisch reparierter Stealth auf ihn wartete. Sogar die Kratzer unter der Stoßstange waren fachgerecht versorgt worden, so dass der Wagen wie neu aussah. Seufzend öffnete er die Tür, als ihn seine Sinne dazu drängten, sich umzusehen. Jemand beobachtete ihn, das spürte er förmlich. Nervös griff er nach seiner Waffe, die er fast immer bei sich trug und blickte entlang der dunklen Dächer des Bezirks. Aber so oft er sich auch umsah, er konnte niemanden erkennen. Im Augenwinkel sah er plötzlich eine Bewegung und drehte sich schnell um. Einige Blocks von ihm entfernt hatte ein Mann mit einem langen dunklen Mantel gestanden und ihn beobachtet. Als er mitbekam, dass Peter ihn sah verschwand er schnell um eine Ecke und der Polizist nahm die Verfolgung auf. Leider half ihm das wenig, denn als er bei der Häuserecke ankam, war bereits niemand mehr zu sehen. Weit und breit war kein Mensch mehr auf den Straßen unterwegs, war es immerhin schon kurz nach Mitternacht. Peter überkam ein Gefühl der Freude als ihm wieder in den Sinn kam, wann er einen solchen Mantel zuletzt gesehen hatte. Dazu der Hut, der die grauen Haare verdeckte... Mit einem Lächeln auf den Lippen machten er sich auf den Weg zurück zum Stealth und versteckte seine Waffe wieder im Holster. Paul hatte damals recht gehabt als er sagte, sie würden sich wiedersehen. Und irgendwann einmal würde es ihm möglich sein, zu seiner Familie zurück zu kehren. Peter hoffte nur, dass dies bald geschehen würde. Zufrieden über die kurze Kontaktaufnahme mit seinem Ziehvater stieg er wieder in den Stealth und machte sich auf den Weg zu Caines Apartment. Dabei übersah er die Figur, die ihn aus der Dunkelheit der angrenzenden Sackgasse aus beobachtete. "Ich werde wieder zurückkehren Peter", sprach Paul leise und blickte dem Stealth hinterher, der sich langsam Richtung Chinatown entfernte, "das verspreche ich dir." Ende
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