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Teil 1 Autor: Fu-Dragon |
"Wow, ich kann es kaum glauben, es ist tatsächlich geschafft." Cara sah sich mit offensichtlichem Stolz in dem Raum um. Ihr ehemals weißes Shirt war übersät mit Flecken und auch der Rest ihres Körpers sah nicht mehr wie aus dem Ei gepellt aus. Einzelne Haarsträhnen lösten sich aus ihrem Zopf und kringelten sich um ihr erhitztes Gesicht. Hände und Arme zierten unter der Schmutzschicht diverse blaue Flecken, doch das störte sie nicht. Ihr Blick schweifte durch den gesamten Raum. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. Sie konnte kaum glauben, wie schnell die letzten drei Monate vergangen waren. Kein Wunder bei dem, was sie in dieser Zeit erlebt hatte. Ihr ehemals ruhiges und zurückgezogenes Leben hatte sich total verändert und dies alles nur durch eine Mail, die irrtümlich an sie geschickt worden war. Der Mann, für den die Nachricht bestimmt gewesen war, Kermit Griffin, hatte sie anfänglich sogar für eine Verbrecherin gehalten. Es stellte sich heraus, dass die Sing Wah, eine Verbrecherorganisation, hinter dem Buch von Shambhala her gewesen waren. Und ausgerechnet dieses Buch, inklusive Schlüssel, hatte sich in ihrem Besitz befunden. Cara und Peter waren von den Sing Wah gekidnappt worden, was in ihr nicht gerade schöne Erinnerungen wach rief. Doch zum Glück waren sie von Kermit und Caine gerettet worden. Dieses Erlebnis hatte einen einschneidenden Eindruck in ihrem Leben hinterlassen. Nicht nur wegen der Entführung, sondern weil das Ganze auch den Tod ihres Mentors, Derek Singer, gekostet hatte. Es tat Cara noch immer sehr weh, wenn sie daran dachte, dass dieser liebenswerte Mensch sinnlos getötet worden war. Mr. Singer hatte sie als Alleinerbin eingesetzt und Cara hatte schwer mit sich gekämpft, weil sie nicht wusste, wie sie mit dem Erbe umgehen sollte. Ein Teil in ihr hatte danach geschrieen, einfach alles zu verkaufen und weiter zu ziehen, sich wieder zu verstecken, doch Peter war es irgendwie gelungen, sie vom Gegenteil zu überzeugen. So hatte sie beschlossen, Mr. Singers Laden in seinem Sinne weiter zu führen. Allerdings hatte sie das Antiquariat in eine Buchhandlung umgewandelt. Damit kannte sie sich besser aus und sie war sich sicher, dass Mr. Singer dem zustimmen würde, da er damals selbst schon mit dem Gedanken gespielt hatte. Genau hier stand sie nun, ein paar Tage vor der Wiedereröffnung, inmitten ihrer Buchhandlung. Prüfend glitt ihr Blick durch den Raum. Die hintere Wand war herausgerissen, um den Verkaufsraum zu vergrößern. Den zusätzlichen Platz, den sie dadurch bekam, nutzte Cara dazu, um eine kleine Lesecke einzurichten. Sogar für eine Spielecke für die ganz Kleinen reichte es. Die Ecke lag etwas abgegrenzt vom eigentlichen Verkaufsraum und hob sich in bunten, hellen Farben vom Rest ab. Der eigentliche Verkaufsraum war ganz in beige gehalten. Um die einheitliche Farbe etwas aufzulockern, hingen bunte Fantasiebilder von Drachen, Einhörnern und fremden Welten an der Wand, die den Betrachter, sofern er es wollte, ins Träumen bringen konnte. Die vielen Regale waren so geschickt angebracht, dass sie sich wie selbstverständlich in das bunte Szenario der Bilder einschmiegten. Mit Absicht waren die Regale nicht zu hoch gezogen, so dass alles sehr viel gemütlicher wirkte. Auch zwischen den großzügig angeordneten Regalen standen Tische und Stühle, an denen sich die Besucher unterhalten oder schmökern konnten. Wenn man ehrlich war, machte die Buchhandlung eher den Eindruck einer gemütlichen Bibliothek, doch das war genau das, was sich Cara wünschte. Dies sollte nicht nur ein reines Geschäft sein, sondern auch ein Treffpunkt für Jung und Alt. Natürlich vorausgesetzt, dass ihr Plan aufging und die Anwohner ihn auch annahmen. Seufzend ließ sich Cara auf eine rote Couch sinken, die sie in eine Ecke gestellt hatte. Endlich war die Arbeit getan, zumindest das Putzen und der Ausbau. Morgen musste sie nur noch die Bücher in die Regale räumen und Kermit hatte ihr versprochen das Computersystem zu installieren. Damit war dann das Gröbste erledigt. Nachdem nun die meiste Arbeit getan war, merkte sie erst wie schwer sich ihre Beine anfühlten. Sie konnte sich nicht überwinden, den Putzeimer weg zu räumen und beschloss einfach, ein paar Minuten auf der Couch sitzen zu bleiben und sich zu entspannen. Ein Klopfen an der Türe lies sie die Augen verdrehen. Mit einem unterdrückten Stöhnen kam sie auf die Beine und schlurfte Richtung Eingang. Ein freudiges Lächeln erhellte ihr Gesicht, als sie den Besucher erblickte. Sie öffnete schnell die Türe. Peter trat, beladen mit einem großen Karton, in den Raum. "Hi Cara, na wie geht's?", begrüßte er sie. "Super, ich bin fertig." Erstaunen machte sich in Peters Gesichtszügen breit. "Was jetzt schon? Mann, du musst geackert haben wie ein Pferd." Er grinste breit. "Man sieht es auch, der Raum sieht super aus. Du hast hervorragende Arbeit geleistet, aber wenn ich dich so anschaue..." Peter beendete den Satz nicht, er betrachtete sie nur von oben bis unten. Cara errötete leicht, als ihr bewusst wurde, wie schmuddelig sie aussehen musste und wechselte schnell das Thema, bevor Peter sie weiter ärgern konnte. "Was hast du denn in deiner Schachtel? Es duftet verführerisch." "Ich dachte, ich bring uns eine Pizza mit. So, wie ich dich kenne, hast du sicher den ganzen Tag nur geschuftet und nichts gegessen." Cara senkte schuldbewusst den Blick. "Ich wollte eben fertig werden, aber nun da du es erwähnst: Ich habe tatsächlich einen Riesenhunger." Peters Grinsen wurde noch breiter. "Worauf warten wir dann noch? Du gehst duschen und ich wärme inzwischen die Pizza auf. Kalt schmeckt sie mir nicht so besonders." Cara warf ihm einen koketten Blick zu. "Peter, mein Lebensretter, was würde ich nur ohne dich tun?" "Verzweifeln", lautete die kurze, aber prägnante Antwort, in der mehr Wahrheit steckte, als die junge Frau zugeben wollte. Cara, die nicht wusste was sie darauf erwidern sollte, gab Peter einen spielerischen Schubs in Richtung Hinterzimmer. Er stolperte theatralisch einen Schritt nach vorne und folgte ihr dann. Einträchtig liefen sie nebeneinander die Treppen in den zweiten Stock hoch. Hier hatte Cara eine kleine Wohnung eingerichtet, nur für den Fall, dass sie einmal zu müde sein sollte, um nach Hause zu fahren. Peter ging geradewegs in die winzige Küche, um die Pizza in den Ofen zu schieben, und Cara beeilte sich unter die Dusche zu kommen. Knappe zehn Minuten später kam sie in einem frischen buntbedrucktem Shirt und knappen Shorts zurück, die noch feuchten Haare hingen ihr offen über die Schultern. Peter hatte es sich mit geschlossenen Augen auf der Couch gemütlich gemacht. Clumsy, ihr Kätzchen, das ihr Kermit geschenkt hatte, nachdem ihr Kater Benny ebenfalls von den Sing Wah umgebracht worden war, hatte es sich in Peters Schoß gemütlich gemacht. Cara musste lächeln als sie die beiden so liegen sah. Peter wirkte so friedvoll und ruhig wie er so dalag, dabei wusste sie, dass er tief in seinem Inneren mit vielen Problemen zu kämpfen hatte. In den letzten drei Monaten hatte sich eine tiefe Freundschaft zwischen ihnen entwickelt. Cara konnte nicht sagen wieso und warum, es war einfach passiert. Sie vertraute ihm vollkommen, etwas das sehr selten bei ihr war. Vielleicht lag es an dem Erlebnis in den Händen der Sing Wah, doch daran glaubte sie nicht so ganz. Eher wohl, weil sie seinen Schmerz, den er in sich trug, gut verstehen konnte, auch wenn er nicht darüber redete. Mit Caine, Peters Vater, verstand sie sich mittlerweile ebenfalls ganz gut, obwohl sie ihm am Anfang ziemlich skeptisch gegenüber gestanden hatte. Cara hatte Peter geholfen, das Appartement im zweiten Stock im Hause seines Vaters auszubauen, nachdem Caine von seiner Reise nach Frankreich zurückgekehrt war. Dabei hatte sie eine Menge neuer Leute kennen gelernt. Die meisten waren Freunde vom Revier. Kermit kannte sie schon, dann gab es noch Skalany, Jody, T.J., Blake, Broderick, Chief Strenlich, seine Schwestern Kelly und Caroline und sogar den Captain. Alle hatten Peter geholfen das Appartement einzurichten, so dass es schneller als erwartet fertig geworden war. Cara hatte die Zeit sehr genossen, es hatte sie von all den Ereignissen abgelenkt, mit denen sie noch immer Probleme hatte. Zugeben würde sie das allerdings nie. Nicht einmal gegenüber Peter oder Kermit. Einzig Caine schien zu ahnen, was in ihr vorging, denn er hatte sie schon mehrmals darauf angesprochen, ob sie nicht an seinem Unterricht teilnehmen wollte, was sie bis jetzt dankend abgelehnt hatte. Nachdem Peters Appartement eingerichtet war, hatten sie begonnen, das ehemalige Antiquariat umzubauen. Cara hatte lange gebraucht, um sich dazu zu entschließen, doch nun war sie froh, es getan zu haben. Sie konnte stolz sein auf das, was sie bis jetzt geleistet hatten. Nun, da das ehemalige Antiquariat nicht mehr so aussah wie früher, konnte sie sich auch damit abfinden, jeden Tag in dem Geschäft zu stehen. Sie war sich sicher, hätte sie das Geschäft in seinem ursprünglichen Zustand gelassen, hätte sie das nicht gekonnt. Zu sehr schmerzte es sie, dass ihr Mentor Mr. Singer nicht mehr lebte. Sie war noch nicht einmal in der Lage gewesen das Appartement, das Mr. Singer bewohnt hatte, aufzulösen. So bezahlte sie weiterhin die Miete und hoffte, dass sie irgendwann die Kraft hatte, es zu betreten. Cara verzog das Gesicht und schob schnell die unangenehmen Gedanken zur Seite. Sie ging sie in die Küche und holte die Pizza aus dem Ofen. Aus dem kleinen Küchenschrank holte sie Teller und Besteck. Von dem Lärm aufgeschreckt, erwachte Peter mit einem Ruck. Clumsy warf er dabei fast von seinem Schoß. Das Kätzchen miaute leise und schaute ihn, wie es schien, strafend an. "Oh, oh, da bin ich doch glatt auf deiner Couch eingeschlafen", meinte Peter und kraulte den Fellball entschuldigend hinter den Ohren. Cara lächelte ihn an. "Hattest wohl einen harten Tag, was?" Peter seufzte schwer, stand auf und nahm ihr die Teller ab, die er auf den Glastisch stellte. "So kann man es sagen. Paps hat mich tüchtig in Kräuterkunde heran genommen und dann haben wir den restlichen Tag miteinander verbracht, uns in Kung Fu zu üben und die Patienten zu behandeln. Glaube mir, ich hatte keinen Moment Ruhe dazwischen. Wie Paps das immer schafft ist mit rätselhaft. Neben ihm komme ich mir ständig wie ein kleiner Schuljunge vor." "Och, du armer, kleiner Peter du. Du tust mir ja so leid", neckte sie ihn mit einem breiten Grinsen. "Da siehst du eben, dass ein Brandmal noch lange keinen Priester abgibt. Du weißt: Man lernt nie aus." Peter verdrehte die Augen. "Oh Mann, hör bloß auf. Du hörst dich langsam schon wie mein Vater an", beschwerte er sich. Cara zog gekonnt die Augenbraue in die Höhe, eine perfekte Imitation von Caine, und setzte sich neben ihn. "Jeder so, wie er es verdient, mein lieber Peter. Nach allem was du mir so erzählst, frage ich mich, wie du das alles geschafft hast, während dein Vater weg war." "Da hatte ich Lo Si, der sich um die Patienten gekümmert hat. Ich weiß ja, dass ich in der Richtung noch einiges zu lernen habe." "Apropos Lo Si. Weißt du schon, wann er wieder zurück kommt? Ich habe so viel von ihm gehört, dass ich ihn gerne kennen lernen möchte." "Keine Ahnung. Lo Si scheint es bei seinen Verwandten gut zu gefallen. Er scheint noch keine Anstalten zu machen, zurückkommen zu wollen. Allerdings, du weißt wie es ist, plötzlich sind sie wieder da." Cara ahnte, dass Peter bei diesen Worten an seinen Vater dachte, der damals, als es wirklich brenzlig wurde, wie aus dem Nichts aufgetaucht war und sie gerettet hatte. Peinlich berührt, dass sie dieses Thema wieder aufgeworfen hatte, streckte sie die Hand aus und griff nach einem Stück Pizza. Sie hörte wie Peter neben ihr scharf die Luft einzog. Im nächsten Moment umschloss er ihr Handgelenk und drehte sie zu sich. Er ergriff auch ihren anderen Arm und schaute ihn sich an. Sanft strich er über die zahlreichen Schnitte und blaue Flecke. "Wer hat dir das angetan?", erkundigte er sich mit düster zusammen gezogenen Augenbrauen. Cara blickte ihn erstaunt an, im ersten Moment war ihr nicht klar auf was er hinaus wollte, dann kam die Erleuchtung. "Das war ich, Peter", meinte sie. Fragend blickte er sie an. "Du? Ich wusste bis jetzt nicht, dass du einen Hang zur Selbstverstümmelung hast. Damit solltest du dringend Hilfe suchen." Cara verdrehte entnervt die Augen, manchmal saß Peter auf der Leitung. Vor allem, wenn er in seinen 'ich beschütze meine Lieben', Modus fiel. "Das habe ich sicher nicht, mein lieber, schwerfälliger Peter. Heute Nachtmittag sind die restlichen Bücherkisten angekommen, da habe ich wohl nicht immer aufgepasst. Außerdem sind das nur ein paar Kratzer, die verheilen schnell." "Und du hast die schweren Bücherkisten ganz alleine herein geschleppt? Ich wünschte wirklich, du wärst ein wenig vernünftiger. Du hättest mich anrufen können, dann hätte ich dir geholfen. Die Teile sind viel zu schwer für dich." "Ich hatte doch Hilfe. Zwei Kinder aus der Nachbarschaft sind zufällig vorbei gekommen und haben mir spontan geholfen. Außerdem hast du mir selbst erzählt, dass du heute sehr beschäftigt warst", verteidigte sie sich. "Lass mich raten, liebste Cara. Das waren sicherlich Lucy und Linda, die beiden vierjährigen Zwillinge von Mrs. Sung. Du hast ihnen, da sie helfen wollten, zwei drei Bücher in die Hand gedrückt und den Rest selbst ins Haus geschafft", erwiderte er prompt. Cara senkte den Kopf. Sie spürte wie heiße Röte in ihre Wangen lief. Peter hatte den berühmten Nagel auf den Kopf getroffen. Sie saß da, wie das personifizierte schlechte Gewissen. "Dachte ich es mir doch", meinte der junge Shaolin grimmig. "Hast du dich sonst noch irgendwo verletzt? Gezerrte Muskeln, verrenkte Wirbel?" Peter begann ihre Schultern und den Nacken abzutasten. Cara schnappte empört nach Luft. "Hey, was soll das? Lass gefälligst deine Hände bei dir! Ich bin kein Kind mehr, Peter Caine und kann sehr wohl alleine beurteilen, ob mir etwas weh tut oder nicht!", rief sie aus. Instinktiv hielt sie seine Handgelenke fest und zog sich ein wenig zurück. Peter ließ langsam die Hände sinken und starrte sie an. "Ach? Dann benimm dich erstens nicht wie ein Kind und zweitens hast du eben zugegeben, dass du Schmerzen hast!" "Nun mach bloß aus einer Mücke keinen Elefanten. Wenn ich sage es geht mir gut, dann geht es mir auch gut, verdammt noch mal. Warum bist du nur immer so herrisch und besitzergreifend?", explodierte nun Cara und sprang auf die Beine. Wie ein Racheengel, mit in die Hüften gestemmten Händen, stand sie vor ihm und fixierte ihn mit einem lodernden Blick. Peter fuhr sich frustriert durch die Haare und atmete tief ein. Sie hatte ja recht, er hatte mal wieder eindeutig überreagiert. Sein Beschützinstinkt war nun mal sehr ausgeprägt. "Schau mal, Cara, lass uns bitte nicht streiten. Es tut mir leid, okay?" Sein Blick wirkte wie der eines traurigen kleinen Jungen und er verfehlte seine Wirkung auf Cara mal wieder nicht. So schnell, wie sie in die Luft ging, so schnell beruhigte sie sich auch wieder. Schräg lächelnd nahm sie neben Peter Platz und meinte: "Okay, kein Streit. Schon gar nicht aus so einem blödsinnigen Grund. Tut mir leid, dass ich so in die Luft gegangen bin. Wir sind heute wohl beide ziemlich gestresst." Peter erwiderte erleichtert ihr Grinsen und reichte ihr ein Stück Pizza. "Na komm, essen wir. Wird Zeit, dass wir beide etwas in den Magen bekommen, bevor die Pizza wieder kalt ist." Eine halbe Stunde später, nachdem sie gegessen hatten, das Geschirr gespült war und Peter, trotz Caras Protest, ihre Arme behandelt hatte, saßen sie einträchtig dicht aneinander geschmiegt auf der Couch. Cara kuschelte sich an seine Schulter und Peter hatte den Arm um sie gelegt. Beide genossen das Gefühl der Nähe und ließen sich in ihren Gedanken treiben. Allerdings gelang es Cara immer weniger, ein Gähnen zu unterdrücken und auch Peter fielen immer wieder die Augen zu. Schließlich meinte Cara: "So gemütlich das auch gerade ist, aber ich denke, ich werde jetzt nach Hause fahren. Ich bin hundemüde." Peter hob ihr Kinn an und schaute ihr in die Augen. Er sah deutlich, dass sie mehr als nur müde war. "Auf keinen Fall fährst du nach Hause. Du bleibst entweder hier, oder kommst mit zu mir. Du kannst ja kaum noch die Augen offen halten." Cara rückte ein Stück von ihm weg und streckte sich wie eine Katze. "Also, so fit bin ich schon noch, dass ich die paar Minuten nach Hause fahren kann", entgegnete sie. "Sorry, Süße, aber das lasse ich nicht zu. Am Ende schläfst du hinter dem Steuer ein und baust einen Unfall." Cara verdrehte die Augen. "Hängst du schon wieder den großen Beschützer heraus oder wie? Ich bin erwachsen, falls es dir entgangen sein sollte." Peter erhob sich und starrte von oben herab auf sie herunter. "Tut mir leid, Cara, aber in der Sache gehe ich keinen Kompromiss ein. Ich war lange genug Cop, um zu bemerken wie weit ein Mensch noch gehen kann oder nicht." Cara sah ihm an, dass er es absolut Ernst meinte. Stur wie sie war, wollte sie aber nicht zugeben, dass er recht hatte und legte sich schnell einen Plan zurecht. "Gut, okay du hast gewonnen", stellte sie ein wenig zu beiläufig fest. "Ich werde hier bleiben." *Bis du gegangen bist*, fügte sie in Gedanken hinzu. Peter, der sie noch immer unauffällig beobachtete, stellte schnell fest, dass sie nicht die Absicht hatte hier zu bleiben. Das sagte ihm schon alleine die Art, wie sie es vermied ihn direkt anzublicken. "Cara, habe ich dir schon gesagt, dass ich es hasse, angelogen zu werden? Da kann ich wirklich böse werden und ich sage dir, du bist noch nicht zu alt, um von mir übers Knie gelegt zu werden", erwiderte er in einem Tonfall, der deutlich machte, dass er genau das meinte, was er sagte. Cara schaute ihn mit aufgeklappter Kinnlade an. "Bitte was?" "Du hast mich schon verstanden. Versuche nicht, mich hinters Licht zu führen lautet die Botschaft." "Ich habe dich nicht angelogen", wehrte sie sich. "Aber du hast mir auch nicht die ganze Wahrheit gesagt, das kommt einer Lüge gleich. Oder stimmt etwa nicht, was ich sage? Hast du es wirklich nötig, einen Freund hinters Licht zu führen?" Der letzte Teil seines Satzes klang sehr traurig, so dass sich bei Cara sofort Gewissenbisse meldeten. Sie merkte, dass sie ihn damit verletzt hatte. Cara ließ den Kopf hängen und erwiderte leise: "Tut mir leid, Peter. Stimmt, ich habe nicht die ganze Wahrheit gesagt, aber ich wollte dich damit sicher nicht verletzen." Peter nahm ihr Gesicht in beide Hände und schaute ihr tief in die Augen. Diesmal wich sie seinem Blick nicht aus. "Cara, ich verlange wirklich nicht viel von einer Freundschaft, aber eines der wichtigsten Dinge für mich sind Ehrlichkeit und Vertrauen. Ob du nun einen Teil der Wahrheit verschweigst oder nicht, das Ergebnis bleibt dasselbe und du hast das heute schon zum zweiten Mal gemacht. Ohne Ehrlichkeit kann auch kein Vertrauen existieren. Bitte, tu mir den Gefallen und tue mir so etwas nie wieder an. Du verletzt mich damit wirklich sehr, weil ich dich sehr gerne habe und ich um dich besorgt bin", sprach er eindringlich auf sie ein. Sein ganzer Schmerz und Qual lagen in seinen haselnussbraunen Augen, es war gut versteckt, aber Cara bemerkte es dennoch. Sie wusste, dass er mehr als einmal im Leben von Menschen, denen er vertraut hatte, belogen und betrogen worden war. Teile seiner Lebensgeschichte fielen ihr wieder ein und ihr war sofort klar, woher das kam. Sie kam sich vor wie ein Schwein, weil sie es diesmal war, die ihn so verletzt hatte bzw. die unangenehme Erinnerungen in ihm geweckt hatte. Eine einzelne Träne lief ihr über die Wange. Peter wischte sie sanft mit dem Daumen ab. "Es tut mir wirklich sehr, sehr leid Peter. Ich...ich...nach dem Tod meiner Eltern wollte ich, wie du weißt, meine Ruhe haben. Ich fing an die Menschen, die sich mir näherten anzulügen. Ich nahm zum Beispiel eine Einladung zur Geburtstagsfeier an und bin nie erschienen und solche Sachen. Wahrscheinlich ist mir das schon so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich mir gar nichts mehr dabei denke. Aber das Letzte, was ich auf dieser Welt will, ist, jemanden, den ich sehr gerne habe zu verletzen, doch genau das habe ich gerade getan. Ich verspreche dir, ich werde dich nie wieder wissentlich anlügen. Verzeih mir bitte." Im nächsten Moment lag sie in seinen Armen. Peter drückte sie so eng an sich, dass ihr fast die Luft weg blieb. Cara konnte das Zittern in ihrem Körper nicht unterdrücken, als ihr plötzlich bewusst wurde, wie schnell eine Freundschaft auch wieder beendet sein könnte, wenn sie so weiter gemacht hätte. Ihre größte Angst war es, die Menschen zu verlieren, die ihr nahe standen. Sie hatte Jahre gebraucht, um überhaupt wieder jemanden an sich heran zu lassen und innerhalb von drei Monaten hatten es gleich drei Menschen geschafft ihr so nahe zu kommen. Peter, Kermit und Caine. Der Gedanke auch nur einen der Drei zu verlieren war schrecklich. Zumal Peter derjenige war, der ihr von allen am nächsten stand. Sie ahnte nicht, dass ihre Gedanken im Moment wie ein offenes Buch vor Peter lagen. Durch die enge Umarmung bekam er jeden einzelnen Gedanken von ihr so deutlich mit, als hätte sie laut geredet. "Schon gut", flüsterte er ihr ins Ohr. Der junge Shaolin hielt sie weiter fest, schloss die Augen und versuchte, ihr von seiner Ruhe etwas abzugeben. Wie schon so oft wunderte es ihn, wie empfänglich sie für seine Ströme war. Er wartete geduldig bis ihr Zittern aufgehört hatte, bevor er sie aus seinen Armen entließ. Zärtlich strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und meinte leise, da er spürte, dass sie nicht alleine sein wollte: "Zeit für dich ins Bett zu gehen, Kleines. Hast du was dagegen, wenn ich heute Nacht auch hier bleibe? Ich fürchte, ich bin ebenfalls zu müde, um noch Auto zu fahren. Ich kann ja auf dem Boden schlafen." Cara nagte nachdenklich an ihrer Unterlippe. Man konnte ihr ansehen, wie sie mit sich kämpfte, schließlich meinte sie: "Unsinn, das brauchst du nicht. Das Sofa ist ausziehbar und groß genug für uns beide. Solange du versprichst anständig zu sein." Peter war froh, dass Cara einen Anflug von Humor zeigte. Theatralisch hob er die Hände hoch und erwiderte in absolut unschuldigem Ton: "Ich bin doch immer anständig." "Ja, ja, aber nur wenn du schläfst", murmelte Cara. Peter zog sie an sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Und genau das habe ich vor, holde Maid", bemerkte er grinsend. Cara grinste nun ebenfalls und streckte sich. "Gut, dann ziehst du jetzt die Couch aus und ich hole die Bettwäsche, die ich gestern zum Glück mitgebracht habe." Knappe fünf Minuten später war alles erledigt. Peter hatte sich bis auf seine Boxershorts ausgezogen, um es gemütlicher zu haben. Cara blieb so wie sie war. Sie schlüpfte an das eine Ende der Couch. Peter legte sich neben sie, ohne, dass er sie berührte und zog die Decke über sie beide hinauf. Cara löschte das Licht. "Gute Nacht Peter." "Gute Nacht, Cara, träum was schönes." "Du auch." Dann wurde es still. Anfang Traumsequenz "Cara, Cara! Um Himmels willen wach auf!" Eine tiefe, besorgte Stimme drang durch die Dunkelheit. Hände hielten ihre Schultern umfasst und schüttelten sie. Jemand schrie. Sie schrie. "Wach auf... Sofort!" Die Stimme duldete keinen Widerspruch, durchbrach die Barriere, welche sie im Griff hielt. Mit einem letzten Schrei kam Cara zu sich und setzte sich kerzengerade auf, die Hände vors Gesicht geschlagen. "Bitte nicht, nein, bitte nicht", wimmerte sie in den Nachwehen des Alptraums. Eine Stimme flüsterte dicht an ihrem Ohr: "Scht, schon gut, du hast geträumt. Ich bin hier, es kann dir nichts passieren." Starke Arme schlossen sich um sie und zogen ihren zitternden Körper in eine beschützende Umarmung. Jemand wiegte sie wie ein kleines Kind hin und her, strich in stetigem Rhythmus über ihre Haare und ihren Rücken. Beruhigende Worte wurden ihr zugemurmelt. Es dauerte lange, bis Cara dem schrecklichen Alptraum soweit entrinnen konnte, dass sie die Umgebung und den Mann, der sie in den Armen hielt, wahr nahm und auch das Denken wieder einsetzte. Sie war nicht länger in diesem schrecklichen Szenario gefangen, sondern befand sich in ihrer Zweitwohnung und der Mann, der sie so beschützend in den Armen hielt war Peter. Unangenehm berührt machte sie Anstalten sich aus Peters Armen zu befreien, welcher sie auch sofort los ließ. Haselnussbraune Augen ruhten besorgt auf ihrem Gesicht, beobachteten jede Bewegung von ihr. Cara sagte das erste, was ihr einfiel, um seinem sezierenden Blick zu entkommen: "Sorry, ich muss ganz dringend ins Bad." So schnell sie konnte kletterte sie über Peter, der keinerlei Anstalten machte, seine langen Beine zur Seite zu drehen und flüchtete sich regelrecht ins Badezimmer. Mit zitternden Knien lehnte sie sich gegen die geschlossene Badezimmertüre und drückte ihren Kopf gegen die kühlen Kacheln. Ein paar Mal tief durchzuatmen half ihr, ihre Beherrschung wieder zu erlangen. Ihr war klar, dass sie sich nicht allzu lange hier aufhalten konnte, ohne dass Peter nach ihr schaute. Daher ging sie schnell zum Waschbecken und ließ sich kaltes Wasser sowohl über die Handgelenke, als auch über das Gesicht laufen. Sie strich sich die feuchten Locken aus dem Gesicht und trocknete sich mit dem Handtuch ab. Mit einem letzten tiefen Atemzug öffnete sie die Türe und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer, dabei kam sie sich vor, als ob sie den Gang zum Schafott antreten würde. Sie ahnte, dass Peter nachhaken würde und sie hatte ihm versprochen ihm immer nur die Wahrheit zu erzählen. Cara irrte sich nicht. Peter saß auf der Couchkante, die Decke über seine nackten Beine gezogen. Der Blick, den er ihr zuwarf war unergründlich, zumindest für sie. Leise seufzend fügte sie sich in ihr Schicksal und nahm neben ihm Platz. Sie konnte ihm nicht in die Augen schauen, starrte nur auf ihre Hände, die ihr plötzlich wahnsinnig interessant erschienen. Ihr Verhalten sagte ihm schon alles, was er wissen musste. Er kannte die Anzeichen nur zu genau, denn er wurde selbst von Alpträumen geplagt, die ihn oft nächtelang nicht schlafen ließen. "Wir sollten reden", eröffnete er leise. Cara gab ihm keine Erwiderung, plötzlich schämte sie sich sehr. Peter sprach weiter: "Ich nehme an, es was nicht dein erster Alptraum?" Cara nickte nur. Sie konnte gar nicht mehr zählen, wie oft sie dieser Alptraum heimgeholt hatte. Allerdings war er seltener geworden und da sie ihn schon seit mehreren Tagen nicht mehr geträumt hatte, hatte sie angenommen es würde heute Nacht auch nicht passieren. "Willst du mir erzählen, was du geträumt hast?" Seine Stimme drückte nichts anderes als Sorge aus. Wiederum schüttelte sie den Kopf. Peter überbrückte den Abstand zwischen ihnen, saß nun direkt neben Cara, die zusammen zuckte, als sein Schenkel den ihren berührte. Im Moment meinte er in einen Spiegel zu schauen. Genauso hatte er sich damals auch benommen. "Na komm schon, schau mich wenigstens an, wenn ich mit dir rede. Ich bin einer von den guten Jungs, schon vergessen?" Cara hob im Zeitlupentempo den Kopf. Sie wagte es nicht, sich seinem milde geäußerten Befehl zu widersetzen. Peter kannte die Qual, den Horror und den Schmerz gut, der ihm nun entgegen blickte. "Seit wann hast du diese Alpträume und wie oft kommen sie vor?" Ihre Augen nahmen einen bittenden Ausdruck an. "Peter, ich bin wirklich sehr müde", gab sie lahm zurück. "Willst du wieder einschlafen und denselben Alptraum haben?", erkundigte er sich nun hart. Cara zuckte zusammen, als ob er sie geschlagen hätte, daran hatte sie nicht gedacht. Normalerweise schlief sie auch nicht mehr, wenn so ein Alptraum sie heimsuchte, aber das war die erste Ausrede, die ihr eingefallen war. Mit einem leisen Seufzen ergab sie sich in ihr Schicksal. Sie merkte Peter deutlich an, dass er keine Ruhe geben würde, bevor er nicht seine Antworten erhalten hatte. "Seit drei Monaten", erwiderte sie leise. So leise, dass er sie kaum verstand. Peter zog scharf die Luft ein. Das war exakt der Zeitraum, der vergangen war, seit sie von den Sing Wah gekidnappt worden war. "Und was träumst du?" erkundigte er sich heiser. Sie fing erneut zu zittern an. "Peter, bitte entschuldige, aber darüber will ich nicht reden. Außerdem kann ich mich hinterher nur meist ziemlich bruchstückhaft an alles erinnern." "Ist es immer derselbe Traum?" "Ja, er ist immer gleich." "Und wie oft hast du ihn geträumt?" Cara zog die Knie an und umschlang sie mit ihren Armen. Ihr Kinn legte sie auf ihre Knie, sie konnte ihn nicht länger anschauen. Es brach alles wie eine Welle aus ihr heraus: "Am Anfang, die ersten Tage nach der Entführung ging es mir noch gut, doch dann fing es an. Die ersten paar Male als es passierte, erwachte ich schreiend und fand mich meist auf dem Fußboden meines Zimmers wieder. Ich konnte mich nicht an die Träume erinnern, war nur so total verängstigt, dass an Schlaf gar nicht mehr zu denken war. Zuerst kamen sie fast in einem bestimmten Rhythmus. Alle drei Tage konnte ich davon ausgehen, dass ich einen hatte, doch dann wurde es mit der Zeit weniger....." "Und wie oft ist es jetzt?" "So einmal die Woche, damit kann ich leben." "Und du kannst dich noch immer nicht erinnern?" "Doch, das sagte ich vorhin doch schon. Allerdings nie an den ganzen Traum, immer nur an Bruchstücke, aber wenn ich die alle zusammen füge, dann habe ich sicherlich den gesamten Traum." "Erzählst du ihn mir?" Cara schaute hoch, soviel Terror lag in ihren Augen, dass es Peter schon fast leid tat, ihr schon wieder die Frage gestellt zu haben. "Peter, bitte versteh, ich kann ihn dir jetzt nicht erzählen. Vielleicht später irgendwann, aber nicht jetzt." Peter konnte nicht anders und legte tröstend den Arm um ihre Schultern. Er freute sich, dass sie diesmal nicht zurück zuckte. "Schon gut, Cara, ich will dich nicht dazu zwingen. Wir haben auch später noch jede Menge Zeit, um darüber zu reden", erwiderte er leise. Cara nickte zustimmend. "Wenn die Erinnerung nicht mehr so frisch ist, dann werde ich ihn dir erzählen, okay?" "Einverstanden. Aber etwas an der ganzen Sache macht mich ziemlich traurig Cara." Überrascht schaute sie ihn an. "Und das wäre?" "Dass du mir nicht soviel vertraut hast und schon früher zu mir gekommen bist. Warum hast du mir nichts gesagt, Cara? Du weißt, dass ich dir helfen kann." Seine Worte, vor allem mit diesem traurigen Unterton in der Stimme, trafen Cara vollkommen unvorbereitet und schon wieder spürte sie, wie Tränen in ihre Augen stiegen. "Peter, das hat nichts mit Vertrauen zu tun. Als ich damals bei euch war, habe ich gemerkt, dass du mit allem auch ziemlich beschäftigt warst und ich wollte dich nicht noch zusätzlich mit meinen Problemen belasten. Außerdem wollte ich bei dir keine unangenehmen Erinnerungen wecken, und ich hatte das Gefühl, dass ich genau das tun würde. Du weißt, das Letzte was ich will, ist dir in irgend einer Art und Weise Schmerz zuzufügen, darum habe ich nichts gesagt. Ich war der Meinung, auch alleine damit zurecht kommen zu können." Peter konnte nur den Kopf schütteln. Ihre Aussage erwärmte sein Herz auf der einen Seite, auf der anderen Seite ärgerte er sich, dass sie sich ihm nicht früher anvertraut hatte. Peter zog sie noch ein wenig näher und küsste sie auf die Stirn. Das Kinn auf ihren Kopf gestützt schalt er
sanft: "Das ist das dümmste und zugleich liebste, was ich seit
langem gehört habe, Kleines. Du musst wirklich noch viel über
Freundschaft lernen, meine Süße. Bitte merke dir ein für
allemal: Du kannst jederzeit auch dann zu mir kommen, wenn es dir schlecht
geht. Ich bin kein 'Gute Laune'-Freund, sondern ich bin auch für
dich da, wenn du Probleme hast. Freude kannst du mit jedem teilen, aber
ein wahrer Freund ist, wer auch die schlechten Zeiten mit dir durchsteht
und dazu bin ich jederzeit bereit, du kleines Dummerchen du." Peter verdrehte die Augen. Er schob sie ein wenig weg von sich, ergriff ihre Hände und bat sie, ihm in die Augen zu sehen. Dann sprach er eindringlich: "Cara, ich will, dass du mir jetzt ganz genau zuhörst. Erstens: Du musst dich Niemals und bei Niemandem für etwas entschuldigen, was du für dich als eine Entscheidung getroffen hast, egal wie dumm oder intelligent sie ist. "Zweitens und da bitte ich dich gut darüber nachzudenken: Das was bei den Sing Wah geschehen ist, ist schwer zu verkraften. Vor allem für ein zierliches, kleines Ding wie dich, das von dem, was dort geschah, keinerlei Ahnung hat. Gut, ich gebe zu, ich habe auch nicht alles genau verstanden was da abgelaufen ist, aber ich habe schon Dinge erlebt, die du mir wahrscheinlich nie glauben würdest. Deshalb komme ich mit diesen Dingen auch wesentlich besser zurecht als du. "Ich will dir jetzt einen Vorschlag machen: Ich will dir helfen, diesen Alpträumen bei zu kommen und ich kann es auch! Aber das geht nur, wenn du freiwillig meine Hilfe annimmst und nicht dauernd im Hinterkopf hast, dass du mich mit etwas verletzen könntest. Ich würde dir vorschlagen, dass du der Bitte meines Vaters, mit uns zu trainieren, nachkommst. Ich kann dir neben Kung Fu z.B. auch Meditation beibringen und noch einiges mehr. Du wirst sehen, je mehr Einsicht du in diese Dinge hast, desto besser wirst du auch verstehen. Was sagst du zu meinem Vorschlag...ähem...ich meine, du kannst es dir natürlich in Ruhe überlegen, ob du meine Hilfe und die meines Vaters annimmst oder nicht. Ein Wort genügt." Eine lange Pause entstand, während Peter einfach nur ihre Hände hielt und ihrem forschenden Blick stand hielt. Er konnte förmlich sehen, wie es in ihr arbeitete. "Meinst du, ich habe überhaupt Talent dazu das alles zu lernen?", kam die unerwartete Frage. Peter schenkte ihr sein charmantestes Lächeln. "Wenn nicht du, wer dann? Du bist so sensibel, scharfsinnig und feinfühlig, dass ich denke du wirst keine Probleme haben, alles zu begreifen und zu erlernen. Außerdem kennst du dich ja schon bestens mit kryptischen Phrasen aus. Vielleicht gelingt es dir ja sogar mal, meinen Vater auszutricksen, aber gib mir vorher Bescheid, damit ich an diesem Triumph auch teilhaben kann." Peters Worte brachten Cara zum Kichern, das sich zu einem Lachen steigerte. Froh über ihre Entscheidung stimmte er mit ein. Das Lachen reinigte die Luft, nahm dem Raum die Spannung, die die ganze Zeit fühlbar gewesen war. Nach wenigen Augenblicken wurde sie wieder ernst und flüsterte: "Bitte hilf mir Peter." Es waren die Worte auf die der junge Shaolin schon die ganze Zeit gewartet hatte. Anstelle einer Antwort breitete er die Arme aus und sie flog förmlich in seine Umarmung. Eine Weile hielt er sie nur fest, bis er merkte, dass auch der letzte Rest Spannung ihren Körper verlassen hatte, dann meinte er: "So und wir fangen jetzt gleich mit der ersten Lektion an." Sie befreite sich aus seiner Umarmung und schaute zu ihm hoch. "Und die wäre?" "Wir gehen wieder schlafen, damit wir morgen fit sind." Angst überzogen ihre Gesichtszüge. "Das ist kein guter Vorschlag, Peter, ich will... kann nicht wieder schlafen." Ihr ganzer Körper versteifte sich. Peter blickte sie eindringlich an. "Vertraust du mir, Cara?" Sie zögerte keine Sekunde. "Ja, natürlich." "Dann vertrau mir auch damit. Ich verspreche dir, dass dich heute Abend kein weiterer Alptraum heimsuchen wird und nun ab ins Bett, mir wird nämlich langsam kalt." Ohne Widerrede kletterte Cara zurück an ihren Platz. Peter legte sich mit einem Seufzen zurück. Er drehte sich so, dass er sie anschauen konnte. "Möchtest du nicht zu mir rutschen?", fragte er. Caras Augen wurden groß. Sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal geschlafen hatte und ein Mann sie dabei in den Armen hielt. Die Verlockung war groß, zumal sie Peter vertraute und wusste, dass er keine Hintergedanken dabei hatte. Sie nickte langsam. "Na dann komm her, Lektion Nummer eins beginnt." Cara wurde nun doch etwas misstrauisch. Etwas zögerlich überbrückte sie den Abstand und ließ sich von Peter an seine Schulter ziehen. Er wartete geduldig, bis sie eine bequeme Position gefunden hatte. "Okay, und nun will ich, dass du dich nicht erschreckst, wenn ich mit meiner Hand unter dein T-Shirt greife. Ich tue das nur, damit du in Ruhe schlafen kannst. Es jetzt zu erklären, wieso und warum würde zu weit führen. Und dann möchte ich, dass du deine Augen schließt und versuchst, dich so gut es geht zu entspannen. Ich verspreche dir, es wird dir heute Nacht absolut nichts mehr geschehen." Cara nickte an seiner Brust und erwiderte unsicher. "Ich werde mein Bestes geben." Peter lachte leise, als er diese Erwiderung hörte und versetzte neckend: "Weniger erwarte ich von meiner Lieblingsschülerin auch nicht." Als Peter die Hand unter ihr T-Shirt schob, zuckte sie zusammen. "Uh, du hast aber kalte Hände", beschwerte sie sich. "Die werden gleich warm, keine Sorge", gab er zurück. Er legte seine Hand zwischen ihre Schulterblätter, direkt dahin wo ihr Rückgrat lag und zog sie noch ein wenig näher an sich. Cara meinte einen Stromschlag bekommen zu haben, so heftig war ihre Reaktion auf seine Berührung. Innerhalb von einer Sekunde breitete sich eine Gänsehaut auf ihrem Rücken aus. "Pscht, es ist alles in Ordnung, schließ nun deine Augen und atme tief ein und aus, damit entspannst du am besten.", wisperte Peter beruhigend. Cara tat wie ihr geheißen wurde. Es dauerte nicht lange und sie spürte wie sich eine wohlige Wärme, ausgehend von Peters Hand auf ihrem Rücken in ihrem Körper ausbreitete, die sie immer mehr entspannen lies. Bald fielen ihr ohne ihr zutun die Augen zu und sie driftete in den bitter benötigten Schlaf. Kaum bemerkte Peter ihre tiefen Atemzüge, da erlaubte er sich ebenfalls seine Augen zu schließen, in der Gewissheit, dass Cara zumindest heute von ihren Alpträumen verschont bleiben würde.
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