Kermit war in einer furchtbaren Laune. Sämtliche
Kollegen rund um ihn machten einen weiten Bogen, wenn sie ihn nur sahen.
Zwar waren seine Kollegen gewohnt, daß mit Kermit selten gut Kirschen
zu essen war, aber heute schien er in einer mehr als gefährlichen
Stimmung zu sein. Sie wußten wie schnell der Ex-Söldner seinen
Desert Eagle aus dem Jackett ziehen konnte. Nicht umsonst gehörte
Kermit zu den besten Leuten des 101. Revier, wenn er nicht sogar der Beste
war.
Viele Augenpaare folgten ihm, als er leise vor sich hinfluchend und mit
megafinsterer Miene zum Kaffeeautomaten trottete, sich einen Kaffee einschenkte,
zurück in sein Büro schritt und die Türe mit einem lauten
Knall hinter sich zuschlug.
Auch Peter beobachtete seinen Kameraden mit wachsender
Besorgnis. In so schlechter Laune hatte er ihn selten erlebt. Leise seufzend
beschloß sich in die Höhle des Löwen zu wagen und sich
nach dem Grund zu erkundigen. Peter war einer von zwei Leuten, der andere
war der Captain, der sich getraute in Kermits Büro zu gehen wenn
er in seinen sogenannten Söldnermode geschalten hatte. Alle anderen
fürchteten um ihr Leben. Selbst Peter war ziemlich mulmig zumute,
als er leise an die Türe klopfte. Er war sich nicht sicher, ob er
die Konfrontation mit Kermit unbeschadet überstehen würde.
"Bin beschäftigt." Kam die mufflige
Antwort.
Peter straffte seine Schultern und trat ein. Leise schloß er die
Türe hinter sich und trat in die Mitte des Raumes.
"Du kannst von glück reden, daß ich dich nicht gleich
erschieße. Heb deinen Hintern aus meinen Büro." Wurde
er von Kermit nicht gerade nett begrüßt.
Peter hob beschwichtigend die Hände und ließ sich in einen
Stuhl fallen.
"Nun mal langsam Kermit, ich komme in Frieden!"
"Sag was du zu sagen hast und dann verschwinde!"
"Was ist mir dir los Kermit? Du benimmst dich wie ein wildgewordener
Stier."
"Erkundige dich beim Captain."
"Ich habe aber dich gefragt."
Kermit blickte von seinem Bildschirm auf, direkt in die besorgt schauenden
braunen Augen seines jüngeren Kollegen und Freundes. Er rieb sich
die müden Augen hinter seiner immer präsenten grünen Sonnenbrille
und lehnte sich leise seufzend in seinen Stuhl zurück.
"Nun sag bloß der berühmte Peter
Caine hat es noch nicht gehört," meinte er bissig.
"Nein, was soll ich gehört haben?"
"Unser allseits beliebter Captain setzt mir einfach so einen neuen
Partner vor die Nase und das beste kommt noch: Ich soll mit ihm auch noch
mein Büro teilen!"
Peter konnte einen erstaunten Ausruf nicht unterdrücken. Kermit mit
einer weiteren Person in ein Büro zu sperren, war glatter Selbstmord
für die Person. Obwohl er nicht wußte wer zu erwarten war,
tat sie ihm jetzt schon leid.
"Wie kommt das denn?"
"Indem der Captain heute morgen einen Anruf vom 82. Revier erhalten
hat. Anscheinend hat einer der Cops dort einen ziemlich großen Coup
gelandet und konnte einen der führenden Drogenbosse verhaften. Leider
ist der Typ kurz darauf aus dem Gefängnis geflohen und nun schwebt
der Cop in Lebensgefahr. Um es kurz zu machen wurde der Captain gebeten
den Cop bei uns hier unterzubringen und ich soll nun den Babysitter für
ihn spielen, da er sich anscheinend gewehrt hat in Schutzhaft genommen
zu werden. Laut ihrer Aussage bin ich absolut dafür geeignet und
der Fall wurde mir natürlich auch gleich übertragen."
Peter konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ausgerechnet Kermit sollte
Babysitter für einen Cop spielen. Er kannte Kermit gut genug um zu
wissen, daß Personenschutz eine der verhaßtesten Aufgaben
war, die man ihm zuteilen konnte und dann noch sein Büro mit ihm
zu teilen.
"Das ist hart," brachte Peter so ernst wie möglich hervor.
"Weißt du schon um wen es sich handelt?"
"Nein, das weiß ich noch nicht. Es ist alles streng geheim.
Nicht einmal der Captain weiß genau um wen es sich handelt, aber
ich weiß jetzt schon, daß ich ihn nicht leiden kann. Morgen
früh soll er anrücken."
Peter schluckte hart, derjenige der da kam würde hier ein schweres
Leben haben, dessen war er sich sicher. Wenn Kermit Jemanden auf dem Kieker
hatte, dann konnte man sich gleich begraben lassen. Langsam erhob er sich
von seinem Stuhl und ging Richtung Ausgang.
"Na dann kann ich dir nur gutes Gelingen wünschen und ich hoffe
doch, daß du dem anderen eine faire Chance gibst auch wenn du jetzt
anders redest."
Mit diesen Worten war Peter aus der Türe noch bevor Kermit ein weiteres
Wort sagen konnte, allerdings machte der laute Schlag den Peter aus Kermits
Büro vernahm deutlich, daß dieser seine Worte nicht gut aufgenommen
hatte.
Kurze Zeit später war Peter dann doch erstaunt,
als er zusammen mit Kermit in Captain Simms Büro gerufen wurde. Der
Captain weihte sie beide noch einmal intensiv in den Fall ein und schärfte
ihnen ein auf den Kollegen ein wachsames Auge zu haben. Peter konnte seine
Überraschung kaum verbergen, daß er nun auch den Babysitter
spielen sollte. Abwechselnd mit Kermit, dem die Hauptaufgabe zuteil wurde.
Sollte Kermit verhindert sein, dann würde Peter für ihn in die
Bresche springen.
Auf diese Art und Weise sollte gesichert werden, daß dem Cop ein
Rundum Schutz gewährt werden konnte bis der Drogenbaron wieder im
Gefängnis saß. Anhand der Eindringlichkeit des Captains, war
beiden klar, daß es sich nicht um einen kleinen Anlaß handelte,
sondern um ein richtig großes Ding. Sie hatten strenge Anweisung
bekommen, alle andere Fälle vom Tisch zu schieben und sich nur mit
dem einen zu befassen, was sie auch taten. So ging er Arbeitstag schnell
herum.
Der nächste Morgen kam überraschend schnell.
Wohl zum ersten Mal in seinem Leben war Peter ein wenig zu früh zum
Dienst erschienen und erntete erstaunte Blicke seitens der Kollegen, die
er gleichmütig übersah. Ein Klumpen begann sich in seinem Magen
zu formen. Der Fall hatte ihn noch den ganzen Abend zuhause beschäftigt.
Dieser Drogenbaron Namens Sanders schien vor keinem miesen Ding zurück
zu schrecken um das zu bekommen was er wollte. Angefangen von Erpressung
bis hin zu Verstümmelungen, Folter und Mord war alles in seinem Repertoire
enthalten.
Peter fragte sich, wie es dem anderen Cop gelungen war ihn hinter Gittern
zu bekommen, selbst beim durchlesen der Akte stellten sich ihm die Haare
zu Berge. Zumindest mußte der Kerl gut in seinem Job sein. Allerdings
fragte er sich gleichzeitig, ob er sich damit nicht zuviel zugemutet hatte,
denn aus der Akte ging klar hervor, das der Cop den Drogenboß im
Alleingang geschnappt hatte und nun sollte der bitter dafür büßen.
Leider stand da weder ein Name noch war eine Beschreibung des Cops angefügt,
so daß er nach wie vor nicht wußte um wen es sich handelte.
Da hatten viele wirklich hart daran gearbeitet, die Identität des
anderen zu bewahren. Daher war es nur sinnvoll ihn zu einem anderen Revier
zu transferieren, damit er außer Reichweite war.
Der Captain war noch nicht anwesend. Peter vermutete,
daß sie den Cop hierher brachte. Kermit allerdings war schon hier,
wie die geschlossene Bürotüre andeutete. Noch im Nachhinein
mußte Peter, trotz seines unguten Gefühls grinsen, als er daran
dachte wie sich Kermit gestern Abend gebärdet hatte als zwei Angestellte
ihm einen weiteren Computer ins Büro stellten, der für den neuen
Cop gedacht war. Kermit war so wütend gewesen, daß die Angestellten
nur noch gezittert hatten und regelrecht geflohen waren nachdem sie den
Computer geliefert hatten.
Aus den Augenwinkeln sah Peter wie sich die Eingangstüre
des 101. öffnete. Der Captain betrat den Raum, gefolgt von einer
ziemlich rundlichen jungen Frau, die sich auf zwei Krücken fortbewegte.
Jahrelanges Training befähigte ihn, das Äußere der Frau
innerhalb von wenigen Sekunden bis ins letzte in sein Gehirn einzubleuen.
Man sah der Frau deutlich an, daß es ihr nicht so besonders gut
ging. Mehrere, kaum verblaßte Blutergüsse zierten ihr Gesicht
und an den Handgelenken waren Hautabschürfungen zu erkennen, die
nur von Handschellen stammen konnten. Sie hatte lange blonde Haare, die
sie zu einem langen Zopf geflochten hatte, tiefblaue Augen und ihre Figur....
nun ja, außer der sehr fülligen Oberweite, war der Rest eben
auch ziemlich füllig. Nicht gerade sein Geschmack und auch nicht
der von Kermit. Aufgrund ihrer eher gebückten Haltung konnte er ihre
Größe nicht einschätzen, allerdings entging ihm nicht,
daß sie ein wenig zitterte.
Noch während er sich wunderte was die Person hier machte, ging der
Captain schnurstracks in sein Büro, gefolgt von der jungen Frau,
die seiner Schätzung nach höchstens 25 sein konnte. Es dauerte
keine Minute bis er und Kermit vom Captain in ihr Büro zitiert wurde.
Peter lehnte sich abwartend gegen die Wand. Sein
Blick streifte seinen Freund Kermit, der seine bedrohlichste Maske aufgesetzt
hatte. Er konnte förmlich spüren wie es in ihm brodelte. Kein
gutes Zeichen.
Captain Simms, sichtlich unbeeindruckt von Kermits abwehrenden Verhalten
begann das Gespräch.
"Detectives, Detective Kessendra Griffith ihre Kollegin für
die nächste Zeit, das hier sind Detective Peter Caine und Detective
Kermit Griffin."
Peter fiel fast die Kinnlade herunter. Er hatte mit vielem gerechnet,
aber nicht damit, daß diese Person dort derjenige Detective war,
dem es gelang den Drogenbaron zu schnappen. Aufgrund ihres Aussehens wirkte
sie nicht unbedingt kompetent und wie geschaffen für den Polizeidienst.
Er murmelte etwas, das sich wie willkommen anhörte und streckte ihr
die Hand entgegen. Kessendra nickte leicht und ergriff seine dargebotene
Hand.
Entgegen seiner Annahme, war ihr Griff fest und entschlossen. Kermit hatte
sich nicht bewegt und machte auch keinerlei Anstalten ihr die Hand zu
reichen. Eine Unhöflichkeit, die der Captain mit einem mißbilligendem
Stirnrunzeln beantwortete.
Sie fuhr fort: "Das meiste wurde gestern schon besprochen mit Zustimmung
von Detective Griffith. Detectives Griffin und Caine sie sind ab jetzt
für die Sicherheit von Detective Griffith verantwortlich. Ich erwarte
von ihnen, daß sie Sanders so schnell als möglich hinter Gittern
bringen und Detective Griffith wird ihnen sicher eine große Hilfe
dabei sein. Der Arbeitsplatz ist in Detective Griffins Büro schon
eingerichtet. Das war's Gentleman."
Die wenigen Worte des Captains machten deutlich, daß sie keinerlei
Widerspruch zulassen würde. Kermit stob wie eine Dampfwalze aus dem
Büro, während Peter höflich wartete bis sich Kes erhoben
hatte und hielt ihr gentlemanlike die Türe auf.
Kes folgte Peter, der langsam zu seinem Schreibtisch
zurück kehrte und dabei verlegen auf Kermits erneut geschlossene
Bürotüre starrte.
Kes bemerkte seinen Blick und meinte, dabei leicht den Kopf in Richtung
der Türe drehend:
"Das wird dann wohl die Höhle des Löwen sein."
Peter lief ein Schauer über den Rücken, als er ihre Stimme nunmehr
zum ersten Mal hörte. Sie war weich, einschmeichelnd und wirkte irgendwie
hypnotisch und erotisch. Selten hatte er so ein Timbre vernommen. Er faßte
sich schnell.
"Ja, genauso ist es. Ich möchte mich für das Verhalten
von Kermit entschuldigen, im Moment hat er ziemlich schlechte Laune..."
"Was natürlich an mir liegt." Beendete sie für ihn
den Satz.
Peter nickte nur. Sie seufzte leise.
"Dann mache ich mich am besten auf den Weg, Je früher ich es
hinter mich bringe desto besser."
"Ich begleite sie."
Ein abschätzender Blick traf ihn.
"Danke Detective Caine, aber ich bin es gewohnt meine Schlachten
alleine zu schlagen. Ich brauche Niemanden der mich an die Hand nimmt."
Peter zuckte nur die Schultern und setzte sich. Im Stillen dachte er:
Das gibt was hin, da haben sich zwei Sturköpfe gefunden.'
Er beobachtete wie Kes an die Türe klopfte und kurz darauf eintrat.
Ihm entgingen ihre müden Bewegungen nicht. Nur mit Mühe drängte
er seinen Beschützerinstinkt zurück, der sich bei diesem Anblick
meldete. Wenn Kes es nicht anders wollte, dann sollte sie tun was sie
für richtig hielt. Kermit blickte nicht einmal hoch als Kes in den
Raum trat. Seine Miene hatte sich noch mehr verfinstert und warnte sie
auch nur einen Ton zu sagen. Daher schloß sie leise die Türe
hinter sich, hinkte an den Platz vor dem zweiten Computer, legte die Krücken
neben sich auf den Boden und nahm Platz. Ein leises Beep zeugte davon,
daß der andere Computer hochgefahren wurde. Kermit grinste ein wenig
in sich hinein, in einem Anflug von Boshaftigkeit hatte er gestern Abend
den Computer mit einem Paßwort gesichert. Sie würde nicht weit
kommen ohne ihn um das Paßwort bitten zu müssen.
Die Anfrage wurde nie gestellt. Aus den Augenwinkeln
beobachtete er, wie sie eine Diskette aus der Tasche zog und sie in das
Laufwerk steckte. Dann begann sie in schneller Reihenfolge zu tippen.
Es dauerte nicht lange und das Summen des Prozessors teilte ihm mit, daß
sie das Paßwort geknackt hatte und der Computer hochgefahren war.
Anschließend konnte er bobachten wie sie weitere Disketten und CDs
aus ihrer Tasche zauberte und anfing den Computer so einzurichten wie
sie ihn brauchte. Er unterdrückte die Regung zu ihr zu gehen und
nachzuschauen was sie alles drauflud. Wenn er nach der Geschwindigkeit
ging mit dem sie mit dem Computer hantierte, drängte sich ihm der
Gedanke auf, daß sie nicht gänzlich unerfahren war was das
angelangte.
So schnell wie sie das Paßwort geknackt hatte, schien sie auch so
ein Profi zu sein wie er. Irgendwie schien ihm das auch logisch, denn
wenn er ihre nicht vorhandene Figur betrachtete, konnte er sie eigentlich
sich nur am Schreibtisch vorstellen und nicht im Einsatz. Dafür war
sie wohl nicht fit genug. Auf der anderen Seite mußte sie dennoch
im Außeneinsatz gewesen sein, wie hätte es ihr sonst gelingen
können Sanders zu schnappen?
Er ahnte, daß die Verletzungen von Sanders
gekommen waren, denn der Captain hatte nur am Rande erwähnt, daß
Kes nur knapp einem Anschlag auf ihrem Leben entkommen war. Er brauchte
nicht viel Detektivischen Spürsinn um zu sehen, daß die Spuren
an ihren Handgelenken eindeutig von Handschellen stammten und daß
die Blutergüsse auf ihrem Gesicht nicht von ungefähr entstanden
waren.
Eigentlich hätte sich sein Gewissen melden sollen, angesichts ihrer
Verletzungen, doch das tat es nicht. Er hatte gestern schon den Entschluß
gefaßt sie nicht leiden zu können und dabei blieb er fürs
erste auch. Sie mußte ihm erst einmal beweisen, daß sie seines
Vertrauens würdig war. Solange sie das nicht schaffte, sah er nicht
ein sie anders zu behandeln.
Ihm war klar ,daß sie für die Situation nichts konnte, doch
da sie diejenige war, die hier war, würde sie das meiste abbekommen.
Selbst dem Captain mußte klar sein, wie sehr sie in seinen persönlichen
Freiraum eindrang damit, daß sie die Frau einfach in sein Büro
gesetzt hatte.
Kermit war ein Mann, der so gut wie nichts über
sich selber erzählte und seine Privatsphäre sehr ernst nahm.
Es gab keinen Menschen auf dieser Welt, der alles über ihn wußte
und er hatte auch nur wenige Freunde, die er sich sehr genau heraus suchte.
Die meisten Personen hatten sogar Angst vor ihm, was ihm nur recht war
und er tat auch alles um diesen Ruf gerecht zu bleiben. Ein nachlässiger
Söldner war ein toter Söldner, die Vergangenheit ließ
sich nicht einfach abstreifen wie ein altes Hemd, sie konnte ihn jederzeit
wieder einholen.
Es vergingen mehrere Stunden bis einer von ihnen zum ersten Mal sprach.
Es war Kes:
"Detective Griffin, ich denke es ist an der Zeit die Informationen
die wir bis jetzt haben auszutauschen, damit sich Niemand von uns doppelte
Arbeit macht."
Kermit blickte nicht einmal auf. Allerdings konnte er nicht verhindern,
daß sich seine Härchen im Nacken beim Klang ihrer sehr wohl
klingenden Stimme aufrichteten.
"Ich höre," war sein einziger Kommentar.
"Ich meinte alle Drei und nicht nur uns." Schoß sie zurück.
"Dann werden sie wohl ihren Hintern aus dem Stuhl schwingen und Peter
rufen müssen."
Kes zuckte unter den scharfen Worten zusammen. Ihm war ja wohl nicht entgangen,
daß sie sich mit den Krücken nur mühsam fortbewegen konnte
und er verlangte allen ernstes von ihr, daß sie Peter rufen sollte,
während es für ihn ein leichtes war dasselbe zu tun.
Sie mußte die Zähne zusammen beißen um keine scharfe
Erwiderung zu geben. Vom langen Sitzen waren ihre Muskeln mittlerweile
so steif, daß sie sich nicht einmal mehr sicher war auf den Beinen
zu bleiben wenn sie sich erhob. Das letzte was sie wollte war vor diesem
bedrohlich wirkenden Mann auf den Boden zu sinken. Insgeheim fragte sie
sich schon jetzt worauf sie sich da eingelassen hatte, allerdings hatte
man ihr auch keine andere Wahl gelassen, doch das konnten die anderen
beiden nicht wissen.
Kes nahm ihre ganze Kraft zusammen um sich hoch
zu wuchten und auf ihren Krücken zu stehen. Einige Sekunden lang
drehte sich der Raum um sie herum. Ihr war nicht bewußt, daß
Kermit sie die ganze Zeit durch die dunklen Gläser beobachtete, bereit
einzugreifen. Ihm war die wächserne Blässe in ihrem Gesicht
nicht entgangen und auch nicht ihr Schwanken. Kes humpelte langsam in
Richtung Ausgang, öffnete die Türe und bat Peter einzutreten.
Anschließend kehrte sie zu ihrem Platz zurück.
Wenige Minuten später betrat Peter den Raum
und machte den Vorschlag, daß man die Besprechung woanders fortsetzen
konnte, er hatte gerade vom Captain die Erlaubnis erhalten, daß
sie nach Hause gehen konnten. Zum zweiten Mal quälte sich Kes nun
aus ihrem Stuhl hoch und folgte den beiden Männern, die schon voraus
zum Auto gegangen waren. Immerhin war Peter so freundlich gewesen und
hatte ihre Schriftstücke und den Rucksack mitgenommen, so daß
sie ihnen nur zu folgen brauchte.
Die paar Stufen die zum Parkplatz hinunter führten
brachten Kes ins Schwitzen. Sie spürte wie ihre Arme immer mehr zitterten.
Als sie entdeckte vor welchem Wagen die beiden Männer warteten, wurde
ihr ganz anders. Sie fragte sich wie sie in die niedrige grüne Corvette
kommen sollte.
Hinterher konnte sie nicht mehr sagen wie ihr das gelungen war, sie hatte
zuviel damit zu tun ihre Schmerzen unter Kontrolle zu halten, die im Moment
wild durch ihren Körper rasten. Sie bemerkte nicht einmal als Peter
einen kleinen Schrei ausstieß, das war als ihre Emotionen auf ihn
überschwappten.
Eine gute halbe Stunde später saß Kes
ziemlich erschöpft auf dem Sofa inmitten des neuen Appartements,
das für die nächsten Tage oder Wochen ihr neues Zuhause darstellen
sollte. Im Moment war sie viel zu erschöpft um sich richtig umzusehen.
Sie war nur froh gewesen sich endlich wieder setzen zu können. Peter
warf ihr einen mitleidigen Blick zu, den Kermit zum Glück nicht bemerkte,
da er sich im Moment in der Küche befand.
"Sie wirken erschöpft," begann Peter das Gespräch.
"Ein wenig."
"Vielleicht sollten sie sich besser hinlegen, wir können das
Gespräch auch auf morgen verschieben."
Den Satz hatte Kermit mitbekommen, als er zurück ins Wohnzimmer kehrte.
Sofort kam die scharfe Antwort: "Jetzt wird geredet, je früher
ich den Fall abhaken kann desto besser."
Peter, der gerade den Mund geöffnet hatte um seinem Partner eine
entsprechende Antwort zu geben, wurde von dem harten Blick gebannt, den
er ihm zuwarf.
Ohne einen Ton zu sagen schloß er seinen Mund und bereite satt dessen
die Papiere auf dem Tisch aus.
Kermit als auch Kes beugten sich drüber und begannen zu lesen.
"Besonders viel haben wir noch nicht über ihn zusammen, ihr
vom 82. hättet besser auf eure Unterlagen aufpassen sollen."
begehrte Kermit auf.
Die Spitze ging eindeutig gegen Kes.
"Gehen sie doch hin und beschweren sie sich, weil Jemand in den Computer
eingebrochen ist. Vielleicht hilft das." Bekam er zurück.
"Ich habe sie nicht nach ihrer Meinung gefragt."
"Huch Entschuldigung euer Hochwohlgeborenheit, wenn sie dort gewesen
wären, wäre das natürlich Niemals passiert."
Peter, der sah wie sich Kermits Gesichtszüge
noch mehr verfinsterten, schritt schnell ein. Er kannte Kermit und wußte,
daß Niemand ihn so provozieren durfte ohne mit Konsequenzen rechnen
zu müssen.
"Beruhigt euch alle beide mal. Was soll das denn? Wir sind hier alle
vernünftige Erwachsene. Verhaltet euch gefälligst dementsprechend,
immerhin haben wir dasselbe Ziel!"
Er bekam von zwei Seiten einen bösen Blick zugeworfen. Dennoch schienen
seine Worte getroffen zu haben, denn keiner von beiden sagte etwas.
Peter fuhr fort.
"Also, wir haben die Beschreibung von Sanders, wir wissen seinen
letzten Aufenthaltsort und wir wissen, daß er so ziemlich überall
die Finger drin hat."
"Was uns ein extrem weites Feld eröffnet. Sanders wird sicher
nicht mehr an seinem letzten Aufenthaltsort sein und keiner weiß
wohin er gegangen ist." Kam Kermits scharfe Antwort.
"Ich vermute er ist an einem Ort an dem er ungestraft seinem Laster
nachgehen kann." Warf Kes ein.
"Ach und was ist sein Laster? Das bringt uns auch nicht viel weiter."
"Frauen zu quälen. Sie sollten in der nächsten Zeit erhöhte
Aufmerksamkeit den Fällen zollen die mollige junge Frauen betreffen
die gefoltert wurden."
Einen Moment herrschte Stille zwischen den dreien.
Ihre Aussage beinhaltete soviel mehr als ihre Worte, dazu brauchte man
sie nur anschauen.
Kermit war es, der die in der Luft hängende Frage aussprach.
"Das bedeutet, sie gehören auch zu denjenigen Damen denen er
sich gerne gewidmet hat?"
Nur ein leichtes Zucken verriet, daß er ins Schwarze getroffen hatte.
Kes stand abrupt auf, daß sie fast hingefallen wäre. Wortlos
schnappte sie sich ihre Krücken und verließ den Raum.
"Verdammt, das habe ich nicht gewußt,"
preßte Kermit zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor.
"Volltreffer, hast du gut gemacht Kermit" war Peters sarkastische
Antwort. Beide Männer sahen sich schuldbewußt an.
Kermit griff nach seinem Laptop. "Ich werde heute Nacht hierbleiben,
es ist an der Zeit mal das Leben von Griffith unter die Lupe zu nehmen.
Mir sagt ein ungutes Gefühl, daß an den Fall noch wesentlich
mehr dran ist als wir glauben. Die ganze Heimlichtuerei um ihre Person
geht mir gewaltig auf die Nerven."
Peter wußte, daß er seinen Partner nicht umstimmen konnte,
wenn er sich zu etwas entschlossen hatte. Insgeheim mußte er ihm
recht geben. Auch ihm sagte ein Gefühl, daß so unscheinbar
diese Kessendra auch war, sie ein Geheimnis in sich zu bergen schien.
Peter erhob sich wortlos und ging, tief in Gedanken versunken nach Hause.
Die nächsten Tage vergingen ohne irgend einen bemerkenswerten Vorfall.
Noch immer waren Kermit und Kes wie Hund und Katze, auch wenn man sich
inzwischen auf das Du geeinigt hatte. Kermit wurmte es sehr, daß
er über Kes nichts heraus bekommen hatte.
Wie seine Personalien, waren auch die ihren ein gut behütetes Geheimnis.
Sie selber ließ auch nichts heraus. Er hatte sie auch nicht gefragt.
Auf ihn machte sie eh den Eindruck eines Eisberges, ihre ganze Ausstrahlung
war eiskalt, wenn er auch immer wieder Anzeichen dafür entdeckte,
daß es ihr nicht sehr gut ging. Obwohl sie nie ein Wort darüber
verlor, schien sie ziemliche Schmerzen zu haben.
Sie redeten kaum miteinander, beschränkten
sich darauf sich in unbeobachteten Augenblicken anzustarren und das war
es dann schon.
Auch der Fall schien keinen Schritt weiter zu kommen.
Sie landeten immer wieder in einer Sackgasse. Zu seiner Erleichterung
hatte Peter es in den letzten Tagen übernommen sich um Kes zu kümmern.
Ihr Verhältnis war jedenfalls um einiges besser. Irgendwie hatte
er darüber auch ein schlechtes Gewissen, denn der Captain hatte eindeutig
ihn als Kes Beschützer auserkoren und nun machte Peter die Arbeit
für ihn.
Allerdings war Peter heute Abend verhindert, er hatte seinem Vater versprochen
die Kung Fu Klassen für ihn zu übernehmen, da er unerwartet
abreisen mußte. Nun war Kermit dazu verdonnert mit Kes die Abende
zu verbringen.
Im Moment war sie mit Peter unterwegs. Sie hatte einen Termin im Krankenhaus
und Peter hatte sie gefahren.
Die Türe wurde geöffnet und Kes trat
ein.
"Schon zurück?" meinte Kermit, dem gleich aufgefallen war,
daß sie keine Krücken mehr benutzte.
"Wie du siehst," war ihre schroffe Antwort. Dann humpelte sie
zu ihrem Arbeitsplatz, dabei kaum ihren linken Fuß belastend. Peter
deutete Kermit im Hintergrund an zu ihm zu kommen, was er auch tat.
"Was gibt es?"
"Ich habe mit dem Arzt gesprochen Kermit."
"Das denke ich mir, und?"
"Die liebe Kes hat uns da einiges verheimlicht, oder hast du gewußt,
daß sie auch zwei gebrochene Rippen hat?"
"Nein, woher denn. Nun rück raus mit der Sprache, was ist los."
Peter zählte die gesamte Litanei auf.
"2 gebrochene Rippen, Prellungen und Quetschungen am ganzen Körper,
Schnitte am Rücken, gerissene Bänder am Knie und ein angebrochenes
rechtes Handgelenk. Reicht dir das für den Anfang?"
"Mich wundert es bei diesen Verletzungen nur wie sie es geschafft
hat sich auf den Beinen zu halten."
"Erstens sind schon vier Wochen vergangen seitdem ihr das zugefügt
wurde. Der Arzt meinte, das schlimmste hätte sie schon überstanden,
doch laut des Berichtes des letzten behandelnden Arztes hatte sie sich
stur geweigert noch länger im Krankenhaus zu bleiben. Eigentlich
dürfte sie noch gar nicht draußen sein, außerdem hat
mich der Arzt angehalten mit ihr Krankengymnastik durchzuführen damit
das Knie nicht steif bleibt. Er hat mir gezeigt was ich zu tun habe und
das sollte ich dir auch zeigen, da du im Moment derjenige bist der sich
um sie kümmert."
"Das ist nicht nötig, ich weiß wie man mit solchen Verletzungen
umzugehen hat. Allerdings könnte ich die junge Dame da drin glatt
erwürgen, daß sie uns keinen reinen Wein eingeschenkt hat."
"Na um ehrlich zu sein, haben wir ihr auch keinen Grund gegeben ihr
Schutzschild fallen zu lassen, du behandelst sie nicht gerade nett."
"Ich habe auch nicht vor mein Verhalten zu ändern, das ist meine
Sache Peter."
"Du solltest..."
"Sag mir nicht was ich zu tun oder zu lassen habe," kam es gefährlich
leise von seinem Freund, der sich abrupt umdrehte und zurück in sein
Büro kehrte.
Kes konnte anhand seines Gesichtsausdrucks deutlich
erkennen, daß Kermit nun ebenfalls Bescheid wußte. Unbewußt
zog sie die Schultern noch mehr ein.
Sie fühlte sich noch unwohler, als Kermit seinen Platz einnahm, die
Arme verschränkte und sie unverwandt anblickte. Sie kam sich vor
wie ein Insekt unter dem Mikroskop. Obwohl sie versuchte ganz normal ihrer
Arbeit nachzugehen, war sie sich jede Sekunde dem starren Blick seitens
Kermit bewußt. Hinzu kamen noch ihre starken Kopfschmerzen, die
ihr zunehmen Probleme bereiteten. Der Arzt im Krankenhaus hatte sie sehr
getriezt, so daß ihr mittlerweile keine Körperstelle mehr einfiel,
die ihr nicht weh tat. Irgendwann konnte sie es nicht mehr länger
aushalten.
Mit einem lauten Knall ließ sie die Akte,
die sie gerade in der Hand hielt auf den Tisch fallen und starrte ihrerseits
Kermit an.
"OK. Nun spuck es endlich damit ich weiter machen kann. Sind mir
gerade zwei Hörner gewachsen oder was?"
Von Kermit kam keinerlei Antwort. Kes dachte nicht daran einfach so klein
bei zu geben. Sie war viel zu aufgewühlt um ihre stoische Ruhe zu
behalten.
"Du machst mich wirklich wahnsinnig." Rief sie aus. "hast
du nichts anderes zu tun als mich anzustarren?"
Gänzlich unerwartet stand Kermit auf. Kes wich unwillkürlich
in ihrem Stuhl zurück, als er auf sie zukam. Die kleine Bewegung
ließ ihren Kopf pochen wie verrückt. Sie mußte die Zähne
zusammen beißen um keinen Schmerzenslaut auszustoßen. Mit
großen Augen schaute sie zu, wie Kermit sich über sie beugte
und ihren Computer ausschaltete.
"Hey was soll das, ich habe gerade eine Suchanzeige
durchlaufen lassen."
"Wir gehen, und zwar sofort." Lautete Kermits einziger Kommentar.
Kes blieb nichts anderes übrig als dem unmißverständlichen
Befehl folge zu leisten, da er nach wie vor noch neben ihr stand und darauf
wartete, daß sie sich erhob. Kes nahm ihre ganze Kraft zusammen
und erhob sich von ihrem Stuhl, darauf bedacht Kermit, der sich noch immer
nicht von der Stelle gerührte hatte nicht zu berühren. Hoch
erhobenen Hauptes schritt sie vor ihm zur Türe, sehr darum bemüht
nicht allzu sehr zu humpeln oder sich sonst etwas anmerken zu lassen.
Sie konnte seinen brennenden Blick förmlich in ihrem Rücken
spüren.
Die Fahrt zu ihrer Wohnung verlief in eisernem
Schweigen. Weder Kes, die ihren Atem brauchte um mit den Schmerzen fertig
zu werden, noch Kermit war nach Reden zumute. Genauso schweigend betraten
sie das Appartement.
Wie immer durfte Kes erst eintreten nachdem Kermit die Wohnung nach Einbruchsspuren
gecheckt hatte. Dann humpelte sie schnurstracks auf das Sofa zu und ließ
sich mit einem erleichterten Seufzen in die weichen Kissen gleiten. Sie
schloß einen Moment die Augen, beschränkte sich darauf ein
paarmal tief durchzuatmen um ihren Körper bzw. den Schmerz wieder
unter Kontrolle zu bekommen. Als sie die Augen öffnete stand Kermit
wie ein Racheengel vor ihr.
Er hatte seine Brille abgenommen. Seine Augen blitzten vor unterdrücktem
Ärger und Wut, daß Kes unwillkürlich ein eiskalter Schauer
über den Rücken lief. Kein wunder trug er ständig diese
Sonnenbrille bei solchen ausdrucksstarken Augen.
"Was ist?" konnte sie sich nicht verkneifen zu sagen.
"Was hast du uns sonst noch verheimlicht?"
"Was meinst du denn jetzt damit?" erwiderte sie verwirrt.
Kermit setzte seine Sonnenbrille wieder auf und nahm ihr gegenüber
Platz, nur wenige Zentimeter von ihr entfernt.
"Du bist eine Lügnerin!" Beschuldigte
er sie.
"Ich? Das ist ja wohl eine Frechheit!"
"Und weshalb hast du uns nicht gesagt wie es tatsächlich um
dich steht? Ich frage mich nur was du uns noch alles verheimlicht hast."
"Erstens hat keiner von euch beiden gefragt, ich dachte ihr wußtet
das und zweitens verheimliche ich euch nichts, ihr müßt nur
fragen, das ist alles."
"Du könntest auch von dir aus kommen."
"Und woher soll ich wissen, was ihr wissen wollt?"
"Okay, dann fangen wir mal damit an, was du früher so gemacht
hast, über dich ist rein gar nichts in Erfahrung zu bringen."
"Das tut zu dem Fall nichts zur Sache. Ich gebe dir gerne Auskunft
was den Fall angelangt, aber alles andere ist meine Privatangelegenheit.
Außerdem finde ich es unmöglich, daß du mir hinterher
spionierst."
"Ich weiß gerne mit wem ich es zu tun habe."
"Ich auch, dann fang doch du an etwas über dich zu erzählen."
Provozierte sie ihn.
Kermit beugte sich noch dichter zu ihr. Seine gesamte Körperhaltung
war eine einzige Bedrohung.
"Treib es nicht zu weit kleines Mädchen, du könntest dir
mehr aufladen als du ertragen kannst."
"Das laß nur meine Sorge sein, dein Einschüchterungsversuch
klappt vielleicht bei anderen, aber nicht bei mir."
Im nächsten Moment war er über ihr und
hatte sie am Kragen ihres T-Shirt geschnappt. Er drückte sie tiefer
in die Couch, bemerkte wie ihre Gesichtsfarbe ins Blässliche wechselte.
Voller Genugtuung blickte er auf sie herab.
"Na und jetzt immer noch so mutig? Wenn du genau wissen willst was
ich vor dem Polizeidienst gemacht habe. Ich war Söldner, mein Job
war andere Leute zu killen und ich bin kurz davor in den Mode zurück
zu fallen." Seine Stimme klang eiskalt und bedrohlich, während
er redete wanderten seine Finger zu ihrem Hals, den er nun mit einer Hand
umschloß und leicht zudrückte.
Kes saß auf der Couch und machte keinerlei
Anstalten sich gegen ihn zu wehren.
"Na los, dann tu es doch wenn es dir Vergnügen bereitet. Ich
habe trotzdem keine Angst vor dir." erwiderte sie absolut ruhig.
Wenn Kermit von dieser Reaktion überrascht war, so ließ es
sich das nicht anmerken. Warnend drückte er ein wenig an ihrer Kehle
zu, bevor er sich zurück zog.
"Das soll dich nur daran erinnern, daß du mir ja nicht zu nahe
Trittst." Erwiderte er.
"Das habe ich nicht vor, allerdings mußt du akzeptieren, daß
wenn du mir Fragen stellst, ich ebenso das Recht habe dir Fragen zu stellen.
Zu deinem Glück kann ich nur sagen, daß ich wußte, daß
du mir nichts tust, sonst wäre die Sache anders ausgegangen. Es gibt
immer einen besseren als man selber, daran solltest du denken."
Kermit schnappte nach Luft nach dieser Aussage.
Kes provozierte ihn unbarmherzig weiter. Allerdings lag ein ganz gewisser
Unterton in ihrer Stimme, den er nicht genau zu deuten wußte. Sein
Instinkt teilte ihm mit, daß sie diese Worte sehr ernst gemeint
hatte. Würde sie wirklich mit ihm zurecht kommen, falls es zum Kampf
kam, oder tat sie nur so? Nach ihrem Äußeren zu schließen,
war sie sicherlich nicht fit im Kampf.
"Kes, tu dir einen Gefallen und halte die Luft an. Wir sind hier
um zusammen zu arbeiten und nicht gegeneinander."
"Ich habe nicht angefangen," gab sie zurück.
Kermit brauchte all seine Selbstbeherrschung um sich zurück zu halten.
Kes gab keinen Millimeter nach. Nur langsam beruhigte er sich. Die Frau
war stur wie ein Panzer. Er hielt es jedenfalls keine Sekunde länger
mit ihr in dem Zimmer aus. Abrupt drehte er sich auf dem Absatz herum
und hechtete zur Türe.
"Ich brauche frische Luft," war sein gesamter Kommentar bevor
er die Türe mit einem lauten Knall hinter sich schloß.
Kermit kehrte erst zurück als es fast Nacht
war. Er hatte sich nicht weit von dem Haus entfernt, da er auf Kes aufzupassen
hatte, aber er hatte die Zeit genutzt um nachzudenken und von seinem Level
herunter zu kommen. Da kam ihm der große Garten gerade recht, dort
konnte er sitzen und gleichzeitig den Hintereingang als auch den Vordereingang
im Auge behalten. Keine Person entging ihm die hinein oder hinaus wollte.
Von dem her war Kes absolut sicher.
Schon als er ins Wohnzimmer zurück kehrte,
bemerkte er, daß sie sich in der gesamten Zeit so gut wie nicht
bewegt hatte. Sie saß immer noch in der gleichen Position wie er
sie verlassen hatte. Ihr Augen waren geschlossen, doch kaum hörte
sie seine Schritte öffneten sich die Lider. Wachsam war sie jedenfalls,
das mußte er ihr lassen. Ihm fiel ihre blasse Hautfarbe auf,. Es
war nicht zu übersehen, daß es ihr wesentlich schlechter ging
als da als er sie verlassen hatte, auf ihrer Stirn hatten sich Schweißtropfen
gebildet. Fast tat es ihm leid, daß er sie so hart angefaßt
hatte.
"Alles klar bei dir?" erkundigte sich
Kes mit schwacher Stimme, gleich einem Friedensangebot.
Kermit nahm das Angebot an, sich selber sehr wohl seiner Rolle in dem
Ganzen bewußt.
"Ja sicher, hast du überhaupt schon was gegessen, ich habe Hunger.
Was hältst du davon wenn wir uns eine Pizza bestellen?"
"Nein danke, für mich nicht, ich habe keinen Hunger."
Kermit zuckte nur die Schultern und griff zum Hörer um sich vom Pizzadienst
etwas zu bestellen. Nachdem er aufgelegt hatte, ging er kurz in die Küche
und kam mit zwei Gläsern Cola zurück. Eines davon stellte er
vor ihr auf den Tisch bevor er sich direkt neben sie setzte. Aus den Augenwinkeln
bemerkte er wie sie das Gesicht verzog, als sie die leichte Erschütterung
spürte.
Eine weile herrschte Ruhe zwischen den beiden.
Dann nahm Kermit den Faden wieder auf.
"Also dann... erzähle mir ein wenig mehr über Sanders,
ich denke du weißt noch einiges was uns helfen könnte ihn zu
schnappen. Welche Frauen bevorzugt er genau, vor allen Dingen was macht
dich so sicher, daß er auf das aus ist?"
Kes war am Ende ihrer Kräfte, mit einem Mal
ließ sie sämtliche Schutzschilde fallen.
"Kermit, bitte nicht heute." Sagte sie leise. Sie hatte ihm
den Kopf zugewandt und blickte ihm direkt in die Augen, daß er ihren
gejagten und gequälten Blick deutlich erkennen konnte. Mit einem
Mal war sie nicht mehr die toughe Frau die immer Widerworte gab, er hatte
eher das Gefühl neben einem kleinen Mädchen zu sitzen, das mit
aller Macht versuchte die Tränen zu unterdrücken, die ihr in
den Augen standen.
Kermit gab sofort nach. Nachdem er sie so sah,
gewann sein Beschützerinstinkt die Oberhand. Zwar mochte er sie noch
immer nicht besonders, in seinem Augen mußte sie sich nach wie vor
noch seinen Respekt verdienen, aber mit Absicht verletzen wollte er sie
nicht. Er ahnte, daß seine rauhe Attacke von vorhin noch ein übriges
zu ihrer jetzigen Situation getan hatte.
"Kes du solltest schleunigst ins Bett gehen, du siehst furchtbar
aus." Meinte er sanft.
"Würde ich ja gerne, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich mich
auf den Beinen halten kann, ich habe scheußliche Kopfschmerzen."
kam die leise Antwort.
Deutlicher konnte sie nicht machen wie schlecht
es ihr ging. Kermit stand wortlos auf und ging ins Badezimmer. Kurze Zeit
später kehrte er mit einer kleine Flasche Aspirin zurück. Er
nahm ihre Hand und drückte ihr drei Tabletten in die Handfläche.
"Hier nimm das, das wird dir helfen. Und wenn die Tabletten wirken,
dann helfe ich dir ins Schlafzimmer."
"Danke." Kes Hände zitterten als sie das Glas an den Mund
setzte um die Tabletten damit herunter zu spülen. Kermit nahm es
ihr schnell ab bevor sie es fallen lassen konnte. Nun da ihre Schilde
vollkommen unten waren, wurde immer deutlicher wie schlecht es ihr ging.
Kermit überlegte allen ernstes, ob er sie nicht ins Krankenhaus bringen
sollte.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen wandte sie sich zu ihm und sagte
schwach:
"Egal was du tust, bringe mich nicht ins Krankenhaus, die können
mir dort nicht helfen. Alles was mir fehlt ist Schlaf."
"Ich bin mir da nicht sicher," entgegnete Kermit.
Kes war halb weggedriftet, als sie ihm mysteriös antwortete. "Wenn
alles glatt geht wirst du bald wissen warum."
Die Antwort war Kermit auf jeden Fall zu kryptisch,
doch nachfragen wollte er im Moment nicht, er war froh, daß sie
sich im Moment zumindest ein wenig entspannte. Die ungesunde Gesichtsfarbe
war nach wie vor vorhanden, doch immerhin hatte sie mit schwitzen aufgehört.
Nach und nach beruhigte sich auch ihre Atmung. Da sie die Augen noch offen
hatte, beschloß er sie ins Bett zu bringen.
Aufmerksam sah er sie an. "Was meinst du, könntest du es jetzt
schaffen bis in dein Schlafzimmer zu gelangen? Tragen kann ich dich leider
nicht."
Daß er damit das Falsche gesagt hatte wurde ihm schnell klar, als
sie ihm einen mörderischen Blick zuschoß.
"Ich werde es schon schaffen, danke."
Viel zu schnell, was ihrer Verärgerung entsprach
erhob sie sich vom Sofa. Prompt begann sich das ganze Zimmer um sie zu
drehen. Instinktiv war Kermit ebenfalls aufgesprungen, und hielt sie fest
an der Taille umfangen. Sie war so schwach, daß sie sich an ihn
lehnen mußte. Er spürte ihren schnellen Herzschlag unter seiner
Hand. Sie stöhnte leise vor Schmerzen. Kermit sprach beruhigend auf
sie ein und führte sie langsam, Schritt für Schritt ins das
Schlafzimmer. Kes humpelte schwer, Kermit verfluchte im Stillen, daß
sie die Krücken nicht mehr zur Verfügung hatte.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern bis sie den Weg geschafft hatten. Kermit
half Kes sich hinzulegen. Kaum hatte ihr Kopf das Kopfkissen berührt,
schlief sie schon völlig ermattet. Kermit ergriff die Bettdecke und
deckte sie zu. Dann verließ er das Zimmer bevor er noch auf dumme
Gedanken kommen konnte. Im Moment wäre die Gelegenheit sehr günstig
gewesen ihre Sachen zu durchsuchen, doch er hielt sich in der letzten
Sekunde noch zurück.
Nachdenklich setzte sich Kermit auf die Couch.
Die Kes die sich ihm heute präsentiert hatte unterschied sich vollkommen
von der Frau die er ansonsten kannte, so daß er sich fragte wer
die richtige Kes war. Außerdem wußte er, daß sie ihnen
nach wie vor noch etwas verheimlichte, allerdings hatte er keine Möglichkeit
da heran zu kommen, es sei denn sie würde es ihm freiwillig verraten.
Sie war so undurchschaubar wie eine Betonplatte wenn es darauf ankam etwas
für sich zu behalten. Hinzu kam, daß er sie erst seit wenigen
Tagen kannten und etwas war an dieser Frau, das ihm selber Angst einjagte,
ausgerechnet ihm als Söldner. Gut, Angst konnte man es nicht unbedingt
nenne, eher eine Vorsicht, die ihm auch vollkommen angebracht schien.
Kes war keineswegs das arme mollige unscheinbare und hilflose Wesen als
sie erschien, sein Instinkt sagte ihm, daß die Frau gefährlich
war, sehr gefährlich.
Nur welches Geheimnis barg sie in sich ?
|