Das erste Morgenlicht durchflutete das Zimmer.
Kermit erwachte als Erster und tastete automatisch nach seiner Sonnenbrille,
die er gleich aufsetzte. Dicht an seine Brust geschmiegt schlief Kes,
den Arm um seine Taille geschlungen. Mit einem verklärten Lächeln
auf den Lippen betrachtete er sie.
Seine Gedanken wirbelten wild durcheinander. Er
konnte es kaum glauben, sie hatten es tatsächlich getan. Wenn ihm
Jemand das vor ein paar Tagen mitgeteilt hätte, er hätte nur
gelacht darüber oder ihnen den Desert Eagle an den Kopf gehalten,
je nachdem in welcher Stimmung er gewesen wäre.
Und nun lag sie hier, ganz dicht bei ihm. Nie hätte er gedacht, daß
der simple Akt der Vereinigung ihn dermaßen aufwühlen konnte.
Er hatte in seinem Leben schon mehr als eine Frau gehabt, immerhin war
er schon mal verheiratet gewesen und von den anderen mit denen er sich
so amüsiert hatte gar nicht zu reden, aber nie hatte es so etwas
gefühlt wie bei ihr. Er konnte es mit Worten gar nicht beschreiben.
Was war nur so anders bei Kes? Was unterschied sie dermaßen von
den anderen?
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Das was sie
miteinander geteilt hatten war nicht nur Sex gewesen, nein es war mehr.....
weitaus mehr. Sie hatten sich geliebt, langsam und genußvoll, immer
wieder und wieder.
Liebe? Kermit zuckte zusammen. War es wirklich
das? Oder nur ungezügelte Leidenschaft? Oder beides? War dieses warme
Gefühl in ihm und die Tatsache, daß er sich zum ersten Mal
in seinem Leben total entspannt und sicher fühlte in der Nähe
einer Frau..... Liebe?
Nicht einmal zu seiner Frau hatte er jemals "Ich liebe dich"
gesagt, doch hier schien jede Faser in ihm den Satz laut heraus schreien
zu wollen.
Dieses kleine pummelige Persönchen hatte sich mit ihren verrückten
Ideen und ihrem unbestechlichen Talent ihn auf die Palme zu bringen, direkt
in sein Herz geschlichen. Er wußte sogar ganz genau wann das geschehen
war. Gestern Abend auf der Couch, als sie ihn mit diesem undefinierbaren
Blick angesehen hatte, der ihm durch Mark und Bein gegangen war.
Kes bewegte sich leicht, murmelte etwas vor sich
hin, das er nicht verstand. Seine Aufmerksamkeit wandte sich ihr zu. Er
konnte nicht wiederstehen und Küßte sie zart auf den Mund.
Von der leichten Berührung erwachte Kes. Als sie ihn erblickte zauberte
sich ein engelsgleiches Lächeln auf ihr Gesicht.
"Morgen Kermit, eine schöne Art geweckt zu werden," murmelte
sie noch ziemlich schläfrig.
"Guten Morgen Zuckerschnute. Na, gut geschlafen?" erwiderte
er heiser.
"Wie ein junger Gott. Und du?" Sie streckte sich wie eine Katze.
Kermit sah fasziniert zu, streckte die Hand aus und ließ die Finger
über ihre ihm in dem Moment zugestreckten Brüste gleiten, mit
der anderen nahm er seine Gläser ab und legte sie auf den Nachttisch
zurück. Kes zog scharf die Luft ein, eine Gänsehaut breitete
sich auf ihrem Körper aus.
"Ich habe noch nie besser geschlafen," raunte er und beugte
sich über sie um sie tief und verlangend zu küssen.
Sehr viel später, nachdem sie gemeinsam geduscht und sich dort noch
einmal geliebt hatten betraten sie das Wohnzimmer.
Ein bis über beide Ohren grinsender Peter
sah ihnen entgegen. "Soso, sind die beiden Turteltäubchen endlich
aufgestanden. Ihr wart nicht zu überhören," begrüßte
er sie anzüglich.
Kes errötete und versteckte ihr Gesicht an Kermits breiter Brust,
während Kermits Gesicht wie immer vollkommen ausdruckslos blieb.
"Kümmere dich um deine Angelegenheiten," kam er wenig elegant
von Kermit zurück in einem eindeutig warnenden Ton.
Peter hob abwehrend die Hände hoch, noch immer breit grinsend.
"Schon gut, schon gut ich habe verstanden. Wie wäre es mit Frühstück,
vorausgesetzt Kes kann sich von dir einen Moment trennen."
"Peter, übertreib es nicht," grollte Kermit.
Doch Peter lachte nur leise, er freute sich diebisch auch mal etwas zu
haben mit dem er seinen Freund ärgern konnte.
Kes, die nach seinen Worten blitzschnell in der Küche verschwunden
war, nutzte die Zeit, die sie brauchte um das Frühstück herzurichten
um sich wieder einigermaßen zu sammeln. Selten hatte sie sich so
verlegen gefühlt wie heute Morgen. Noch immer konnte sie Peter nicht
in die Augen sehen. Nicht einmal als sie das Tablett auf den Tisch stellte
und jedem einen Kaffeebecher reichte.
Sie war dankbar, daß Peter das Thema nicht weiter vertiefte und
sich das Gespräch anderen Gebieten zuwandte.
Bald waren sie beim Hauptthema angelangt. Mehr
als einmal besprachen sie den Einsatzplan in allen Einzelheiten. Über
Sanders wurde alles andere vergessen. Alle drei wirkten ziemlich angespannt,
was auch kein Wunder war.
Sie beschlossen Einstimmig sich jetzt schon auf den Weg zu machen, denn
keinen der dreien hielt es mehr auf den Sitzen. Eine nervöse Anspannung
breitete sich aus. Geredet wurde auf der Fahrt nur noch wenig, weil jeder
seinen eigenen Gedanken nachhing. Einmal hielten sie kurz an einer Bäckerei
um für Jody und T.J Dognuts und Kaffee mitzunehmen.
Peter parkte den Stealth in einer Seitengasse,
damit er nicht gleich entdeckt werden konnte. Den Rest des Weges gingen
sie zu Fuß, sich sehr genau umblickend. Kes wurde noch mulmiger
zumute, nun wußte sie mit Gewißheit, daß ihre Vision
tatsächlich eine Vision gewesen war, denn sie erkannte die Gegend
wieder.
Kurz darauf hatten sie Jodys Versteck erreicht. Es lag sehr geschickt,
denn von hier aus konnte sie die gesamte Gegend überblicken. Dankbar
nahm sie von Peter den Becher mit Kaffee entgegen, während sich Kermit
daran machte T.J. aufzusuchen und ihm seinen Kaffee zu bringen.
"Und, hat sich schon etwas getan, Jody?"
erkundigte sich Peter.
"Nein, bis jetzt war alles ruhig wenn du von ein paar Ratten absiehst
die nach Abfall suchten." Sie schüttelte sich.
Peter konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen.
"Ja ja, die liebe Jody. Die Ratten haben dir bestimmt mehr Angst
eingejagt als die Vorstellung, daß er hier bald rund geht."
Sie schlug ihm scherzhaft auf den Arm. "Das mußt du gerade
sagen. Ich kenne zufällig Jemanden, dem der Schweiß aus allen
Poren lief als er mit seinem Vater Rattenfänger gespielt hat."
"Rattenfänger?" warf Kes irritiert ein.
Jody beobachtete vergnügt wie Peter bei ihren Worten verlegen von
einem Fuß zum anderen trat. An Kes gewandt meinte sie: "Das
ist eine lange Geschichte, ich werde sie dir bei Gelegenheit einmal erzählen
und noch mehr dazu."
"Untersteh dich ja," versuchte Peter zu drohen, doch der Versuch
wirkte eher kläglich als einschüchternd.
Jody warf ihm deswegen nur einen Seitenblick zu und lächelte ihn
äußerst unschuldig an.
Kermit kehrte zu ihnen zurück, dicht hinter
Kes bleib er stehen. "Bei T.J ist alles klar. Noch kein Zeichen von
Sanders. Wie sieht es mit der Einsatztruppe aus, ist die schon in Position?"
"Ja, sie sind vor ungefähr einer Stunde angekommen und haben
sich ein paar Blocks weiter in einem anderen Lager verschanzt. Wenn Sanders
ankommt, sind sie innerhalb von fünf Minuten hier um das Gebäude
zu umstellen." Antwortete Jody.
Kermit nickte zustimmend. "Dann können wir nicht mehr tun als
zu warten, ich hoffe nur, daß sich Sanders nicht allzu viel Zeit
läßt, ich will ihn endlich zwischen meine Finger bekommen."
Seine Stimme hatte einen entschlossenen und drohenden Unterton angenommen,
daß Peter leicht zusammen zuckte.
"Kermit, wir sind hier um Sanders hinter Gitter zu bringen, für
persönliche Gefühle ist hier kein Platz."
Kermit schoß Peter seinen härtesten Blick zu. "Dann hoff
mal, daß du schneller bist als ich Kid."
Kermit hatte in der gestrigen Nacht die Narben
auf Kes Rücken gesehen, die sie Sanders zu verdanken hatte und eine
unbändige Wut war in ihm aufgekeimt, die im Moment mit aller Macht
zurück kehrte.
Kes mischte sich ein. "Kermit, Peter hat recht. Es bringt nichts
wenn du mit Zorn an die Sache heran gehst, das hindert dich nur daran
logisch zu denken."
Kermit fuhr zu ihr herum. "Das kommt ausgerechnet von dir, nach allem
was er dir angetan hat?" entrüstete er sich.
Wesentlich sicherer als sie sich fühlte gab Kes zurück: "Natürlich.
Rache war noch nie ein gutes Motiv. Es macht schwach und vergiftet deine
Gedanken. Und außerdem, wenn du dich diesen Gefühlen hingibst,
dann bedeutet das, daß Sanders gewonnen hat. Warum sollte ich diesem
Mann soviel Macht aushändigen? Sag mir nur einen guten Grund."
Wenn Kermit erstaunt über diese Rede war, so ließ er es sich
nicht anmerken. Mit völlig ausdrucksloser Miene, den Gläsern
sei dank, kehrte er ihr den Rücken zu und schlenderte auf das Lagerhaus
zu.
Jody blickte erstaunt von einem zum anderen. "Was
war das denn?"
"Nichts," erwiderte Peter, der seinem Partner hinterher lief.
Kes zuckte nur die Schultern und machte sich ebenfalls auf den Weg.
Sie trafen sich an der verschlossenen Türe nachdem sie einmal rund
um das Gebäude gewandert waren um einen leichten Einsteig zu finden.
"Schade, daß mein Vater jetzt nicht hier ist, der könnte
das Schloß mit seinen Fähigkeiten leicht aufbekommen und wir
könnten jetzt schon rein." Meinte Peter.
"Dann tu du es doch, es wäre wirklich nicht zu verachten wenn
wir schon im Gebäude drin wären wenn Sanders kommt." meinte
Kes leichthin.
Petr sah sie entschuldigend an. "Das kann ich leider nicht. Mein
Vater ist der Shambala Meister, nicht ich."
"Hast du es überhaupt schon einmal versucht?"
"Einmal, ohne Erfolg."
"Aber du weißt wie es funktioniert?"
"Ja, mein Vater hat versucht es mit beizubringen, doch ich bin einfach
nicht so gut wie er."
"Und was spricht dagegen wenn du es hier noch einmal versuchst?"
Peter überlegte einen Moment und meinte nachdenklich. "Eigentlich
nichts, aber ich glaube nicht, daß es klappen wird."
"Das weißt du erst wenn du es probiert hast, also dann.....du
mußt nur fest daran glauben." ermunterte ihn Kes.
Kermit verdrehte ungeduldig die Augen. So langsam aber sicher hatte er
wirklich genug von diesen "unbegreiflichen" Dingen. Nicht genug,
daß er bei Peter und seinem Vater ständig damit konfrontiert
wurde, nein auch Kes hatte einen ziemlichen Hang in der Richtung.
Peter ließ die Finger über die Türe
gleiten. Er schloß die Augen und begann kontrolliert zu atmen. Ihm
war, als würde er die leise Stimme seines Vater hören, die ihm
zuraunte, fokussiere dein Chi. Im Geiste stellte er sich vor, wie eine
Energiestrahl von seiner Hand aus das Schloß ergreifen und einfach
aufknacken würde. Plötzlich spürte er wie sich eine Wärme
in seinem Körper, bis hin zu seinen Fingerspitzen ausbreitete. Er
drückte den Daumen auf das Schloß, wie er es bei seinem Vater
gesehen hatte, konzentrierte sich einzig und allein darauf es auf zu bekommen.
Da ertönte ein leises Klicken und die Türe schwang auf.
Peter riß erstaunt die Augen auf, er konnte es nicht fassen, daß
es ihm tatsächlich nur mit Hilfe seiner Gedanken gelungen war das
Schloß aufzubekommen. Kes warf ihm einen Blick zu, der nur bedeuten
konnte. "Siehst, habe ich dir doch gleich gesagt," aber sie
sprach es nicht aus.
Kermit wandte sich an Jody, die in der Zwischenzeit
ebenfalls her gekommen war und fasziniert auf Peter schaute. "Wir
gehen jetzt rein. Wenn Sanders ankommt gib uns über Funk bescheid."
Jody nickte stumm und kehrte zu ihrem Versteck zurück.
"Also dann man rein in die Höhle des Löwen." Meinte
Kermit, dabei schob er Kes und Peter gleichermaßen durch die Türe
und gab ihr mit dem Fuß einen Stoß. Die Türe fiel mit
einem leisen Klick ins Schloß und Peter konnte nur hoffen, daß
sie wieder so verschlossen war wie vorher. Probehalber rüttelte er
einmal am Türgriff. Er bewegte sich nicht.
Unangenehme Dunkelheit empfing sie in der Lagerhalle,
stellenweise durch fahles Licht, das durch die dreckigen Scheiben fiel,
erhellt. Ein modriger Geruch wehte ihnen entgegen und in der Stille konnten
sie das Trappeln von kleinen Füßen wahr nehmen. Peter schüttelte
sich, er hatte Ratten noch nie leiden können.
Kermit zog seine Stablampe aus der Tasche und leuchtete den Raum ab. Er
war vollkommen leer, schmutzig und voll mit Spinnweben.
"Hm, seid ihr sicher, daß das die richtige Adresse ist? Das
sieht mir nicht danach aus, als würde hier das volle Leben toben."
Meinte er.
"Wir sind hier richtig Kermit. Hast du dir die Baupläne angesehen?"
"Ja natürlich, ich weiß worauf du hinaus willst und ja,
ich weiß auch, daß es noch Treppen gibt."
Kes grinste, was er in der Dunkelheit nicht erkennen konnte. "Dann
müssen wir nur noch die Treppen finden, wenn ich mich richtig erinnere
müßten sie sich links von uns befinden."
Peter, der von den dreien am besten in der fahlen Dämmerung sehen
konnte ging voraus. Es dauerte nicht lange bis sie die Treppen gefunden
hatten, die sie vorsichtig hinauf stiegen.
Oben erwartete sie eine Überraschung. Kaum
hatten sie die Treppe hinter sich gelassen und waren durch eine nicht
verschlossene Türe gegangen, befanden sie sich in einer vollkommen
anderen Welt. Weicher, dicker Teppichboden breitete sich unter ihren Füßen
aus, die Wände waren tapeziert. Sie erkannten, daß sie in einem
langsam Flur standen, von dem mehrere Türen in verschiedene Zimmer
führten. Das Licht war ebenfalls ein wenig besser. Außerdem
hatten sich ihre Augen in der Zwischenzeit an das Dämmerlicht gewöhnt,
daß sie keine Probleme hatten alles zu erkennen.
Kermit pfiff leise durch die Zähen und murmelte. "Nicht schlecht
und gut getarnt."
Peter fluchte verhalten. "Verdammt und was jetzt? Die Zimmer sind
nicht im Bauplan eingezeichnet, woher sollen wir nun wissen welches Sanders
als sein Büro benutzt oder wo er sich nachher aufhalten wird?"
"Ganz einfach, indem wir die Zimmer durchsuchen. Das Zimmer, das
am besten eingerichtet ist, wird dann wohl sein Refugium sein." Erwiderte
Kes.
Diesmal hatten sie leider Pech. Sämtliche
Türen, bis auf eine, waren verschlossen und die Türe, die offen
war führte nur in eine Art Rumpelkammer.
"Du schaffst es nicht zufällig den gleichen Trick wie vorhin
bei allen Türen anzuwenden?" fragte Kes.
Peter schüttelte den Kopf. "Keine Chance, das geht wirklich
zu weit über mein Können, ich bin schon erstaunt, daß
ich die Türe unten geschafft habe."
"Und was jetzt?" kam es von Kes.
Kermit zuckte die Schultern. "Wir verstecken uns in dieser Rumpelkammer
und warten ab was passiert. Oder hat Einer von euch einen besseren Vorschlag?"
Peter, Kermit und Kes verharrten über eine
halbe Stunde in der Rumpelkammer als das Quäken des Funkgerätes
die erwartungsvolle Stille unterbrach.
"Kermit, Sanders ist im Anmarsch." Kam es über den Äther.
"Danke Jody, kannst du erkennen wieviel Leute mit dabei sind?"
"Noch nicht, aber sie kommen mit drei Autos. Im schlimmsten Fall
haben wir mit zwölf Personen zu rechnen."
"In Ordnung, gib mir Bescheid wenn du die genau Anzahl kennst und
dann kein Kontakt mehr, wir wollen kein Risiko eingehen entdeckt zu werden."
"Verstanden, ich gebe dem Einatzkommando bescheid."
Mehrere Minuten verstrichen. Die Stille war fast
nicht mehr auszuhalten, sie war angefüllt von nervöser Anspannung
und auch ein wenig mit Furcht.
Als das Funkgerät erneut ansprach, fuhr Kes erschreckt zusammen und
rückte etwas näher an Kermit heran, der ihr beruhigend die Hand
auf die Schultern legte.
"Es sind 13 Personen und...ähem Kermit... einer dieser Personen
sieht ziemlich strange aus."
Kes wußte auch nicht warum sie diese Aussage so traf. "Bitte
frag sie wie er aussieht," flüsterte sie Kermit ins Ohr.
Gleich darauf kam die Antwort: "Ziemlich groß und schlank,
über 2m, er trägt einen dunkelblaues bis auf den Boden reichendes
Cape mit goldenen Symbolen bedruckt und hat eine Maske auf. Außer
den langen schwarzen Haaren kann ich nicht mehr erkennen."
"Danke Jody und halte ab jetzt Funkstille."
"Verstanden. Viel Glück."
Peter hörte Kes leise fluchen.
"Sagt dir das etwas?" erkundigte er sich leise.
Kes schmiegte sich haltsuchend ein wenig näher an Kermit. "Ja.
Verdammter Mist, das ist ein Waylon Magier."
"Das bedeutet?" erkundigte sich Kermit.
"Die Waylon Magier stehen auf der dunklen Seite. Sie können
einen Menschen töten indem sie ihn nur in die Augen schauen. Also,
egal was ihr tut, schaut ihm nicht in die Augen und laß euch auch
um Gottes Willen nicht von ihm anfassen." Ihre Stimme zitterte leicht
als sie das sagte.
"Kann es spüren, daß wir hier sind?" wollte Peter
wissen.
"Nein, sie haben in dieser Richtung keine Macht, aber...." sie
machte eine lange Pause..... "es kann gut sein, daß er weiß
wie man Merlins Stern aktivieren kann."
Mehr mußte Kes zu diesem Thema nicht sagen, sie hörte beide
Männer leise fluchen.
Ein winziges Geräusch hinderte sie daran die
Unterhaltung weiter fort zu führen. Diverse Stimmen wurden laut.
Alle drei lauschten angespannt um etwas von der Unterhaltung mit zu bekommen
die nur gedämpft durch die Türe drang. Sie verstanden nur einige
Wortfetzen, hörten mehrere Türen klappen und dann wurde es wieder
still.
Peter machte seinem Ärger als Erster verhalten
Luft. "Mist, und woher sollen wir nun wissen hinter welcher Türe
Sanders verschwunden ist? Wir wissen nicht einmal, ob wir uns ungesehen
auf den Flur schleichen können. Vielleicht stehen dort Wachen oder
es braucht nur einer von ihnen überraschend aus einem der Räume
zu treten und wir sind aufgeflogen."
"Kannst du nicht mit Hilfe deiner erweiterten Sinne erkennen ob die
Luft rein ist oder nicht?" flüsterte Kes genauso leise zurück.
"Vergiß es Kes. Ich kann die Leute um mich herum wahr nehmen,
aber ich kann nicht sagen wo sie sich aufhalten. Dieser Magier überlagert
alles andere, sein Chi ist sehr kraftvoll, ich kann es nicht isolieren."
Kes nickte verständnisvoll. "Ja, ich kann seine Ausstrahlung
auch wahr nehmen. Und ich bin sicher, da wo er ist, wird sich auch Sanders
aufhalten. Probiere es auf dem umgekehrten Weg Peter, konzentriere dich
voll auf ihn."
Peter konzentrierte sich, mehrere Minuten verstrichen.
Schließlich gab er entnervt auf.
"Sorry Kes, es klappt nicht. Immer wenn ich denke ich habe sein Chi
isoliert, scheint es an anderer Stelle aufzutauchen. Es scheint mir fast
so, als würde es in dieser Dimension gar nicht existieren."
Entschuldigte er sich leise.
"Korrigiere, kein Waylon Magier, ein Waylon Meister. Nun haben wir
ein echtes Problem," lautete Kes trockene Erwiderung.
"Sprich bitte nicht ständig in Rätseln Kes, spuck es aus."
"Du hast vollkommen recht mit dieser anderen Dimension. Ein Waylon
Meister befindet sich tatsächlich in einer anderen Dimension. Er
projiziert praktisch sein äußeres Erscheinungsbild in diese
Welt und kann so auch praktizieren. Nur das dumme ist, daß sein
physischer Leib nicht wirklich hier ist und das bedeutet gleichzeitig,
daß er auf normale Art und Weise nicht getötet oder festgenommen
werden kann."
"Das heißt um ihn zu erreichen muß man sich in seine
Dimension begeben?" hakte Peter vollkommen Perplex nach.
"Ja, aber das............" Kermits große Hand legte sich
auf ihren Mund und hinderte sie daran weiter zu sprechen.
"Still", zischte Kermit, der als einziger
wahr genommen hatte wie sich eine der Türen öffnete. Stimmen
wurden laut. Deutlich hörte man eine Männerstimme, die sich
beschwerte: "Na Super, und wieder hat es uns erwischt und wir müssen
hier auf dem Flur ausharren. Als ob hier jeden Moment Jemand unerwartetes
auftauchen könnte, so ein Blödsinn."
"Nimm es nicht so schwer Kumpel. Immerhin müssen wir nicht mehr
in einem Raum mit diesem Riesen sein. Ich kann mir nicht helfen, aber
es jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Hast du seinen
Blick gesehen? Komm, setz dich und sei ruhig, ich habe ein paar Karten
hier, damit vergeht die Zeit sicher schnell."
Man konnte unschwer erkennen, daß sich sie Männer ganz in der
Nähe der Abstellkammer befinden mußten, da die Unterhaltung
deutlich zu vernehmen war, selbst das Geräusch der mischenden Karten
erreichte sie. Nun drang auch ein Lichtstrahl durch die Schlitze der Türe,
da einer der beiden Männer das Licht im Flur eingeschaltet hatte.
Ein kühler Luftzug streifte Kes. Erstaunt
suchte sie mit den Augen die Wände des Raumes ab um zu erkennen woher
die Zugluft kam. Sie entdeckte einen Mop an der Wand, dessen Fransen leicht
hin und her schaukelten. Sie schob den Mop beiseite und entdeckte ein
Gitter der Klimaanlage, das sie bis jetzt übersehen hatten.
Wortlos deutete sie auf das Gitter. Die anderen beiden nickten. Immerhin
hatten sie nun einen Weg gefunden aus der Kammer heraus zu kommen ohne
Aufsehen zu erregen. Gleichzeitig konnten sie über den Gang auch
zu jedem anderen Raum gelangen, sie mußten nur leise sein.
Kes trat zurück und überließ es den beiden Männern
das Gitter von der Wand zu entfernen. Es gelang ihnen ohne ein Geräusch
zu verursachen.
Peter machte den Anfang, dann folgte Kes und Kermit
übernahm die Rückendeckung. Alle drei mußten einen Hustenreiz
unterdrücken als ihre leisen Bewegungen Staub aufwirbelten, der ihnen
in der Nase kitzelten. Sie kamen nur langsam vorwärts, da sie darauf
bedacht waren keine Geräusche zu verursachen, die durch die Gänge
der Klimaanlage um ein vielfaches verstärkt wiedergegeben wurden.
Daher war auch eine Unterhaltung nicht möglich. Sie versuchten sich
so gut es ging mit Zeichensprache zu verständigen. Wäre die
Lage nicht so ernst gewesen, hätte Kes sich sicher über die
Verrenkungen von Peter amüsiert.
Bald wurde der Gang etwas breiter und sie erreichten
eine Gabelung. Kermit fing Peters fragenden Blick auf und zuckte nur mit
den Schultern. Es konnte unter Umständen lange dauern bis sie den
Raum erreichten in dem sich Sanders befand. Peter benutzte seine Fähigkeiten
um den beiden auf mentalem Weg eine Frage zu stellen.
"Sollen wir uns trennen?" wisperte es durch ihre Köpfe.
Kes als auch Kermit zuckten zusammen bei dieser unerwarteten Konfrontation.
Kermit schüttelte vehement den Kopf. In seinen Augen war es zu gefährlich
sich zu trennen. Er hatte als einziger das Funkgerät bei sich um
den Einsatzbefehl zu geben. Was wenn einer der beiden anderen fündig
wurde und er es nicht bemerkte? Außerdem wollte er Kes auch nicht
alleine losziehen lassen.
Peter nickte zum Zeichen, daß er verstanden
hatte. Etwas ratlos blickte er sich um. Sie hatten drei Möglichkeiten
weiter zu kriechen. Welcher Gang war nun der richtige und führte
ihn zu Sanders? Es konnte gut sein, daß das nicht die einzige Gabelung
war und guter Rat war teuer.
Sich dem Schicksal fügend wählte Peter den Gang der rechts von
ihm lag. Er hoffte, daß seine Sinne ihn nicht täuschten, denn
er hatte einen kurzen Moment geglaubt eine Bewegung in der Richtung gespürt
zu haben die nicht von dieser Welt war.
Mit der Zeit begannen die Knie der drei zu schmerzen,
bedingt durch den harten Untergrund und der Tatsache, daß sie sich
in den niedrigen Gängen nur kriechend fortbewegen konnten. Noch mehrmals
waren sie an Abzweigungen geraten. Diesmal hatte Peter nicht angehalten,
sondern war einfach weiter gekrochen. Keiner der drei wußte mittlerweile
mehr wo sie sich genau befanden. Kes kam es vor, als wären sie schon
eine Ewigkeit in den Gängen unterwegs und sie hatte immer mehr gegen
das Gefühl der Eingeschlossenheit zu kämpfend das mit jedem
Meter den sie zurück legten stärker wurde. Inständig betete
sie endlich am Ziel ihrer unfreiwilligen Reise anzukommen, sie wußte
nicht wie lange sie es noch schaffen konnte sich zu beherrschen. Peter
und Kermit hatten bestimmt schon mehrere dieser Luftschächte gesehen,
doch für sie war es eine gänzlich neue Erfahrung, die sie keinesfalls
wiederholen wollte.
Kes Gebete wurden erhört. Nur wenige Meter
vor ihnen drang ein Lichtschimmer in den Gang. Noch vorsichtiger als vorhin
näherten sie sich diesem Gitter.
Peter, der das Gitter als erster erreicht hatte, blickte vorsichtig durch
die Lamellen. Mit einem nach oben gerichteten Daumen, bedeutete er ihnen,
daß sie am richtigen Raum gelandet waren.
Kes als auch Kermit schoben sich neben ihn um ebenfalls etwas zu sehen.
Es war denkbar eng, keiner der drei konnte sich richtig bewegen geschweige
denn Atmen. Außerdem wurde ihnen ziemlich heiß durch die Körperwärme
des anderen. Dennoch war das gleich vergessen durch das was sie sahen.
Sanders stand mitten im Raum, tief in das Gespräch
mit dem Magier versunken. An der gegenüberliegenden Wand lehnten
zwei weitere Männer, die man unschwer als Wachen erkennen konnten,
da sie bewaffnet waren und immer wieder den Blick über den Raum schweifen
ließen.
In diesem Moment griff Sanders in seine Tasche und zog einen Samtbeutel
hervor, den er auf den Tisch vor sich legte.
"Hier drin ist der Stein Manaos. Sie sind sicher, daß sie ihn
aktivieren können?"
Der Mann mit der Maske, Manaos, schoß ihm einen Blick zu, der Sanders
zwei Schritte zurückweichen ließ. Ebenso kalt wie sein Blick,
war seine Stimme. "Zweifeln sie an meinen Fähigkeiten?"
Sanders hob sichtlich erschrocken die Hände und versicherte: "Nein,
nein Manaos. Das war nur eine rein hypothetische Frage."
"Besser für sie," lautete die Antwort.
Manaos griff nach dem Samtbeutel und öffnete ihn mit einer kurzen
Bewegung seines Handgelenks ohne den Beutel überhaupt berührt
zu haben. Zum Vorschein kam ein unscheinbar wirkender Stein.
"Ah," war alles was Manaos sagte. Er ließ die Hand über
den Stein gleiten, einen äußerst zufriedenen Ausdruck machend.
Peter spürte wie sich Kes neben ihm anspannte
als sie den Stein erblickte.
"Ist er es?" schickte er ihr Mental. Kes nickte, konnte den
Blick nicht von dem Stein wenden.
Peter machte Kermit ein Zeichen, daß es Zeit war das Einsatzkommando
zu rufen. Er hoffte, daß die hinzu gerufene Truppe soviel Verwirrung
stiften könnte, daß sie es schaffen konnten in den Raum zu
gelangen ohne gleich erschossen zu werden.
Um das bewerkstelligen zu können mußte Kermit ein paar Meter
zurück in den Gang kriechen um nicht gehört zu werden. Durch
die Enge vor dem Gitter blieb auch Peter nichts anderes übrig als
einige Meter zurück zu weichen, damit Kermit sein Vorhaben in die
Tat umsetzen konnte. Kes blieb stur vor dem Gitter sitzen, sie konnte
ihre Augen von dem Geschehen nicht abwenden.
Manaos lächelte kalt als er den Stein in die
Hand nahm.
"Ein wirklich schönes Stück," kam es von ihm. Er holte
tief Atem. "Und so kraftvoll, ich kann seine Stärke jetzt schon
spüren."
Sanders trat einen Schritt auf ihn zu. Er wirkte wie eine Katze die einen
Topf Sahne ausgeleckt hatte.
"Aktivieren sie ihn," verlangte er geifernd.
Manaos erhob eine Hand. "Gemach, gemach Sanders. Es bedarf noch gewisser
Vorbereitungen die ich zu treffen habe. Schicken sie zuerst ihre Bodyguards
hinaus, die müssen nicht sehen was wir machen."
Sanders kam seinem Befehl sofort nach. Die beiden Männer verließen
sichtlich erleichtert das Zimmer.
Manaos legte den Stein auf den Schreibtisch zurück, er zog einen
Dolch aus seinem Umhang hervor. "Und nun geben sie mir ihren Arm."
"Warum das?" Sanders wirkte nicht besonders glücklich über
diesen Umstand. Manaos mit diesem seltsam geschliffenen Dolch vor sich
zu sehen, jagte ihm kein Vertrauen ein.
"Das Ritual verlangt das Blut eines Menschen und sie werden derjenige
sein, der das Opfer bringen wird."
Sanders erbleichte. "Wollen sie mich umbringen?"
"Wenn ich das wollte wären sie schon lange tot Sanders. Her
mit ihrem Arm."
Manaos machte eine kleine Bewegung mit der Hand und der widerstrebende
Sanders wurde wie durch einen Sog zurück an seinen Platz gerissen.
Fast ohne sein zutun streckte sich sein Arm aus und verweilte über
dem Stein. Manaos begann leise einen Spruch vor sich hin zu murmeln. Langsam
erhob er den Dolch.
"Neeeein!" Der mit Vehemenz ausgestoßene
Schrei kam von Kes. Bevor Peter oder Kermit sie erreichen konnten, sie
befanden sich noch gut einen Meter von ihr entfernt, hatte Kes mit beiden
Beinen das Gitter aus der Verankerung gestoßen und sprang in den
Raum.
Sie nutzte den Überraschungsmoment und ihren Schwung aus um mit voller
Wucht gegen Sanders zu prallen bevor Manaos ihm den Arm aufritzen konnte.
Gemeinsam fielen sie zu Boden, den Stein und den Tisch mit sich reißend.
Wild ineinander verkeilt wälzten sie sich hin und her, jeder darauf
bedacht die Oberhand zu gewinnen. Kes wehrte sich wie eine Wildkatze gegen
Sanders, dabei sah es denkbar schlecht aus für sie, da ihr Sanders
rein Kräftemäßig weit überlegen war.
Peter und Kermit waren einen Moment starr vor Schreck.
Kes unbedachte Aktion lief keineswegs nach dem Plan den sie sich ausgedacht
hatten. Sie beeilten sich ihr nachzukommen und sprangen ebenfalls aus
dem Lüftungsschacht.
Durch den Lärm aufgeschreckt stürmten
die beiden Wachen in den Raum, die Gewehre im Anschlag. Peter, der den
Wachen am nächsten stand schlug einem der Männer mit einem gezielten
Tritt die Waffe aus der Hand. Kermit stürzte sich auf den anderen,
versuchte ihm die Waffe aus den Händen zu entreißen was ihm
auch gelang.
Ein harter Kampf entbrannte. Die beiden Wachen
war nicht bereit kampflos aufzugeben und waren gut geschult. Kermit wurde
durch einen wuchtigen Tritt an die Wand geschleudert. Tausend Sterne explodierten
in seinem Kopf und einen Moment sah er nichts mehr. Den Zustand nutzte
die Wache aus um ihn an der Kehle zu packen und zuzudrücken. Kermit,
der im Moment nicht mehr ganz bei Bewußtsein war, hatte dem Griff
des Gegners nichts entgegen zu setzen.
Peter war indessen mit dem anderen Mann ebenfalls
schwer beschäftigt. Der Wache war es gelungen ein paar seiner Angriffe
abzublocken. Peter holte zu einem harten Tritt aus, doch der Mann machte
ihm einen Strich durch die Rechnung, indem er seinen Fuß einfing
und festhielt. Ein siegessicheres Grinsen lag auf seinen Lippen. Peter
spannte seine Muskeln an. Den Move hatte er selten ausgeführt und
konnte nur hoffen, daß es klappte.
Ohne ersichtlichen Ansatz sprang er in die Höhe und wuchtete das
rechte Bein hoch. Er landete zielsicher am Kinn seines Gegners, der seinen
Fuß losließ und wie ein gefällter Baum umfiel. Peter
rollte sich Katzengleich ab und stand innerhalb eines Wimpernschlags wieder
auf seinen Beinen. Ein Blick auf den Mann bestätigte ihm, daß
der so schnell nicht wieder aufwachen würde.
Kermits Keuchen ließ ihn herumfahren. Es
sah wie sein Freund vergeblich versuchte sich aus dem Griff der zweiten
Wache zu befreien. Ein harter Handkantenschlag in das Genick des Verbrechers
ließ auch ihn zu Boden sinken. Kermit warf Peter einen dankbaren
Blick zu und rutschte langsam an der Wand entlang, bemüht seine Atmung
als auch sich selbst unter Kontrolle zu bekommen
Sanders und Kes rangen noch immer miteinander.
Es war Sanders gelungen sich auf Kes zu schwingen und sie mit seinem Gewicht
auf den Boden zu drücken. Seine Finger befanden sich ebenfalls an
ihrer Kehle und er drückte mit beiden Händen zu. Kes wehrte
sich verzweifelt, mit ihren langen Fingernägeln verkrallte sie sich
in seine Hände die unbarmherzig ihr Werk verrichteten. Er schien
nicht einmal zu spüren wie das Blut an seinen Händen herunter
lief. Ein teuflisches Grinsen verzerrte seine Gesichtszüge. Die Augen
waren seltsam verdreht, so daß man das Weiße in seinen Augäpfeln
erkennen konnte. "Ja, wehr dich nur du kleine Schlampe, einmal bist
du mir entkommen, aber nun stirbst du," keuchte er.
Kes Bewegungen wurden schwächer. Die unterbrochene Luftzufuhr ließ
ihr schwarz vor Augen werden.
Plötzlich konnte sie wieder atmen, auch das Gewicht von Sanders war
weg. Keuchend ließ sie sich zur Seite sinken und rollte sich wie
einen Ball zusammen, verzweifelt bemüht wieder Luft in ihre Lungen
zu bekommen.
Peter hatte Sanders gegen die Wand geschleudert.
All seine Wut lag in dem Fausthieb, den er ihm in den Magen verpaßte.
Sanders beugte sich keuchend vornüber und wimmerte vor Schmerz. Er
schlang beide Arme um seinen Magen, was Peter einen freien Schlag in sein
Gesicht ermöglichte. Peter hörte mit Befriedigung das Krachen
der Knochen als seine Faust ihn dort traf. Daraufhin fiel Sanders zu Boden
und rührte sich nicht mehr. Peter bedauerte das sehr, er hätte
gerne noch weiter gemacht.
Aus den Augenwinkeln bemerkte er wie Kermit sich
über Kes beugte, den Desert Eagle hielt er wachsam im Anschlag auf
die Türe gerichtet.
In all dem Chaos hatte Peter gar nicht mehr daran gedacht, daß mehr
Gegner als die drei Männer hier waren. Nun hörte er auch die
langsam verstummenden Kampfgeräusche und Schüsse. "Ich
werde mal nachsehen wie es draußen ausschaut, bleib du bei Kes,"
rief er Kermit zu.
Im nächsten Moment war er durch die Türe verschwunden.
Kermit wandte seine Aufmerksamkeit Kes zu. Sein
geschulter Blick sagte ihm, daß die drei Kontrahenten so schnell
nicht wieder das Bewußtsein erlangen würden.
Mit rauher Stimme fragte er: "Alles klar?"
Kes nickte leicht benommen. Ihr Blick wanderte durch den Raum. Sie sah
Sanders und die beiden Wachen auf dem Boden liegen.
"Wo ist Manaos?" krächzte sie.
Eisiger Schreck durchzuckte Kermit. Auf diesen Mann hatte keiner von ihnen
geachtet. "Ich weiß es nicht Kes. Er scheint verschwunden zu
sein."
Fast panisch kämpfte sich Kes auf die Knie, stehen konnte sie noch
nicht, und begann den Raum abzusuchen. Kermit half ihr dabei. Es dauerte
nur wenige Sekunden bis sie den Gegenstand gefunden hatte. Erleichtert
seufzend nahm sie den Stein in die Hände und drückte ihn an
ihre Brust.
"Wenigstens er ist noch da."
Peter betrat den Raum, dicht gefolgt von Jody,
T.J. und Skalany.
"Draußen ist alles klar. Wir haben alle geschnappt," verkündete
er.
"Nicht alle," murmelte Kermit so leise, daß ihn Niemand
hören konnte.
Peter setzte sich neben Kes auf den Boden und beobachtete wie Skalany,
T.J und Jody den drei langsam zu sich kommenden Gestalten Handschellen
anlegten während er Kes und Kermit einen Kurzbericht abgab.
Im großen und Ganzen war die Sache relativ gut verlaufen. Sanders
Männer waren von dem Angriff des Einsatztrupps dermaßen überrascht
worden, daß sie kaum Widerstand geleistet hatten. Außer zwei
angeschossenen Verbrechern waren ansonsten keine Verluste zu beklagen.
Nachdem er geendet hatte blickte er besorgt auf
Kes, die noch immer ziemlich blaß war. "Alles in Ordnung mit
dir?"
Ein seltsamer Unterton lag in Kes Stimme als sie antwortete. "Ja,
mit geht es gut."
Kermit horchte bei ihrer Antwort auf. Sein Instinkt sagte ihm, daß
etwas ganz und gar nicht stimmte. Ein kaum erkennbares Kopfschütteln
von Kes hielt ihn davon ab weiter nachzuhaken. Ihm fiel nur auf, daß
ihre Finger sich um den Stein verkrampft hatten und ihre Knöchel
schon weiß hervor traten. Er sah zu Peter, der ebenso ratlos wirkte
wie er selber.
In der Zwischenzeit hatten T.J., Jody und Skalany
die Männer hochgezogen und machten sich daran sie abzuführen.
Jody wandte sich an Peter: "Seid ihr da festgewachsen oder was ist?"
"Keine Sorge Jody, wir werden schon rechtzeitig im Revier sein um
unsere Berichte zu schreiben. Sorge du nur dafür, daß Sanders
nicht noch einmal entwischt." Gab er zurück.
Jody bedachte Peter mit einem undefinierbaren Blick. "Huch sind wie
heute wieder gut drauf," meinte sie ironisch. Sie gab Sanders einen
leichten Stoß in den Rücken, bugsierte ihn durch den Eingang
und schloß die Türe mit einem deutlichen Bumms hinter sich.
Kaum hatte sich die Türe hinter Jody geschlossen
fragte Kermit: "Heraus mit der Sprache was ist los Kes?"
Kes Finger zitterten als sie sie langsam öffnete. "Seht selbst,"
flüsterte sie.
Der Stern lag auf Kes Handfläche, die mit Blut von Sanders Händen
beschmiert war. Er leuchtete schwach und schien auch zu vibrieren.
Peter schluckte schwer. "Was hat das zu bedeuten?"
"Das bedeutet, daß er an der Schwelle steht vollkommen aktiviert
zu werden." Erwiderte sie tonlos.
"Wie denn das? Du hast das Ritual doch unterbrochen."
"Nicht ganz, alles was noch gefehlt hat war das Blutopfer. Ich habe
einen großen Fehler begangen."
"Und was nun?"
"Rückgängig kann ich es nicht mehr machen. Ich kann nur
noch vorwärts gehen."
"Nein Kes. Das lasse ich nicht zu." Versetzte Kermit scharf.
Sie sah ihn mit großen, bittenden Augen an.
"Kermit, es geht nicht mehr anders. Wenn ich das Ritual jetzt nicht
bis zum Schluß durchziehe, dann wird der Stein in den nächsten
Minuten explodieren und alles mit sich reißen, siehst du nicht,
wie er an Intensität zunimmt."
Tatsächlich verfärbte sich der Stein immer mehr, langsam nahm
er eine intensive rötlich-dunkle Farbe an.
"Kes, du selbst hast uns erzählt, daß der Stein die Seele
des Besitzers vergiftet wenn er aktiviert ist. Ich lasse nicht zu, daß
du dein Leben einfach wegwirfst." Grollte Kermit.
"Du hast nicht ganz richtig zugehört Kermit. Ich sagte er hat
die Eigenschaft, daß er die Seele des Besitzers MIT DER ZEIT vergiftet
und nicht sofort. Wenn ich Merlins Stein als erste Anweisung gebe, daß
er zu Staub zerfallen soll, dann kann mir nichts passieren. Außerdem
kannst du mich eh nicht mehr aufhalten, dafür ist es zu spät,"
erwiderte Kes entschlossen.
Peter legte Kermit seine Hand auf den Arm. "Kermit,
Kes hat recht. Es ist zu spät um es aufhalten zu können. Es
ist unsere einzige Chance die wir haben."
Kermit ließ seine dunklen Gläser nach unten rutschen. Sie starrten
sich in die Augen. Es war ein reines Kräftemessen, Kermit entschlossen,
besorgt um Kes und von Ärger besessen, Peter ruhig, konzentriert
und ebenso entschlossen.
Kermit wandte als Erster den Blick ab. Die Brille
fand den Weg zurück auf seine Nasenwurzel und seine Miene wurde absolut
ausdruckslos. Zum ersten Mal war es Peter gelungen Kermit nieder zu starren.
Normalerweise ging Kermit immer als Sieger aus solchen Duellen hervor.
Einzig und allein die zusammen geballten Fäuste verrieten seine innere
Anspannung.
Kes hatte gar nicht mehr auf die beiden Männer
geachtet. Sie fand den Dolch, den Manaos benutzt hatte. Ein kleiner Schnitt
an ihrem Handgelenk ließ das Blut fließen. Sie ließ
es auf den Stein tropfen dabei leise ein paar Worte murmelnd. Dann legte
sie Merlins Stern vor sich auf den Boden und schloß die Augen.
Unerwartet wurde der Raum von einem gleißenden Lichtblitz erhellt.
Ein Krachen ertönte, der das gesamte Gebäude erzittern ließ.
Der Stein glühte einmal auf, dann war alles ruhig.
Nachdem sich die drei von ihrem Schrecken erholt
hatten betrachteten sie den Stein, den Kes in ihren Händen hielt.
Er leuchtete in einem reinen, sanften Weiß.
Ein wunderschöner Anblick für jemanden der nicht wußte
was tatsächlich dahinter steckte.
Kes konnte den Blick nicht abwenden, sie war fasziniert von der Energie
die von diesem Stein ausging und jeden Millimeter ihres Seins erfüllte.
Die Kraft, die Macht, es war fast zuviel für sie. Noch nie hatte
sie sich besser gefühlt als in diesem Moment. Merlins Stern machte
sie glauben, daß sie alles erreichen konnte im Leben was sie nur
wollte. Nur schwer konnte sie dieser Verlockung widerstehen.
Peter war es, der sie aus ihrer Versunkenheit riß.
"Ist er... ist er...." Peter konnte es nicht aussprechen.
"Ja, er ist," bestätigte Kes.
"Worauf wartest du noch? Zerstöre ihn," verlangte Kermit
in seiner unsensiblen Art.
Kes holte tief Atem. Wenigstens ein paar Sekunden wollte sie dieses wunderbare
Gefühl noch genießen. "Merlins Stern, ich will............"
Weiter kam sie nicht. Innerhalb eines Augenblicks verdunkelte sich der
gesamte Raum, ließ sie ihre Worte vergessen. Manaos tauchte vor
ihnen auf, eine Armbrust in der Hand.
Die Erinnerung aus Kes Vision kehrte zurück.
Genau an dieser Stelle hatte Kermit gestanden als sich der Raum verdunkelt
und ihn der Pfeil des Manaos erwischt hatte.
Kes handelte rein instinktiv. Sie warf sich über Kermit und schützte
ihn mit ihrem Körper. Gleichzeitig rief sie: "Vernichte Manaos
und hinterher dich selbst." Dann spürte sie den brutalen Einschlag.
Feuer strömte durch ihren Körper als sich der Pfeil tief in
ihre Eingeweide bohrte. Sie hatte das Gefühl von einer Sekunde zur
anderen gelähmt zu sein. Nicht einen Muskel konnte sie rühren,
vom Atmen gar nicht zu reden. Durch die Wucht des Pfeiles war sie auf
den Rücken geworfen worden, ihre Augen in Panik aufgerissen.
Die nächsten Minuten bekam Kes nur am Rande
der Bewußtlosigkeit mit. Manaos, der eben noch Siegessicher gelächelt
hatte, schrie laut auf. Seine Gesichtszüge verzerrten sich zu einer
furchtbaren Fratze als die Flammen aus seinem Körper loderten und
sich immer weiter hinauf fraßen. Bald war er von tiefroten Flammen
umhüllt die gierig an ihm züngelten. Manaos Todeskampf war furchtbar
anzusehen, er krümmte sich vor Schmerzen, spuckte Gift und Galle.
Irgendwann war es vorüber. Zurück blieb nur ein Häufchen
Asche.
Kurz darauf fing Merlins Stern immer mehr an zu
glühen. In rasender Geschwindigkeit drehte er sich um sich selbst.
Blaue Blitze zuckten aus seinem Inneren. Kermits immer präsente Brille
wurde ihm von der Nase gerissen. Die Fensterscheiben begannen zu zittern,
zerplatzten mit einem lauten Knall. Gleichzeitig mit diesem ohrenbetäubenden
Lärm gab es eine weitere Explosion. Merlins Stern zerfiel in Millionen
kleiner Stückchen, die von dem Wind, der in den Raum wehte, in alle
Richtungen verstreut wurden. Dann legte sich absolute Stille über
den Raum.
"Kes, mein Gott Kes, laß mich ja nicht
im Stich," drang Kermits besorgte Stimme durch den dichten Nebel
zu ihr hindurch.
Er kniete neben Kes und ergriff ihre Hand die er zart streichelte. Es
kostete Kes fast ihre gesamte Kraft diese leicht zu drücken.
"Verdammt Peter, kannst du denn gar nichts tun," schrie er.
Peter ließ, tief konzentriert, seine Finger wenige Millimeter über
ihren gesamten Körper wandern. Sehr schnell wurde ihm klar, daß
es für Kes keine Rettung mehr gab. Er spürte die verheerende
Wirkung des Pfeiles, der schwarzmagisch aufgeladen war und nun sein gnadenloses
Werk vollendete. Selbst sein Vater hätte den zunehmenden innerlichen
Verfall ihres Körpers nicht mehr aufhalten können. Mit feuchten
Augen schüttelte er den Kopf.
"Nein," dieses Wort von Kermit hatte
fast nichts menschliches mehr an sich, es enthielt seinen ganzen Schmerz,
die Trauer, die Angst, die Vorwürfe die er sich machte.
"Kes, ich habe dich doch gerade erst gefunden, bitte verlasse mich
nicht. Ich....ich liebe dich doch!" bat er völlig verzweifelt.
Immer wieder streichelte er über ihre Hand, liebkoste ihre Wange.
Peter ergriff ihre andere Hand und drückte sie. Er konzentrierte
sich darauf so viel heilende Energie auf sie überfließen zu
lassen wie er erübrigen konnte, damit sie sich noch von Kermit verabschieden
konnte. Erst als er spürte, daß ihn seine Kräfte zu verlassen
drohte unterbrach er den Zufluß.
Wenige Sekunden später öffnete sie die
Augen.
"Liebling." Wieder nur ein Wort das all seine Gefühle ihr
gegenüber ausdrückte.
Die glanzlosen Augen konzentrierten sich auf Kermit.
"Geliebter, haben wir es geschafft?"
"Ja, Manaos als auch Merlins Stern gibt es nicht mehr. Bitte verlaß
mich nicht."
"Es ist zu Spät Geliebter. Meine Zeit ist gekommen einen Schritt
weiter zu gehen."
"Nein, das ist nicht richtig. Ich sollte an deiner Stelle hier liegen,
der Pfeil hat mir gegolten!" rief er aus.
"Du irrst dich Geliebter. Es war mein Schicksal, das sich heute erfüllt
hat. Ich wußte es schon seit zwei Tagen."
"Du.... du wußtest es. Warum hast du es nicht verhindert ?"
kam es ungläubig von Kermit.
"Man kann seinem Schicksal nicht entrinnen.
Ich möchte dir danken Geliebter."
"Danken, wofür? Dafür, daß ich einmal mehr versagt
habe und der Frau die ich liebe den Tod gebracht habe?" versetzte
er bitter.
"Nein, ich will dir für die wunderbarste Nacht in meinem Leben
danken. Du hast mir gezeigt, daß es im Leben auch schöne Dinge
gibt. Durch dich habe ich erfahren was es heißt mit einem Menschen
mit Leib und Seele verbunden zu sein. Du hast mir all deine Liebe geschenkt,
hast mir Einblick in deine Seele gegeben. Du hast mich zum ersten Mal
in meinem Leben vollkommen glücklich gemacht und dafür danke
ich dir." Ihre Stimme wurde bei dem langen Satz immer schwächer,
die Augen fielen ihr zu.
"Kes, bitte, bleibe bei mir." Flehte er.
Kes riß sich noch einmal zusammen, sie sammelte die letzten Kräfte
die ihr verblieben waren. Ihre Lider hoben sich. Warme, nun erstaunlich
klare Augen, erfüllt von tiefer Liebe suchten seinen Blick und hielten
ihn fest.
"Ich kann nicht, aber ich habe noch einen
letzten Wunsch Geliebter. Ich will, daß du dir bewußt machst,
daß du an dem Ganzen keine Schuld trägst. Mir geht es besser
da wo ich hingehe. Versprich mir, daß du so weiterlebst wie vorher,
bevor du mich kennen gelernt hast."
Kermit schüttelte vehement den Kopf. "Das kann ich nicht Geliebte.
Niemals."
Kes Griff um seine Hand wurde fester. "Versprich
es mir Kermit, du mußt es mir Versprechen, schenk mir meinen Frieden!
Ich habe nicht mehr viel Zeit, ich höre sie schon rufen."
Kermit erkannte wie wichtig es Kes war diese Worte von ihm zu hören.
Der bittende und gleichzeitig brechende Blick bohrte sich förmlich
in seine Augen.
Kermit schluckte hart. Seine Worte waren kaum zu vernehmen. "Ich
verspreche es."
"Gut. Werde glücklich Geliebter und verbanne den Schmerz aus
deinem Herz, öffne es für die Liebe um dich herum."
Beide spürten die tiefe Ruhe die Kes überkam.
Ein Lächeln überzog ihre Lippen. "Sarah," flüsterte
sie. Dann hörte ihr Herz auf zu schlagen.
Kermit zog Kes leblosen Körper in seine Arme
und schaukelte sie wie ein kleines Kind hin und her. Ihre Blicke, voller
Schmerz und Trauer, trafen sich.
"Wie kann ich das Peter? Wie?"
"Es war ihre Bestimmung. Gönne ihr die Ruhe, die sie hier auf
Erden niemals finden konnte." Erwiderte Peter sanft.
Sie schämten sich ihrer Tränen nicht.
ENDE
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