5. Teil
Autor: Fu-Dragon

 

Das erste Morgenlicht durchflutete das Zimmer. Kermit erwachte als Erster und tastete automatisch nach seiner Sonnenbrille, die er gleich aufsetzte. Dicht an seine Brust geschmiegt schlief Kes, den Arm um seine Taille geschlungen. Mit einem verklärten Lächeln auf den Lippen betrachtete er sie.

Seine Gedanken wirbelten wild durcheinander. Er konnte es kaum glauben, sie hatten es tatsächlich getan. Wenn ihm Jemand das vor ein paar Tagen mitgeteilt hätte, er hätte nur gelacht darüber oder ihnen den Desert Eagle an den Kopf gehalten, je nachdem in welcher Stimmung er gewesen wäre.
Und nun lag sie hier, ganz dicht bei ihm. Nie hätte er gedacht, daß der simple Akt der Vereinigung ihn dermaßen aufwühlen konnte. Er hatte in seinem Leben schon mehr als eine Frau gehabt, immerhin war er schon mal verheiratet gewesen und von den anderen mit denen er sich so amüsiert hatte gar nicht zu reden, aber nie hatte es so etwas gefühlt wie bei ihr. Er konnte es mit Worten gar nicht beschreiben. Was war nur so anders bei Kes? Was unterschied sie dermaßen von den anderen?
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Das was sie miteinander geteilt hatten war nicht nur Sex gewesen, nein es war mehr..... weitaus mehr. Sie hatten sich geliebt, langsam und genußvoll, immer wieder und wieder.

Liebe? Kermit zuckte zusammen. War es wirklich das? Oder nur ungezügelte Leidenschaft? Oder beides? War dieses warme Gefühl in ihm und die Tatsache, daß er sich zum ersten Mal in seinem Leben total entspannt und sicher fühlte in der Nähe einer Frau..... Liebe?
Nicht einmal zu seiner Frau hatte er jemals "Ich liebe dich" gesagt, doch hier schien jede Faser in ihm den Satz laut heraus schreien zu wollen.
Dieses kleine pummelige Persönchen hatte sich mit ihren verrückten Ideen und ihrem unbestechlichen Talent ihn auf die Palme zu bringen, direkt in sein Herz geschlichen. Er wußte sogar ganz genau wann das geschehen war. Gestern Abend auf der Couch, als sie ihn mit diesem undefinierbaren Blick angesehen hatte, der ihm durch Mark und Bein gegangen war.

Kes bewegte sich leicht, murmelte etwas vor sich hin, das er nicht verstand. Seine Aufmerksamkeit wandte sich ihr zu. Er konnte nicht wiederstehen und Küßte sie zart auf den Mund. Von der leichten Berührung erwachte Kes. Als sie ihn erblickte zauberte sich ein engelsgleiches Lächeln auf ihr Gesicht.
"Morgen Kermit, eine schöne Art geweckt zu werden," murmelte sie noch ziemlich schläfrig.
"Guten Morgen Zuckerschnute. Na, gut geschlafen?" erwiderte er heiser.
"Wie ein junger Gott. Und du?" Sie streckte sich wie eine Katze. Kermit sah fasziniert zu, streckte die Hand aus und ließ die Finger über ihre ihm in dem Moment zugestreckten Brüste gleiten, mit der anderen nahm er seine Gläser ab und legte sie auf den Nachttisch zurück. Kes zog scharf die Luft ein, eine Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper aus.
"Ich habe noch nie besser geschlafen," raunte er und beugte sich über sie um sie tief und verlangend zu küssen.
Sehr viel später, nachdem sie gemeinsam geduscht und sich dort noch einmal geliebt hatten betraten sie das Wohnzimmer.

Ein bis über beide Ohren grinsender Peter sah ihnen entgegen. "Soso, sind die beiden Turteltäubchen endlich aufgestanden. Ihr wart nicht zu überhören," begrüßte er sie anzüglich.
Kes errötete und versteckte ihr Gesicht an Kermits breiter Brust, während Kermits Gesicht wie immer vollkommen ausdruckslos blieb.
"Kümmere dich um deine Angelegenheiten," kam er wenig elegant von Kermit zurück in einem eindeutig warnenden Ton.
Peter hob abwehrend die Hände hoch, noch immer breit grinsend.
"Schon gut, schon gut ich habe verstanden. Wie wäre es mit Frühstück, vorausgesetzt Kes kann sich von dir einen Moment trennen."
"Peter, übertreib es nicht," grollte Kermit.
Doch Peter lachte nur leise, er freute sich diebisch auch mal etwas zu haben mit dem er seinen Freund ärgern konnte.
Kes, die nach seinen Worten blitzschnell in der Küche verschwunden war, nutzte die Zeit, die sie brauchte um das Frühstück herzurichten um sich wieder einigermaßen zu sammeln. Selten hatte sie sich so verlegen gefühlt wie heute Morgen. Noch immer konnte sie Peter nicht in die Augen sehen. Nicht einmal als sie das Tablett auf den Tisch stellte und jedem einen Kaffeebecher reichte.
Sie war dankbar, daß Peter das Thema nicht weiter vertiefte und sich das Gespräch anderen Gebieten zuwandte.

Bald waren sie beim Hauptthema angelangt. Mehr als einmal besprachen sie den Einsatzplan in allen Einzelheiten. Über Sanders wurde alles andere vergessen. Alle drei wirkten ziemlich angespannt, was auch kein Wunder war.
Sie beschlossen Einstimmig sich jetzt schon auf den Weg zu machen, denn keinen der dreien hielt es mehr auf den Sitzen. Eine nervöse Anspannung breitete sich aus. Geredet wurde auf der Fahrt nur noch wenig, weil jeder seinen eigenen Gedanken nachhing. Einmal hielten sie kurz an einer Bäckerei um für Jody und T.J Dognuts und Kaffee mitzunehmen.

Peter parkte den Stealth in einer Seitengasse, damit er nicht gleich entdeckt werden konnte. Den Rest des Weges gingen sie zu Fuß, sich sehr genau umblickend. Kes wurde noch mulmiger zumute, nun wußte sie mit Gewißheit, daß ihre Vision tatsächlich eine Vision gewesen war, denn sie erkannte die Gegend wieder.
Kurz darauf hatten sie Jodys Versteck erreicht. Es lag sehr geschickt, denn von hier aus konnte sie die gesamte Gegend überblicken. Dankbar nahm sie von Peter den Becher mit Kaffee entgegen, während sich Kermit daran machte T.J. aufzusuchen und ihm seinen Kaffee zu bringen.

"Und, hat sich schon etwas getan, Jody?" erkundigte sich Peter.
"Nein, bis jetzt war alles ruhig wenn du von ein paar Ratten absiehst die nach Abfall suchten." Sie schüttelte sich.
Peter konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen.
"Ja ja, die liebe Jody. Die Ratten haben dir bestimmt mehr Angst eingejagt als die Vorstellung, daß er hier bald rund geht."
Sie schlug ihm scherzhaft auf den Arm. "Das mußt du gerade sagen. Ich kenne zufällig Jemanden, dem der Schweiß aus allen Poren lief als er mit seinem Vater Rattenfänger gespielt hat."
"Rattenfänger?" warf Kes irritiert ein.
Jody beobachtete vergnügt wie Peter bei ihren Worten verlegen von einem Fuß zum anderen trat. An Kes gewandt meinte sie: "Das ist eine lange Geschichte, ich werde sie dir bei Gelegenheit einmal erzählen und noch mehr dazu."
"Untersteh dich ja," versuchte Peter zu drohen, doch der Versuch wirkte eher kläglich als einschüchternd.
Jody warf ihm deswegen nur einen Seitenblick zu und lächelte ihn äußerst unschuldig an.

Kermit kehrte zu ihnen zurück, dicht hinter Kes bleib er stehen. "Bei T.J ist alles klar. Noch kein Zeichen von Sanders. Wie sieht es mit der Einsatztruppe aus, ist die schon in Position?"
"Ja, sie sind vor ungefähr einer Stunde angekommen und haben sich ein paar Blocks weiter in einem anderen Lager verschanzt. Wenn Sanders ankommt, sind sie innerhalb von fünf Minuten hier um das Gebäude zu umstellen." Antwortete Jody.
Kermit nickte zustimmend. "Dann können wir nicht mehr tun als zu warten, ich hoffe nur, daß sich Sanders nicht allzu viel Zeit läßt, ich will ihn endlich zwischen meine Finger bekommen." Seine Stimme hatte einen entschlossenen und drohenden Unterton angenommen, daß Peter leicht zusammen zuckte.
"Kermit, wir sind hier um Sanders hinter Gitter zu bringen, für persönliche Gefühle ist hier kein Platz."
Kermit schoß Peter seinen härtesten Blick zu. "Dann hoff mal, daß du schneller bist als ich Kid."

Kermit hatte in der gestrigen Nacht die Narben auf Kes Rücken gesehen, die sie Sanders zu verdanken hatte und eine unbändige Wut war in ihm aufgekeimt, die im Moment mit aller Macht zurück kehrte.
Kes mischte sich ein. "Kermit, Peter hat recht. Es bringt nichts wenn du mit Zorn an die Sache heran gehst, das hindert dich nur daran logisch zu denken."
Kermit fuhr zu ihr herum. "Das kommt ausgerechnet von dir, nach allem was er dir angetan hat?" entrüstete er sich.
Wesentlich sicherer als sie sich fühlte gab Kes zurück: "Natürlich. Rache war noch nie ein gutes Motiv. Es macht schwach und vergiftet deine Gedanken. Und außerdem, wenn du dich diesen Gefühlen hingibst, dann bedeutet das, daß Sanders gewonnen hat. Warum sollte ich diesem Mann soviel Macht aushändigen? Sag mir nur einen guten Grund."
Wenn Kermit erstaunt über diese Rede war, so ließ er es sich nicht anmerken. Mit völlig ausdrucksloser Miene, den Gläsern sei dank, kehrte er ihr den Rücken zu und schlenderte auf das Lagerhaus zu.

Jody blickte erstaunt von einem zum anderen. "Was war das denn?"
"Nichts," erwiderte Peter, der seinem Partner hinterher lief. Kes zuckte nur die Schultern und machte sich ebenfalls auf den Weg.
Sie trafen sich an der verschlossenen Türe nachdem sie einmal rund um das Gebäude gewandert waren um einen leichten Einsteig zu finden.
"Schade, daß mein Vater jetzt nicht hier ist, der könnte das Schloß mit seinen Fähigkeiten leicht aufbekommen und wir könnten jetzt schon rein." Meinte Peter.
"Dann tu du es doch, es wäre wirklich nicht zu verachten wenn wir schon im Gebäude drin wären wenn Sanders kommt." meinte Kes leichthin.
Petr sah sie entschuldigend an. "Das kann ich leider nicht. Mein Vater ist der Shambala Meister, nicht ich."
"Hast du es überhaupt schon einmal versucht?"
"Einmal, ohne Erfolg."
"Aber du weißt wie es funktioniert?"
"Ja, mein Vater hat versucht es mit beizubringen, doch ich bin einfach nicht so gut wie er."
"Und was spricht dagegen wenn du es hier noch einmal versuchst?"
Peter überlegte einen Moment und meinte nachdenklich. "Eigentlich nichts, aber ich glaube nicht, daß es klappen wird."
"Das weißt du erst wenn du es probiert hast, also dann.....du mußt nur fest daran glauben." ermunterte ihn Kes.
Kermit verdrehte ungeduldig die Augen. So langsam aber sicher hatte er wirklich genug von diesen "unbegreiflichen" Dingen. Nicht genug, daß er bei Peter und seinem Vater ständig damit konfrontiert wurde, nein auch Kes hatte einen ziemlichen Hang in der Richtung.

Peter ließ die Finger über die Türe gleiten. Er schloß die Augen und begann kontrolliert zu atmen. Ihm war, als würde er die leise Stimme seines Vater hören, die ihm zuraunte, fokussiere dein Chi. Im Geiste stellte er sich vor, wie eine Energiestrahl von seiner Hand aus das Schloß ergreifen und einfach aufknacken würde. Plötzlich spürte er wie sich eine Wärme in seinem Körper, bis hin zu seinen Fingerspitzen ausbreitete. Er drückte den Daumen auf das Schloß, wie er es bei seinem Vater gesehen hatte, konzentrierte sich einzig und allein darauf es auf zu bekommen. Da ertönte ein leises Klicken und die Türe schwang auf.
Peter riß erstaunt die Augen auf, er konnte es nicht fassen, daß es ihm tatsächlich nur mit Hilfe seiner Gedanken gelungen war das Schloß aufzubekommen. Kes warf ihm einen Blick zu, der nur bedeuten konnte. "Siehst, habe ich dir doch gleich gesagt," aber sie sprach es nicht aus.

Kermit wandte sich an Jody, die in der Zwischenzeit ebenfalls her gekommen war und fasziniert auf Peter schaute. "Wir gehen jetzt rein. Wenn Sanders ankommt gib uns über Funk bescheid."
Jody nickte stumm und kehrte zu ihrem Versteck zurück.
"Also dann man rein in die Höhle des Löwen." Meinte Kermit, dabei schob er Kes und Peter gleichermaßen durch die Türe und gab ihr mit dem Fuß einen Stoß. Die Türe fiel mit einem leisen Klick ins Schloß und Peter konnte nur hoffen, daß sie wieder so verschlossen war wie vorher. Probehalber rüttelte er einmal am Türgriff. Er bewegte sich nicht.

Unangenehme Dunkelheit empfing sie in der Lagerhalle, stellenweise durch fahles Licht, das durch die dreckigen Scheiben fiel, erhellt. Ein modriger Geruch wehte ihnen entgegen und in der Stille konnten sie das Trappeln von kleinen Füßen wahr nehmen. Peter schüttelte sich, er hatte Ratten noch nie leiden können.
Kermit zog seine Stablampe aus der Tasche und leuchtete den Raum ab. Er war vollkommen leer, schmutzig und voll mit Spinnweben.
"Hm, seid ihr sicher, daß das die richtige Adresse ist? Das sieht mir nicht danach aus, als würde hier das volle Leben toben." Meinte er.
"Wir sind hier richtig Kermit. Hast du dir die Baupläne angesehen?"
"Ja natürlich, ich weiß worauf du hinaus willst und ja, ich weiß auch, daß es noch Treppen gibt."
Kes grinste, was er in der Dunkelheit nicht erkennen konnte. "Dann müssen wir nur noch die Treppen finden, wenn ich mich richtig erinnere müßten sie sich links von uns befinden."
Peter, der von den dreien am besten in der fahlen Dämmerung sehen konnte ging voraus. Es dauerte nicht lange bis sie die Treppen gefunden hatten, die sie vorsichtig hinauf stiegen.

Oben erwartete sie eine Überraschung. Kaum hatten sie die Treppe hinter sich gelassen und waren durch eine nicht verschlossene Türe gegangen, befanden sie sich in einer vollkommen anderen Welt. Weicher, dicker Teppichboden breitete sich unter ihren Füßen aus, die Wände waren tapeziert. Sie erkannten, daß sie in einem langsam Flur standen, von dem mehrere Türen in verschiedene Zimmer führten. Das Licht war ebenfalls ein wenig besser. Außerdem hatten sich ihre Augen in der Zwischenzeit an das Dämmerlicht gewöhnt, daß sie keine Probleme hatten alles zu erkennen.
Kermit pfiff leise durch die Zähen und murmelte. "Nicht schlecht und gut getarnt."
Peter fluchte verhalten. "Verdammt und was jetzt? Die Zimmer sind nicht im Bauplan eingezeichnet, woher sollen wir nun wissen welches Sanders als sein Büro benutzt oder wo er sich nachher aufhalten wird?"
"Ganz einfach, indem wir die Zimmer durchsuchen. Das Zimmer, das am besten eingerichtet ist, wird dann wohl sein Refugium sein." Erwiderte Kes.

Diesmal hatten sie leider Pech. Sämtliche Türen, bis auf eine, waren verschlossen und die Türe, die offen war führte nur in eine Art Rumpelkammer.
"Du schaffst es nicht zufällig den gleichen Trick wie vorhin bei allen Türen anzuwenden?" fragte Kes.
Peter schüttelte den Kopf. "Keine Chance, das geht wirklich zu weit über mein Können, ich bin schon erstaunt, daß ich die Türe unten geschafft habe."
"Und was jetzt?" kam es von Kes.
Kermit zuckte die Schultern. "Wir verstecken uns in dieser Rumpelkammer und warten ab was passiert. Oder hat Einer von euch einen besseren Vorschlag?"

Peter, Kermit und Kes verharrten über eine halbe Stunde in der Rumpelkammer als das Quäken des Funkgerätes die erwartungsvolle Stille unterbrach.
"Kermit, Sanders ist im Anmarsch." Kam es über den Äther.
"Danke Jody, kannst du erkennen wieviel Leute mit dabei sind?"
"Noch nicht, aber sie kommen mit drei Autos. Im schlimmsten Fall haben wir mit zwölf Personen zu rechnen."
"In Ordnung, gib mir Bescheid wenn du die genau Anzahl kennst und dann kein Kontakt mehr, wir wollen kein Risiko eingehen entdeckt zu werden."
"Verstanden, ich gebe dem Einatzkommando bescheid."

Mehrere Minuten verstrichen. Die Stille war fast nicht mehr auszuhalten, sie war angefüllt von nervöser Anspannung und auch ein wenig mit Furcht.
Als das Funkgerät erneut ansprach, fuhr Kes erschreckt zusammen und rückte etwas näher an Kermit heran, der ihr beruhigend die Hand auf die Schultern legte.
"Es sind 13 Personen und...ähem Kermit... einer dieser Personen sieht ziemlich strange aus."
Kes wußte auch nicht warum sie diese Aussage so traf. "Bitte frag sie wie er aussieht," flüsterte sie Kermit ins Ohr.
Gleich darauf kam die Antwort: "Ziemlich groß und schlank, über 2m, er trägt einen dunkelblaues bis auf den Boden reichendes Cape mit goldenen Symbolen bedruckt und hat eine Maske auf. Außer den langen schwarzen Haaren kann ich nicht mehr erkennen."
"Danke Jody und halte ab jetzt Funkstille."
"Verstanden. Viel Glück."

Peter hörte Kes leise fluchen.
"Sagt dir das etwas?" erkundigte er sich leise.
Kes schmiegte sich haltsuchend ein wenig näher an Kermit. "Ja. Verdammter Mist, das ist ein Waylon Magier."
"Das bedeutet?" erkundigte sich Kermit.
"Die Waylon Magier stehen auf der dunklen Seite. Sie können einen Menschen töten indem sie ihn nur in die Augen schauen. Also, egal was ihr tut, schaut ihm nicht in die Augen und laß euch auch um Gottes Willen nicht von ihm anfassen." Ihre Stimme zitterte leicht als sie das sagte.
"Kann es spüren, daß wir hier sind?" wollte Peter wissen.
"Nein, sie haben in dieser Richtung keine Macht, aber...." sie machte eine lange Pause..... "es kann gut sein, daß er weiß wie man Merlins Stern aktivieren kann."
Mehr mußte Kes zu diesem Thema nicht sagen, sie hörte beide Männer leise fluchen.

Ein winziges Geräusch hinderte sie daran die Unterhaltung weiter fort zu führen. Diverse Stimmen wurden laut. Alle drei lauschten angespannt um etwas von der Unterhaltung mit zu bekommen die nur gedämpft durch die Türe drang. Sie verstanden nur einige Wortfetzen, hörten mehrere Türen klappen und dann wurde es wieder still.

Peter machte seinem Ärger als Erster verhalten Luft. "Mist, und woher sollen wir nun wissen hinter welcher Türe Sanders verschwunden ist? Wir wissen nicht einmal, ob wir uns ungesehen auf den Flur schleichen können. Vielleicht stehen dort Wachen oder es braucht nur einer von ihnen überraschend aus einem der Räume zu treten und wir sind aufgeflogen."
"Kannst du nicht mit Hilfe deiner erweiterten Sinne erkennen ob die Luft rein ist oder nicht?" flüsterte Kes genauso leise zurück.
"Vergiß es Kes. Ich kann die Leute um mich herum wahr nehmen, aber ich kann nicht sagen wo sie sich aufhalten. Dieser Magier überlagert alles andere, sein Chi ist sehr kraftvoll, ich kann es nicht isolieren."
Kes nickte verständnisvoll. "Ja, ich kann seine Ausstrahlung auch wahr nehmen. Und ich bin sicher, da wo er ist, wird sich auch Sanders aufhalten. Probiere es auf dem umgekehrten Weg Peter, konzentriere dich voll auf ihn."

Peter konzentrierte sich, mehrere Minuten verstrichen. Schließlich gab er entnervt auf.
"Sorry Kes, es klappt nicht. Immer wenn ich denke ich habe sein Chi isoliert, scheint es an anderer Stelle aufzutauchen. Es scheint mir fast so, als würde es in dieser Dimension gar nicht existieren." Entschuldigte er sich leise.
"Korrigiere, kein Waylon Magier, ein Waylon Meister. Nun haben wir ein echtes Problem," lautete Kes trockene Erwiderung.
"Sprich bitte nicht ständig in Rätseln Kes, spuck es aus."
"Du hast vollkommen recht mit dieser anderen Dimension. Ein Waylon Meister befindet sich tatsächlich in einer anderen Dimension. Er projiziert praktisch sein äußeres Erscheinungsbild in diese Welt und kann so auch praktizieren. Nur das dumme ist, daß sein physischer Leib nicht wirklich hier ist und das bedeutet gleichzeitig, daß er auf normale Art und Weise nicht getötet oder festgenommen werden kann."
"Das heißt um ihn zu erreichen muß man sich in seine Dimension begeben?" hakte Peter vollkommen Perplex nach.
"Ja, aber das............" Kermits große Hand legte sich auf ihren Mund und hinderte sie daran weiter zu sprechen.

"Still", zischte Kermit, der als einziger wahr genommen hatte wie sich eine der Türen öffnete. Stimmen wurden laut. Deutlich hörte man eine Männerstimme, die sich beschwerte: "Na Super, und wieder hat es uns erwischt und wir müssen hier auf dem Flur ausharren. Als ob hier jeden Moment Jemand unerwartetes auftauchen könnte, so ein Blödsinn."
"Nimm es nicht so schwer Kumpel. Immerhin müssen wir nicht mehr in einem Raum mit diesem Riesen sein. Ich kann mir nicht helfen, aber es jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Hast du seinen Blick gesehen? Komm, setz dich und sei ruhig, ich habe ein paar Karten hier, damit vergeht die Zeit sicher schnell."
Man konnte unschwer erkennen, daß sich sie Männer ganz in der Nähe der Abstellkammer befinden mußten, da die Unterhaltung deutlich zu vernehmen war, selbst das Geräusch der mischenden Karten erreichte sie. Nun drang auch ein Lichtstrahl durch die Schlitze der Türe, da einer der beiden Männer das Licht im Flur eingeschaltet hatte.

Ein kühler Luftzug streifte Kes. Erstaunt suchte sie mit den Augen die Wände des Raumes ab um zu erkennen woher die Zugluft kam. Sie entdeckte einen Mop an der Wand, dessen Fransen leicht hin und her schaukelten. Sie schob den Mop beiseite und entdeckte ein Gitter der Klimaanlage, das sie bis jetzt übersehen hatten.
Wortlos deutete sie auf das Gitter. Die anderen beiden nickten. Immerhin hatten sie nun einen Weg gefunden aus der Kammer heraus zu kommen ohne Aufsehen zu erregen. Gleichzeitig konnten sie über den Gang auch zu jedem anderen Raum gelangen, sie mußten nur leise sein.
Kes trat zurück und überließ es den beiden Männern das Gitter von der Wand zu entfernen. Es gelang ihnen ohne ein Geräusch zu verursachen.

Peter machte den Anfang, dann folgte Kes und Kermit übernahm die Rückendeckung. Alle drei mußten einen Hustenreiz unterdrücken als ihre leisen Bewegungen Staub aufwirbelten, der ihnen in der Nase kitzelten. Sie kamen nur langsam vorwärts, da sie darauf bedacht waren keine Geräusche zu verursachen, die durch die Gänge der Klimaanlage um ein vielfaches verstärkt wiedergegeben wurden. Daher war auch eine Unterhaltung nicht möglich. Sie versuchten sich so gut es ging mit Zeichensprache zu verständigen. Wäre die Lage nicht so ernst gewesen, hätte Kes sich sicher über die Verrenkungen von Peter amüsiert.

Bald wurde der Gang etwas breiter und sie erreichten eine Gabelung. Kermit fing Peters fragenden Blick auf und zuckte nur mit den Schultern. Es konnte unter Umständen lange dauern bis sie den Raum erreichten in dem sich Sanders befand. Peter benutzte seine Fähigkeiten um den beiden auf mentalem Weg eine Frage zu stellen.
"Sollen wir uns trennen?" wisperte es durch ihre Köpfe. Kes als auch Kermit zuckten zusammen bei dieser unerwarteten Konfrontation. Kermit schüttelte vehement den Kopf. In seinen Augen war es zu gefährlich sich zu trennen. Er hatte als einziger das Funkgerät bei sich um den Einsatzbefehl zu geben. Was wenn einer der beiden anderen fündig wurde und er es nicht bemerkte? Außerdem wollte er Kes auch nicht alleine losziehen lassen.

Peter nickte zum Zeichen, daß er verstanden hatte. Etwas ratlos blickte er sich um. Sie hatten drei Möglichkeiten weiter zu kriechen. Welcher Gang war nun der richtige und führte ihn zu Sanders? Es konnte gut sein, daß das nicht die einzige Gabelung war und guter Rat war teuer.
Sich dem Schicksal fügend wählte Peter den Gang der rechts von ihm lag. Er hoffte, daß seine Sinne ihn nicht täuschten, denn er hatte einen kurzen Moment geglaubt eine Bewegung in der Richtung gespürt zu haben die nicht von dieser Welt war.

Mit der Zeit begannen die Knie der drei zu schmerzen, bedingt durch den harten Untergrund und der Tatsache, daß sie sich in den niedrigen Gängen nur kriechend fortbewegen konnten. Noch mehrmals waren sie an Abzweigungen geraten. Diesmal hatte Peter nicht angehalten, sondern war einfach weiter gekrochen. Keiner der drei wußte mittlerweile mehr wo sie sich genau befanden. Kes kam es vor, als wären sie schon eine Ewigkeit in den Gängen unterwegs und sie hatte immer mehr gegen das Gefühl der Eingeschlossenheit zu kämpfend das mit jedem Meter den sie zurück legten stärker wurde. Inständig betete sie endlich am Ziel ihrer unfreiwilligen Reise anzukommen, sie wußte nicht wie lange sie es noch schaffen konnte sich zu beherrschen. Peter und Kermit hatten bestimmt schon mehrere dieser Luftschächte gesehen, doch für sie war es eine gänzlich neue Erfahrung, die sie keinesfalls wiederholen wollte.

Kes Gebete wurden erhört. Nur wenige Meter vor ihnen drang ein Lichtschimmer in den Gang. Noch vorsichtiger als vorhin näherten sie sich diesem Gitter.
Peter, der das Gitter als erster erreicht hatte, blickte vorsichtig durch die Lamellen. Mit einem nach oben gerichteten Daumen, bedeutete er ihnen, daß sie am richtigen Raum gelandet waren.
Kes als auch Kermit schoben sich neben ihn um ebenfalls etwas zu sehen. Es war denkbar eng, keiner der drei konnte sich richtig bewegen geschweige denn Atmen. Außerdem wurde ihnen ziemlich heiß durch die Körperwärme des anderen. Dennoch war das gleich vergessen durch das was sie sahen.

Sanders stand mitten im Raum, tief in das Gespräch mit dem Magier versunken. An der gegenüberliegenden Wand lehnten zwei weitere Männer, die man unschwer als Wachen erkennen konnten, da sie bewaffnet waren und immer wieder den Blick über den Raum schweifen ließen.
In diesem Moment griff Sanders in seine Tasche und zog einen Samtbeutel hervor, den er auf den Tisch vor sich legte.
"Hier drin ist der Stein Manaos. Sie sind sicher, daß sie ihn aktivieren können?"
Der Mann mit der Maske, Manaos, schoß ihm einen Blick zu, der Sanders zwei Schritte zurückweichen ließ. Ebenso kalt wie sein Blick, war seine Stimme. "Zweifeln sie an meinen Fähigkeiten?"
Sanders hob sichtlich erschrocken die Hände und versicherte: "Nein, nein Manaos. Das war nur eine rein hypothetische Frage."
"Besser für sie," lautete die Antwort.
Manaos griff nach dem Samtbeutel und öffnete ihn mit einer kurzen Bewegung seines Handgelenks ohne den Beutel überhaupt berührt zu haben. Zum Vorschein kam ein unscheinbar wirkender Stein.
"Ah," war alles was Manaos sagte. Er ließ die Hand über den Stein gleiten, einen äußerst zufriedenen Ausdruck machend.

Peter spürte wie sich Kes neben ihm anspannte als sie den Stein erblickte.
"Ist er es?" schickte er ihr Mental. Kes nickte, konnte den Blick nicht von dem Stein wenden.
Peter machte Kermit ein Zeichen, daß es Zeit war das Einsatzkommando zu rufen. Er hoffte, daß die hinzu gerufene Truppe soviel Verwirrung stiften könnte, daß sie es schaffen konnten in den Raum zu gelangen ohne gleich erschossen zu werden.
Um das bewerkstelligen zu können mußte Kermit ein paar Meter zurück in den Gang kriechen um nicht gehört zu werden. Durch die Enge vor dem Gitter blieb auch Peter nichts anderes übrig als einige Meter zurück zu weichen, damit Kermit sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte. Kes blieb stur vor dem Gitter sitzen, sie konnte ihre Augen von dem Geschehen nicht abwenden.

Manaos lächelte kalt als er den Stein in die Hand nahm.
"Ein wirklich schönes Stück," kam es von ihm. Er holte tief Atem. "Und so kraftvoll, ich kann seine Stärke jetzt schon spüren."
Sanders trat einen Schritt auf ihn zu. Er wirkte wie eine Katze die einen Topf Sahne ausgeleckt hatte.
"Aktivieren sie ihn," verlangte er geifernd.
Manaos erhob eine Hand. "Gemach, gemach Sanders. Es bedarf noch gewisser Vorbereitungen die ich zu treffen habe. Schicken sie zuerst ihre Bodyguards hinaus, die müssen nicht sehen was wir machen."
Sanders kam seinem Befehl sofort nach. Die beiden Männer verließen sichtlich erleichtert das Zimmer.
Manaos legte den Stein auf den Schreibtisch zurück, er zog einen Dolch aus seinem Umhang hervor. "Und nun geben sie mir ihren Arm."
"Warum das?" Sanders wirkte nicht besonders glücklich über diesen Umstand. Manaos mit diesem seltsam geschliffenen Dolch vor sich zu sehen, jagte ihm kein Vertrauen ein.
"Das Ritual verlangt das Blut eines Menschen und sie werden derjenige sein, der das Opfer bringen wird."
Sanders erbleichte. "Wollen sie mich umbringen?"
"Wenn ich das wollte wären sie schon lange tot Sanders. Her mit ihrem Arm."
Manaos machte eine kleine Bewegung mit der Hand und der widerstrebende Sanders wurde wie durch einen Sog zurück an seinen Platz gerissen. Fast ohne sein zutun streckte sich sein Arm aus und verweilte über dem Stein. Manaos begann leise einen Spruch vor sich hin zu murmeln. Langsam erhob er den Dolch.

"Neeeein!" Der mit Vehemenz ausgestoßene Schrei kam von Kes. Bevor Peter oder Kermit sie erreichen konnten, sie befanden sich noch gut einen Meter von ihr entfernt, hatte Kes mit beiden Beinen das Gitter aus der Verankerung gestoßen und sprang in den Raum.
Sie nutzte den Überraschungsmoment und ihren Schwung aus um mit voller Wucht gegen Sanders zu prallen bevor Manaos ihm den Arm aufritzen konnte. Gemeinsam fielen sie zu Boden, den Stein und den Tisch mit sich reißend. Wild ineinander verkeilt wälzten sie sich hin und her, jeder darauf bedacht die Oberhand zu gewinnen. Kes wehrte sich wie eine Wildkatze gegen Sanders, dabei sah es denkbar schlecht aus für sie, da ihr Sanders rein Kräftemäßig weit überlegen war.

Peter und Kermit waren einen Moment starr vor Schreck. Kes unbedachte Aktion lief keineswegs nach dem Plan den sie sich ausgedacht hatten. Sie beeilten sich ihr nachzukommen und sprangen ebenfalls aus dem Lüftungsschacht.

Durch den Lärm aufgeschreckt stürmten die beiden Wachen in den Raum, die Gewehre im Anschlag. Peter, der den Wachen am nächsten stand schlug einem der Männer mit einem gezielten Tritt die Waffe aus der Hand. Kermit stürzte sich auf den anderen, versuchte ihm die Waffe aus den Händen zu entreißen was ihm auch gelang.

Ein harter Kampf entbrannte. Die beiden Wachen war nicht bereit kampflos aufzugeben und waren gut geschult. Kermit wurde durch einen wuchtigen Tritt an die Wand geschleudert. Tausend Sterne explodierten in seinem Kopf und einen Moment sah er nichts mehr. Den Zustand nutzte die Wache aus um ihn an der Kehle zu packen und zuzudrücken. Kermit, der im Moment nicht mehr ganz bei Bewußtsein war, hatte dem Griff des Gegners nichts entgegen zu setzen.

Peter war indessen mit dem anderen Mann ebenfalls schwer beschäftigt. Der Wache war es gelungen ein paar seiner Angriffe abzublocken. Peter holte zu einem harten Tritt aus, doch der Mann machte ihm einen Strich durch die Rechnung, indem er seinen Fuß einfing und festhielt. Ein siegessicheres Grinsen lag auf seinen Lippen. Peter spannte seine Muskeln an. Den Move hatte er selten ausgeführt und konnte nur hoffen, daß es klappte.
Ohne ersichtlichen Ansatz sprang er in die Höhe und wuchtete das rechte Bein hoch. Er landete zielsicher am Kinn seines Gegners, der seinen Fuß losließ und wie ein gefällter Baum umfiel. Peter rollte sich Katzengleich ab und stand innerhalb eines Wimpernschlags wieder auf seinen Beinen. Ein Blick auf den Mann bestätigte ihm, daß der so schnell nicht wieder aufwachen würde.

Kermits Keuchen ließ ihn herumfahren. Es sah wie sein Freund vergeblich versuchte sich aus dem Griff der zweiten Wache zu befreien. Ein harter Handkantenschlag in das Genick des Verbrechers ließ auch ihn zu Boden sinken. Kermit warf Peter einen dankbaren Blick zu und rutschte langsam an der Wand entlang, bemüht seine Atmung als auch sich selbst unter Kontrolle zu bekommen

Sanders und Kes rangen noch immer miteinander. Es war Sanders gelungen sich auf Kes zu schwingen und sie mit seinem Gewicht auf den Boden zu drücken. Seine Finger befanden sich ebenfalls an ihrer Kehle und er drückte mit beiden Händen zu. Kes wehrte sich verzweifelt, mit ihren langen Fingernägeln verkrallte sie sich in seine Hände die unbarmherzig ihr Werk verrichteten. Er schien nicht einmal zu spüren wie das Blut an seinen Händen herunter lief. Ein teuflisches Grinsen verzerrte seine Gesichtszüge. Die Augen waren seltsam verdreht, so daß man das Weiße in seinen Augäpfeln erkennen konnte. "Ja, wehr dich nur du kleine Schlampe, einmal bist du mir entkommen, aber nun stirbst du," keuchte er.
Kes Bewegungen wurden schwächer. Die unterbrochene Luftzufuhr ließ ihr schwarz vor Augen werden.
Plötzlich konnte sie wieder atmen, auch das Gewicht von Sanders war weg. Keuchend ließ sie sich zur Seite sinken und rollte sich wie einen Ball zusammen, verzweifelt bemüht wieder Luft in ihre Lungen zu bekommen.

Peter hatte Sanders gegen die Wand geschleudert. All seine Wut lag in dem Fausthieb, den er ihm in den Magen verpaßte. Sanders beugte sich keuchend vornüber und wimmerte vor Schmerz. Er schlang beide Arme um seinen Magen, was Peter einen freien Schlag in sein Gesicht ermöglichte. Peter hörte mit Befriedigung das Krachen der Knochen als seine Faust ihn dort traf. Daraufhin fiel Sanders zu Boden und rührte sich nicht mehr. Peter bedauerte das sehr, er hätte gerne noch weiter gemacht.

Aus den Augenwinkeln bemerkte er wie Kermit sich über Kes beugte, den Desert Eagle hielt er wachsam im Anschlag auf die Türe gerichtet.
In all dem Chaos hatte Peter gar nicht mehr daran gedacht, daß mehr Gegner als die drei Männer hier waren. Nun hörte er auch die langsam verstummenden Kampfgeräusche und Schüsse. "Ich werde mal nachsehen wie es draußen ausschaut, bleib du bei Kes," rief er Kermit zu.
Im nächsten Moment war er durch die Türe verschwunden.

Kermit wandte seine Aufmerksamkeit Kes zu. Sein geschulter Blick sagte ihm, daß die drei Kontrahenten so schnell nicht wieder das Bewußtsein erlangen würden.
Mit rauher Stimme fragte er: "Alles klar?"
Kes nickte leicht benommen. Ihr Blick wanderte durch den Raum. Sie sah Sanders und die beiden Wachen auf dem Boden liegen.
"Wo ist Manaos?" krächzte sie.
Eisiger Schreck durchzuckte Kermit. Auf diesen Mann hatte keiner von ihnen geachtet. "Ich weiß es nicht Kes. Er scheint verschwunden zu sein."
Fast panisch kämpfte sich Kes auf die Knie, stehen konnte sie noch nicht, und begann den Raum abzusuchen. Kermit half ihr dabei. Es dauerte nur wenige Sekunden bis sie den Gegenstand gefunden hatte. Erleichtert seufzend nahm sie den Stein in die Hände und drückte ihn an ihre Brust.
"Wenigstens er ist noch da."

Peter betrat den Raum, dicht gefolgt von Jody, T.J. und Skalany.
"Draußen ist alles klar. Wir haben alle geschnappt," verkündete er.
"Nicht alle," murmelte Kermit so leise, daß ihn Niemand hören konnte.
Peter setzte sich neben Kes auf den Boden und beobachtete wie Skalany, T.J und Jody den drei langsam zu sich kommenden Gestalten Handschellen anlegten während er Kes und Kermit einen Kurzbericht abgab.
Im großen und Ganzen war die Sache relativ gut verlaufen. Sanders Männer waren von dem Angriff des Einsatztrupps dermaßen überrascht worden, daß sie kaum Widerstand geleistet hatten. Außer zwei angeschossenen Verbrechern waren ansonsten keine Verluste zu beklagen.

Nachdem er geendet hatte blickte er besorgt auf Kes, die noch immer ziemlich blaß war. "Alles in Ordnung mit dir?"
Ein seltsamer Unterton lag in Kes Stimme als sie antwortete. "Ja, mit geht es gut."
Kermit horchte bei ihrer Antwort auf. Sein Instinkt sagte ihm, daß etwas ganz und gar nicht stimmte. Ein kaum erkennbares Kopfschütteln von Kes hielt ihn davon ab weiter nachzuhaken. Ihm fiel nur auf, daß ihre Finger sich um den Stein verkrampft hatten und ihre Knöchel schon weiß hervor traten. Er sah zu Peter, der ebenso ratlos wirkte wie er selber.

In der Zwischenzeit hatten T.J., Jody und Skalany die Männer hochgezogen und machten sich daran sie abzuführen.
Jody wandte sich an Peter: "Seid ihr da festgewachsen oder was ist?"
"Keine Sorge Jody, wir werden schon rechtzeitig im Revier sein um unsere Berichte zu schreiben. Sorge du nur dafür, daß Sanders nicht noch einmal entwischt." Gab er zurück.
Jody bedachte Peter mit einem undefinierbaren Blick. "Huch sind wie heute wieder gut drauf," meinte sie ironisch. Sie gab Sanders einen leichten Stoß in den Rücken, bugsierte ihn durch den Eingang und schloß die Türe mit einem deutlichen Bumms hinter sich.

Kaum hatte sich die Türe hinter Jody geschlossen fragte Kermit: "Heraus mit der Sprache was ist los Kes?"
Kes Finger zitterten als sie sie langsam öffnete. "Seht selbst," flüsterte sie.
Der Stern lag auf Kes Handfläche, die mit Blut von Sanders Händen beschmiert war. Er leuchtete schwach und schien auch zu vibrieren.
Peter schluckte schwer. "Was hat das zu bedeuten?"
"Das bedeutet, daß er an der Schwelle steht vollkommen aktiviert zu werden." Erwiderte sie tonlos.
"Wie denn das? Du hast das Ritual doch unterbrochen."
"Nicht ganz, alles was noch gefehlt hat war das Blutopfer. Ich habe einen großen Fehler begangen."
"Und was nun?"
"Rückgängig kann ich es nicht mehr machen. Ich kann nur noch vorwärts gehen."
"Nein Kes. Das lasse ich nicht zu." Versetzte Kermit scharf.

Sie sah ihn mit großen, bittenden Augen an. "Kermit, es geht nicht mehr anders. Wenn ich das Ritual jetzt nicht bis zum Schluß durchziehe, dann wird der Stein in den nächsten Minuten explodieren und alles mit sich reißen, siehst du nicht, wie er an Intensität zunimmt."
Tatsächlich verfärbte sich der Stein immer mehr, langsam nahm er eine intensive rötlich-dunkle Farbe an.
"Kes, du selbst hast uns erzählt, daß der Stein die Seele des Besitzers vergiftet wenn er aktiviert ist. Ich lasse nicht zu, daß du dein Leben einfach wegwirfst." Grollte Kermit.
"Du hast nicht ganz richtig zugehört Kermit. Ich sagte er hat die Eigenschaft, daß er die Seele des Besitzers MIT DER ZEIT vergiftet und nicht sofort. Wenn ich Merlins Stein als erste Anweisung gebe, daß er zu Staub zerfallen soll, dann kann mir nichts passieren. Außerdem kannst du mich eh nicht mehr aufhalten, dafür ist es zu spät," erwiderte Kes entschlossen.

Peter legte Kermit seine Hand auf den Arm. "Kermit, Kes hat recht. Es ist zu spät um es aufhalten zu können. Es ist unsere einzige Chance die wir haben."
Kermit ließ seine dunklen Gläser nach unten rutschen. Sie starrten sich in die Augen. Es war ein reines Kräftemessen, Kermit entschlossen, besorgt um Kes und von Ärger besessen, Peter ruhig, konzentriert und ebenso entschlossen.

Kermit wandte als Erster den Blick ab. Die Brille fand den Weg zurück auf seine Nasenwurzel und seine Miene wurde absolut ausdruckslos. Zum ersten Mal war es Peter gelungen Kermit nieder zu starren. Normalerweise ging Kermit immer als Sieger aus solchen Duellen hervor. Einzig und allein die zusammen geballten Fäuste verrieten seine innere Anspannung.

Kes hatte gar nicht mehr auf die beiden Männer geachtet. Sie fand den Dolch, den Manaos benutzt hatte. Ein kleiner Schnitt an ihrem Handgelenk ließ das Blut fließen. Sie ließ es auf den Stein tropfen dabei leise ein paar Worte murmelnd. Dann legte sie Merlins Stern vor sich auf den Boden und schloß die Augen.
Unerwartet wurde der Raum von einem gleißenden Lichtblitz erhellt. Ein Krachen ertönte, der das gesamte Gebäude erzittern ließ. Der Stein glühte einmal auf, dann war alles ruhig.

Nachdem sich die drei von ihrem Schrecken erholt hatten betrachteten sie den Stein, den Kes in ihren Händen hielt. Er leuchtete in einem reinen, sanften Weiß.
Ein wunderschöner Anblick für jemanden der nicht wußte was tatsächlich dahinter steckte.
Kes konnte den Blick nicht abwenden, sie war fasziniert von der Energie die von diesem Stein ausging und jeden Millimeter ihres Seins erfüllte. Die Kraft, die Macht, es war fast zuviel für sie. Noch nie hatte sie sich besser gefühlt als in diesem Moment. Merlins Stern machte sie glauben, daß sie alles erreichen konnte im Leben was sie nur wollte. Nur schwer konnte sie dieser Verlockung widerstehen.

Peter war es, der sie aus ihrer Versunkenheit riß. "Ist er... ist er...." Peter konnte es nicht aussprechen.
"Ja, er ist," bestätigte Kes.
"Worauf wartest du noch? Zerstöre ihn," verlangte Kermit in seiner unsensiblen Art.
Kes holte tief Atem. Wenigstens ein paar Sekunden wollte sie dieses wunderbare Gefühl noch genießen. "Merlins Stern, ich will............"
Weiter kam sie nicht. Innerhalb eines Augenblicks verdunkelte sich der gesamte Raum, ließ sie ihre Worte vergessen. Manaos tauchte vor ihnen auf, eine Armbrust in der Hand.

Die Erinnerung aus Kes Vision kehrte zurück. Genau an dieser Stelle hatte Kermit gestanden als sich der Raum verdunkelt und ihn der Pfeil des Manaos erwischt hatte.
Kes handelte rein instinktiv. Sie warf sich über Kermit und schützte ihn mit ihrem Körper. Gleichzeitig rief sie: "Vernichte Manaos und hinterher dich selbst." Dann spürte sie den brutalen Einschlag. Feuer strömte durch ihren Körper als sich der Pfeil tief in ihre Eingeweide bohrte. Sie hatte das Gefühl von einer Sekunde zur anderen gelähmt zu sein. Nicht einen Muskel konnte sie rühren, vom Atmen gar nicht zu reden. Durch die Wucht des Pfeiles war sie auf den Rücken geworfen worden, ihre Augen in Panik aufgerissen.

Die nächsten Minuten bekam Kes nur am Rande der Bewußtlosigkeit mit. Manaos, der eben noch Siegessicher gelächelt hatte, schrie laut auf. Seine Gesichtszüge verzerrten sich zu einer furchtbaren Fratze als die Flammen aus seinem Körper loderten und sich immer weiter hinauf fraßen. Bald war er von tiefroten Flammen umhüllt die gierig an ihm züngelten. Manaos Todeskampf war furchtbar anzusehen, er krümmte sich vor Schmerzen, spuckte Gift und Galle. Irgendwann war es vorüber. Zurück blieb nur ein Häufchen Asche.

Kurz darauf fing Merlins Stern immer mehr an zu glühen. In rasender Geschwindigkeit drehte er sich um sich selbst. Blaue Blitze zuckten aus seinem Inneren. Kermits immer präsente Brille wurde ihm von der Nase gerissen. Die Fensterscheiben begannen zu zittern, zerplatzten mit einem lauten Knall. Gleichzeitig mit diesem ohrenbetäubenden Lärm gab es eine weitere Explosion. Merlins Stern zerfiel in Millionen kleiner Stückchen, die von dem Wind, der in den Raum wehte, in alle Richtungen verstreut wurden. Dann legte sich absolute Stille über den Raum.

"Kes, mein Gott Kes, laß mich ja nicht im Stich," drang Kermits besorgte Stimme durch den dichten Nebel zu ihr hindurch.
Er kniete neben Kes und ergriff ihre Hand die er zart streichelte. Es kostete Kes fast ihre gesamte Kraft diese leicht zu drücken.
"Verdammt Peter, kannst du denn gar nichts tun," schrie er.
Peter ließ, tief konzentriert, seine Finger wenige Millimeter über ihren gesamten Körper wandern. Sehr schnell wurde ihm klar, daß es für Kes keine Rettung mehr gab. Er spürte die verheerende Wirkung des Pfeiles, der schwarzmagisch aufgeladen war und nun sein gnadenloses Werk vollendete. Selbst sein Vater hätte den zunehmenden innerlichen Verfall ihres Körpers nicht mehr aufhalten können. Mit feuchten Augen schüttelte er den Kopf.

"Nein," dieses Wort von Kermit hatte fast nichts menschliches mehr an sich, es enthielt seinen ganzen Schmerz, die Trauer, die Angst, die Vorwürfe die er sich machte.
"Kes, ich habe dich doch gerade erst gefunden, bitte verlasse mich nicht. Ich....ich liebe dich doch!" bat er völlig verzweifelt. Immer wieder streichelte er über ihre Hand, liebkoste ihre Wange.
Peter ergriff ihre andere Hand und drückte sie. Er konzentrierte sich darauf so viel heilende Energie auf sie überfließen zu lassen wie er erübrigen konnte, damit sie sich noch von Kermit verabschieden konnte. Erst als er spürte, daß ihn seine Kräfte zu verlassen drohte unterbrach er den Zufluß.

Wenige Sekunden später öffnete sie die Augen.
"Liebling." Wieder nur ein Wort das all seine Gefühle ihr gegenüber ausdrückte.
Die glanzlosen Augen konzentrierten sich auf Kermit.
"Geliebter, haben wir es geschafft?"
"Ja, Manaos als auch Merlins Stern gibt es nicht mehr. Bitte verlaß mich nicht."
"Es ist zu Spät Geliebter. Meine Zeit ist gekommen einen Schritt weiter zu gehen."
"Nein, das ist nicht richtig. Ich sollte an deiner Stelle hier liegen, der Pfeil hat mir gegolten!" rief er aus.
"Du irrst dich Geliebter. Es war mein Schicksal, das sich heute erfüllt hat. Ich wußte es schon seit zwei Tagen."
"Du.... du wußtest es. Warum hast du es nicht verhindert ?" kam es ungläubig von Kermit.

"Man kann seinem Schicksal nicht entrinnen. Ich möchte dir danken Geliebter."
"Danken, wofür? Dafür, daß ich einmal mehr versagt habe und der Frau die ich liebe den Tod gebracht habe?" versetzte er bitter.
"Nein, ich will dir für die wunderbarste Nacht in meinem Leben danken. Du hast mir gezeigt, daß es im Leben auch schöne Dinge gibt. Durch dich habe ich erfahren was es heißt mit einem Menschen mit Leib und Seele verbunden zu sein. Du hast mir all deine Liebe geschenkt, hast mir Einblick in deine Seele gegeben. Du hast mich zum ersten Mal in meinem Leben vollkommen glücklich gemacht und dafür danke ich dir." Ihre Stimme wurde bei dem langen Satz immer schwächer, die Augen fielen ihr zu.
"Kes, bitte, bleibe bei mir." Flehte er.
Kes riß sich noch einmal zusammen, sie sammelte die letzten Kräfte die ihr verblieben waren. Ihre Lider hoben sich. Warme, nun erstaunlich klare Augen, erfüllt von tiefer Liebe suchten seinen Blick und hielten ihn fest.

"Ich kann nicht, aber ich habe noch einen letzten Wunsch Geliebter. Ich will, daß du dir bewußt machst, daß du an dem Ganzen keine Schuld trägst. Mir geht es besser da wo ich hingehe. Versprich mir, daß du so weiterlebst wie vorher, bevor du mich kennen gelernt hast."
Kermit schüttelte vehement den Kopf. "Das kann ich nicht Geliebte. Niemals."

Kes Griff um seine Hand wurde fester. "Versprich es mir Kermit, du mußt es mir Versprechen, schenk mir meinen Frieden! Ich habe nicht mehr viel Zeit, ich höre sie schon rufen."
Kermit erkannte wie wichtig es Kes war diese Worte von ihm zu hören. Der bittende und gleichzeitig brechende Blick bohrte sich förmlich in seine Augen.
Kermit schluckte hart. Seine Worte waren kaum zu vernehmen. "Ich verspreche es."
"Gut. Werde glücklich Geliebter und verbanne den Schmerz aus deinem Herz, öffne es für die Liebe um dich herum."

Beide spürten die tiefe Ruhe die Kes überkam. Ein Lächeln überzog ihre Lippen. "Sarah," flüsterte sie. Dann hörte ihr Herz auf zu schlagen.

Kermit zog Kes leblosen Körper in seine Arme und schaukelte sie wie ein kleines Kind hin und her. Ihre Blicke, voller Schmerz und Trauer, trafen sich.
"Wie kann ich das Peter? Wie?"
"Es war ihre Bestimmung. Gönne ihr die Ruhe, die sie hier auf Erden niemals finden konnte." Erwiderte Peter sanft.

Sie schämten sich ihrer Tränen nicht.

ENDE

 

Teil 1     Teil 2     Teil 3     Teil 4    Teil 5

zurück zum Autoren Index      zurück zum Story Index