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Teil 1 |
Kermits Finger glitten in rasantem Tempo über die Tastatur. Ein leises Anklopfen ertönte, gleich darauf wurde die Bürotüre aufgestoßen. Kermit regte sich nicht, den Blick starr auf den Monitor gerichtet. "Keine Zeit", muffelte er, nicht in der Stimmung jetzt unterbrochen zu werden. Erst vor wenigen Minuten hatte er es geschafft, sich in den Computer des FBI zu hacken und war noch nicht ganz fertig mit der Datenübertragung. Seine Augen blitzten triumphierend hinter der obligatorischen grünen Sonnenbrille, die er immer trug und so gut wie nie abnahm. "Ich habe dir jemanden vom Flughafen mitgebracht", meinte Peter von der Türe her. "Ich kaufe nichts", erwiderte Kermit barsch. Er hörte Peters leises Lachen, der zu dem sehr kleinen Personenkreis gehörte, welche sich in sein Büro getrauten, wenn er sich in solch einer Stimmung befand. Außer ihm wagten sich nur noch zwei weitere Menschen bei geschlossener Türe in sein Heiligtum. Das waren Captain Karen Simms und sein Freund, Mentor, und ebenfalls Ex-Söldner, Paul Blaisdell. Im Moment wollte er allerdings nicht an Paul denken, der ihm die Suppe eingebrockt hatte. Er ahnte, dass Peter die junge Frau mitgebracht hatte, der er ein paar Tricks beibringen sollte. Als eingefleischter Einzelgänger und Single hatte er wahrlich keine Lust, zwei Wochen eine Frau unter seinem Dach zu beherbergen, die er nicht kannte. Leider schuldete er Paul noch einen Gefallen, eigentlich mehrere wenn er ehrlich war, den dieser mit seiner Bitte hiermit eingefordert hatte. Kermit konnte nicht nein sagen und das nutzte Paul aus. Kermit wusste über die Frau nur, dass sie einige Zeit bei der Polizei in England gearbeitet hatte und nun zum 101. Revier versetzt werden sollte, weshalb auch immer. Mehr als dass sie von Selbstverteidigung keine Ahnung hatte, hatte er aus Paul nicht heraus bekommen, und das war der Zeitpunkt in dem er ins Spiel kam. In nur zwei Wochen, wenn ihr Dienst offiziell hier beginnen sollte, konnte sie auf keinen Fall eine Kampfsportart beherrschen und so hatte sich Paul auf Kermit besonnen, der sehr wohl in der Lage war, ihr in der knappen Zeit einige schmutzige Tricks beizubringen, damit sie hier auf der Straße überleben konnte. Insgeheim fragte sich Kermit, ob man in England nicht für seine Cops sorgte. Vor allen Dingen, was bewog jemanden eine, in seinen Augen, hilflose Frau ausgerechnet hierher zum 101. zu versetzen? Das Revier hier war bekannt und berüchtigt für die hohe Verbrechensquote in und um Chinatown. Schlachtfeldrevier hatte es einer der Kollegen von einem anderen Revier mal genannt und Kermit hatte ihm im Stillen recht gegeben. Jeder Cop der hier arbeitete setzte täglich sein Leben aufs Spiel. Für diesen "Auftrag" bekam er sogar Urlaub. Er hatte nicht schlecht gestaunt, als Captain Simms vor ein paar Tagen sein Büro betreten und ihn davon in Kenntnis gesetzt hatte, zumal sie im Moment nicht gerade sehr gut besetzt waren. Wie Paul das geschafft hatte war ihm schleierhaft. Immerhin wusste nur Kermit wo sich Paul befand und nicht einmal Peter hatte Ahnung davon, dass er mit ihm in Kontakt stand. Zudem, und das machte Kermit am allermeisten Sorgen, passte so vieles nicht zusammen. Das Gerede mit der Selbstverteidigung konnte doch nur ein Vorwand sein, dessen war sich Kermit sicher. Nur, was verbarg sich dahinter und warum wollte Paul ihm das nicht erzählen? Scharf darauf alles zu erfahren, war er jedenfalls nicht. "Das ist aber keine nette Begrüßung Kermit, immerhin wird mein Mitbringsel dich bald als Partnerin unterstützen!", amüsierte sich Peter und riss den ehemaligen Söldner effektvoll aus den trüben Gedanken. "Meine was?" Kermit sprang mit einem Satz von seinem Stuhl hoch. Er arbeitete immer, mit wenigen Ausnahmen, alleine, das war allgemein bekannt! Anscheinend schien jeder hier auf diesem verdammten Revier eingeweiht zu sein, nur er nicht. Mit düsterem Blick und glühenden Augen starrte er die Frau neben Peter an, die unwillkürlich einen Schritt zurück trat. Peter legte der Frau eine Hand auf den Rücken und schob sie nach vorne. "Darf ich vorstellen? Das ist Jenna Carpenter, deine neue Partnerin und der mufflige Kerl dort ist Detective Kermit Griffin." Jenna streckte ihm die Hand entgegen, ihre Finger zitterten leicht. "Freut mich, Detective Griffin." Er beachtete die Geste der Frau nicht, die langsam ihre Hand sinken ließ, starrte sie nur an. Nur die Hand Peters auf ihrem Rücken ließ die junge Frau auf der Stelle stehen bleiben. Am liebsten wäre sie einige Schritte zurück getreten, wie man ihr unschwer, trotz ihrer - Kermit konnte es nicht fassen - grünen Sonnenbrille, ansehen konnte. Trotzig drehte der ältere Detective ihnen den Rücken zu und setzte sich wieder auf seinen Stuhl. "Ich habe zu tun. Sie kann draußen warten, bis ich fertig bin und nun raus hier!", sagte er in seinem bedrohlichsten Tonfall. "Schon gut, Partner. Komm mal wieder runter", konnte Peter sich nicht verkneifen zu sagen, bevor sich die Türe hinter ihnen schloss. An Peters Schreibtisch angekommen holte Jenna tief Luft und ließ sich auf den Stuhl neben ihn plumpsen. "Ist der immer so?", erkundigte sie sich. Der junge Cop grinste sie beruhigend an. "Nur manchmal. Keine Angst, er bellt, aber er beißt nicht." "Na da bin ich mir nicht so sicher", erwiderte Jenna prompt. Peter zog eine Augenbraue in die Höhe und betrachtete die Frau neben sich genauer. Auf ihn machte sie einen unscheinbaren, aber sympathischen Eindruck. Sie war so um die 1,64m groß, besaß lange blonde Haare, die sie zu einem strengen Knoten aufgesteckt hatte und eine mollig üppige Figur. Schon am Flughafen musste er grinsen, als er entdeckt hatte, dass sie dieselbe Sonnenbrille wie Kermit auf der Nase trug. Er wusste, das würde seinem Kumpel überhaupt nicht schmecken. Gleichzeitig hatte er sich auf die Konfrontation der beiden gefreut. Es bereitete ihm eine diebische Freude, Kermit vor vollendete Tatsachen zu stellen. Eine kleine Rache für seine oft mehr als schlechte Laune. Nun tat es ihm allerdings schon fast leid. Er hatte weder sie, noch seinen Kollegen darauf vorbereitet, dass Jenna Kermits neue Partnerin werden sollte und angesichts dessen Reaktion, würde Jenna noch eine schwere Zeit bevor stehen. Dabei hatte er sich mit Jenna auf der Fahrt zum Revier sehr gut unterhalten und sie waren schon beim Du angelangt. Er wollte ihr ganz sicher nichts Böses, dazu verstand er sich schon jetzt zu gut mit dieser Frau. Bei näherem Hinsehen fiel ihm auch die Blässe von Jennas Wangen auf. Er hatte nicht daran gedacht, dass sie schon lange unterwegs gewesen war, um hierher zu gelangen. Ihm wurde klar, dass er sich einen ziemlich schlechten Scherz erlaubt hatte. Kumpelhaft stupste er sie in die Seite. "Mach dir nichts draus, Kermit hat eben meist nur seinen Computer im Kopf. Er hat es bestimmt nicht böse gemeint." Jenna straffte sich ein wenig. "Am liebsten würde ich seinen Computer hacken und ihn so ein wenig ärgern", versetzte sie grimmig. "Kermits Computer hacken?" Peter lachte. "Das hat noch keiner geschafft. Das Ding ist abgesichert wie der Vatikan. Aber die Idee ist Klasse, er würde an die Decke gehen." "Ich bin nicht Keiner, ich bin höchstens Keine." Sie schielte zu Peters Computer. "Seid ihr hier per Intranet verbunden?" "Ja sind wir, warum?" Verschwörerisch zwinkerte sie ihm zu und rieb sich die Hände. "Na dann lass uns mal sehen wie sicher Kermits Computer wirklich ist." Sprachlos über diese Aussage, tauschte Peter mit Jenna den Platz. Neugierig beobachtete er was sie tat. Mit einem, er musste schon sagen, fiesen Grinsen holte sie eine Diskette aus ihrer Jackentasche und schob sie ins Laufwerk. Plötzlich wirkte sie gar nicht mehr müde auf ihn. Staunend sah er zu wie ihre Finger über die Tasten flogen und unzählige Zahlenreihen auf seinem Bildschirm erschienen. Nachdem sie die Diskette auf seine Festplatte kopiert hatte, nahm sie sie heraus und begann zu tippen. "Na dann wollen wir mal", lautete ihr ganzer Kommentar, bevor sich ihre Konzentration auf den Bildschirm beschränkte. Die nächsten 40 Minuten war das leise Klicken der Tastatur das einzige Geräusch, das er wahr nahm. Jenna ging so schnell dabei vor, dass Peter nicht mitkam was sie da überhaupt tat. Allerdings konnte er an ihrem immer breiter werdenden Grinsen erkennen, dass sie sich wohl auf dem richtigen Weg befand. "Bingo!" Das Wort riss ihn aus den Gedanken. "Wie?" Sie strahlte übers ganze Gesicht. "Ich bin in seinem System drin. Was sollen wir nun anstellen?" Peter sah nur ein paar Zahlenreihen über dem Bildschirm flimmern. "Ich kann gar nichts erkennen." "Ach brauchst du eine bildhafte Ansicht? Mal schauen, was Kermit gerade treibt." Ein Knopfdruck von ihr und Peters Bildschirm zeigte den typischen grünen Hintergrund mit dem kleinen Froschicon von Kermits Computer. "Ich fass es nicht, du bist tatsächlich bei Kermit gelandet. Wie hast du das geschafft?" "Och", sie wurde tatsächlich ein wenig rot. "Ein wenig hiervon, ein wenig davon und schon sind wir drin." "Und jetzt?" "Jetzt ärgern wir ihn. Schalten wir mal als erstes die linke Taste seiner Maus ab." Jenna schien nun voll in ihrem Element zu sein. Peter beobachtete fasziniert ihre Wandlung. Vorher hatte sie noch sehr scheu und zurückgezogen gewirkt, doch davon war jetzt nichts mehr zu merken. Falls Kermit ihnen keine Kugel in den Kopf jagte, dann würden die beiden sicher ein tolles Paar abgeben. Wenig später ertönte ein krachendes Geräusch aus Kermits Büro. Jenna zog den Kopf ein. "Autsch, die arme Maus." Peter musste lachen. Mittlerweile ebenfalls Feuer gefangen kommandierte er: "Und jetzt sein Keyboard." Jenna schüttelte den Kopf. "Nein, noch nicht, das ist zu früh. Sonst merkt er doch gleich, dass was nicht stimmt. Ich habe eine bessere Idee." Peter sah zu, wie sie kurz zu seinem eigenen Computer umschaltete und dort ein großes Bild eines grünen Frosches hervorzauberte, der die Zunge heraus streckte. Auf die Zunge schrieb sie: "Der Frosch fängt Fliegen und ein Backdoor Programm fängt Bits und Bytes." Unterzeichnet mit: "Die unheimliche Feierabendgang." Peter lachte lauthals. "Und was hast du damit vor?" "Ich werde ihm das Bild auf seinen Bildschirm projizieren, dann das Keyboard abschalten und abwarten was passiert." Gesagt getan. Mit wenigen Handgriffen kopierte sie das Bild auf Kermits Bildschirm und sperrte seine Tastatur. Sie brauchten nicht lange auf eine Reaktion warten. Ein lauter Fluch, der selbst einen Seemann rot werden ließ, wehte aus Kermits Raum zu ihnen hinüber. "Volltreffer", grinste Peter. "Und jetzt das Finale." "Was hast du vor?" "Ich werde seinen Computer herunter fahren." "Super, Kermit wird in die Luft gehen." Auch das erledigte sie im Handumdrehen. Der Bildschirm wurde schwarz ein: "Der Computer wird jetzt herunter gefahren" flackerte auf dem Bildschirm. Eine Sekunde später wurde die Tür von Kermits Büro aufgerissen und ein vor Wut schäumender und laut schimpfender Ex-Söldner stürmte aus seiner Höhle. Geistesgegenwärtig schaltete Jenna Peters Computer auf Normalbetrieb um. Nichts wies darauf hin, was sie gerade für ein Spiel gespielt hatten. "Was ist denn los, Kermit?", erkundigte Peter sich unschuldig. Beinahe verzweifelt versuchten beide das Grinsen von ihren Gesichtern zu vertreiben, um sich nicht gleich zu verraten. "Verdammt, da hat sich jemand in meinen Computer gehackt!", schrie der ehemalige Söldner, dessen Gesichtsfarbe immer mehr in ein ungesundes Rot umschlug. "Ach, tatsächlich?", kam es überrascht von Jenna. Peter biss sich auf die Lippe, sie konnte gut schauspielern. 'Nur nicht zu Jenna schauen,' sagte er sich immer wieder, nah am Rande seiner Selbstbeherrschung. "Wenn ich den erwische, dem jage ich eine Kugel in den Kopf!", explodierte Kermit. Peter machte doch den Fehler, zu Jenna hinüber zu schauen. Genau in dem Moment sah sie auch zu ihm hin. Mit ihrer Selbstbeherrschung war es vorbei. Beide brachen in lautes Gelächter aus. Langsam dämmerte es Kermit über wen die beiden da lachten. Peter konnte es unmöglich sein, dazu kannte er sich nicht gut genug mit Computern aus. Blieb nur noch diese Jenna übrig, die sich vor Lachen den Bauch hielt. Wie ein Bulldozer walzte er auf die Frau zu und streckte bedrohlich die Hand nach ihr aus. "Sie kleines Miststück!" Peter sprang auf und trat schnell zwischen den aufbrachten Mann und Jenna, noch immer lachend. "Hey Kermit, das war ein Scherz, nichts weiter. Wer austeilt muss auch einstecken können, Partner." Wenn Blicke hätten töten können, wären er und Jenna auf der Stelle umgefallen. Kurz kam es Peter in den Sinn, den Bogen doch überspannt zu haben. Kermit wirkte alles andere als erfreut. Groß und bedrohlich stand er vor ihm und funkelte ihn an. Peter konnte sich noch immer nicht ganz beruhigen und lachte seinem Freund ins Gesicht. "Nun komm schon, steck deine Niederlage ein wie ein Mann", keuchte er. Kermits Gesichtsfarbe normalisierte sich etwas, er holte tief Luft. Zwar noch immer wütend, aber auch mit Hochachtung blickte er zu Jenna hinüber, die so unscheinbar wirkte und ihm nun doch leicht ängstlich entgegen sah. "Da man mich ja praktisch zum Feierabend gezwungen hat, sollten wir auch gehen, Miss Carpenter. Mal sehen ob sie dann immer noch so mutig sind", presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er wartete nicht ab ob sie ihm folgte, sondern stolzierte hoch erhobenen Hauptes aus dem Gebäude. Jenna fühlte sich nicht mehr sehr wohl in ihrer Haut. Sie hatte ganz vergessen, dass sie die nächsten zwei Wochen bei ihm verbringen musste. Er schien nicht der Typ zu sein, der so einfach verzieh. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend löschte sie die Dateien von Peters Computer herunter und ergriff ihre Tasche. Flehentlich sah sie zu Peter. "Kommst du noch mit hinaus?" "Gerne." Er bemerkte ihre Unsicherheit. "Keine Angst, Jenna. Der rasende Frosch wird sich da draußen in der kalten Luft schon wieder beruhigen." "Hoffentlich", flüsterte Jenna leise, bevor sie Peter ihre Tasche gab und er sie zur Tür geleitete, die Hand beruhigend auf ihre Schulter gelegt. Kermit wartete an seinem Wagen auf sie. Seine Miene wirkte undurchdringlich. Jenna konnte beim besten Willen nicht erkennen, was in ihm vorging. Ihre Knie fühlten sich wie Wackelpudding an beim Anblick des großen, bedrohlichen Mannes. Peter warf ihre Tasche in den Kofferraum und umarmte sie anschließend spontan. "Wir sehen uns dann in zwei Wochen wieder, Jenna", verabschiedete er sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Ja, wenn ich es überlebe", wisperte sie mit Seitenblick zu Kermit. Dann ging Peter zurück und ließ die beiden alleine. "Wollen sie noch lange hier herum stehen, oder steigen sie endlich in den Wagen? Ich habe keine Lust, als Eisklotz zu enden", ertönte Kermits grimmige Stimme. Jenna zog den Kopf ein, froh, dass ihre Sonnenbrille ihre Augen verbarg, die nun mehr als ängstlich schauten und stieg kommentarlos in den Wagen. *****
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