Kermit spazierte zu dem länglichen Paket, das unberührt auf dem Küchentisch lag und öffnete es. Zum Vorschein kam ein ganzes Arsenal an Waffen. Zwei Gewehre mit Zielfernrohr und allem Zubehör, ein weiterer Desert Eagle, eine Beretta und ein 38er Colt. Außerdem gab es die passende Munition zu jeder Waffe. Er schien wirklich an alles gedacht zu haben. "Ich will heute nur, dass du dich mit jeder Waffe hier vertraut machst und mit ihnen schießt. Morgen erkläre ich dir, wie die Waffen auseinander zu bauen und zu reinigen sind. Ich will, dass du ein Gefühl für jede Waffe entwickelst und zumindest ein wenig Treffsicherheit bekommst. Die Beretta hier wird anschließend dir gehören, und du wirst sie nicht mehr ablegen, bis der Spuk hier vorüber ist." Jenna sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. "Du verlangst tatsächlich, dass ich bewaffnet durch die Hütte laufe? Weißt du, was da alles passieren kann?" "Nicht wenn du dich genau daran hältst, was ich dir erkläre, oder habe ich hier aus versehen meine Waffe schon mal abgefeuert?", erkundigte er sich sarkastisch. "Nein, natürlich nicht. Aber..." "Jenna, nicht schon wieder dein aber. Begreif doch endlich, dass es um deinen Schutz geht. Was du tust wenn das hier vorbei ist, überlasse ich voll und ganz dir. Doch solange du unter meiner Obhut stehst tust du das, was ich sage. Verstanden?" Jenna verneigte sich ergeben mehrmals mit zusammen gefalteten Händen vor ihm. "Ja Massa Bwana, haben alles verstanden was großer Bwana haben gesagt.” Kermit konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen und drehte sie in Richtung Tür. "So gefällst du mir doch wesentlich besser. Gehen wir." Die nächsten Minuten verbrachte Jenna damit, Kermit aufmerksam zuzuhören und zuzusehen. Eine Wiederholung der alten Regeln, die sie damals schon gelernt hatte, konnte nicht schaden. Kermit ließ sie dann gleich mit der Beretta anfangen. In ungefähr 10m Entfernung stellte er eine alte Dose auf, die sie treffen sollte. Natürlich stellte sie sich absichtlich ein wenig dumm und traf kein einziges Mal. Das Spiel trieb sie so weit, bis Kermit kurz vor der Verzweifelung stand. Egal welche Waffe er ihr in die Hand drückte, sie traf nicht. Im Moment hatte sie wieder die Beretta in der Hand und ließ sich von Kermit zum x-ten Mal zeigen wie man am Besten zielte. "Jenna, ich sage dir, wir hören hier nicht eher auf, als bis du die Dose wenigstens einmal getroffen hast", meinte er schließlich entnervt. "Ach, warum hast du das nicht gleich gesagt?", erwiderte Jenna, die locker neben ihm stand, die Pistole auf den Boden gerichtet. Mit einem einzigen Schwung riss sie die Pistole nach oben, verfiel in die leicht gespreizte Beinstellung, zielte kurz, schoss einhändig und traf genau in die Mitte. Kermit blieb der Mund offen stehen. "Zufallstreffer! Das schaffst du nicht noch einmal." "Wenn ich es schaffe, hören wir dann auf?", erkundigte sie sich arglos. Er nickte. Diesmal nahm sich Jenna etwas mehr Zeit mit dem Zielen, unterstütze mit der rechten Hand auch die Schusshand und visierte die Dose so an, dass sie vom ersten Schuss in die Luft katapultiert wurde. Ein zweiter Schuss peitschte und traf die Dose noch einmal mitten im Flug, bevor sie auf die Erde traf. Kermit verfolgte alles mit versteinerter Miene. Spätestens bei diesem Schuss musste er nicht mehr fragen, ob sie sich mit Waffen auskannte. Wortlos sammelte er die restlichen Waffen ein und ging zurück in die Hütte. Jenna folgte ihm langsam mit der Beretta nach. Als sie sie ihm geben wollte lehnte er ab und reichte ihr ein Gurthalfter. "Soll ich dir auch noch zeigen wie man das anlegt, liebste Jenna?", erkundigte er sich sarkastisch. "Hey nun komm schon, das war doch nur ein kleiner Scherz von mir. Es ist Jahre her, seitdem ich das letzte Mal geschossen habe." "Und deshalb hast du mit Absicht jedes Mal vorbei getroffen?" "Ich habe gar nicht immer vorbei geschossen, ich habe nur auf etwas anderes gezielt. Konnte ich denn wissen, dass ich kaum etwas verlernt habe?" Kermit holte tief Luft, um sich zu beruhigen und nicht etwas unüberlegtes zu tun, wie etwa seine Hände um ihren Hals zu legen und sie wie einen jungen Hund zu schütteln. "Für dich scheint das alles nur ein einziges Spiel zu sein, nicht wahr?", meinte er hart. Verletzt blickte sie zu ihm hinüber. "Nein, Kermit, das ist es nicht. Ich habe sogar eine grässliche Angst um ehrlich zu sein. Doch ich will nicht, dass die Angst meinen gesunden Menschenverstand überlagert, deshalb lenke ich mich lieber ab und denke nicht immer daran. Für dich ist diese Situation vielleicht normal oder Alltag, denn du bist ein Cop, für mich aber nicht! Wie kann man wegen eines so harmlosen Scherzes nur so sauer sein?", versetzte sie. Kermit erkannte schnell, dass aus diesen Worte eine Menge Wahrheit sprach, wohl mehr als sie ihm eigentlich hatte mitteilen wollen. Deshalb belies er es bei der Bemerkung. Sie wollte Ablenkung? Gut, die konnte sie haben. "Es sei dir verziehen, Jenna. Tut mir leid." Hätte sie Kermit besser gekannt, wäre ihr ein gewisser Unterton sicherlich aufgefallen, so jedoch nicht. "Tut mir auch leid, Kermit. Ich wollte dich wirklich nur ein wenig Ärgern und mehr nicht." "Vergessen wir die ganze Sache. Sag mal, aber du verschwiegst nicht auch zufällig, dass du Schwarzgurtträger bist, oder Kung Fu wie Peter betreibst? Ich habe keine Lust, heute Abend unsanft auf dem Boden zu landen. Das könnte meinem männlichen Ego nämlich für lange Zeit einen schweren Knacks geben." Jenna lächelte erleichtert, froh, dass er ihr nicht länger böse war. "Nein tue ich nicht. In der Richtung bin ich wirklich ein unbeschriebenes Blatt. Ich fürchte, da wirst du deine liebe Mühe mit mir haben. Ich bin nicht gerade besonders sportlich." Vielsagend sah sie an ihrem molligen Körper herunter. Kermit folgte ihrem Blick und bekam plötzlich einen trockenen Mund. *Weiß sie denn nicht, dass die überschüssigen Pfunde genau an den richtigen Stellen sitzen?*, fragte er sich unwillkürlich. Laut meinte er: "Keine Sorge, das bekommen wir schon hin. Ich erwarte von dir keine Kunststückchen. Die Lektionen werden auch ganz einfach sein. Ich bin sicher, dass du zumindest die kleinen schmutzigen Tricks in ein paar Tagen drauf haben wirst." "Hört sich gut an. Wann fangen wir an?" "In drei Stunden. Dann hast du noch Zeit, dich ein wenig auszuruhen. Du wirkst immer noch ein wenig blass." "Das liegt wohl am Jetlag. Die Umstellung ist nicht so leicht wie ich dachte. Zumal wir hier ständig in Bewegung sind." "Dann schlage ich mal vor, dass du noch ein kleines Nickerchen einlegst bevor es losgeht und du fit bist für den Abend." "Gute Idee. Weckst du mich bitte, falls ich nicht von alleine aufwache?" "Sicher. Schlaf gut." Jenna verschwand im Schlafzimmer und Kermit setzte sich an den Laptop, nachdem er seine obligatorische Runde durch das Gelände gedreht hatte auf der Suche nach etwas ungewöhnlichem. Ein sardonisches Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. Heute Abend würde zur Abwechslung mal er ihr eine Lektion erteilen, die sich gewaschen hatte. In seinem Gehirn schmiedete er schon die Pläne. Knapp zweieinhalb Stunden später trat Jenna aus dem Schlafzimmer, wie gewohnt das Haar zu einem strengen Knoten aufgesteckt und die immer präsente grüne Sonnenbrille auf der Nase. Dem frischen Duft nach, der Kermit um die Nase wehte, musste sie geduscht haben. Jedenfalls trug sie jetzt eine schwarze, elastische Hose und ein ebenfalls schwarzes, hochgeschlossenes T-Shirt. "Du bist ja schon wach. Ich wollte dich gerade wecken kommen", begrüßte er sie. "Och ich habe festgestellt, dass mein innerer Wecker auch hier funktioniert, trotz des Zeitunterschieds. Dennoch danke." Ihr Blick fiel auf eine Matte, die in der Mitte des Raumes ausgerollt lag, den Tisch und die beiden Stühle hatte er an die Wand gerückt wo er auch jetzt saß. Sie deutete auf die Matte. "Was ist denn das?" "Unsere Trainingsarena um es mal so auszudrücken. Der Boden wäre doch etwas hart zum Fallen, zumal du keine Ahnung vom abrollen hast. Allerdings warne ich dich jetzt schon vor, ein paar blaue Flecken wirst du wohl trotz allem bekommen." "Ein paar Flecken mehr oder weniger, was macht das schon aus?", erwiderte sie leichthin, doch Kermit hörte das leichte Zittern in ihrer Stimme. Er fuhr den Laptop herunter, dann stand er auf und wandte sich ihr zu. "Fangen wir an, oder brauchst du noch ein paar Minuten?" "Du bist der Boss. Mir ist das egal." "Na dann. Nimm aber bitte deine Brille ab. Spätestens nach fünf Minuten würde sie dir eh von der Nase rutschen." "Auf keinen Fall.", erwiderte Jenna bestimmt. Sie trug die Brille, ebenso wie er, als Schutzschild, damit niemand erkennen konnte was sie wirklich dachte. Ohne die Brille kam sie sich immer richtig nackt und preisgegeben vor. "Jenna, willst du schon wieder einen Streit provozieren?", mahnte er. "Nein, aber du hast deine ja auch auf. Ich sehe keinen Grund, weshalb ich sie dann ablegen sollte." Kermit holte tief Luft. "Ich mache dir einen Vorschlag, wir legen beide die Brillen zur Seite, einverstanden?" Jenna zögerte lange. Dann griff sie langsam nach ihrer Brille und legte sie zur Seite, Kermit tat es ihr nach. Ihr Blicke trafen sich zum ersten Mal unverhüllt. Dunkle, harte, schokoladenfarbene Augen starrten in smaragdgrüne, unergründlich tiefe Augen. Kermit schluckte hart, sie hatte den intensivsten Blick den er je gesehen hatte, dabei hätte er nur in den Spiegel zu schauen brauchen. Kein Wunder, dass sie die Brille trug. Er hatte das Gefühl von diesen Augen durchbohrt, ja regelrecht hypnotisiert, zu werden. Jenna hielt seinem Blick solange stand wie sie konnte, auch sie hatte es tief getroffen, dann senkte sie den Kopf. Eine plötzliche Spannung lag in der Luft. Kermit als auch Jenna konnten sich eine Zeitlang nicht bewegen. Kermit gelang es als Erster, den unwirklichen Zauber zur Seite zu schieben, der sie beide gefangen hielt. "Fangen wir mit ein paar Auflockerungsübungen an, damit deine Muskeln aufgewärmt werden", meinte er. Jenna nickte zustimmend. Die nächste Viertelstunde verbrachten sie damit, eine Übung nach der anderen durchzuführen. Kermit stellte fest, dass sie trotz ihres leichten Übergewichts gar nicht so unbeweglich war, wie sie ihm hatte glauben machen wollen. Jenna spürte wie ihr schon jetzt der Schweiß ausbrach, während Kermit noch nicht einmal stärker atmete. An ihrer Kondition musste sie auf jeden Fall noch arbeiten. Jedenfalls wirkte sie ziemlich erleichtert als ihr Kermit mitteilte, sie würden nun mit den eigentlichen Übungen anfangen. Kermit disponierte spontan um. Eigentlich hatte er ihr an diesem Abend schon ein, zwei Befreiungsgriffe beibringen wollen, doch nun beschränkte er sich darauf, sie endlose Fallübungen machen zu lassen, was den Vorteil hatte, dass er sie nicht berühren musste. Sein Vorhaben ihr an diesem Abend eine Lektion zu erteilen, hatte sich in dem Moment in Rauch aufgelöst, als er in ihre Augen geschaut hatte. Er erkannte schnell ihr Talent und Jenna lernte zu seiner Freude auch sehr schnell. Vom Verstand her hatte sie die Bewegungsabläufe jedenfalls schon drin, nun musste es nur noch mit dem Körper klappen. Jenna war mittlerweile total verschwitzt und keuchte des öfteren, doch Kermit blieb gnadenlos. Immer wieder und wieder ließ er sie die gleichen Übungen wiederholen bis er sicher war, dass sie sie verinnerlicht hatte. Erfreut erkannte er, dass er ihr wesentlich mehr beibringen konnte als er am Anfang gedacht hatte. Umso besser würde sie sich wehren können, wenn es hart auf hart kam, worauf er keinesfalls hoffte. "Für heute bist du fertig", meinte er schließlich. Jenna lag keuchend auf der Matte und ließ den Kopf auf ihre Arme sinken. Sie war vollkommen erledigt von den nicht enden wollenden Übungen und meinte, noch nie so viel geschwitzt zu haben. Ein paar feuchte Haarsträhnen hatten sich aus dem strengen Knoten gelöst und umrahmten locker ihr Gesicht. Kermit fragte sich unwillkürlich wie sie mit offenen Haaren aussehen würde, ein hübsches Gesicht hatte sie jedenfalls. Nur schade, dass sie es mit dem strengen Haarknoten immer so verunstaltete. "Ich kann mich nie wieder bewegen", stöhnte sie. Kermit grinste von einem Ohr zum anderen. "Klar kannst du. Am besten nimmst du eine heiße Dusche, das entspannt die Muskeln. Du wirst sehen, morgen geht es schon viel besser, wenn wir erst richtig anfangen." Der Blick, den sie ihm zuwarf sprach Bände, so dass Kermit sich ein lautes Lachen nicht mehr verkneifen konnte angesichts ihrer Verwirrung. "Und was war das heute?" "Reines Aufwärmen, Jenna." Sie verdrehte die Augen gen Himmel. "Auf was habe ich mich da nur eingelassen?" "Auf mich", erwiderte Kermit hart und drehte sich abrupt um. Jenna starrte erstaunt auf seinen Rücken. Was hatte sie nun wieder falsch gemacht? Mit purer Willenskraft rappelte sie sich auf die Füße, griff nach ihrer Brille, setzte sie auf und trottete direkt ins Badezimmer. Hauptsache weg von diesem undurchsichtigen Mann, den sie einfach nicht einschätzen konnte. ******
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