Peter sah zum wiederholten Male auf seine Uhr. "Wie lange dauert das denn, bis der Flieger endlich landet? Sie haben schon gute zehn Minuten Verspätung", stieß er aufgeregt hervor. Caine stand still neben seinem unruhigen Sohn und beobachtete das Treiben um sich herum. Unzählige Menschen jeder Hautfarbe und Rasse tummelten sich auf dem Flughafen. Manche eilten dahin, andere schlenderten langsam durch das riesige Gebäude. Gesprächsfetzen verschiedenster Sprachen drifteten an seine Ohren, durchbrochen von der ein oder anderen blechernen Ansage über Lautsprecher. Es bot sich dem Shambhala Meister ein kunterbuntes Bild, das er so nur von Chinatown kannte, auch wenn dort die Uhren wesentlich langsamer tickten. Die ganze Hektik hier sagte ihm absolut nicht zu. "Sie werden da sein, wenn die Zeit dafür gekommen ist", sagte er langsam. Peter strich über sein Shirt, kratzte sich an der Nase und wanderte im Kreis. "Deine Ruhe will ich haben, Paps. Ich werde nie verstehen, wie du stundenlang an einem Fleck stehen oder sitzen kannst. Machst du dir denn keine Sorgen? Der Flieger kann abstürzen. Teile können sich lösen. Die Tanks explodieren. Ein Passagier randaliert. Der Pilot hat die Route vergessen. Das Benzin kann ausgehen. Und noch so vieles mehr. Verdammt, warum kommen die nicht endlich an?" Caine trat zu Peter und legte ihm eine Hand auf die Schulter, um ihn am hin- und herwandern zu hindern. "Nichts dergleichen wird geschehen. Du musst noch vieles lernen, mein Sohn. Die Zeit geht nicht schneller vorüber, nur weil du es gerne hättest. Hier schau." Er deutete auf die Anzeigetafel, die just in dem Moment umschaltete und die Landung des Fliegers von den Bahamas ankündigte. Peter stieß den Atem aus. "Endlich sind sie hier. Es wurde auch höchste Zeit." Caine schüttelte nur den Kopf. Ein beinahe amüsiertes Lächeln glitt über seine Lippen, während er seinen Sohn beobachtete, der vorwärts spurtete zu dem Terminal, an dem die Reisenden ankommen sollten. Es dauerte noch einige Minuten, die Peter auf dem Fußballen wippend verbrachte, bis Kermits dunkler Schopf mit der prägnanten Strähne im Passagiergewimmel auftauchte. Der junge Shaolin begann wie wild zu winken und fegte einem neben ihm stehenden Mann beinahe die Brille von der Nase. Es trug ihm einen bösen Blick ein, aber er reagierte gar nicht darauf. Caine übernahm es, sich für die Ungestümheit seines Sohnes zu entschuldigen. "Peter!", quiekte es kurz darauf. Ein blonder Wirbelwind stürmte auf den Shaolin zu. Die Reisetasche, die sie trug, ließ sie einfach fallen. Peter kam ihr entgegen und fing die junge Frau auf. Er lachte laut und schwenkte sie ein paar Mal im Kreis, bevor er sie wieder auf den Boden stellte. "Hi, kleine Sis, ich habe dich vermisst. Alles gut verlaufen?" Cara strahlte über das ganze Gesicht, stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte dem jungen Mann einen Kuss auf die Wange. "Hi großer Bruder, habe dich auch vermisst. Tut gut, dich wieder zu sehen. Der Flug war klasse, mehr dazu nachher." Sie machte sich fröhlich von ihm los und wandte sich Caine zu, den sie ebenfalls fest umarmte. "Hallo Caine, ich freue mich, dass du auch mitgekommen bist." "Hallo Cara, willkommen zurück", erwiderte der ältere Shaolin in seiner bedächtigen Art. Er hielt sie ein Stück vor sich und betrachtete sie eingehend. Anscheinend konnte er nichts Nachteiliges entdecken, denn er nickte zufrieden. "Cara, wenn du das nächste Mal einfach deine Tasche irgendwo hinwirfst, dann achte bitte darauf, dass du sie niemandem auf den Fuß fallen lässt", meldete sich eine entnervte Stimme hinter ihnen. Die junge Frau wirbelte zu ihrem Ehemann herum und versuchte, schuldbewusst auszusehen. "Ich wollte halt zu Peter", murmelte sie. Kermit stellte ächzend das Gepäck ab und wurde gleich darauf von Peter in eine überschwängliche Umarmung gezogen. Er beschwerte sich wegen des Körperkontaktes, aber man sah ihm an, dass er es nicht ernst meinte. Caine reichte er die Hand zur Begrüßung, nachdem Peter ihn wieder losgelassen hatte. Der junge Priester betrachtete seine beiden Freunde freudestrahlend. "Hach, es ist so toll, dass ihr wieder da seid. Erzählt, wie waren die Flitterwochen?" "Vielleicht führen wir die Unterhaltung an einem…ruhigeren Ort fort?", mischte sich Caine ein. Cara nickte bekräftigend. "Oh ja, es gibt so viel zu Erzählen. Bei einer schönen Tasse Tee ist das sicher viel gemütlicher." "Mache Kaffee daraus und ich bin dabei", meldete sich Kermit. Peter bückte sich und schnappte sich die Tasche, die Cara getragen hatte. "Kein Problem." Er verzog das Gesicht und sah seine Schwester des Herzens anklagend an. "Uff, was hast du denn da drin? Ziegelsteine?" Die junge Frau grinste. "Das verrate ich dir nicht. Aber wenn du dich zu schwach fühlst, dann gib her, ich trage sie selbst." Peter wehrte empört ab. "Hey, ich bin immer noch Kavalier. Kommt nicht in Frage, dass du dir mit solch schwerem Zeug den Rücken verrenkst." Ein vorwurfsvoller Blick traf Kermit. "Wie kannst du ihr nur so etwas Schweres zumuten?" Der ehemalige Söldner stieß die Luft aus und deutete auf all das Gepäck zu seinen Füßen. "Ach richtig, zwischen meinen Zähnen hätte ich sicher noch Platz für die Tasche gehabt. Was meinst du, wer hier den Rest getragen hat?" Caine trat dazwischen, bevor sich die beiden Freunde gleich in den ersten Minuten in die Haare bekommen konnten. Er ergriff zwei der Gepäckstücke, drückte Peter ein weiteres in die Hand und marschierte einfach los. *************** Eine gute halbe Stunde später erreichten sie das Backsteingebäude in Chinatown. Peter hatte in weiser Voraussicht mit Jody den Wagen getauscht, denn in den Stealth hätten sie vier Personen inklusive dem Gepäck niemals hinein bekommen. Weitere Minuten später saßen drei Leute wild durcheinander redend auf Peters Sofa, während Caine im Schneidersitz mit dem Boden vorlieb nahm. Vor Cara und Caine stand eine dampfende Teetasse mit vorzüglich duftendem Jasmintee, Kermit und Peter zogen Kaffee vor. Die kleinen Mitbringsel wurden an Caine und Peter überreicht, beide freuten sich sehr darüber und es wurde etwas ruhiger. Cara lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzen in die weichen Polster zurück. "Hach, es ist so schön, wieder Daheim zu sein." "Du tust gerade so, als hätten dir die Flitterwochen nicht gefallen", entgegnete Peter spitzbübisch und erntete dafür einen lodernden Blick seitens des Ex-Söldners. Ein verträumter Ausdruck trat in Caras Augen. "Im Gegenteil, sie waren einfach himmlisch. Schöner hätten sie kaum sein können." "Bis auf ein ganz bestimmtes Erlebnis", erwiderte der junge Shaolin. Cara setzte sich kerzengerade auf. Sie wechselte einen verwirrten Blick mit ihrem Angetrauten. Wusste Peter etwa von Kermits Lebensbeichte? Hatte er sie in Gedanken belauscht? Es durchfuhr sie siedend heiß. Wenn er jetzt dieses Thema hier vor allen ansprechen würde, das würde einen riesigen Streit mit Kermit geben. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Peter über die schwere Jugend Kermits Bescheid wusste. "Wie…wie meinst du das?", stammelte sie. "Den Überfall." Der jungen Frau fiel ein Stein vom Herzen. "Ach das", meinte sie wegwerfend, dann schaute sie ihn überrascht an. "Woher weißt du das überhaupt?" "Kermit hat mich angerufen", erwiderte er einfach. "Wie jetzt? Davon hast du mir gar nichts erzählt", wandte sie sich anklagend an ihren Mann. Kermit rückte die Brille auf seiner Nase gerade. "Ich habe nicht mehr daran gedacht. An dem Abend hatte ich wahrlich andere Dinge im Kopf." "Wann hast du Peter angerufen? Wir waren doch die ganze Zeit zusammen." "Als du schliefst.", erklärte der Cop. Da sie ihn noch immer tadelnd ansah, fügte er hinzu: "Du weißt, wie durcheinander du an dem Abend warst. Ich habe später einfach vergessen, es dir mitzuteilen." "Womit wir beim Thema wären", mischte sich der junge Shaolin ein. Er blickte seine kleine Schwester sehr ernst an. "Nur damit du es weißt. Am Montag, spätestens, besser gleich morgen, stehst du hier auf der Matte für deinen ersten Unterricht in Kung Fu. Es gibt keine Ausflüchte mehr." Kermit und Caine nickten zustimmend, Cara verdrehte sie Augen. Etwas heftiger als nötig stellte sie ihre leere Teetasche auf den Tisch. "Meine Güte, da ist man gerade mal ein paar Minuten hier, dann wird einem gleich die Pistole auf die Brust gesetzt. Habt ihr euch das alle zusammen ausgedacht, oder wie?" "Nein, haben wir nicht. Aber ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit du beim nächsten Mal besser vorbereitet bist", erwiderte Peter unnachgiebig. "Wobei wir natürlich hoffen, dass es kein nächstes Mal geben wird." Cara wusste, wenn sie überstimmt war. Sie hob beide Hände hoch. "Schon gut, schon gut, ich werde morgen da sein. Aber wann, das kann ich dir nicht sagen. Es gibt so viel zu tun. Soll ich dich vorher anrufen?" "Das ist nicht nötig. Sofern ich nicht da bin, wird Paps den Unterricht übernehmen. Du kommst nicht drum rum." "Habe ich gesagt, dass ich das will?", giftete Cara zurück. "Ich habe gesagt ich bin da und gut ist's. Können wir nun das Thema wechseln?" Peter wandte sich verletzt von ihr ab. "Du musst nicht gleich so grob werden", beschwerte er sich. "Na wie würdest du denn reagieren, wenn du gerade noch mit absolut guter Laune aus dem Urlaub zurück kommst und wirst dann gleich mit Vorschriften Und Erpressungen traktiert?" Kermit legte seiner Frau die Hand auf den Arm. "Prinzessin, Peter meint es nur gut. Wir wissen doch alle, dass er gerne mal über das Ziel hinaus schießt. Gerade du müsstest doch seine Art kennen, wie er ist, wenn er die Leute, die er gern hat, beschützen will." Die Worte trafen punktgenau ihr Ziel. Cara schlug die Augen nieder und murmelte: "Entschuldige, Peter, ich habe es nicht so gemeint." Der junge Shaolin brachte ein schwaches Lächeln zustande. "Schon gut. Komm her und gib deinem Brüderchen einen Kuss, dann ist alles wieder okay." Prompt warf sich Cara ihm an den Hals und umarmte ihn fest. Ein kleines Küsschen auf die Wange und eine weitere Entschuldigung folgte. Somit war alles wieder in Ordnung. Caine schaffte es, den letzten Rest der schlechten Stimmung zu vertreiben, indem er fragte: "Kermit, du hast vorhin erwähnt, ihr habt Surfunterricht genommen. Möchtest du uns davon erzählen?" Sofort begann der Ex-Söldner breit zu grinsen. "Nicht wir, sondern Cara hat Unterricht genommen. Das war eine reine Sensation." In blumigen Worten begann er Caras Versuche mit dem Surfboard zu beschreiben. Bald lachte die gesamte Gruppe fröhlich. Alle entspannten sich sichtlich. Nach der Erzählung folgten noch einige weitere Geschichten, die die Caines oder die Griffins während den zwei Wochen erlebt hatten. Es gab ziemlichen Aufholbedarf. Erst als es langsam zu dämmern begann, fuhr Peter die beiden Frischvermählten nach Hause. Er half ihnen, das Gepäck ins Haus zu tragen und verabschiedete sich dann. Im Schlafzimmer ließ sich Cara in einer theatralischen Bewegung auf das breite Bett fallen. "Endlich Zuhause, ich bin vollkommen geschafft", verkündete sie. "Dabei muss ich jetzt noch so viel machen. Staub wischen, Klamotten auspacken, waschen, staubsaugen und jede Menge mehr." Kermit setzte sich neben seine Frau auf die Bettkante. "Das hat später auch noch Zeit. Ein Tag früher oder später spielt nun wirklich keine Rolle. Lass das bahamianische Flair noch ein wenig nachwirken." "Wenn du es sagst", stimmte sie zu. Cara lehnte sich zurück und zog ihren Mann mit sich, der ihr nur allzu gerne folgte. "Habe ich dir heute eigentlich schon gesagt, dass ich dich liebe?" "Ja, hast du", erwiderte er und küsste sie sanft. Als die Jungvermählte wieder Luft bekam, entgegnete sie: "Macht nichts, ich kann es nicht oft genug sagen. Ich liebe dich, mein edler Ritter in der schwarzen Rüstung." Kermit machte es sich etwas bequemer auf der weichen Oberfläche und Cara kuschelte sich zufrieden an ihn. "Ich liebe dich auch, Prinzessin. Und ich möchte dir danken, für zwei absolut unvergessliche Wochen mit der besten Frau der Welt." "Nein, ich danke dir dafür. Immerhin war das deine Idee." "Nein, ich danke dir." Cara musste lachen. "Geht das nun noch ein paar Stunden so weiter, oder akzeptierst du einfach mal meinen Dank?" Kermit zeigte sein berühmtes Wolfsgrinsen. "Ich fühle mich schwer in Versuchung, aber ich will mal nicht so sein und gebe nach." Er tippte ihr auf die Nase und löste sich von ihr. "Kleinen Moment, ich bin gleich wieder zurück." "Beeil dich", rief sie ihm hinterher. "Es ist so einsam ohne dich." Knapp drei Minuten später betrat der Cop erneut das Schlafzimmer. Er hielt eine Flasche Champagner und zwei Sektflöten in der Hand. Mit sicheren Bewegungen köpfte er schwungvoll das schäumende Gebräu, schenkte beide Gläser voll und kehrte mit diesen zu seiner Frau zurück. "Gibt es etwas zu feiern?", erkundigte sich Cara erstaunt. "Ja, das gibt es." Er hob das Glas. "Auf uns und auf dass diese Flitterwochen niemals vorüber gehen." "Na darauf trinke ich doch gerne. Auf uns." Sie stieß mit ihm an und hob gleich darauf das Glas zu einem weiteren Toast. "Auf dass unsere Liebe mit jedem Tag mehr wächst und gedeiht." "Amen", meinte Kermit nur. Er stieß mit ihr noch einmal an, nahm ihr anschließend die Sektflöte aus der Hand und stellte sie auf den Nachttisch, seine Brille folgte. Sein Blick drückte alles aus, was er für sie empfand. Er beugte sich über sie und küsste sie verlangend. Sie kam ihm nur allzu gern entgegen. Dann feierten sie auf ihre eigene, ganz persönliche Weise die Heimkehr in ihr Domizil. Ende nächste Story: The Power of Vengeance in Vorbereitung
|
Teil 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Epilog zurück zum Serien Index zurück zum Story Index
|