5. Teil
Autor: Fu-Dragon

 

"Na was haben wir denn hier für einen süßen Käfer?", ließ sich der Junge, der ihr gegenüber stand verlauten.

Die anderen drei lachten siegessicher. "Die ist nicht ohne, hast du ihren Vorbau gesehen?", meinte ein anderer.

Noch mehrere unflätige Bemerkungen gingen zwischen den Jungen hin und her. Jenna versuchte sich zu konzentrieren, um nicht zu zeigen welche Angst sie hatte. Noch hatte keiner sie irgendwie angefasst, doch das würde nicht mehr lange dauern, was sie leicht anhand der Gespräche einschätzen konnte. Jenna war sich sicher gegen vier Gegner, trotz ihrer Kung Fu Kenntnisse, keine Chance zu haben. Alle vier Jungs waren groß gebaut und ihr kräftemäßig weit überlegen.

Sie versuchte ihres Stimme einen ruhigen, sicheren Klang zu geben als sie meinte: "Okay Jungs, das war's jetzt, ihr habt euren Spaß gehabt."

Der Anführer der Jungs lachte laut bei dieser Aussage. "Da irrst du dich, Schlampe. Wir werden unseren Spaß erst noch haben. Ich bin schon gespannt wie sich deine Atombusen anfühlen."

Der Junge streckte die Hand aus und versuchte, ihr an die Brust zu greifen. Jenna wehrte seine Hand locker ab und sagte gefährlich leise: "Fass mich an und ich breche dir die Finger."

Das wirkte einen Moment. Der Junge wich zurück, überrascht von ihrer Reaktion, doch dann warf er den Kopf zurück und lachte lauthals.

"Hey, du gefällst mir. Ich mag Frauen, die sich wehren. Los!"

Das war der Startschuss. Jenna wusste, dass sie keine Gnadenfrist mehr bekommen würde. Die vier Jungs rückten wie eine Mauer zu ihr vor. Sie ging in Angriffsposition und trat dem Jungen, der ihr am nächsten stand mitten ins Heiligtum. Der Teen stieß einen Schrei auf und wand sich wimmernd, seine Kronjuwelen haltend, auf dem kalten Straßenpflaster.

Zu spät wurde Jenna bewusst, dass sie damit einen großen Fehler gemacht hatte, denn nun griffen die anderen Raudis gleichzeitig an. Es gelang ihr, einem weiteren Jungen einen Schlag mit der Handkante zu verpassen, bevor sie selbst ein Fausthieb ins Gesicht traf und sie gegen die Telefonzelle schleuderte. Krachend gab das altertümliche Glas unter ihr nach und sie brach mit einem lauten Splittern in die Zelle, wo sie sich den Kopf an dem Telefonapparat anschlug. Sie sah Sterne vor ihren Augen.

Die Jungs nutzten ihre Benommenheit und zogen sie aus der Zelle. Die wenigen Sekunden, in denen sie nicht reagieren konnte, genügten den Jungs, um sie links und rechts fest zu halten. Jenna wehrte sich verzweifelt, konnte sich aber nicht befreien. Schließlich stand sie still und atmete tief ein und aus, um ihre Kräfte zu sparen und den richtigen Moment abzuwarten. Mittlerweile hatte sich der Teenager, den sie auf den Boden geschickt hatte so weit erholt, dass er nun mit wutblitzenden Augen vor ihm stand und sich das Gelächter der anderen anhören musste.

"Das büßt du mir, du Schlampe", zischte er ihr zu und verabreichte ihr eine saftige Ohrfeige, die ihren Kopf nach hinten warf und sie aufschreien ließ. Vorbei war es mit ihrer schwer erkämpften Ruhe, nun beherrschte Jenna nur noch nackte Angst. Als der Anführer nach ihrer Bluse griff und den ersten Knopf abriss, versuchte sie noch einmal verzweifelt sich zu wehren. Die Angst verlieh ihr die entsprechende Kraft und sie konnte sich von einem der beiden Jungs befreien, indem sie ihm voll in den Magen trat.

Kaum konnte sie sich ein bisschen besser bewegen, kehrte ein wenig von ihrer Sicherheit zurück. Sie schnappte den Typ, der sie noch festhielt, nutzte seinen Vorwärtsschwung aus und schmiss ihn mit einem gekonnten Wurf in die kaputte Telefonzelle. Dann waren die beiden anderen Jungs über ihr. Der Wucht ihres Angriff riss sie zu Boden.

Zwei schwere Körper drückten sie zu Boden, sie roch den fauligen Atem des einen und ihr wurde übel. Jenna bäumte sich verzweifelt auf, als der Anführer nach ihren Brüsten griff und sie roh quetschte. Der Schmerz ging ihr durch und durch. Ein Bild aus ihrer Kindheit flammte kurz auf, erlosch aber in dem erneuten Grauen, das sie hier erlebte. Ergeben schloss sie die Augen, sie wollte nicht auch noch das Grinsen der Typen sehen, wenn sie vergewaltigt wurde. Noch einmal versuchte sie alles was sie hatte zu mobilisieren. Das Quietschen von Reifen ging in dem Kampfgetümmel unter. Ihr Atem ging keuchend, das Gewicht der beiden drückte ihr die Luft ab. Ihre Abwehr schwächte immer mehr ab.

Plötzlich war sie frei, kein Körper lag mehr auf ihr, keine Hände tatschten sie mehr ab. Sie wusste nicht, was passiert war. Wie ein Kind rollte sie sich zur Seite, ihr Körper wurde von trockenen Schluchzern geschüttelt. Ganz entfernt nahm sie eine tiefe Männerstimme und eindeutige Kampfgeräusche wahr. Dann Trappeln von mehreren Füßen, das sich schnell entfernte und dann herrschte Ruhe.

Die Stille kam Jenna wie ein Geschenk vor und sie nutzte sie, um einigermaßen zu sich zu kommen. Total erschöpft richtete sie sich in eine sitzende Position auf und lehnte sich gegen den Pfosten der Telefonzelle. Die zerzausten Haare fielen in ihr Gesicht und sie presste die Hände gegen die Augen in der Hoffnung so das schreckliche Bild wegzureiben, das ihr vor den Lidern brannte.

"Miss. Miss, sind sie verletzt, geht es ihnen gut?"

Wieder diese tiefe Männerstimme, die sich anhörte, als würde sie ganz aus der Nähe kommen. Jenna konnte nicht antworten, entsetzt merkte sie, wie sie zu zittern begann. Ganz wage wurde ihr bewusst, dass keiner mehr sie Angriff.

"Miss, sie sind in Sicherheit, bitte schauen sie mich an."

Eindringlich und seltsam bekannt hörte sich diese Stimme an. Ihr kam es so vor, als hätte sie sie irgendwann schon einmal gehört. In Zeitlupentempo drehte sie den Kopf in Richtung der Stimme.

Grüne, verhangene Augen blickten in schokobraune, unverhüllte Augen. Jenna konnte einen Aufschrei der Überraschung nicht unterdrücken. Plötzlich war der Gedanke an die vier Jungs wie weggewischt.

"Kermit!"

Der Detective wirkte wie vom Blitz getroffen. Ungläubig sah er die Gestalt vor sich an. Die Erinnerung überschwemmte ihn wie eine Woge. Er konnte nicht glauben, dass sie es tatsächlich war, deutlich verändert zu früher, aber sie war es ohne Zweifel. Solche Augen besaß nur eine einzige Person, die er kannte.

"Jenna?"

Sie nickte kaum merklich, konnte ihn nur anstarren. Kermit ging vor ihr in die Knie und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Jenna zuckte sofort zurück. Beschwichtigend hob er die Hände.

"Hey schon gut. Ich tue dir nichts, Jenna. Auf die Art und Weise habe ich mir ein Wiedersehen mit dir wahrlich nicht vorgestellt."

Prüfend betrachtete er im matten Schein der Laterne ihr Gesicht und ihre zerrissene Bluse. Seine Hand zuckte vor, um ihr das Blut von der Wange zu wischen, doch er zog sie sofort zurück, als sie ihm ängstlich entgegen sah.

"Du hast einiges einstecken müssen. Am Besten bringe ich dich ins Krankenhaus."

Jenna erholte sich langsam von ihrer Überraschung, ihn so plötzlich wieder vor sich zu sehen. "Nein, ich will in kein Krankenhaus, mir geht es gut!", rief sie aus.

Kermit sah sie äußerst skeptisch an. "Ich denke, es ist besser für dich. Wer weiß was du alles für Verletzungen hast."

"Nein. Ich sagte doch mir geht es gut. Nur ein paar Kratzer, die verheilen Schnell", sagte sie bestimmt.

"Hier kannst du jedenfalls nicht bleiben. Wo wohnst du überhaupt?"

"Bei Peter", erwiderte sie leise.

Kermit stieß die Luft zwischen den Zähnen aus. Diese Nachricht traf ihn wie ein Faustschlag in den Magen. Da arbeitete er täglich mit dem jungen Shaolin-Cop zusammen und er hatte kein einziges Wort darüber verloren, dass sie wieder in der Stadt war. Angesichts der Tatsache, wie sie sich damals über Jenna gestritten hatten, war das allerdings auch kein Wunder.

"Bei Peter also. Dann werde ich dich zu ihm bringen. Kannst du aufstehen?"

Jenna erhob sich mühsam. Es gab keinen Knochen, der ihr nicht weh tat, aber sie stand. Kermit hatte vorsorglich die Hände ausgestreckt um sie zu stützen, zog sie aber gleich wieder zurück, als er ihren Blick bemerkte.

"Ich kann alleine gehen", meinte Jenna bestimmt.

Kermit konnte über soviel Unvernunft nur den Kopf schütteln. Seine Gedanken wirbelten wild durcheinander. Wo war nur seine verdammte Sonnenbrille, wenn er sie brauchte? Ihm fiel ein, dass er sie im Wagen gelassen hatte, als er den Überfall entdeckte.

"Dann mal los Jenna, mein Wagen steht gleich da vorne."

Jenna setzte sich langsam in Bewegung. Die grüne Corvair wirkte seltsam fehl am Platze hier. Mit jedem Schritt, den sich machte spürte sie, wie das Adrenalin nachließ und sie war froh, den Wagen erreicht zu haben. Das fehlte ihr noch, vor seinen Füßen zusammen zu brechen. Diesmal ließ sie zu, dass er ihr in den Wagen half und ihr den Sicherheitsgurt umlegte. Wortlos ging er um den Wagen herum und stieg ein.

Mit einem tiefen Brummen setzte sich der Wagen in Bewegung. Aus dem Augenwinkel beobachtete Kermit Jenna. Er sah wie müde sie war und wollte sie nicht gleich mit seinen Fragen belästigen, die er ohne Zweifel hatte. Außer den Augen hatte sie mit ihrer früheren Erscheinung rein gar nichts mehr gemein. Kermit fragte sich, was sie in so einer abgelegenen Gegend überhaupt machte, die weit von Peters Wohnung entfernt lag. Ihre Wange begann sich bereits zu verfärben und das eingetrocknete Blut machte ihre blasse Erscheinung auch nicht gerade schöner. Sie hatte die Augen fest geschlossen und ihre Hände lagen verkrampft in ihrem Schoß.

Aus seiner langjährigen Erfahrung war ihm bekannt, wie sich so ein Überfall auf die Psyche auswirkte. Zuerst war man total angespannt durch den gewaltigen Adrenalinstoß, dann folgte die bleierne Müdigkeit, dann der Schmerz wenn das Adrenalin den Körper ganz verlassen hatte und dann kamen die seelischen Wunden, die fast immer weitaus schlimmer waren, als die äußerlichen Verletzungen.

Mehrere Minuten vergingen, bis sich Jenna wieder rührte. Zu seiner Überraschung streckte sie die Hand aus und klappte die Schutzblende mit dem kleinen Spiegel herunter. Ein entsetzter Laut kam über ihre Lippen.

"Oh Mist, so kann ich Peter auf keinen Fall unter die Augen treten, der macht mich einen Kopf kürzer", rief sie spontan aus. "Können wir irgendwo anhalten, damit ich mich zumindest ein wenig waschen kann?"

Kermit seufzte leise. Jenna überraschte ihn immer noch mit ihren atypischen Reaktionen. Er vermutete, dass der Schock sie so reden ließ.

"Ich kann dich zu mir bringen und dich dort verarzten", schlug er vor, gespannt wie sie darauf reagieren würde.

"Ist in Ordnung", war alles, was sie herausbrachte.

Kermit nickte, wendete den Wagen in die entgegengesetzte Richtung und fuhr auf direktem Weg zu seinem Appartement. Einige Zeit später hatten sie das bekannte Gebäude erreicht. Einen Moment lang fragte Jenna sich, ob sie richtig entschieden hatte, doch dieser Gedanke wurde schnell von der bleiernen Müdigkeit verdrängt.

Nachdem Kermit den Wagen geparkt hatte stieg er aus und ging zu Jennas Seite. Sie hatte sich noch nicht gerührt, auch wenn ihre Augen weit offen waren. Er seufzte leise, öffnete die Türe und nahm Jenna ohne viel Federlesens auf die Arme. Ihren schwachen Protest beachtete er gar nicht.

Trotz der Situation ließ ihn Jennas Körper nicht kalt. Sie fühlte sich wunderbar richtig in seinen Armen an. Noch vor zwei Jahren hätte er sie wohl nicht so einfach tragen können, doch nun kam sie ihm leicht wie eine Feder vor. Jenna wehrte sich zwar nicht gegen sein Tun, doch sie war stocksteif in seinem Armen. Direkt vor der Türe ließ Kermit Jenna wieder herunter und öffnete das Sicherheitsschloss. Er ließ Jenna voraus gehen, die schnurstracks auf einen Sessel zusteuerte und sich seufzend in ihn fallen ließ.

Kermit betrachte besorgt ihre ungesunde Gesichtsfarbe. "Ich denke, es ist doch besser, wenn ich dich ins Krankenhaus bringe."

Jenna fuhr hoch, als hätte sie etwas gestochen. "Nein, ich will nicht dahin. Mir geht es gut verdammt noch mal!"

"Ja klar und deswegen bist du so blass und hast zerrissene Klamotten an", versetzte Kermit trocken.

Die Worte trafen. Schuldbewusst senkte Jenna den Blick und sah zu Boden. Ihre Finger begannen zu zittern.

Kermit, der dies bemerkte, warf schnell ein: "Okay, du hast gewonnen. Ich sehe mal nach, was ich dir an Kleidung geben kann. Und dann schicke ich dich unter die Dusche, damit ich hinterher deine Wunde versorgen kann."

Mit diesen Worten verschwand er im angrenzenden Schlafzimmer. Jenna schloss die Augen, sie hörte ein paar Türen schnappen und dachte nach. Das Erlebnis, das sie gerade gehabt hatte, kam ihr meilenweit entfernt vor. Zwar spürte sie die Auswirkung der rohen Behandlung, doch das war auszuhalten. Viel mehr brachte sie die Nähe Kermits durcheinander. Bis heute war sie der Meinung gewesen, das Kapitel weitgehendst für sich abgeschlossen zu haben, doch nun stellte sie fest, dass das nicht der Fall war.

In diesem Moment kehrte Kermit mit einem Pullover und einer Jogginghose zurück. "Das wird dir zwar viel zu groß sein, aber es wird schon gehen", meinte er und drückte ihr die Sachen in die Hand.

Jenna saß da und wusste nicht, was sie tun sollte. Im Moment spürte sie keine Schmerzen, war viel zu sehr in die Betrachtung Kermits versunken, der sich in den zwei Jahren kaum verändert zu haben schien. Sogar die Sonnenbrille trohnte wieder auf seiner Nase und die junge Frau wünschte sich, ihre auch dabei zu haben.

Kermit blickte sie abschätzend an. Er konnte sich im Moment keinen Reim auf Jenna machen. "Kannst du alleine unter die Dusche, oder muss ich dir helfen?", fragte er emotionslos.

"Das schaffe ich schon alleine", schnappte Jenna und verließ empört und hochrot den Raum. So ein eingebildeter Kerl.

Kermit nutzte die Zeit, die Jenna in der Dusche verbrachte, um mit Peter zu telefonieren und ihn über das Geschehen zu informieren. Wie erwartet, war Peter alles andere als erfreut darüber. Kermit versprach Peter, Jenna so bald als möglich bei ihm abzuliefern und versuchte ihn ein wenig zu beruhigen, was ihm mehr schlecht als recht gelang.

Wenige Minuten später betrat Jenna erneut den Raum. Der Pullover und auch die Hose waren ihr viel zu groß. Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, dann hätte Kermit geschmunzelt. Sie sah aus wie ein nasser Spatz, der aus dem Nest gefallen war. Vor allen Dingen wunderte es ihn wie ruhig sich Jenna verhielt. Würde ihre Wange nicht langsam anfangen, in allen Farben zu schillern und wäre dort nicht dieser hässliche Schnitt an ihrem Hals, hätte man annehmen können, es wäre für sie ein Tag wie jeder andere auch. Er kannte Frauen die sich nach einem Überfall nur noch hysterisch verhielten, oder sich die Seele aus dem Leibe heulten, doch Jenna tat nichts davon.

Wortlos stand Kermit auf und holte den Erste Hilfe Kasten. Dann bedeutete er Jenna, sich auf die Couch zu setzen.

"So dann wollen wir mal. Ich habe übrigens gerade mit Peter telefoniert und werde dich nachher zu ihm bringen."

Jenna seufzte vernehmlich. "Na der wird sicher nicht sehr begeistert darüber sein. Vor allen Dingen, weil ich mich bis jetzt nicht bei ihm gemeldet habe."

"Er macht sich nur Sorgen um dich, so wie ich auch."

"Mir geht es gut."

"Klar, was denn sonst nach einen Überfall? Nun sei aber ruhig, damit ich deine Wange verarzten kann. Könnte ein wenig weh tun, wenn ich den Schnitt desinfiziere."

"Na wenn's weiter nichts ist", entgegnete sie spitz.

Kermit stellte die erforderlichen Mittel auf den Tisch. Verbandsmull, Watte und eine Flasche, die streng nach Jod roch, als er sie öffnete. Dann legte er eine Hand unter ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich. So sanft es ihm möglich war, tastete er ihren Wangenknochen ab um sicher zu gehen, dass er keinen Schaden genommen hatte. Nachdem er das getan hatte, tränkte er einen kleinen Wattebausch mit dem Jod und begann ihren Schnitt zu reinigen. Jenna zuckte zusammen, das brannte höllisch, doch sie verkniff sich einen Schmerzenslaut. Nachdem Kermit alles zu seiner Zufriedenheit erledigt hatte und ein Pflaster über dem Schnitt befestigt war, ließ er sie wieder los.

"Hast du sonst noch irgendwo schmerzen? Eventuell deine Rippen, ich habe gesehen wie dir einer der Deppen dorthin getreten hat."

"Ich fühle keinen Schmerz, Kermit. "

"Leg dich auf die Couch."

"Wozu?"

"Damit ich deine Rippen abtasten kann. Es ist völlig normal, dass man im Schockzustand kaum Schmerzen empfindet, doch das kann sich schnell ändern. Ich will nur sicher gehen, dass du dir keine Rippe gebrochen hast."

"Also du kannst sicher sein, dass ich das gemerkt hätte. Außerdem habe ich keinen Schock."

Kermits Tonfall wurde um einiges schärfer als beabsichtigt. Er bemerkte ihre erweiterten Pupillen und sie unregelmäßige Atmung, dazu noch die wächserne Blässe. Jenna hatte sehr wohl einen Schock.

"Hör mal, Fräulein, ich habe keine Lust mit dir zu streiten. Ich bin dir soweit entgegen gekommen, als dass ich dich nicht ins Krankenhaus gefahren habe. Ich kann noch immer meine Meinung ändern, wenn du nicht das tust, was ich dir sage."

Jenna sah ein, dass sie im Moment nicht gegen ihn ankommen konnte. Ihm einen bitterbösen Blick zuwerfend tat sie, was er verlangte. Kermit setzte sich an den Rand der Couch und schob ihren Pullover nach oben. Ein trockener Laut rutsche Jenna über die Lippen und sie hielt spontan seine Hände fest. Überrascht sah er sie an, bemerkte die Angst, die in ihren Augen flackerte. Er schimpfte sich selbst einen Idioten. Da war sie knapp einer Vergewaltigung entronnen und er musste so schnell vorpreschen.

"Schon gut", sagte er leise. "Ich tue dir nichts, du bist in Sicherheit."

Nur langsam lockerte Jenna den erstaunlich festen Griff um seine Handgelenke und ließ ihn fort fahren. Genauso langsam schob Kermit nun ihren Pullover über die Rippen. Ebenso vorsichtig legte er seine Hände auf ihre leicht bläulich schimmernden Rippen. Wie er vermutet hatte, hatte man sie dort auch hart getroffen.

Sorgsam tastete er über das warme Fleisch, auf jede Reaktion von ihr achtend und seine eigene unterdrückend. Jenna blieb ruhig unter seinen Händen liegen. Einzig ihre Bauchmuskulatur spannte sich an und, aber da konnte er sich täuschen, ihr Atem beschleunigte sich etwas, als seine Finger über ihre Haut streiften. Erstaunt stellte er fest, wie trainiert sie sich anfühlte. Wo vor zwei Jahren noch weiches, eher wabbliges Fleisch gewesen war, spürte er nun feste Muskeln, die leicht unter seiner Berührung zitterten. Oder waren das seine Hände?

Wenig später beendete Kermit die Prozedur und zog ihren Pullover über ihren flachen Bauch. "Gebrochen ist nichts, aber du hast ein paar ziemlich heftige Prellungen, die dir wohl die nächsten Tagen ziemliche Schwierigkeiten bereiten werden."

"Das ist nicht weiter schlimm, ich sitz ja eh die meiste Zeit", gab sie zurück und setzte sich wieder auf.

Kermit erhob sich ebenfalls und ging kurz in die Küche. Er kam mit einem Eisbeutel zurück, den er ihr reichte, damit sie die Schwellung im Gesicht kühlen konnte. Prüfend blickte er sie an.

"Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du nicht zufällig hier bist, kann das sein?"

"Eventuell."

Jenna stand der Sinn überhaupt nicht nach Unterhaltung. Wenn er sie bei Peter ablieferte, würde er eh sehen womit sie beschäftigt war. Kermit war kein Mann dem man ein X für ein U vormachen konnte.

Der Detective verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und meinte: "Dann werde ich dich jetzt zu Peter bringen."

Jenna seufzte leise. "Länger wird sich die Moralpredigt wohl nicht verschieben lassen."

 

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