Die Sonne zeigte sich am Horizont und Tau lag noch auf den Blumen und Blättern. Peter hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Immer wieder war ihm das Ereignis der vergangenen Nacht durch den Kopf gegangen. Nachdem er sich stundenlang unruhig hin und her gewälzt hatte, war er aufgestanden und in den Meditationsraum gegangen. Hier versuchte er nun mit Tai Chi Übungen, seinen Kopf frei zu bekommen. Sein schwarzer Trainingsanzug spannte über seinem muskulösen Körper und alles wirkte absolut harmonisch. Aber der Schein trog. Selbst die Übungen konnten ihn nicht von dem Geschehen ablenken. Sein Blick wanderte unstet durch den Raum und blieb an dem alten Schrank hängen, der unscheinbar in der Ecke stand. Langsam ging er darauf zu und öffnete die Türe. Eine lange, schön verzierte Kiste lag vor ihm und er ließ seine Hände liebevoll darüber gleiten. Vorsichtig öffnete er sie und entnahm das Schwert des Kwai Chang. Er hatte es damals nach der Reise an sich genommen und seitdem nicht mehr beachtet. Sollte Selentine Recht haben, dass er tatsächlich alleine die Macht besaß, diese Reise zu tun? Er schauderte bei dem Gedanken. Nein, er musste einen Weg finden Selentine zuvor zu kommen. Peter legte das Schwert beiseite. Zunächst
gab es wesentlich wichtigeres zu erledigen. Nervös blickte er auf
seine Armbanduhr. Nur noch eine Stunde bis zum Treffen mit den Detectives.
Erneut fragte er sich, warum sie ihn unbedingt sprechen wollten. Trotz
allen Grübelns kam er auf keine logische Erklärung. "Hallo Peter", eine bekannte Stimme erklang plötzlich hinter ihm. Überrascht blickte er zur Türe. Er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er niemanden hatte kommen hören. "Jennifer, das ist aber eine schöne Überraschung!" Sein Herz machte einen kleinen Hüpfer und er strahlte über das ganze Gesicht. Peter schluckte. Sie sah einfach umwerfend aus. Die junge Frau stand vor ihm, schöner denn je zuvor. Ein kurzes, dunkelblaues Kostüm umschmeichelte ihren Körper und durch die hohen Schuhe wirkten ihre wohlgeformten Beine endlos lang. Das schwarze, lange Haar fiel ihr auf die Schultern und ihre dunklen Augen blickten ihn lächelnd an. "Ich habe hier in der Stadt einen Job angenommen und da dachte ich, schau mal vorbei." Sie kam näher und zog sein Gesicht zu ihrem herunter. Sanft legten sich ihre vollen Lippen auf die Seinen. Es durchfuhr Peter wie ein Stromschlag. Es war schon so lange her, dass er eine Frau geküsst hatte. Er erwiderte zärtlich ihren Kuss. "Wow", meinte er und räusperte sich. "So schüchtern heute, Peter?", zog Jennifer ihn auf. Schelmisch lächelte er sie an. "So werde
ich normalerweise früh morgens nicht Jennifer nickte. "Ich habe schon gehört, dass du jetzt ein Shaolin Priester bist." Peter führte sie in seinen Wohnraum der gleich neben dem Meditationsraum lag. "Und, bist du zufrieden mit dem Leben als Shaolin?" Ihr Blick ruhte auf den bescheiden eingerichteten Wohnraum und das daran angrenzende Schlafzimmer, dessen Türe etwas offen stand. Peter zuckte leicht zusammen, da sie, unbewusst, direkt seinen wunden Punkt anschnitt. "Na ja, vieles bedarf einiger Gewöhnung", wich er aus. "Darf denn ein Shaolin mit einer alten Freundin essen gehen? Heute Abend?", erkundigte sich Jennifer und warf ihm einen verführerischen Blick zu. Peters Hormone schlugen sogleich Kapriolen. "Heu...Heute Abend? Na klar, sicher doch. Ich würde mich freuen", stotterte er etwas hilflos. *Verdammt, reiß dich zusammen*, wies er sich zurecht, *das ist nicht dein erstes Date.* "Gut, ich bin um Sieben hier und hole dich ab", flüsterte sie Peter verheißungsvoll ins Ohr und küsste ihn zärtlich auf die Wange. Der junge Mann konnte nur wortlos nicken. Ihre direkte Art hatte ihn schon damals vor 3 Jahren fasziniert. Jennifer drehte sich um und ging zur Türe. "Wir haben uns sicher viel zu erzählen, Peter, ich freue mich schon", rief sie und verließ den Raum. Peter fasste sich an den Kopf. Wow, Jennifer, mit ihr hatte er überhaupt nicht gerechnet. Er hatte damals den Mord am Großvater der jungen Journalistin untersucht, wobei er sie kennen lernte und es dann zu einem kleinen Flirt gekommen war. Er war damals sehr traurig gewesen, dass sie wieder fortging. Sie war ein feiner Kerl. Jennifer hatte von vornherein keinen Hehl daraus gemacht, dass sie ihn anziehend fand und ihre Verführungskünste waren wirklich nicht ohne gewesen, wie er sich immer noch gerne erinnerte. Wäre sein Vater nicht plötzlich aufgetaucht, wären sie sicherlich zusammen im Bett gelandet, dessen war er sich sicher. Wehmütig erinnerte er sich daran, wie sie die Initiative ergriffen hatte und, seinen nicht wirklich hartnäckigen Versuch ihren Liebkosungen zu widerstehen, einfach ignorierte. Irgendwie hatte sich danach nie die Gelegenheit ergeben, die Romanze erneut aufleben zu lassen. Es gab ein paar verstohlene Küsse hier und da, wenn sie sich von ihrer Familie für einen kurzen Augenblick trennen konnte, doch das war es leider schon gewesen. Dennoch waren seine Gefühle für Jennifer damals schon so intensiv gewesen, dass ihm der Abschied von ihr schwer gefallen war. Er hatte sie bereits vermisst, noch bevor ihr Wagen um die Kurve gebogen war. Peter schreckte von seinem kurzen Ausflug in die Vergangenheit auf. Es wurde allerhöchste Zeit, er musste zum Revier. Schnell sprang er noch unter die Dusche und zog sich um, dann griff er nach seiner Jacke und lief los. ***** Der junge Shaolin erreichte pünktlich das Revier und begab sich in Kermits Büro, in dem bereits ein Mann und eine Frau sowie sein Freund auf ihn warteten. "Hallo, ich bin Peter Caine. Detective Griffin sagte mir, dass sie mich sprechen wollen?" Die Frau ging mit ausgestreckter Hand auf Peter zu. "Freut mich, sie kennen zu lernen. Ich bin Detective Munroe und das ist mein Kollege Detective Forrein." Peter schüttelte ihre Hand und nickte dem Mann leicht zu. Dieser wandte sich direkt an den Computerexperten im Raum. "Detective Griffin, würden sie uns wohl für einen Moment mit Mr. Caine alleine lassen?" Kermit hob die Hände und stand auf. "Okay, wenn sie es so wünschen." Er schob seine Brille etwas herunter und zwinkerte Peter zu. "Wenn du mich brauchst, ruf einfach. Ich bin ganz in der Nähe." Peter lächelte und nickte. "Hat Detective Griffin Ihnen schon mitgeteilt warum wir hier sind?" Fragend blickte ihn Detective Forrein an. "Nun, er erzählte mir, dass meine frühere Freundin Jordan ermordet worden sei." Die Worte kamen schwer über seine Lippen und er musste sich setzen, bevor er fortfahren konnte. "Wissen sie schon mehr?" "Nein, darum sind wir hier. Vielleicht können sie uns helfen." Irritiert blickte Peter von einem zum anderen. "Ich? Aber ich habe sie ewig nicht mehr gesehen." "Sie hatten keinerlei Kontakt zu ihr? Noch nicht einmal, um ihr Baby zu sehen?", staunte Detecive Munroe. Stille. Peter versuchte etwas zu sagen, aber es ging nicht. "Mr. Caine, geht es ihnen nicht gut?" "Baby?", krächzte Peter heiser, "mein Baby?", wiederholte er, bemüht wieder Herr seiner Stimme zu werden. Detective Munroe sah ihn überrascht an. "Sie wussten es nicht?" "Nein, woher auch. Sie hat jeden Kontakt unterbunden. Selbst Telefonanrufe nahm sie nicht an." Peter glaubte zu träumen. Jetzt wurde ihm einiges klar. Das war es, was Selentine gemeint hatte. Er hatte Jordan getötet. Unsagbare Wut stieg in ihm hoch. Er konnte seinen Zorn kaum noch bremsen. Sein Gedankengang wurde durch die Stimme des anderen Detectives unterbrochen. "Weshalb wir hier sind. Jordan wurde tot aufgefunden, aber nirgends gab es eine Spur von dem Baby. Nun ja, unser erster Gedanken galt ihnen, dass sie eventuell..." Peter sprang auf: "Was wollen Sie mir unterstellen? Dass ich etwas mit Jordans Tod zu tun habe? Ich wusste nichts von dem Baby, und selbst wenn, hätte ich sie doch nicht getötet!" Fassungslos starrte er die beiden Detectives an. Er konnte nicht glauben was man ihm unterstellte. Der Shaolin bemerkte sehr wohl die prüfenden Blicke. Doch er war überzeugt, er bot ihnen keinen Anhaltspunkt für Misstrauen, denn seine Verzweiflung war echt und er wusste, dass seine Augen den Schmerz zeigten, den er fühlte. "Nun, nein eigentlich haben wir das nicht
gedacht, aber wir müssen alle Möglichkeiten in Erwägung
ziehen. Polizeiarbeit, sie wissen doch, wie das geht", Peter fuhr sich aufgeregt durch die Haare. Was sollte er jetzt sagen? Dass man Jordan getötet und sein Kind entführt hatte, um ihn zu erpressen die Shaolin zu vernichten? Sie würden ihn einweisen lassen. Nein, das konnte er ihnen nicht sagen. Er hob die Schultern und tat ratlos. "Tut mir leid, ich kann ihnen da nicht weiterhelfen. Aber was ist mit dem Baby? Wieso glauben sie, dass ich der Vater bin?" "Jordan und ich waren befreundet", erklärte Detective Munroe mit trauriger Stimme. "Sie sprach immer von ihnen und dass sie sich über das Baby gefreut hätten und sie wohl bald besuchen kämen. Es gab für mich keinen Grund zu glauben, dass sie lügt!" Blitzartig fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Das war es, was sie ihm an dem besagten Abend, an dem sie ihn wütend nach ihrem Streit verlassen hatte, sagen wollte. Sie war schwanger und er Idiot hatte nur seine Sorgen im Kopf gehabt. Er stöhnte auf. Was war er nur für ein Narr! Detective Munroe sah ihn durchdringend an. Peter erwiderte den Blick des weiblichen Detective. Ihm war, als wäre sie kurz davor seine Lüge aufzudecken und er lenkte sich, und auch sie, ab, indem er erneut mit der Hand durch seine Haare fuhr. Irgendwie fühlte er sich gar nicht mehr wohl in seiner Haut, aber es blieb ihm keine andere Wahl, als die Wahrheit zu verschweigen. "Sie liebte das Baby, und ich glaube, sie liebte auch sie noch immer", meinte Detective Munroe. Peters Magen zog sich leicht zusammen. Warum hatte Jordan nie etwas gesagt, er hatte es doch oft genug versucht? Er schüttelte den Kopf. "Es tut mir leid, aber ich wüsste nicht wie ich ihnen helfen kann", bedauerte der junge Priester. "Was unternehmen sie weiter, um das Kind zu finden?" "Nun, zunächst werden wir prüfen, ob es eine Frau gibt, die unerwartet Nachwuchs bekommen hat. Vielleicht ist Jordan einer Verrückten zum Opfer gefallen. Ansonsten werden wir ein Bild des Kindes an die Medien geben. Vielleicht haben wir Glück.", sagte sie. Detective Forrein mischte sich erklärend mit ein. "Wir haben einige Sachen mitgebracht, die wir in der Wohnung gefunden haben, darunter ist auch ein Foto ihres Babys." Gleich darauf überreichte er Peter das Foto. Mit großen Augen blickte Peter darauf. Seine Hände begannen zu zittern, als er langsam und mit angehaltenem Atem nach dem Foto griff. Ein süßes Baby lachte ihm entgegen. Es hatte dunkle Haare und braune Augen. Peters Herz schlug schneller. Er lächelte das Foto an und fuhr vorsichtig mit seinem Finger über die zarten Gesichtszüge des Säuglings. Das also war sein Kind. Er schloss die Augen und schluckte schwer. "Alles in Ordnung Mr. Caine?", erkundigte sich Detective Munroe besorgt. Peter deutete ein Nicken an. "Es geht schon, danke." Er schaute auf. "Darf ich das Bild behalten?", bat er leise. "Natürlich. Es gab mehrere Abzüge davon in der Wohnung", entgegnete Detective Munroe. "Es tut mir leid, dass ich ihnen nicht mehr helfen konnte", murmelte Peter in dem Wissen, dass er den Mord an Jordan alleine regeln musste. Ohne Polizei. Die beiden Detectives erhoben sich und gingen zur Türe. "Auf Wiedersehen und es tut mir leid, dass sie es auf diese Art und Weise mit ihrem Baby erfahren mussten. Ach ja, übrigens ihr Baby ist ein Junge und er heißt Joshua", lächelte Detective Munroe. Mit offenem Mund sah er hinter ihr her. Daran hatte er gar nicht gedacht zu fragen. Er schämte sich. "Joshua, ein schöner Name." Sein Blick fiel erneut auf das Foto und es wurde ihm ganz warm ums Herz. "Ich werde dich finden, mein Kleiner, das verspreche ich dir." *********************************************** "Kermit." Peter winkte seinen Freund, der geduldig draußen gewartet hatte, zurück ins Büro. "Hast du vielleicht mal einen Moment?", er sah sich um und schloss die Türe. "So geheimnisvoll?" Kermit grinste über das ganze Gesicht. "Freut mich, dass du zu mir kommst, wenn du Probleme hast. Ich vertrete gerne deinen Vater." "Deine Worte sind sehr gütig und voller
Wärme. Ich danke dir für deine Geduld." "Mann, jetzt hörtest du dich an wie dein Vater, du wirst mir langsam unheimlich." Er setzte seine Brille ab und schaute Peter fest an. "Was gibt's? Hast du was über Jordans Tod erfahren?" Peter nahm einen Stuhl und setzte sich Kermit gegenüber. "Sag schon, was wollten diese Detectives von dir?", wollte der Sonnenbrillenträger ungeduldig wissen. Peter klopfte nervös mit den Fingern auf den Schreibtisch. "Sie wollten ausschließen, dass ich etwas mit Jordans Tod zu tun haben könnte", flüsterte er leise. Kermit sprang empört auf. "Was ist los? Wie kommen die Beiden denn auf so einen absurden Gedanken?" Peter räusperte sich. "Weil", er machte eine Pause und holte tief Luft. "sie dachten ich wollte eventuell Jordan loswerden, um das Kind zu bekommen, genauer gesagt; mein Kind." Es war köstlich anzusehen, wie es Kermit fast die Sprache verschlug. "Sage das noch mal. Du hast ein Kind?" Peter nickte und sein Mund verzog sich leicht. "Nun, ich denke, dass es stimmt. Es ist ein Junge und sein Name ist Joshua." Er zeigte Kermit das Bild. "Und Jordan war die Mutter? Oh Mann oh Mann", stellte Kermit kopfschüttelnd fest. "Wo ist das Baby?" Peters Gesicht verdunkelte sich: "Selentine hat es. Er hat Jordan getötet." Kermit schaute zum zweiten Mal fassungslos drein. "Was zum Teufel hat das zu bedeuten?" Peter stand auf und ging unruhig auf und ab. Sein Blick traf sich mit Kermits. "Er will, dass ich ihn in die Vergangenheit bringe." "Wie bitte? Wohin?", rief dieser aufgebracht. "Was zum Kuckuck will er denn da?" "Ohne mich kann er nicht in die Vergangenheit gelangen. Er will, dass ich ihn dort hinbringe, damit er von dort aus die Shaolin vernichten kann." Peter ballte die Hände zu Fäusten. Er konnte förmlich spüren, wie seine Halsschlagader durch die ganze Anspannung in seinem Körper hervor trat. Kermit erhob sich ebenfalls. "Und wenn du dich weigerst?" "Dann", knurrte Peter wütend, "bringen Sie mich oder meinen Jungen um. Oder noch schlimmer: Sie ziehen ihn auf und machen ihn zu einer Mordmaschine. Das haben sie schon einmal mit meinem Onkel Damon versucht. Auch seine Mutter wurde von den Sing Wah getötet." Peters Gedanken kehrten zurück an jenen Tag, als sein Vater gezwungen worden war, gegen seinen Bruder zu kämpfen. Er hatte nur die Möglichkeit gehabt ihn zu töten oder den Kampf zu verlieren. In dem Fall hätte Damon die Macht bekommen, welche die Sing Wah jetzt wieder zu erlangen versuchten. Damon hatte sich allerdings zu guter Letzt zur guten Seite bekehren lassen. Jetzt versuchte Selentine es auf diese Weise erneut. Peter schlug mit der Faust gegen die Wand. "Ich muss herausfinden wo Selentine steckt. Vielleicht findest du was im Computer. Wenn ich seinen Unterschlupf kenne, komme ich ihm vielleicht zuvor", ereiferte er sich vor unterdrückter Wut bebend. Kermit ging auf ihn zu und legte seine Hände auf die Schultern des jungen Priesters. "Einen Moment lang klangst du wie der alte Peter." Dieser schaute ihn überrascht an. "Nun, warum sollten meine Fähigkeiten als Polizist plötzlich verschwinden? Ich bin nur Shaolin Priester geworden und hatte keinen Unfall." Er grinste kurz. Es tat gut wieder in gewohnten Wassern zu fischen. Dann wurde er gleich wieder ernst. "Sprich bitte mit niemanden darüber. Ich weiß nicht, wem ich trauen kann." "Kein Problem", entgegnete Kermit und setzte sich sogleich an seinen heißgeliebten Computer, um Nachforschungen anzustellen. Peter lächelte. *Kermit, du bist wirklich ein guter Freund.* **************************************** |
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