Lautes Vogelgezwitscher weckte Peter. Sein Kopf dröhnte und bei dem Versuch sich aufzurichten, stöhnte er vor Schmerz auf. Sein ganzer Körper tat scheußlich weh. Er blickte sich um und stellte fest, dass er in seinem eigenen Bett lag. Niemand sonst war anwesend. Er versuchte erneut sich aufzusetzen, was ihm auch unter großer Anstrengung gelang. "Du solltest besser liegen bleiben", erklang plötzlich Caines Stimme von der Tür her. "Paps, wo warst du? Wie lange bin ich schon hier?", fragte Peter noch leicht benommen. "Du hast zwei volle Tage geschlafen. Deine Wunden sind gut verheilt und ich denke, in wenigen Tagen wirst du dich schon wesentlich besser fühlen." Er setzte sich neben Peter auf das Bett und hielt ihm eine Tasse mit einer Flüssigkeit entgegen. "Hier, trink das. Es wird dir helfen, schneller wieder gesund zu werden." Vorsichtig schnupperte der junge Shaolin an der Tasse und zuckte angewidert zurück. "Urgh, was ist denn das für ein Höllenzeug?" Sein Vater verdrehte die Augen und seufzte leise. "Das habe ich dir die letzten beiden Tage auch immer eingeflösst und wie du siehst, hat es dir geholfen. Trink." Zögernd folgte Peter der Aufforderung und nahm einen kleinen Schluck. "Paps?" "Ja?" "Warum bist du zurückgekommen? Hast du Mutter gefunden?" Leise Hoffnung schwang in Peters Stimme, die jedoch sogleich verschwand als er den traurigen Blick in den Augen seines Vaters sah. "Tut mir leid, mein Sohn. Es war wohl nur der Wunsch, dass sie noch lebt, der mich blendete." Er zuckte bedauernd mit den Schultern. "Ich wollte noch zu Martin und deinem Großvater, aber dann spürte ich, dass ich hier dringender gebraucht werde." Caine stand auf und ging zur Tür. "Bist du kräftig genug, um Besuch zu empfangen?", lächelte er vielsagend. "Hier ist nämlich jemand, der dich gerne begrüßen würde." "Gerne, Paps." Gespannt blickte Peter zur Tür. Kermit, Lo Si und Jennifer, die Joshua liebevoll in ihren Armen hielt, traten ein. Die junge Frau ging auf den jungen Shaolin zu und legte ihm das Baby vorsichtig in seinen Schoß. Peter schluckte einmal trocken und strahlte gleich darauf vor Glück. Stolz flüsterte er: "Hallo Joshua. Erkennst du mich wieder? Ich bin es, dein Vater." Lächelnd blickte er in das süße Babygesicht. Joshua streckte seine kleinen Finger nach Peters Gesicht aus und packte seine Lippe. "Er hat einen festen Griff", lachte Peter und gab seinem Sohn einen Kuss auf die Stirn. Dann blickte er zu seinem Vater auf. "Paps, danke für alles. Ohne dich wäre ich jetzt tot." Caine setzte sich erneut zu Peter auf das Bett und winkte ab. "Der Dank gehört deinem Freund Kermit. Ich stehe tief in seiner Schuld. Ohne sein schnelles Handeln hätte ich dich verloren." Der Ex-Söldner räusperte sich verlegen und schob seine Brille zurecht. "Ich habe nur das getan, was jeder andere in solch einer Situation ebenfalls getan hätte." Peter blickte ihn nachdenklich an. Er wusste, wie sehr Kermit es hasste Gefühle zu zeigen, aber er hätte schwören können, dass der Ex-Söldner blass um die Nase geworden war. "Danke alter Freund", erwiderte der junge Mann und zwinkerte dem Ex-Söldner zu. Caine seufzte leise. "Es war mein Fehler, dich so früh alleine zu lassen. Ich hätte dich noch mehr lehren müssen. Vor allem Geduld." Peter sah ihn traurig an. "Weißt du, Paps, ich bin zwar ein Shaolin aber," er machte eine kleine Pause "ich bin es nur mit halbem Herzen. Ich kann mich einfach nicht auf die Dinge konzentrieren so wie du, wenn ich das Gefühl habe, um mich herum tobt ein Orkan." Caine blickte Peter ernst an. "Mein Sohn, dein Problem ist es immer gewesen, dein Temperament zu zügeln, und ich kann es sogar verstehen. Aber wenn du ein richtiger Shaolin sein willst, musst du es lernen. Es verlangt nun mal viele Opfer von dir." Peter seufzte leise. "Ich weiß, Paps, und deshalb überlege ich, ob es wirklich mein Weg ist, den ich da gehe." Caine runzelte die Stirn und zeigte auf das Baby. "Du trägst nun Verantwortung für ein Kind. Wie stellst du dir also deine Zukunft vor?" Peter holte tief Luft und reichte Jennifer das Baby. "Paps, ich möchte ein Shaolin sein, aber es reicht mir nicht aus. Ich bin nicht so wie du, ich kann mich einfach nicht so zusammenreißen und ich will es ehrlich gesagt auch nicht. Und ich kann nicht so leben wie du. Ich brauche meine Freunde, ein Zuhause, in dem ich mich wohl fühle und einen Beruf, der mich ausfüllt." Er wagte es kaum seinem Vater in die Augen zu sehen,
während er fort fuhr. "Du kannst nicht Shaolin sein und gleichzeitig dein altes Leben weiter führen", tadelte ihn Caine. Peter hob aufgebracht die Arme, was er sogleich wieder bereute, als er den stechenden Schmerz in seinen Schulter spürte. "Verdammt", fluchte er leise und schnappte deutlich nach Luft. "Aber warum kann ich beides nicht miteinander verbinden, ohne dass ich etwas von meinem Gelübde einbüssen muss?", fuhr er stöhnend, seinen Schmerz unterdrückend, fort. Zu wichtig war ihm die Aussprach mit seinem Vater. Caine hob fragend die Augenbraue. "Was ist, wenn ich weiterhin für die Polizei arbeite, und nur meine Waffe ziehe, wenn es sein muss. So könnte ich etwas tun, was mir viel bedeutet, ohne mein Gelübde zu brechen." Verzweifelt blickte Peter seinen Vater an. "Du hast doch auch immer mal wieder für jemanden gearbeitet. Und du bist auch manchmal gezwungen Gewalt anzuwenden, wenn es nicht mehr anders geht. Wie damals, als du gegen Tan kämpfen musstest, oder jetzt gegen Selentine. Wo ist da der Unterschied?" "Wir würden dich mit Kusshand nehmen",
warf Kermit ein und erntete einen Der Ex-Söldner räusperte sich und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen. "Ja, ich glaube, ich sollte besser meinen Mund halten." Lo Si betrachtete die Szene und kam langsam näher. "Kwai Chang Caine", sprach er mit fester Stimme. "Peter ist nicht so wie wir, das wusstest du vorher. Er hat einen Beruf gehabt, den er liebte und der ihn ausfüllte. Was ist daran so schlimm, wenn er auf diese Art und Weise den Menschen dient? Er ist kein Apotheker so wie wir, und, Peter verzeih mir, er wird es auch nie werden. Sein Leben braucht einen Sinn und nur er kann herausfinden welcher das ist. Außerdem ist es einem Shaolin durchaus gestattet, den Beruf eines Polizisten auszuführen, wenn ich dich daran erinnern darf, Kwai Chang Caine." Peter sah Lo Si sprachlos an und wandte sich fassungslos an seinen Vater. Dieser wich Peters erstaunten Blick aus und drehte sich zum Fenster. "Soll das heißen, du hast die ganze Zeit gewusst, dass es nicht nötig war, dass ich meinen Beruf aufgebe? Ha, ich fasse es nicht. Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht, Paps?" Aufgebracht hieb Peter mit der Faust auf die Bettdecke. "Du hast Recht. Ich habe es gewusst und dir nichts davon gesagt", gestand Caine leise. "Seit ich weiß, dass du Polizist bist war ich einerseits sehr stolz auf dich, doch andererseits verging kein Tag, an dem ich nicht Angst davor hatte, dich zu verlieren. Sei es durch eine Kugel, ein Messer oder was auch immer." Er drehte sich um und machte eine weitausholende Bewegung. "Vielleicht war es falsch von mir, aber ich tat es aus Liebe und Sorge eines Vaters. Wenn dein Sohn älter ist, wirst du mich vielleicht verstehen können." Peter hörte die ganze Zeit gebannt zu und holte tief Luft. "Paps, natürlich verstehe ich deine Angst. Aber ich bin jetzt ein Shaolin und sieh mich an. Geht es mir denn dadurch besser? Lebe ich deshalb ungefährlicher?" Der junge Shaolin ergriff die Hand seines Vaters und drückte sie. "Ich liebe dich Paps, das weißt du. Aber ich kann deinetwegen nicht auf das verzichten, was mir einfach alles bedeutet, und das ist die Arbeit als Polizist. Verstehst du das? Die letzten Monate waren wirklich kein Zuckerschlecken für mich. Es war sehr schwer zuzusehen, wenn Streifenwagen an mir vorbeirauschten, während ich Tees und Kräuter an die Gemeindemitglieder verteilte." Caine sah lange und tief in Peters Augen. "Ich weiß, wie viel dir dein Beruf bedeutet. Es tut mir leid, Peter, vielleicht habe ich wirklich nur an mich gedacht." "Paps, ich möchte nichts tun, was dich unglücklich macht. Also, wenn du es unbedingt wünschst, werde ich einfach nur ein Shaolin bleiben", erwiderte Peter leise. Caine erhob sich, nahm das Baby und betrachtete es liebevoll. "Wenn du mir versprichst, deine Waffe nur im Notfall einzusetzen..." Drohend hob er seinen Zeigefinger und blickte Peter streng an. "Dann...", seufzte er, "bin ich einverstanden. Es kommt zwar nicht häufig vor, dass ein Shaolin gleichzeitig ein Polizist ist, aber es steht nirgendwo geschrieben, dass es nicht erlaubt sei, seinen Mitmenschen auf diese Art und Weise zu dienen. Also, warum nicht." Peter konnte es kaum glauben. Sein Herz raste vor Freude. "Aber", wandte Caine streng ein. "Du wirst mir erlauben, deinen Sohn auszubilden, so wie es sich für einen Caine gehört." Peter blickte ihn hoffnungsvoll an, "Heißt
das, du bleibst hier?" Seine Stimme zitterte leicht vor banger Erwartung. "Ja mein Sohn, das soll es heißen." Peters Herz lief über vor Glück, und er blickte seinen Vater voller Liebe und Dankbarkeit an. Behutsam nahm er seinen Sohn und hielt dessen kleine Hand. "Und dir, kleiner Grashüpfer, verspreche ich, immer für dich da zu sein, solange ich lebe." Caine nahm Peter und das Baby in seine Arme und drückte sie voller Liebe. Zufrieden lächelnd betrachtete Lo Si das idyllische Bild, das sich ihm bot. "Drei Generationen Caine. Was kann man sich mehr wünschen?" Caine lachte und gab Peter eine sanfte Ohrfeige. Peter rieb sich die Wange und er fühlte sich so glücklich und geborgen wie schon lange nicht mehr. |
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