Autor: Dreamy Girl
 

Peter und Lo Si waren noch nicht lange unterwegs, als Peter plötzlich zu taumeln begann. Ein heftiger Stich in seinem Kopf ließ ihn zusammenzucken und langsam auf die Knie sinken. Ein Gefühl, als würde alles in seinem Innern explodieren, erlaubte es dem jungen Mann, nur noch schwer zu keuchen. Hilflos presste er seine Hände an die Schläfen und stöhnte laut auf. Bilder tauchten auf einmal wie Blitze vor seinen Augen auf.

Jemand bricht in seine Wohnung ein. Jennifer wehrt sich verzweifelt. Schreie hallen durch den Raum. Das Schwert von Kwai Chang...Vermummte Männer greifen nach Jennifer...Jennifer...nein nicht sie, nicht sie...bitte nicht.

"Peter, was fehlt dir?", rief Lo Si und kniete sich mit einem besorgten Gesichtsausdruck neben den jungen Priester.

Der junge Mann konnte jedoch nicht gleich antworten. Die Bilder wechselten in atemberaubendem Tempo und sie verursachten Schmerzen in seinem Kopf, so schlimm wie er sie seit seiner Kopfverletzung nicht mehr erlebt hatte.

"Bilder...", stöhnte Peter gequält auf. "Viele Männer..."

"Du musst ruhig durchatmen, Peter. Es ist nur eine Vision", versuchte Lo Si ihn zu beruhigen.

Der junge Shaolin schloss die Augen und lehnte sich erschöpft gegen die Wand. Lo Si nahm Peters Hände in die Seinen und drückte sie fest. So plötzlich wie die Schmerzen und die Vision auftauchten, so schnell verschwanden sie auch wieder.

Peters Stimme klang brüchig, als er Lo Si ansah und murmelte: "Ich sah Jennifer, sie hatte Angst. Männer waren um sie herum. Sie braucht Hilfe!"

Mit noch leicht wackeligen Beinen erhob er sich und holte tief Luft. "Wir müssen zu mir. Vielleicht kommen wir noch rechzeitig", rief er aufgeregt.

Ein heftiger Adrenalinstoß gab ihm seine, für einen Moment verlorene, Kraft wieder und er rannte los. Panik erfüllte ihn und der Gedanke daran, dass mit Jennifer etwas Schlimmes geschehen war, ließ seinen Magen wahre Purzelbäume schlagen. Schon lange hatte er nicht mehr solch eine Angst verspürt.

Er musste nicht auf Lo Sis Antwort warten, um zu wissen, dass der Ehrwürdige, ungeachtet seines hohen Alters, ihm dicht auf den Fersen sein würde.

An seiner Wohnung angekommen, vergaß er alle Vorsichtsmassnahmen und betrat aufgeregt das Gebäude.

"Peter, warte! Nicht so stürmisch.", hörte er Lo Si hinter sich rufen.

Aber der junge Priester konnte nicht warten. Er verzichtete auf den lahmen Fahrstuhl, sprintete die Treppen zu seiner Wohnung hoch und riss die Tür auf. Hastig blickte er sich um, aber er konnte niemand entdecken.

"Jennifer, bist du da? Jennifer!", rief er verzweifelt.

Lo Si betrat die Wohnung und blickte Peter bedauernd an. "Du hast es versucht Peter."

Peter fasste sich mit der Hand an seine Stirn und lief auf und ab. "Was ist hier passiert? Wer waren diese Männer? Was wollten Sie von Jennifer?"

Grauenvolle Angst um die junge Frau verursachte ihm eine plötzliche Übelkeit.

"Peter!" erklang plötzlich Lo Sis aufgeregte Stimme.

Peters Blick folgte Lo Sis ausgestrecktem Arm und für einen kurzen Moment stockte sein Atem. Auf der Wand prangte ein Zettel, aufgespießt vom Schwert des Kwai Chang, um dessen Schaft eine lange, schwarze Haarsträhne gewickelt war.

Zögernd ging Peter näher und zog mit beiden Händen das Schwert aus der Wand.
Der Zettel löste sich und glitt leicht wie eine Feder zu Boden. Peter fürchtete sich, ihn aufzuheben, fürchtete sich vor dem, was auf dem Zettel stand. Er wusste, dass es nur die Sing Wah gewesen sein konnten. Wer sonst hätte auf diese Art und Weise eine Nachricht hinterlassen?

Jordan hatten sie schon getötet. Was, wenn auch Jennifer ihnen zum Opfer fiel? Eiskalte Schauer liefen ihm den Rücken herab. Ein Gefühl von Panik legte sich wie eine Kette um seine Brust. Er hatte starke Gefühle für Jennifer. Nein, er durfte sie nicht auch noch verlieren, das würde er nicht verkraften.

Ängstlich starrte er auf den am Boden liegenden Zettel. Lo Si beugte sich hinab, hob ihn auf und reichte ihn Peter.

"Hab keine Angst, lies ihn."

Tief Luft holend nahm Peter mit zitternden Fingern den Zettel an sich. Nur zwei Sätze standen dort geschrieben.

Erwarte mich morgen Abend um Punkt Sieben.
Das Leben deines Kindes und deiner Freundin hängt davon ab.

Peter ließ seine Hand sinken. Ein Gefühl der Erleichterung erfüllte ihn, wenn auch immer noch die Sorge und Angst in seinem Herzen tobte. <Gott sei dank. Sie lebt noch!>

"Morgen Abend will er kommen, damit wir gemeinsam in die Vergangenheit reisen."

Er reichte Lo Si den Zettel, welcher diesen aufmerksam studierte und ballte seine Hände zu Fäusten.

"Darauf kann er lange warten, bis dahin haben wir schon Beide befreit.", stieß er mit all der Zuversicht aus, die er aufbringen konnte.

Er blickte zu Lo Si, der ihn nachdenklich betrachtete.

"Keine Bange, Lo Si. Ich bleibe ganz ruhig. Komm lass uns gehen."

Lo Si seufzte leise und folgte Peter.

Der junge Priester empfand grenzenlosen Hass auf Selentine. Er stöhnte innerlich auf. <Das ist wiederum eine Eigenschaft, die ich als Shaolin unbedingt ablegen muss.>

Im Moment war das jedoch dem jungen, aufgebrachten Mann so ziemlich egal. Wild entschlossen machte er sich auf den Weg, um dem Ganzen ein für allemal ein Ende zu bereiten. Das Maß war voll und er würde alles nötige tun, um Joshua und Jennifer zu befreien.

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Kermit saß unruhig auf dem Revier. Sein Blick verharrte unkonzentriert auf den Computerbildschirm, ohne überhaupt etwas wahrzunehmen.

"Ich hätte Peter nicht alleine lassen dürfen", schimpfte er mit sich selbst. Er sprang vom Stuhl hoch und ging nervös auf und ab. "Warum lasse ich mich immer von ihm überreden? Verdammt!"

"Weil Peter diese besondere Gabe hat, Menschen das Gefühl zu geben, dass seine Entscheidung immer die Richtige ist", erklang eine tiefe Stimme hinter Kermit.

Der Ex-Söldner wirbelte herum und ein breites, erleichtertes Grinsen erschien auf seinem Gesicht.

"Caine, Gott sei dank. Sie schickt der Himmel. Wo zum Henker waren sie solange? Peter hat Schwierigkeiten, wir müssen zu ihm! Lo Si ist zwar bei ihm, aber die Sing Wah sind ja anscheinend sehr mächtig...ach wem erzähle ich das."

<Verdammt, ich rede wie ein Irrer. Seit wann benehme ich mich wie Peter?>, wies er sich selbst zurecht und stoppte seinen Redeschwall.

Caine hob beschwichtigend die Hand. Die untypische, aufgewühlte Art des Cops machte dem Shaolin mehr als deutlich, wie ernst die Lage sein musste.

"Kermit, bitte eins nach dem anderen. Was ist passiert?"

Der Ex-Söldner sah Caine mit einem leicht verlegenen Blick an und holte tief Luft.

"Natürlich. Entschuldigung, so benehme ich mich normalerweise nicht."

In kurzen Worten schilderte er das Geschehen. Caines Gesicht verdunkelte sich immer mehr und er blickte Kermit fragend an.

"Wo genau ist Peter jetzt?"

"Er ist auf dem Weg zu einer alten Fabrik am Stadtrand. Der Ehrwürdige glaubt zu wissen, dass Selentine dort seinen Unterschlupf hat."

Plötzlich ging Kermit ein Licht auf. "Stopp, er hat doch mein Telefon. Ich rufe ihn gleich an, um zu sagen, dass sie hier sind." Sofort schnappte er sich den Hörer und wählte.

Caine blickte ihn mit hochgezogener Augenbraue verwundert an, was Kermit ein leichtes Grinsen entlockte.

"Nun, ich bat Peter mein Mobiltelefon mitzunehmen, das kann manchmal ganz praktisch sein."

Der ältere Mann zuckte die Achseln und wartete geduldig. Nervös trommelte Kermit mit seinen Fingern auf der Schreibtischplatte.

"Geh ran Junge, geh ran." Gereizt warf er nach mehrmaligem Klingeln den Hörer auf.

"Stimmt etwas nicht?", fragte Caine leise.

"Wie es scheint sind sie in einem Bereich, in dem er keinen Empfang hat. So ein Mist", fluchte Kermit und stieß mit einer wütenden Bewegung die vor ihm liegende Akte vom Tisch.

Caine bückte sich und hob sie auf. "Kermit, ich weiß, dass sie sich Sorgen machen. Aber Peter ist nicht alleine."

Er legte tröstend seine Hände auf Kermits Schulter und sein Blick drang durch dessen grüne Brille, als sei sie gar nicht vorhanden. Der Shambhala Meister wusste, wie viel Peter dem Ex-Söldner bedeutete und das machte ihn sehr glücklich. Es war ein beruhigendes Gefühl, seinen Sohn in guten Händen zu wissen, wenn er unterwegs war.

Kermit atmete tief durch. "Ich weiß, Lo Si ist bei ihm, aber dennoch ist es gefährlich."

Caine nickte zustimmend und wandte sein Gesicht für einen Moment ab. Tränen stiegen in seine Augen bei dem Gedanken, Peter könne etwas zustoßen und er wäre zu spät gekommen, um das zu verhindern.

Der Priester machte sich wirklich große Sorgen um Peter, da er keine Verbindung zu ihm aufbauen konnte. Seit Peter in den Rang eines Shaolinpriesters aufgestiegen war, schaffte dieser es, ihn mehr und mehr zu blocken, so dass er nicht immer wusste, was in seinem Sohn vorging. Nicht, dass er es absichtlich tat, nein das glaubte Caine noch nicht einmal. Es passierte wohl eher im Unterbewusstsein, so dass sich Peter dessen gar nicht wirklich bewusst war.

Nur kurz hatte er fühlen können, dass Peter mit riesigen Sorgen zu kämpfen hatte. Leider war die Verbindung gleich wieder abgebrochen, doch war sie lange genug, um ihn zu veranlassen, nach Hause zu kommen. Sein Sohn brauchte ihn jetzt, und zwar mehr denn je.

Er machte sich Vorwürfe, gleich kurz nach Annahme des Brandes, der Peter zum Shaolin machte, ihn allein gelassen zu haben, um nach seiner Frau Laura zu suchen. Wenn ihm jetzt etwas zustoßen sollte, würde er sich das nie verzeihen. Er seufzte tief und blickte Kermit an, auf dessen Hilfe er jetzt angewiesen war.

"Beschreiben sie mir den Ort, wo die Fabrik steht", bat Caine leise.

"Oh nein, diesmal lass ich nicht mit mir handeln. Ich komme mit und Basta!", grollte Kermit mit fester Stimme, die keine Widerrede zuließ.

Caine nickte zustimmend und verbeugte sich leicht vor ihm. Kermit griff nach seiner Waffe, nahm seine Jacke und eilte hinaus.

Caine setzte sich nicht sofort in Bewegung. Er atmete tief durch und schloss die Augen. Noch einmal versuchte er eine Verbindung zu Peter aufzubauen. Er nahm alle Kraft, die er hatte zusammen, und konzentrierte sich auf sein Chi und das seines Sohnes. Er musste es schaffen, zu Peter durchzudringen, damit er wusste, dass er in der Nähe war.

Leider konnte der Priester nicht sagen, ob er damit Erfolg hatte oder nicht. Auf gut Glück schickte er ein: 'Peter, pass auf dich auf, mein Sohn.', durch die hoffentlich entstandene Verbindung und folgte erst dann Kermit nach.

 

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