Kapitel 7 Es hatte sich herausgestellt, dass Rebecca Hudson die Machenschaften ihres Mannes unterstützte und deckte. Es wurde Strafantrag gegen sie gestellt und das Jugendamt hatte ihr Sally weggenommen und in eine liebevolle Pflegefamilie gebracht, davon hatte sich Kermit selbst überzeugt, als er nach Dienstschluss einmal hingefahren war. Die Festnahme des Dealers war jetzt zwei Wochen her und der alltägliche Trott war wieder eingekehrt. Als Kermit aber an diesem Morgen ins Revier kam, spürte er, dass etwas nicht stimmte. Karen stand in ihrer Bürotür, sie hatte ihren Dienst zwei Stunden vor ihm angetreten, und sie schien auf ihn zu warten. Ihre Augen folgten ihm, bis er kurz vor seinem Büro war. Dann setzte sie sich in Bewegung und folgte ihm in sein Reich, ehe er die Tür hinter sich schließen konnte. Bevor er fragen konnte, worum es ging, reichte sie ihm wortlos einen Umschlag. "Was ist das?", fragte Kermit skeptisch. "Die Vorladung zur Verhandlung gegen Spencer." "So schnell?", fragte er erstaunt und musterte den noch immer verschlossenen Umschlag. "Der Staatsanwalt hat einen Eilantrag gestellt; und ihn bewilligt bekommen", erklärte sie. "Warum?", hakte er verblüfft nach. "Weil in sechs Wochen der Generalstaatsanwalt neu gewählt wird", sagte sie und kräuselte ihre Lippen unzufrieden. Kermit nickte abfällig. "Natürlich. Und da ist es nur gut, wenn er vorher noch mal einen so dicken Fisch vor den Richter bringt. Zumal der Fall glasklar ist und eine Verurteilung sicher", knurrte er. Politik war noch nie seine Stärke. Der frühere Söldner machte die Tür einen Spalt weit auf und beobachtete Skalany, die auch gerade an ihren Schreibtisch trat und den Umschlag fand. Sekunden später, nachdem sie den Brief aufgefaltet und gelesen hatte, schaute sie zu Kermits Büro, wo er ihr zunickte und dann die Tür wieder schloss. "Juhu", knurrte er ironisch. Sie sprachen noch eine Weile über die Ladung zur morgigen Verhandlung, dann schenkte Karen ihm ein kleines Lächeln und ging wieder in ihr Büro, wo sie die Tür hinter sich verschloss. Kermit rieb sich die Augen. Er konnte nicht sagen, woran es lag, dass er es nicht gut fand, dass der Fall Spencer für die Publicity des Staatsanwalts benutzt wurde. Obwohl es eigentlich nur positiv war, dass der Mistkerl umso früher für den Rest seines Lebens weggesperrt wurde, gefiel es ihm nicht. Er wollte grade losgehen, um sich einen Wachmacher zu holen, als sein Telefon klingelte. Mürrisch ließ er sich wieder auf seinen Stuhl fallen und murmelte ein paar zarte Flüche. "Griffin", bellte er ins Telefon und hoffte, dass es auch ja wichtig war, wenn man ihn schon von seiner ersten Tasse Kaffee abhielt. Seit vorgestern seine Kaffeemaschine zu Hause kaputt gegangen war, war er bei Dienstantritt unausstehlich. *Heute Nachmittag kaufe ich endlich eine Neue!*, ermahnte er sich selbst, während sein Gesprächspartner sich meldete. "Hey, stör ich?", begann der Shaolin-Priester das Telefonat. Kermit verzog das Gesicht, so perfekt Peters Timing meistens war, manchmal ging es auch voll daneben. "Nein, nicht wirklich. Wenn du zwei Sekunden dran bleibst, damit ich mir nen Kaffee holen kann?", sagte er direkt müde, wartete auf die Antwort und legte dann den Hörer auf den Schreibtisch, um sich endlich eine große Tasse von dem schwarzen Gebräu zu holen. "Da bin ich wieder", meldete er sich zurück. "Das waren aber elf Sekunden", spottete Peter und erntete dafür ein mürrisches Knurren. "Ist ja schon gut. Ich wollte nur hören, ob es heute bei dem Abendessen bleibt, oder ob ihr wieder wegen einem Einsatz absagen müsst?", kam der Shaolin auf den Grund seines Anrufes zurück. "Bisher schon, aber du weißt ja wie das ist; es kann immer noch was kommen. Aber ich denke, dass wir das diesmal hinbekommen. Ansonsten würde uns deine Gattin vermutlich auch umbringen, wenn sie den ganzen Planungs-, Einkaufs- und Kochaufwand schon wieder umsonst machen würde." Peter lachte am anderen Ende der Leitung laut auf, Kermit hatte es verdammt gut getroffen. So viel Verständnis Cat für die letzte Absage gehabt hatte, sie war auch stinkig, dass ihre ganze Arbeit umsonst gewesen war. Der Ex-Söldner erzählte den Shaolin anschließend von der Vorladung, die er erhalten hatte. Kurz las er die Anklage vor und den Termin; Peter war ebenso erstaunt über das Datum, wie Kermit zuvor, aber die Erklärung ging auch ihm sofort auf. "Und warum ist Karen geladen?" "Warum fragst du sie das heute Abend nicht selbst?", konterte Kermit, der nicht gern hinter Karens Rücken über sie sprach. "Weil ich das Abendessen gern mit NETTEN Gesprächen verbringen wollte." "Touché. Sie ist wegen der Sache vor einem Jahren vorgeladen, dem Blutbad, das du verhindert hast", erklärte er kurz, was Karen ihm zuvor berichtet hatte. "Leider nicht ganz", murmelte Peter leise und mehr zu sich selbst. Die Tatsache, dass Skalany damals so heftig verletzt worden war, hatte ihn schwer belastet. Kermit hatte seine Bemerkung gehört, auch wenn sie nicht für ihn bestimmt gewesen war. "Hey! Du machst dir doch keine Vorwürfe deshalb, oder?", fragte er entrüstet. "Naja, wenn ich…" "Peter! Du warst etliche Meilen entfernt, du hattest ganz andere Sorgen, und du hast uns vor dem Verräter gewarnt, ehe er jemanden umbringen konnte! Also hör auf, dir völlig sinnlose Vorwürfe zu machen, sonst komm ich rüber und trete dir in den Hintern!", polterte Kermit todernst durchs Telefon. "Ok, ok, ist angekommen", sagte Peter resignierend. "Wir sehen uns heute Abend. Ich muss jetzt langsam mal anfangen, was zu arbeiten, sonst macht mein Captain mir noch die Hölle heiß", scherzte Kermit. "Dir wahrscheinlich mehr, als jedem anderen", ergänzte Peter und bekam zur Antwort nur ein bejahendes Grummeln. Die beiden Männer verabschiedeten sich von einander und Kermit legte den Hörer auf. Wo war er doch gleich stehen geblieben? Kaffee! Er griff nach der Tasse und nahm einen Schluck, hätte ihn aber am Liebsten sofort wieder ausgespuckt; das Getränk war mittlerweile lau-kalt. Einen zischenden Fluch ausstoßend, stand er wiederum auf und ging zur Kaffeemaschine, um etwas heißen Kaffee nachzuschütten. Dann schlenderte er wieder zu seinem Schreibtisch, ließ sich daran nieder und kam endlich dazu, seinen PC hochzufahren und sich im Polizeisystem einzuloggen. Fast seinen kompletten Dienst verbrachte Kermit damit, in Zusammenarbeit mit Skalany und Jody, die seit zwei Tagen wieder schmerzfrei laufen und arbeiten konnte, die Beweise gegen Spencer zu sammeln und ordnungsgemäß zu dokumentieren, was genau passiert war. Das letzte, was die Cops wollten, war dass der Kerl aufgrund von Verfahrensfehlern wieder frei kam. "Ich denke, ihr seid jetzt gut gerüstet", sagte Jody schließlich zu ihren zwei Kollegen, als sie am späten Nachmittag endlich fertig waren. "Wurde ja auch Zeit", sagte Skalany und ließ sich erschöpft auf ihren Stuhl fallen. Diese ganze Verwaltungsarbeit und der Schreibkram strengten sie mehr an, als eine wilde Verfolgungsjagd zu Fuß. "Tut mir Leid, dass du dir das morgen antun musst", entschuldigte sich die blonde Polizistin noch. Mary-Margaret winkte ab. "Ach, was soll's denn. Gerichtstermine gehen mir zwar schon auf die Nerven, aber es geht nun mal nicht anders. Besser so, als wenn du mit deinem verletzten Fuß da rein gehumpelt wärst", gab sie zurück. Jody lächelte. "Ladies", unterbrach jetzt Kermit, der sich die meiste Zeit des Tages aus den Gesprächen rausgehalten hatte, "wenn ihr mich entschuldigt. Ich mach jetzt Schluss für heute!" Anschließend stand er von seinem Bürostuhl auf und ging zu Karen, um sie zu ihrer Verabredung mit den Caines heute Abend abzuholen. Sie war bereits fertig und hatte schon auf ihn gewartet, nun hakte sie sich in seinem angebotenen Arm ein und verließ mit ihm das Revier, um in die Corvair zu steigen und zum Loft zu fahren. Dort angekommen steigen sie die Treppe hinauf und wurden bereits von Peter an der Tür erwartet, während Cat das Essen servierte. Mit fröhlichen Unterhaltungen, unter anderem über die morgige Verhandlung, obwohl sie das eigentlich nicht vorhatten, verspeisten sie das 3-Gänge-Menü, das Peters Frau gezaubert hatte, um anschließend mit einer guten Flasche Wein den Abend ausklingen zu lassen. Gegen Mitternacht aber löste sich die Truppe auf und Kermit und Karen machten sich auf den Weg nach Hause, weil sie am nächsten Morgen den Gerichtstermin gegen Spencer hatten. * Karen und Kermit trafen Skalany vor dem Gerichtsgebäude. "Guten Morgen", sagte Mary-Margaret hellwach, sie war schon seit vier Stunden im Dienst und hatte bereits einen Einsatz gehabt; ganz anders als der Captain und ihr Lebensgefährte, die ihre Begrüßung eher murmelten. *Ein Glas Wein zu viel, gestern*, schoss es Kermit durch den Kopf und er musste dabei innerlich schmunzeln. "Wie lief die Observierung heute früh?", fragte Karen sofort. Ein erfolgreiches Grinsen zog sich über ihr Gesicht. "Sehr gut, der Hehler ist tatsächlich aufgetaucht. Jody verhört ihn grade. Ich denke, dass er ziemlich schnell reden wird", gab sie kurz ihren Bericht zu ihrem aktuellen Fall ab. Der Captain nickte zufrieden. Dann machten sie sich auf den Weg zum Portal des Gerichtsgebäudes. Galant hielt der frühere Söldner den Damen die große Schwingtür auf und ging mit ihnen die Treppe hinauf, wendete sich auf dem Plateau nach rechts und ging dann den Gang bis zum entsprechenden Saal entlang. Die drei betraten den Saal und gingen zwischen den Sitzreihen bis ganz nach vorne, wo sie sich hinter den Schreibtisch des Staatsanwalts setzten. Dort würden sie warten und die Verhandlung verfolgen müssen, bis sie als Zeugen der Anklage in den Zeugenstand gerufen und sowohl zu dem Vorfall vor zwei Jahren als auch zur Festnahme von Spencer befragt werden würden. Allerdings wussten sie, dass zunächst die Verteidigung ihre Zeugen aufrufen durfte, deshalb machten sie sich auf einen langen Tag und viele Stunden gefasst, bis der Verhandlungstag, zumindest für sie, beendet war. Kurz nach ihnen traten die Anwälte ein und setzten sich an ihre Tische. Dann wurde Spencer hereingeführt, mit Handschellen gefesselt eskortierte ein Gerichtsdiener ihn bis zu seinem Platz. Er trug einen grauen Nadelstreifenanzug und ein widerliches Grinsen im Gesicht. Kermit konnte nicht sagen, woran es lag, aber die Art, wie sich der Mistkerl freute, machte ihm Sorgen. Einem Instinkt folgend drehte er sich herum und betrachtete sich die Zuschauer, die auf den Bänken saßen und auf den Beginn der Verhandlung warteten. einige von ihnen kannte der Cop, es waren Eltern von Teenagern, die durch Blue Moon zu Schaden gekommen oder sogar gestorben waren. Aufmerksam ließ er seine Augen schweifen, konnte aber nichts Auffälliges entdecken. Also drehte er sich wieder zurück und warf einen gelangweilten Blick auf seine Armbanduhr, als sich die Seitentür öffnete und der Richter mit seiner schwarzen Robe in den Saal trat. Respektvoll erhoben sich alle Anwesenden, Spencer quälte sich sichtlich arrogant aus seinem Stuhl und stand lässig neben seinem Anwalt, bis der Richter sie aufforderte, wieder Platz zu nehmen. Er eröffnete die Verhandlung und wies den Staatsanwalt an, die Anklage vorzutragen. Es dauerte schon fast eine halbe Stunde, bis alle Punkte aufgeführt waren und er sich wieder setzte. Kermit lehnte sich zu Karen rüber. "Und die Plädoyers kommen erst noch", flüsterte er, schon jetzt tierisch genervt und gelangweilt. Karen schenkte ihm ein leichtes Lächeln, sagte aber nichts dazu, auch Skalany grinste auf der anderen Seite von dem Cop, sie hatte seine Beschwerde gehört. Der Verteidigter trug vor, dass Spencer sich 'nicht schuldig' bekannte und durfte dann mit seiner Eröffnungsrede beginnen, die wiederum über eine Stunde dauerte. Der Staatsanwalt fasste sich, sehr zu Kermits Freude, wesentlich kürzer. Dann rief Spencers Anwalt seinen ersten Zeugen auf, der eigentlich nicht viel zu erzählen hatte, außer dass sein Freund Dean ja ein netter, rechtschaffener Bürger sei. Der nächste hatte auch nichts anderen zu berichten; und allmählich wurde Kermit wirklich schlecht gelaunt. Dazu kam, dass ihm das irgendwie merkwürdig vorkam. Der Anwalt des Dealers stellte sich nicht grade gut an, die Zeugen wurden vom Staatsanwalt auseinandergenommen, und dennoch saß er noch immer auf seinem Platz und grinste. Von seinem Instinkt getrieben drehte er sich ein weiteres Mal um und betrachtete die Zuschauer, konnte aber nichts feststellen. "Irgendwas ist hier faul", murmelte er so leise, dass die zwei Frauen neben ihm es nicht hörten. Gerne hätte er seine Theorie mit ihnen erörtert, aber das war während der laufenden Verhandlung nicht möglich; erst wenn der Richter die Mittagspause anordnete, hatte er Gelegenheit dazu. Er konnte nicht ahnen, dass es nicht so weit kommen sollte.
Cat tapste müde ins Wohnzimmer, sie strich sich durch ihre wuscheligen Haare und gähnte herzhaft in Peters Richtung, der grade das Telefon wieder in die Station stellte. "Hey Liebling. Na, schon wach?", begrüßte er sie mit einem Blick auf die Uhr, die bereits nach zehn anzeigte. "War spät gestern", schmunzelte sie, "Wer war das denn am Telefon?" "Jeremy, er hat die Stunde heute Nachmittag abgesagt", teilte der Shaolin ihr mit, sie sah ihn fragend an. "Ist was passiert?" "Nein. Es läuft alles prima bei ihm, auch mit dem Job bei Mr. Ching. Er hat heute einen Termin beim Vormundschaftsgericht wegen seiner Schwester, das ist aber wohl nur Formalie, wie er sagte. Die prüfen alle zwei Jahre, ob das Sorgerecht bei ihm bleiben kann", erklärte er, was zunächst Jeremy ihm erzählt hatte. Cat nickte verstehend und kam dann auf ihn zu. "Und was hast du heute Vormittag noch?", fragte sie und kraulte verführerisch seine Hüften. Wie ein Kätzchen begann Peter zu schnurren und kam noch näher. "Bisher noch nichts", hauchte er und kam ihr mit seinem Gesicht ganz nah, "hast du vielleicht eine Idee?" Kurz bevor sich ihre Lippen treffen konnten, zog Cat ihm mit einer geübten Bewegung das Standbein weg und warf ihn auf den Rücken. Über ihm lehnend grinste sie jetzt breit. "Ich dachte, wir könnten mal wieder ein bisschen trainieren", sagte sie jetzt ganz unschuldig. Peter rappelte sich wieder auf die Beine. "Ich hatte da eigentlich an was anderes gedacht", beschwerte er sich leise und folgte seiner Frau in den Trainingsraum. "Keine Angst, Honey, du kriegst deine Belohnung noch", kokettierte sie mit ihm und machte sich auf der Matte bereit. Inzwischen hatte sie richtig Spaß am Training gefunden, manchmal lief sie sogar allein ein paar Formen. Und besonders liebte sie das leichte Sixpack, das ihren flachen Bauch mittlerweile zierte. "Na komm, oder traust du dich nicht?", reizte sie ihn grinsend. Peter bleckte die Zähne und kam dann auf sie zu, die Arme völlig übertrieben nach ihr ausgestreckt. Cat wartete, bis er in Reichweite war, packte dann seinen Arm und wirbelte damit um ihn herum und zog ihn an seinem Rücken hoch. Peter grinste breit. Mühelos befreite er sich aus ihrem Griff und umfasste sie mit beiden Armen, sie völlig bewegungsunfähig machend. Cat stieß einen wilden Fluch aus, sie zappelte wild mit den Beinen und versuchte sich zu befreien, hatte aber keine Chance gegen den Shaolin. "Gibst du auf?", fragte Peter jetzt überlegen. Cat zischte ein wütendes 'Ja', weil sie wusste, dass sie ansonsten gar nicht frei kommen würde. Peter ließ sie sofort los, rechnete aber nicht damit dass sie ihn sofort wieder angriff. Er ließ sie immer eine Weile kommen und ihre Griffe ausführen, befreite sich daraus und nagelte sie dann wieder fest. Sie trieben das Training eine ganze Zeit, bis der Shaolin sie zum unzähligsten Male im sprichwörtlichen Schwitzkasten hatte. "OK, ich ergebe mich", keuchte sie außer Atem, eine halbe Stunde kraftvolles Kämpfen mit Peter war höllisch anstrengend. Er ließ sie los, diesmal blieb sie ruhig auf der Matte liegen und ging ihm nicht sofort wieder an die Gurgel. Sanft lehnte er sich über sie und hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Stirn, sie lächelte ihn strahlend an. "Wie war das mit meiner Belohnung?", fragte er flüsternd und biss zart in ihre Unterlippe. Cat versuchte, zurückzuschnappen, war aber zu langsam. Ein weiteres Mal, das gleiche Spiel. Peter fuhr mit seinen Armen unter sie und hob sie ruckartig hoch, erschrocken quietschte seine Frau auf, wehrte sich aber nicht. Während Peter sie ins Schlafzimmer trug fing sie stattdessen an, seinem Hals zu küssen und ganz leicht ihre Zähne darin zu versenken. Wohlig brummend brachte der Shaolin sie ins Bett, ließ sie ab und küsste sie verlangend. Cat schlang sofort ihre Arme um ihn, streichelte seinen Rücken und schob ihre Hände unter sein Hemd. Es dauert nicht lange, bis sie beide ihre Kleider verloren hatten und sich liebend durch die Laken wälzten. * * * "Die Verteidigung ruft Alexander Woods auf", tönte der Verteidiger durch den Gerichtssaal. Während die Seitentür sich öffnete wechselten die drei Cops verwirrte Blicke, damit hatten sie nicht gerechnet. Der frühere Polizist trug einen schlichten Anzug und war zu Kermits Erstaunen nicht in Handschallen gelegt, sondern wurde nur von zwei Gerichtsdienern eskortiert. Kermit blickte um sich, Spencers Grinsen verbreiterte sich, Woods nickte ihm zu; und dann ging es plötzlich rasend schnell. Im Zuschauerraum erhoben sich drei Männer und zogen Waffen, Woods überrumpelte die zwei Beamten neben sich. Während die drei Cops und die weiteren Gerichtsdiener nach ihren Pistolen griffen, sprang Spencer auf und drehte sich zu den Unbekannten, die ihm und Woods Waffen zuwarfen. Ehe Kermit, Karen und Skalany etwas unternehmen konnten, hatte ihr ehemaliger Kollege die Waffe auf sie gerichtet und zwang sie zum erstarren. "Keine Bewegung!", brüllte er, um die Angstschreie der Anwesenden zu übertönen, "oder wir müssen wahllos in die Menge schießen!" Wütend funkelten die Cops zu ihm rüber, rührten sich aber nicht. Die drei Komplizen kamen jetzt langsam und ihre Pistolen schwenkend nach vorne und sammelten die Desert Eagle, den kleinen Revolver und Skalanys Schusswaffe ein, anschließend entwaffneten sie die Gerichtsbeamten und warfen Spencer den Schlüssel für die Handschellen zu, der sich rasch befreite. Die Anwälte und den Richter, ebenso wie die Gerichtsdiener, schickten sie in die erste Reihe des Besucherbereichs, hinter der Verteidigung, anschließend legten sie die eingesammelten Waffen auf dem Tisch des Staatsanwalts ab und positionierten sich gleichmäßig auf dem Verhandlungsparkett. Kermit fluchte innerlich. Er hatte keine Ahnung, wie sie hatten überrumpelt werden können, es war so schnell und gut organisiert vorgegangen worden. Dennoch ärgerte es ihn unbeschreiblich, dass sie Geiseln waren, ausgerechnet von zwei Männern, die sie wie kaum jemanden anderen hassten. Er überlegte fieberhaft, ob es einen Ausweg aus der Situation gab, aber für den Moment fiel ihm nichts ein. Aber es konnte nicht lange dauern, bis die Polizei und die Spezialeinheiten informiert wurden, und es war unwahrscheinlich, dass man Woods und Spencer einfach abziehen ließ. Der angeklagte Dealer stellte sich jetzt mittig vor die Geiseln und breitete die Arme aus. "Erheben sie sich bitte", sagte er in demselben Tonfall, wie am Morgen der Gerichtsdiener bei der Ankunft des Richters. Zaghaft standen die Menschen auf, unsicher, was sie erwartete. "Das sieht gut aus. Ja, das gefällt mir", trällerte er, "bleiben sie so. Bleiben sie einfach stehen. Und halten sie die Klappe. Dann kommen sie alle lebend wieder hier raus." Spencer drehte sich zu Woods und flüsterte ihm etwas zu, das Kermit aber nicht hören konnte, vermutlich ging es um die weitere Vorgehensweise und ihren Plan. Woods nickte und drehte sich wieder zu den Anwesenden. Nachdem sie die Situation nun vollständig unter Kontrolle und alle Anwesenden in ihre Gewalt gebracht hatten, grinste Woods plötzlich zu Kermit, der nur finster zurück starrte. "Ihr Handy!", befahl er. Der Ex-Söldner regte sich nicht. "DAS HANDY!", verdeutlichte er und richtete seine Waffe auf Karen. Allerdings schaltete sich Spencer jetzt ein. "Was soll das werden?", fragte er wütend, "das war nicht abgesprochen!" Woods blickte nur kurz zu ihm rüber, dann stierte er wieder Kermit an, während er antwortete. "Ich will diesen Caine herrufen, damit ich ihm persönlich ins Gesicht sehen kann", er machte eine kurze Pause, "und es anschließend an die Wand pusten!" Skalany zuckte neben Kermit bei diesen Worten zusammen. Spencer trat jetzt einen Schritt auf Woods zu, sein Gesicht war zornig verzerrt. "Was soll das? Wir müssen sehen, dass wir hier raus kommen! Sie vermasseln alles!" "Ich will meine Rache für die Zeit im Knast. Haben sie eine Ahnung wie es ist, als Cop im Gefängnis zu sitzen?!", zischte er wütend. "EX-COP", warf Kermit provozierend dazwischen. Woods wurde noch zorniger und kam auf ihn zu, bis er direkt vor ihm stand und ihn einen Moment anstarrte, dann hob er die Waffe in Karens Gesicht. Der Cop spürte rasende Wut durch seine Adern pulsieren, seine Backenknochen traten hervor, aber er sagte nichts. "Ihr Handy!", sagte der Geiselnehmer nun mit Nachdruck. Langsam und widerwillig ließ Kermit seine Hand zum Jackett gleiten und zog es aus der Innentasche, Woods nahm es ihm sofort ab. Dann packte er in Karens Haare und zerrte sie zu sich. Kermit wollte eingreifen, hatte aber sofort den Lauf der Pistole vor seinem Gesicht. Langsam ging er mit Karen im Schlepptau wieder zurück vor den Richtersitz, wo er sie zwang, sich dort auf den Boden zu setzen. Wenigstens konnte sie mit ihrem Geliebten Blickkontakt halten, während ihr ehemaliger Mitarbeiter in Kermits Telefonbuch nach der Nummer von Peter suchte. * * * Peter nahm das Handy vom Nachttisch und blickte auf die leuchtenden Buchstaben, die den Namen seines Freundes schrieben. Stöhnend ließ er die Hand zunächst fallen. "Er ruft auch immer im zum unmöglichsten Zeitpunkt an", murrte der vom Liebesspiel erschöpfte Shaolin. "Du solltest rangehen, vielleicht ist es ja wichtig", murmelte Cat, die schon halb auf seiner Brust eingeschlafen war. Peter tat, was sie gesagt hatte und klappte das Mobiltelefon auf. "Was gibt’s Kermit?", fragte er mit leicht müdem Unterton. Dann aber schob er Cat recht unsanft von sich und setzte sich erschrocken im Bett auf. Auch seine Frau war jetzt auf einen Schlag hellwach und sah forschend in Peters Gesicht, um seine Züge zu deuten. Angestrengt versuchte sie zu hören, was der vermeintliche Kermit sagte, aber Peter presste das Handy zu fest gegen sein Ohr, sie konnte nur seine Worte hören. Der aber lauschte dem Anrufer mit zunehmendem Zorn. "Hier ist Alex Woods. Sie erinnern sich, oder? Der Cop, dessen Leben sie zerstört haben!", schnaubte der ins Telefon. In dem Shaolin keimte sofort die Frage auf, wie er an Kermits Handy kam und was mit dem Freund passiert war. "Was wollen sie?" fragte Peter ruhig und ernst, aber sein Gesicht wirkte besorgt. Cat musterte ihn eindringlich, jetzt war auch ihr klar, dass nicht Kermit an seinem Telefon war und die Reaktion ihres Mannes verhieß nichts Gutes. "Ich will SIE! Wir haben die Gerichtsverhandlung in unsere Gewalt gebracht, inklusive ihrem Freund Kermit, dem Captain und Detective Skalany. Es fehlen eigentlich nur noch sie für mein persönliches Glück!", säuselte er. Peter konnte aber die Kälte und Boshaftigkeit in seiner Stimme hören. "Und sie glauben allen ernstes, dass ich jetzt einfach so in die Höhle des Löwen marschiere?", fragte Peter zynisch nach, obwohl er genau wusste, dass es darauf hinauslief. Immerhin hatte Woods Geiseln, und nach dem Blutbad, welches Peter in seiner Vision in Diffon gesehen hatte, war er zu allem fähig. Vermutlich in Verbindung mit diesem Spencer, Kermit hatte ihm ja schließlich von der heutigen Verhandlung erzählt. "Sie haben keine Wahl, würde ich sagen. Entweder sie kommen in der nächsten halben Stunde durch die große Flügeltür, oder aber ihre Freunde sterben wie die Fliegen!", sagte er harsch und legte auf. Peter starrte ins Leere, dann sprang er plötzlich aus dem Bett und begann hastig, sich anzuziehen. Cat wartete auf eine Aussage seinerseits, bekam aber keine. "Was ist passiert?", schoss sie hervor, nachdem Peter weiterhin stumm blieb. Er hielt inne und sah sie kurz an. "Kermit, Karen und Skalany sind Geiseln von Alex Woods. Im Gerichtsgebäude. Ich muss sofort hin, sonst…", er schloss den Satz nicht. Cat stieg jetzt auch aus dem Bett und begann ebenfalls, ihre Kleider hektisch wieder anzulegen. "Was wird das?", fragte er sie, auch wenn er die Antwort schon kannte. "Ich komme mit!", sagte sie bestimmt und zog sich ein weites Sweatshirt über. Peter stellte sich vor sie. "Oh nein, du bleibst hier! Das ist viel zu gefährlich!" "Und für dich nicht?" "Ich habe keine Wahl! Ich habe doch eben gesagt, wenn ich nicht hinkomme, dann wird dieser Kerl sie töten!" "Ich komme trotzdem mit! Ich weiß ja, dass du das tun musst. Und auch wenn sich in mir alles wehrt, ich lass dich da auch rein gehen. Das muss ich akzeptieren. Aber akzeptiere du auch, dass ich zumindest in deiner Nähe bleiben will. Ich mache mir auch Sorgen und werde deshalb mit zum Gericht kommen!", bestand sie darauf. Ihr Ton war hart und aufgebracht. "Nein", warf der Shaolin wieder entgegen. Cat eilte hinter ihm zur Haustür. Peter fuhr herum und hatte schon den Mund geöffnet, um ihr nochmals zu sagen, dass er sie nicht mitnehmen wollte. Aber Cat war schneller. "Wir haben keine Zeit, um zu diskutieren!", schleuderte sie ihm ihr schlagkräftigstes Argument entgegen. Peter nickte nach einer Sekunde schließlich missmutig und rannte die Treppen hinunter. Es passte ihm gar nicht, er wollte Cat von jeder Gefahr so weit wie möglich fern halten, aber auf der anderen Seite konnte er verstehen, dass sie nicht daheim sitzen und tatenlos warten wollte. *Warum hab ich es ihr auch gesagt*, schoss es ihm selbst anklagend durch seinen Verstand. Jetzt musste er damit umgehen. "Aber du bleibst draußen, bis alles vorbei ist!", sagte er scharf zu ihr, während er den Motor des Stealth startete und mit quietschenden Reifen davon fuhr. Cat stimmte sofort zu, sie hatte auch nicht wirklich vorgehabt, mit in den Gerichtssaal zu kommen, schon schlimm genug, dass Peter da rein musste. Jetzt begann die Sorge um die Freunde, die sich schon in der Gewalt der Geiselnehmer befanden, an ihrem Geist zu nagen. Mit spitzen Zähnen bohrte sie winzige Löcher hinein. Die junge Frau erinnerte sich an das, was Peter und Kermit ihr zu Alex Woods erzählt hatten, in Verbindung mit den zusammengeklappten Mädchen, den Drogen und einem Dealer, dessen Name ihr entfallen war. Sie erinnerte sich aber noch, dass heute die Verhandlung gegen ihn war, offenbar hatte man Woods als Zeugen aus dem Gefängnis geholt und der wiederum den Saal in seine Gewalt gebracht. Sie beobachtete Peters Gesichtszüge, sein Blick ging konzentriert über den Verkehr vor sich, schnell lenkte er den Wagen durch die anderen Pkws, wechselte die Spur, überholte, gliederte sich ein. Sie sah förmlich, wie es hinter seiner Stirn arbeitete und seine Augen huschten immer wieder kurz zu der Uhr, die im Armaturenbrette eingelassen war. "Das wird knapp", sagte er irgendwann, als hätte er ihre Gedanken gelesen und trat das Gaspedal des Stealth noch weiter durch. Er war in diesem Moment mehr als froh, dass er nicht mehr den alten Kombi unterm Hintern hatte, mit dem hätten sie es vermutlich nie geschafft. Cat sah vor sich die Ampel gelb werden und öffnete schon den Mund, um Peter vorzuwarnen. Der aber trat aufs Gas und brauste bei rot über die Kreuzung, wild hupende Fahrzeuge links und rechts liegen lassend. Sie entschied sich, nichts dazu zu sagen, schließlich war die Situation eine besondere. Es blieb nur zu hoffen, dass keine Streife in der Nähe war, die sie jetzt wegen diesem Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung aufhielt.
|
Teil 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 zurück zum Autoren Index zurück zum Story Index
|