Skalany betrat gemeinsam mit Annie den Warteraum. Jody, die einsam am Fenster stand, drehte sich bei dem leisen Geräusch um. Ihr Blick streifte Skalany, die Annie in den Raum führte. Sie schüttelte den Kopf, um Skalany anzudeuten, dass sie noch nichts über Peter wusste. Einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Blicke. Das genügte Jody, um zu erkennen, wie sehr auch Skalany von den schlechten Nachrichten betroffen war. Jodys Blick wanderte zu Annie, die sich mit schleppenden Schritten von Skalany führen ließ. Die Sonnenbrille verdeckte einen Großteil ihres Gesichtes, aber sie konnte nicht die Spuren der Tränen verdecken, die sie zweifelsohne ebenfalls vergossen hatte. Schnell trat sie auf die beiden zu, froh darüber, dass Annie ihr Gesicht nicht sehen konnte, das ähnliche Spuren aufwies, wie das ihrige. "Oh, Annie", mehr brachte Jody nicht heraus, als sie ihre Hand ergriff. "Jody", erwiderte Annie. "Hast du etwas neues von Peter gehört?" Jody hasste es, immer wieder dieselbe Frage beantworten zu müssen, die so an ihrer Seele nagte. Ein wenig forscher als geplant klangen daher auch ihre Worte: "Nein, er wird noch operiert." Annie seufzte leise, tastete hinter sich und lies sich in einen Stuhl sinken. Ihre Hände lagen verkrampft in ihrem Schoß. "Kannst du mir wenigstens erzählen wie das passiert ist? Ich weiß nur, dass es einen Unfall gegeben hat", meinte sie mühsam beherrscht. Ein schneller Blick wechselte zwischen Jody und Skalany, die nur mit den Schultern zuckte und sie halb verzweifelt anschaute. Mit Erschrecken wurde Jody klar, dass sie diejenige sein würde, die ihnen die schlechten Nachrichten mitteilen musste. Um sich Mut zu machen, zog sie tief die Luft in ihre Lungen ein. "Es war ein Autounfall, Annie. Der Fahrer eines entgegenkommenden Autos hat wohl die rote Ampel übersehen und ist frontal in Caras Wagen geprallt. Mehr wissen wir im Moment leider auch nicht." Ein leichtes Zittern erfasste Annies Körper bei Jodys Worten. Die ansonsten ziemlich starke Frau, wirkte mit einem Male richtig alt und gebrechlich. "Ich war so froh, dass Peter endlich gekündigt hat und nun so etwas", sagte sie so leise, dass Jody sie nur mit Anstrengung hören konnte. Eine unangenehme Stille entstand. Niemand von ihnen wusste, was er sagen sollte. Skalany hatte ihr Gesicht hinter ihren Händen verborgen, sie wollte Jody nicht zeigen wie es ihr gerade ging, zumal sie immer die Beherrschtere der beiden war. Die Nachricht von Peters Unfall hatte sie doppelt getroffen. Zum einem war da die Sorge um Peter und dessen Wohlergehen und zum anderen der verzweifelte Wunsch, Caine hier zu haben, den sie sehr vermisste. Schließlich war es Annie, die die Stille unterbrach. "Wo ist Kermit, ist er bei Cara?" Jody wusste nicht genau, was sie darauf antworten sollte. Sie wollte Annie nicht noch mehr aufregen. "Ich denke schon", erwiderte sie matt. Annies Kopf ruckte nach oben. "Jody, ich mag zwar blind sein, aber bin sehr wohl in der Lage zu erkennen, wenn Jemand versucht mir etwas zu verheimlichen", erwiderte sie, nun mit etwas festerer Stimme. Jody sah, wie Skalany die Hände vom Gesicht nahm und fragend eine Augenbraue nach oben zog. Sie schüttelte ihren Kopf in Skalanys Richtung, laut meinte sie: "Ich weiß es wirklich nicht genau, Annie. Er ging vorher aus dem Raum und ist seitdem nicht mehr aufgetaucht. Du weißt, dass er selten Bescheid gibt, wenn er irgendwohin geht." Immerhin war das die halbe Wahrheit. Jody hoffte nur, dass Annie es ihr abkaufte. Die Frau hatte so einen scharfen Verstand, dass man selten mit einer Lüge oder ähnlichem bei ihr durchkommen konnte. Bevor Annie eine Erwiderung abgeben konnte, wurde die Türe erneut geöffnet und der Mann ihrer Diskussion betrat den Raum. Jody, der die Szene von vorhin noch gut im Gedächtnis war, schaute zu Boden, während Skalany ihren Kollegen scharf beobachtete. Täuschte sie sich, oder hatte er tatsächlich einen Moment gezögert, als er Annie gesehen hatte? "Annie", sagte er leise. Seine Schultern sanken noch ein wenig mehr herab. Annie streckte dem langjährigen Freund die Hände entgegen. Die Geste hatte etwas hilfloses und gleichzeitig Schutzsuchendes an sich, dass sich Kermit fühlte, als hätte man ein glühendes Messer mitten in sein Herz gestochen. Tief Luft holend ergriff er Annies bebende Hände. "Kermit, ich bin so froh, dass du hier bist. Hast du etwas gehört?", brach es aus ihr hervor. Kermit schluckte hart. Sanft drückte er ihre Hände und kniete sich vor sie. Wie konnte sie ihm nur so vertrauensvoll entgegen kommen, wo doch er Derjenige war, der die gesamte Schuld an der Sache trug? Zeit für sein Bekenntnis. "Es gibt noch nichts neues von Peter, Annie, aber ich habe dir etwas zu sagen." "Geht es um Cara? Mein Gott, wie konnte ich nur. Ich war so besorgt um Peter, dass ich nicht einmal gefragt habe wie es ihr geht", fiel ihm Annie ins Wort. Kermit spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Das Ganze war noch schwerer, als er es sich vorgestellt hatte. In seiner Stimme klang ein unsichererer Unterton mit, als er meinte: "Nein. Cara schläft noch, sie hat nur ein paar Prellungen und leichte Schnittverletzungen. Es geht um etwas ganz anderes, ich..." Kermit wurde mitten im Satz unterbrochen, als zum x-ten Mal an diesem Abend die Türe geöffnet wurde. Diesmal war es der Arzt, der mit sehr ernstem Gesicht auf das kleine Grüppchen zukam. Aller Aufmerksamkeit wandte sich ihm zu. "Sind sie die Angehörigen von Peter Caine?", erkundigte er sich. Annie erhob sich mit Kermits Hilfe aus ihrem Stuhl. Er trat einen Schritt zurück, während Annie einen unsicheren Schritt auf den Arzt zumachte. "Ja, das sind wir. Ich bin Annie Blaisdell, die Mutter von Peter. Wie geht es meinem Sohn?", brachte Annie mit einer Stimme hervor, in der all ihre Sorge mitschwang. Der Arzt zögerte einen Moment, bevor er die ausgestreckte Hand von Annie ergriff, sie drückte und sie gleichzeitig an ihren Platz zurück führte. "Ich bin Dr. Saunders und habe ihren Sohn operiert, Mrs. Blaisdell. Bitte setzen sie sich zuerst, bevor ich weiter rede." Das klang gar nicht gut. Kermit spürte wie sämtliche Farbe aus seinem Gesicht wich. Haltsuchend lehnte er sich an die Wand. Auch Jody und Skalany erblassten, beide hatten die Hand vor den Mund geschlagen, Tränen standen in ihren Augen. Annie straffte sich ein wenig. Wenn schon, dann wollte sie die Nachricht mit Fassung entgegen nehmen. Immerhin war sie die Frau des ehemaligen Captains und musste Stärke zeigen. Zumindest redete sie sich das ein. "Reden sie Doktor", sagte sie entschlossen und auf alles gefasst. "Nun, die Operation ist erfolgreich verlaufen, wir konnten die Eisenstange als auch die Glassscherbe entfernen. Mr. Caine hat noch Glück im Unglück gehabt, denn die Eisenstange hat nur die Milz getroffen, die wir leider entfernen mussten. Das CT hat im Bereich seines Kopfes auch keine Verletzungen ergeben, so dass wir Gehirnschäden vorerst ausschließen können." Der Arzt machte einen Moment Pause. Annie, die spürte, dass da noch ein großes
'Aber' hinterher kam, forderte den Arzt zum weiterreden auf. "Nun lassen sie sich nicht alles aus der Nase ziehen Doc. Was ist mit Peter?", mischte sich Kermit ein, dem die ausschweifende Rede des Arztes extrem auf die Nerven ging. Der Arzt zuckte zusammen. Sein Blick streifte kurz den Ex-Söldner, der nun wie ein Racheengel an der Wand lehnte. Der Gerücht über Kermits "Ausfall" hatte schon die Runde im Krankenhaus gemacht, so dass der Arzt diesem unterschwelligen Befehl sofort nachkam, sogar bei den ersten Worten ein wenig ins stolpern geriet. "Mr. Caine hat zwei angebrochene Brustwirbel, eine ausgerenkte Schulter, mehrere Schnittwunden und Prellungen, sowie Quetschungen an der Wirbelsäule davon getragen. Dass wir die Milz entfernen mussten sagte ich ihnen ja schon. Durch den Aufprall hat er außerdem einen Serienbruch der Rippen erlitten, wovon eine davon seine Lunge perforiert hat und dieser Lungenflügel ist zusammen gefallen, ein sogenannter Pneumothorax. Da Mr. Caine Probleme mit dem Atmen hat, haben wir ihn vorsichtshalber an das Beatmungsgerät angeschlossen, um seine Atmung zu unterstützen. Außerdem scheint sich eine Infektion im Bereich der Eintrittswunde dieser Eisenstange zu entwickeln." Atemlose Stille herrschte im Raum nach dieser Rede. Annie war es, die als Erste die Sprache wiederfand. "Und was bedeutet das nun, wird er es überleben?" Der Arzt seufzte tief auf. "Darauf kann ich ihnen keine Garantie geben, Misses Blaisdell. Wir müssen erst abwarten wie die Infektion verläuft, die Antibiotika angeschlagen und auch wie sich der Pneumothorax entwickelt." "Seien sie ehrlich zu mir. Welche Chancen geben sie ihm?", fragte Annie mir erstickter Stimme. Der Arzt zögerte einen Moment, bevor er mit der Sprache heraus rückte. "So wie es im Moment um Mr. Caine steht würde ich sagen die Chancen stehen 50:50. Sein Körper ist durch den hohen Blutverlust dermaßen geschwächt, dass er nicht alleine gegen die Infektion ankämpfen kann. Das ist auch der Grund, warum wir ihn vorläufig im künstlichen Koma behalten wollen. Sein Körper soll Ruhe haben, um sich zu erholen. Es tut mir leid, Misses Blaisdell, dass ich keine besseren Nachrichten für sie habe." Der Arzt erhob sich, deutliches Bedauern lag auf seinem Gesicht. Annie erhob sich ebenfalls, gestützt von Skalany, die ihr eine helfende Hand unter den Arm gelegt hatte. "Kann ich zu ihm Dr. Saunders?" "Er liegt auf der Intensivstation, sie können nichts für ihn tun, Misses Blaisdell. Ich schlage vor, sie fahren nach Hause und kommen morgen früh wieder." "Ich bin aber jetzt hier, und ich will meinen Sohn sehen", erwiderte Annie, diesmal mit fester Stimme. Kermit drückte sich von der Wand ab und trat einen Schritt auf den Arzt zu. Unwillkürlich wich dieser einen Schritt zurück. Seine Augen wanderten von Annie zu Kermit, der ebenfalls einen sehr entschlossenen und, vor allen Dingen, bedrohlichen Eindruck auf ihn machte. "Nun gut, aber nur fünf Minuten und auch nur sie beide. Mr. Caine ist in einer sehr kritischen Verfassung und braucht absolute Ruhe." ************************ Kermit spürte, wie sich Annies Griff an seinem Arm verhärtete, als sie, nachdem sie in die sterilen Kittel geschlüpft waren, auf die Intensivstation geführt wurden. Das rhythmische Piepen des Herzmonitors und das stetige Heben und Senken der Beamtungsmaschine waren die einzigen Geräusch, die in dem Raum zu hören war. Kermits Herz setzte einen Schlag lang aus, als er den jungen Shaolin so still und ruhig in dem Bett liegen sah. Die wächserne Blässe von Peters Gesicht, das halb durch den Intubator verborgen war, hatte fast dieselbe Farbe wie die weißen Laken. Die vereinzelten Schnitte an seinem Hals und Brustansatz, die nicht von der Decke oder dem Verband an der Schulter bedeckt waren, leuchteten hingegen in einem tiefen Rot. Mehrere Schläuche, unter anderem auch das Drenagesystem für die zusammengefallene Lunge, führten unter der Bettdecke hervor, die an die zugehörigen Apparaturen angeschlossen waren. Eine Infusionsnadel steckte in seinem rechten Arm, der zusätzlich noch an das Bettgitter fixiert war, so als hätte man Angst, er würde sich bewegen. Um den linken Arm war die Manschette des Messgerätes angebracht, das in regelmäßigen Abständen den Blutdruck und Puls maß. Einzig das kaum wahrnehmbare Heben und Senken seiner Brust deutete an, dass die Person, die hier im Bett lag, tatsächlich noch am Leben war. Kermit musste hart schlucken bei diesem Anblick, der sich wie heißes Feuer in sein Gehirn einbrannte. Er war regelrecht dankbar dafür, dass Annie zumindest dieser Anblick erspart blieb, wenn auch nicht die Sorge um ihren Sohn, der hier mit dem Leben rang. Er führte Annie zu Peters Bett und zog den einzigen Stuhl im Zimmer für sie heran, damit sie sich setzen konnte. "Wie sieht er aus Kermit?", kam auch schon Annies Frage, von der er gehofft hatte, dass sie sie nicht stellte. Kermit musste sich räuspern, bevor er ihr eine Antwort geben konnte. "Er wirkt friedlich, Annie, scheint keine Schmerzen zu haben", erwiderte er fest, die Wahrheit vor ihr verheimlichend. Sie sorgte sich schon genug, da musste man nicht auch noch in diese Kerbe schlagen. Annies Stimme zitterte leicht. "Ich will mich selbst davon überzeugen. Wo kann ich ihn anfassen? Ich habe Angst, einen Schlauch oder etwas heraus zu reißen." Der Detective straffte die Schultern, ergriff Annies Hände und führte sie an Peters Kopf. "Hier besteht keine Gefahr, Annie, kein Verband, nur der Intubator." "Danke, Kermit." Der Detective strich Peter eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn, bevor er einen Schritt zurück trat und sich an die Wand lehnte. Mit blutendem Herzen beobachtete er, wie Annie zärtlich, wenn auch mit zitternden Fingern, über Peters Stirn glitt, so als wolle sie jeden Millimeter ihres Sohnes in sich aufnehmen. In dieser Geste lag soviel Liebe und Zuneigung, dass Kermit im wahrsten Sinne des Wortes mit den Tränen zu kämpfen hatte. "Er ist so warm", flüsterte Annie. Sie strich Peter die verschwitzen Haare aus der Stirn. Ihre Finger glitten an seinen Schläfen entlang, wanderten weiter hinab, bis sie den Rand des Intubators erreicht hatte. Sie zuckte zusammen bei dieser Berührung. "Wo ist denn nur Caine. Warum ist er nicht da, jetzt wo Peter ihn so dringend braucht?", brach es aus ihr heraus. Kermit musste sich räuspern, bevor er ihr antworten konnte. "Sie sind schon auf der Suche nach ihm, Annie. Ich denke, er ist bestimmt schon unterwegs hierher. Er wird sicherlich gespürt haben, dass etwas mit Peter passiert ist." "Und was wenn nicht?", fragte Annie mit einem verzweifelten Unterton in der Stimme. Drauf konnte Kermit ihr keine Antwort geben. Mehr als ein lahmes: "Die Ärzte tun für ihn was sie können", brachte er nicht hervor. Annie erwiderte nichts mehr. Er sah wie eine Träne unter ihrer dunklen Sonnenbrille hervorquoll und über die Wange rollte. Nichts wünschte er sich in dem Moment mehr, als die richtigen Worte zu finden, um sie wenigstens etwas zu trösten, doch sein Gehirn schien sich in eine leere Wüste verwandelt zu haben. Einen Moment lang überlegte er sich, ob er ihr nicht sagen sollte, wer tatsächlich Schuld an Peters Unfall hatte, doch dann schob er den Gedanken zur Seite. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, ihr noch mehr schlechte Nachrichten zu überbringen. Auf keinen Fall wollte er ihr noch mehr Qual bereiten, auch wenn es ihn innerlich fast zerfetzte. Ein leises Klopfen an der Türe riss ihn aus seinen trüben Gedanken. Kermit wandte den Blick in die Richtung. Eine Schwester trat ein. Schwester Carmen, konnte er auf dem Namensschild lesen. Argwöhnisch betrachtete er die Schwester. Er konnte nicht sagen warum, aber er hatte ein komisches Gefühl, was diese Frau anbelangte, so als würde sie nicht das sein, was sie hier darstellte. Energisch rief er sich zur Ordnung. Äußerlich wirkte die Frau absolut unschuldig, seine überreizten Sinne spielten ihm eindeutig einen Streich. Suchend wanderte der Blick der Schwester zu der Gestalt, die noch immer an der Wand lehnte. "Detective Griffin?" Kermit stieß sich von der Wand ab und schaute die Frau auffordernd an. "Ich soll ihnen von Dr. Walters ausrichten, dass Miss Thompson erwacht ist." "Danke schön Schwester Carmen", erwiderte Kermit. Sein Blick wanderte zu Peter und Annie. Er war hin- und hergerissen ob er sie verlassen konnte, oder nicht. Dieses seltsame Gefühl der Krankenschwester gegenüber wollte einfach nicht weichen. "Du kannst ruhig gehen Kermit", warf Annie ein. "Bist du sicher, dass du alleine zurecht kommst?" Annie warf ihm ein eher klägliches Lächeln zu. "Ja, das bin ich, außerdem dürfen wir hier eh nicht mehr lange bleiben." Der Schwester schenkte ihm ebenfalls ein kurzes, aber aufmunterndes Lächeln und meinte: "Sie können ruhig gehen, Detective. Ich werde mich hier um alles weitere kümmern." Kermit nickte nur. Noch immer unschlüssig beobachtete er, wie sie neben Annie an das Bett trat und die Infusion von Peter überprüfte. Anschließend entnahm sie aus einer Box neben Peters Bett ein Tuch und wischte ihrem Patienten sanft den Fieberschweiß von der Stirn. Kermit, letztendlich doch überzeugt davon, dass seine Sinne ihm einen Streich spielten und Peter bei der Schwester in fähigen Händen war, verließ ohne ein Geräusch zu verursachen den Raum. Der Detective hatte kaum den Raum verlassen und sich des Kittels entledigt, als ihm einfiel, dass er gar nicht wusste in welchem Zimmer sich Cara aufhielt. Die Türen der Intensivstation hatten sich schon hinter ihm geschlossen, so dass er nicht zurück kehren konnte, um zu fragen. Er sah Dr. Walters den Gang entlang laufen und hielt direkt auf ihn zu. "Dr. Walters, Schwester Carmen hat mir gesagt Cara ist wieder aufgewacht?", sprach er den Arzt an. "Ja, das stimmt. Ich habe sie gerade noch einmal untersucht." "Und, wie geht es ihr?" "Sie ist noch ein wenig benommen durch die Medikation, das kann auch noch einige Stunden anhalten, aber ansonsten geht es ihr gut. Da sie sich stur weigert, zur Beobachtung im Krankenhaus zu bleiben, können sie sie jetzt mit nach Hause nehmen." Kermit lächelte leicht. "Na das sind wenigstens einmal gute Nachrichten. Muss ich auf etwas achten?" "Eigentlich nicht. Vielleicht darauf, dass sie noch ein paar Tage Ruhe hat und sie sollten ihr auch vorsichtig die Haare waschen, um die restlichen Glassplitter zu entfernen. Es kann auch sein, dass sie die nächsten ein, zwei Tage noch leichte Probleme mit der Orientierung haben wird. Und sie wird Probleme mit dem Bewegungsapparat haben, was nach so einem Unfall absolut normal ist. Ich habe an der Rezeption ein Rezept für Miss Thompson hinterlegt für Schmerz- und auch Beruhigungstabletten, falls sie Nachts nicht schlafen kann. Ich schätze, der Unfall wird sich nachträglich auf ihre Psyche auswirken, so dass sie nicht unbedingt Nachts alleine sein sollte." "Wollen sie damit andeuten, dass sie Alpträume haben wird?", erkundigte sich Kermit. Der Arzt zuckte mit den Schultern. "Es kann sein, muss aber nicht. Miss Thompson stand ziemlich unter Schock, als sie hier eingeliefert wurde. Ich kann nicht sagen wie schnell sie sich davon erholen wird, oder ob das Nachwirkungen haben wird. Um ehrlich zu sein, lasse ich sie auch nur ungern so früh von hier gehen, aber in der Richtung ist die Dame dermaßen Stur, dass ich keine andere Wahl habe. So benommen sie noch ist, so entschlossen war sie auch, hier nicht länger bleiben zu wollen. Die Schwester konnte ihr gar nicht schnell genug die Entlassungspapiere zum Unterzeichnen bringen." Ein leichtes Lächeln umspielte Kermits Lippen. Oh ja, er konnte sich lebhaft vorstellen, wie das ausgesehen haben mochte. So lieb, nett und offenherzig Cara ansonsten war, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann war es äußerst schwer, ihr das wieder auszureden. "Nun dann sollten sie mir nur noch sagen, wo ich Miss Thompson finden kann", meinte Kermit, gar nicht näher auf die letzten Worte das Arztes eingehend. "Den Gang entlang, Zimmer 154", Erwiderte er Arzt. Kermit streckte dem Mediziner zum Abschied die Hand entgegen, die er ergriff und schüttelte. "Vielen Dank, Doktor." "Gern geschehen, Detective Griffin und viel Glück mit Miss Thompson. Die Dame scheint wirklich einen sehr eigenen Kopf zu haben", konnte sich der Arzt nicht verkneifen zu sagen. Kermit nickte nur zustimmend, bevor er sich zuerst zur Rezeption und dann zu Caras Zimmer aufmachte. Als Kermit geräuschlos das angewiesene Zimmer betrat, sah er die junge Frau auf dem Bett sitzen, den Kopf hatte sie zwischen den Händen verborgen. "Hallo Cara", sagte er leise, um sie nicht zu erschrecken. Dennoch ruckte ihr Kopf hoch. "Kermit", erwiderte sie mit schleppender Stimme. Kermit trat näher, zwang sich zu etwas, das ein Lächeln darstellen sollte. "Na, wie geht es dir?" "Ganz gut, mir ist ein wenig schwindelig und ich habe das Gefühl, dass mein gesamter Körper jemand anderem gehört, aber ich mag mich nicht beklagen." "Vielleicht solltest du doch zumindest diese eine Nacht hier bleiben", schlug er vor. "Auf keinen Fall!", rief sie mit einem entschlossenen Unterton in der Stimme aus. Kermit hob in Aufgabe beide Hände in die Höhe. "Schon gut, es war nur ein Vorschlag. Na dann lass uns eben nach Hause gehen, wenn ich dich nicht davon überzeugen kann, hier zu bleiben." "Und Peter? Du hast mir versprochen, dass ich ihn sehen kann. Wie geht es ihm?", wandte sie ein. Bittende Augen richteten sich auf ihn. Augen, denen er kaum widerstehen konnte. Kermit straffte sich in Erwartung eines neuen Ausbruchs von ihrer Seite. "Tut mir leid Cara, da habe ich dir leider zuviel versprochen. Peter ist erst gerade aus dem OP gekommen und liegt noch auf der Intensivstation. Du kannst ihn heute nicht besuchen, er braucht Ruhe. Bitte verstehe das." Zu seiner vollkommenen Überraschung nickte sie nur und meinte: "Okay." *Aha, die Nachwirkung der Medikamente*, dachte Kermit. Er reichte ihr die Hand, um ihr vom Bett zu helfen. Cara kam leicht schwankend auf die Beine und Kermit legte ihr fürsorglich seinen Arm um ihre Taille, um sie zu stützen. Sie waren schon auf dem Weg ins Wartezimmer, als Cara auffiel, dass er ihre letzte Frage nicht beantwortet hatte. "Wie geht es Peter?", wiederholte sie. Kermits Griff verstärkte sich ein wenig um ihre Taille. Er zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde. "Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Du musst dir keine Sorgen um ihn machen", log er sie an, aus dem Bedürfnis heraus, sie nicht erneut aufzuregen. "Gut", erwiderte sie nur. *Oh ja, die Medikamente wirken wirklich, und wie*, dachte er. Er wunderte sich noch immer, dass sie sich brav wie ein Lämmlein seiner Führung unterwarf und nicht einmal den Versuch machte, ihren Willen durchzusetzen, was sie unter normalen Umständen auf jeden Fall versucht hätte. Um zu verhindern, dass sie die Wahrheit über Peter erfuhr, setzte Kermit Cara vor dem Wartezimmer auf einen Stuhl und ging kurz hinein, um Skalany Bescheid zu geben. Annie war mittlerweile auch wieder da und die beiden befanden sich gerade im Aufbruch, Jody eingeschlossen. "Wie geht es Cara?", wurde er von Annie begrüßt, die seinen Eintritt gehört hatte. "Sie ist noch ein wenig benommen, ich bringe sie jetzt nach Hause", bekannte Kermit. "Jody, könntest du..." Skalany unterbrach ihn mitten im Satz. "Das ist schon geregelt. Ich werde Jody absetzen und Annie nach Hause bringen. Kümmere du dich erst einmal um Cara, die Ärmste muss ja vollkommen fertig sein." "Das wird sie wohl auch sein, wenn die Medikamente ihre Wirkung verlieren. Im Moment ist sie nicht ganz sie selbst um das einmal so auszudrücken", erwiderte Kermit. "Aha, du willst damit sagen, dass sie ausnahmsweise nicht versucht, ihren Dickkopf durchzusetzen", brachte es Skalany auf den Punkt. Kermit nickte nur zustimmend. "Und wie hat sie die Sache mit Peter aufgenommen?", erkundigte sich Annie, der man die Sorge sehr deutlich ansehen konnte. "Ich habe es ihr noch nicht erzählt. Ich halte es für besser, sie erst einmal wieder zu sich selbst finden zu lassen, bevor sie sich mit dem auseinandersetzen muss", bekannte er. Annie legte ihm eine Hand auf den Arm. "Kermit, ich kann deine Gründe verstehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob Cara das auch so sehen wird. In der Richtung solltest du dir genau überlegen was du tust. Du weißt, wie nahe sich Cara und Peter stehen", erwiderte Annie eindringlich. Kermit war nicht in der Stimmung über ihre Worte nachzudenken. Andere Sachen beschäftigten ihn weit mehr im Moment. "Solange es geht werde ich diese Sache von ihr fern halten und wenn es nur ein zwei Tage sind und ihr werdet ihr gefälligst auch nichts sagen." Annie zog die Hand von seinem Arm zurück. "Du musst wissen was du tust, Kermit, aber ich denke nicht, dass du damit die richtige Entscheidung getroffen hast", versuchte es Annie ein zweites Mal. Ihre Worte fielen auf taube Ohren. "Kann ich noch etwas für dich tun Annie?", wechselte er prompt das Thema. "Leider nicht. Alles, was wir tun können ist hoffen, beten und warten. Oder doch: Kelly, Caroline und Todd sind gerade in New York, um ihre Tante zu besuchen und ich konnte sie noch nicht erreichen. Du könntest dafür sorgen, dass mich morgen früh jemand abholt, damit ich zu Peter kann." "Das kann ich tun, ich habe morgen frei", mischte sich Jody in die Unterhaltung ein und legte der älteren Frau eine Hand auf die Schulter, die Annie dankbar drückte. "Dann ist das auch geklärt, danke Jody." Kermit beugte sich über Annie und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. "Ich werde sehen, ob ich morgen früh ebenfalls vorbei schauen kann. So erschöpft wie Cara ist, wird sie morgen bestimmt den ganzen Tag verschlafen", meinte er zum Abschied. Annie, die den Sinn hinter diesen Worten sehr wohl verstand, ließ sich vernehmen: "Kermit, du wirst doch wohl nicht...." "Das ist meine Sache, ich tue das, was ich für richtig halte", unterbrach Kermit sie rüde, was ihm gleich wieder leid tat. Dann drehte er sich um und ging aus dem Raum, ohne eine Antwort darauf abzuwarten. Jody und Skalany tauschten nur erstaunte Blicke und Annie seufzte leise. "Das kann nicht gut gehen", meinte sie leise zu sich selbst.
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