Dr. Sabourin betrat zögernd das Wartezimmer, in dem Annie und Jody angespannt auf Nachricht warteten. Vor knapp einer Viertelstunde hatten Peter und Caine einen weiteren Anfall erlitten und sie waren aus dem Zimmer geschickt worden, um der Ärztin und den Schwestern Raum zum Arbeiten zu geben. Das Gesicht der Ärztin verhieß nichts gutes. Annie spürte, wie sich Jodys Hand verkrampfte, die sie auf ihren Arm gelegt hatte. Sie wandte das Gesicht in die Richtung aus der sie Schritte hörte. "Wie geht es meinem Sohn und Caine, Doktor?" Dr. Sabourin fuhr sich über das Gesicht. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen und schauten unendlich müde. Ähnlich wie Annie und Jody hatte sie es nicht übers Herz gerbacht ihre Patienten jemand anderem zu überlassen und nun war sie mittlerweile fast drei Tage im Dienst, ohne allzu viel geschlafen zu haben. Die Ärztin setzte sich mit einem leisen Seufzen neben Annie und ergriff ihre Hand. Sie musste sich räuspern bevor sie die Worte hervor brachte. "Mrs. Blaisdell, ihnen ist bekannt, dass seit dem letzten Anfall die Werte von Peter als auch von Caine rapide gesunken sind." Sie stockte und suchte verzweifelt nach Worten. Annie keuchte leise auf, ein dunkle Vorahnung beschlich sie. "Sagen sie es mir", flüsterte sie heiser. "Es...ich…wir haben alles in unserer Macht stehende getan, aber diesmal konnten wir Peter nicht mehr retten. Es tut mir so unendlich leid, Annie." Annies Gesicht verlor alle Farbe, hinter ihr vernahm sie einen entsetzten Aufschrei, der von Jody stammte. Ihre Finger begannen zu zittern. Einen Moment lang verkrampften sich ihre Hände um Dr. Sabourins Hand, dann zog sie sie zurück. Eine einzelne Träne lief ihr die Wange hinunter und sie holte tief Atem. Annies Stimme klang überraschend gefasst als sie fragte: "Und was ist mit Caine?" "Er lebt...noch, aber ich fürchte, es wird auch bei ihm nicht mehr allzu lange dauern", erwiderte die Ärztin erstaunt darüber, dass Annie in solch einem Moment noch an Caine denken konnte. Annie richtete sich kerzengerade auf. "Ich will zu meinem Sohn." Dr. Sabourin zögerte deutlich. "Mrs. Blaisdell, Annie, ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist. Nehmen sie sich einen Augenblick, um wieder zu sich zu kommen." "Schreiben sie mir nicht vor, was ich zu tun oder zu lassen habe. Ich will zu meinem Sohn und zwar sofort. Ist er noch auf dem Zimmer?" "Ja, aber...." Weiter kam Dr. Sabourin nicht. Annie erhob sich und wandte sich Jody zu, die krampfhaft versuchte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Annies nach Jodies Arm tastende Hände verrieten, dass sie nicht halb so ruhig war, wie es nach außen hin den Anschein hatte. Normalerweise hätte sie Jodies Arm auf Anhieb gefunden, doch ihre sonst so scharfen Sinne wurden umhüllt vom Nebel des Grauens, der tief in ihrem Körper wütete. "Bringst du mich zu ihm, Jody, oder muss ich alleine gehen?" Die Blondine schluckte den dicken Kloß in ihrem Hals hinunter, wischte sich verstohlen eine Träne aus den Augen und legte Annies Hand auf ihren Arm. "Lass uns gehen", wisperte sie mit zitternder Stimme. Der Gang zum Zimmer schien Jody endlos vorzukommen. Ihre Knie waren inzwischen so weich, dass sie Sorge hatte, mitten im Gang zusammen zu brechen. Verstohlen warf sie Annie einen Blick zu, die mit kerzengradem Rücken und hochaufgerichteten Kopf neben ihr her schritt. Man konnte ihr nicht ansehen, dass sie gerade ihren Sohn verloren hatte. Insgeheim wünschte sich Jody, sie würde auch diese Kraft besitzen, die Annie scheinbar besaß. *Geh weiter, geh einfach immer weiter. Du schaffst es*, machte sie sich in Gedanken Mut. Leider nützte das nicht viel. Sie erreichten das Zimmer. Jodies Hand verharrte auf der Türklinke. Nur Annies ermutigender Händedruck brachte sie dazu, die Klinke herunter zu drücken und mit ihr zusammen das Zimmer zu betreten. Seltsam, eigentlich sollte es genau anders herum sein. Sie müsste diejenige sein, die Annie tröstete und nicht anders herum. Die wenigen Meter, die sie bis zu Peters Bett zurück legen mussten, waren die schlimmsten Sekunden in ihrem Leben. Ihre Augen saugten sich an den Apparaten fest, die nun ausgeschaltet waren und wie düstere Mahnmale neben dem Bett standen. Geschafft, sie standen vor seinem Bett. Jody zog den einzigen Stuhl im Zimmer heran, damit Annie sich setzen konnte. Sie beobachtete wie Annies Finger sich vortasteten und Peters Hand ergriffen. Finger, die vergeblich nach einem Puls suchten. Ein fast gewaltsam unterdrücktes Schluchzen und ein leises geflüstertes, "Peter, oh mein Peter." waren alles, was man vernehmen konnte. Jody konnte es einfach nicht über sich bringen Peter anzuschauen. Solange sie ihn nicht direkt ansah, so lange konnte sie sich der falschen Hoffnung hingeben, dass er doch noch am Leben war. Ihr unsteter Blick irrte zu Caine, der bleich und ausgezehrt in seinem Bett lag. Die Monitore waren noch angeschaltet und zeigten die dünne Herzlinie und den Blutdruck in einem blassen Grün an. Dr. Sabourins Worte kamen ihr wieder in den Sinn. "Es wird auch bei ihm nicht mehr allzu lange dauern." Jody zuckte zusammen bei dem Gedanken. Wie sollte sie es nur aushalten, nicht nur einen, sondern gleich zwei Männer zu verlieren, die ihr so nahe standen? "Jody, ist Peter noch an die Drähte angeschlossen, oder sind sie entfernt worden?" Annies hohl klingende Stimme riss sie aus ihren Gedanken. *Nein, bitte nicht. Ich kann nicht hinsehen*, flehte sie. "Jody?" Wie in Trance drehte sich Jody herum. Ihr Blick glitt über die weiße Bettdecke, die durch keinen Atemzug mehr bewegt wurde und höher hinauf, bis sie an seinem bleichen Gesicht hängen blieb. *Nicht einmal im Tod sieht er friedlich aus*, schoss es ihr durch den Kopf. "Jody? Was ist nun?" "S…sie sind weg", erwiderte sie stotternd und machte einen unsicheren Schritt auf das Bett zu. Ganz im Gegensatz zu vorhin war es Jody nicht mehr möglich den Blick abzuwenden. Wie paralysiert starrte sie in Peters leicht verzerrt wirkendes Gesicht. Die Augen waren geschlossen und sie würden sich auch nie wieder öffnen. Die große Liebe ihres Lebens war einfach von ihr gerissen worden, ohne dass sie jemals eine Chance gehabt hatte ihm zu sagen, was sie wirklich für ihn fühlte. Was würde sie darum geben, um nur ein einziges Mal zu ihm zu sagen: Ich liebe dich. Annies Hände tasteten sich zu Peters Gesicht vor. In einer lebevollen Geste, wie nur Mütter es können, strich sie Peter eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre fast unhörbaren Worte, "Lass mich nicht alleine, mein Liebling", brachten das Fass zum überlaufen. Jody konnte ihre Tränen nicht mehr länger zurück halten. Peter so still und ruhig in dem Bett liegen zu sehen und zu wissen, dass es nie wieder aus seinem letzen Schlaf erwachen würde, war einfach zu viel für sie. Sie sank, von einem Weinkrampf geschüttelt, neben Peters Ruhestätte in die Knie und schmiegte ihre Wange haltsuchend an Peters kalte, schlaffe Hand, die aus dem Bett heraus ragte. "Annie, oh Annie. Ich kann es nicht glauben, dass Peter tot ist. Wie kannst du nur so ruhig hier sitzen?", schluchzte sie. Einen Moment lang verlor Annies Gesicht die Maske, die sie zur Schau trug. Der tiefe Schmerz und die Qual waren überdeutlich zu erkennen. "Ich muss, Jody, ich muss einfach. Ich kann es mir nicht leisten zusammen zu brechen. Nicht hier und nicht jetzt", erwiderte Annie so leise, dass Jody sie fast nicht verstehen konnte. Die nächsten Minuten verliefen in angespanntem Schweigen, nur durchbrochen von Jodies Schluchzern. Jody hasste sich selbst dafür, dass sie Annie das antat, doch sie konnte einfach nichts dagegen machen. Schließlich hatte sich auch Jody wieder soweit im Griff, dass ihre Tränen versiegten, zumindest für den Moment. Sie wusste, das war nichts verglichen zu dem, was sie erwarten würde, wenn sie alleine zu Hause wäre und sie die Gedanken über Peters Tod heimsuchen würden. Verlegen straffte sie sich, zog ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich die Nase. Die Tür zum Krankenzimmer wurde zögerlich geöffnet. Dr. Sabourin betrat das Zimmer, gefolgt von zwei Pflegern. Sie trat zu Annie und legte ihr die Hand auf die Schultern. "Annie. Es tut mir sehr leid. Ich habe ihnen soviel Zeit gegeben, wie ich konnte, aber wir müssen Peter nun", *in die Leichenhalle bringen.* vervollständigte sie den Satz in Gedanken, konnte ihn aber nicht aussprechen. "verlegen", sagte sie statt dessen. Annies Schultern verkrampften sich unter ihren Händen. Die Finger, die eben noch in beständigem Rhythmus über Peters Haare und sein Gesicht gestreichelt hatten, fielen schlaff zur Seite herab. Ein letztes Mal beugte sie sich über ihn und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. "Dann muss es wohl so sein", gab Annie besiegt ihre Zustimmung und erhob sich mit Dr. Sabourins Hilfe vom Stuhl. Ihre Beine wollten nicht so recht. Jede Faser ihres Herzens schrie danach, bei ihrem Sohn zu bleiben. Auch Jody erhob sich und starrte auf Peter herab. *Ein Abschiedkuss du kannst das. Du wirst es dir dein Leben lang nicht verzeihen, wenn du es jetzt nicht tust*, machte sich Jody in Gedanken Mut. Sie hielt den Atem an, als sie sich langsam über ihn beugte, um ihre Lippen auf die seinen zu drücken. Im nächsten Moment sprang sie mit einem Aufschrei zurück und deutete mit zitternden Fingern auf Peters Stirn, auf der sich ein blutverkrusteter Riss formte. "D…d…da. Sehen, sie, was ich sehe?", rief Jody beinahe hysterisch aus. "Das gibt es doch nicht", stieß Dr. Sabourin hervor und starrte ebenfalls wie hypnotisiert auf den Riss. Alle Anwesenden, mit Ausnahme von Annie, die nur lauschen konnte, beobachteten fassungslos was in dem Bett vor sich ging. Ein Zittern lief durch Peters Körper. Farbe kehrte in sein Gesicht zurück, die Finger zuckten, Augenlider flatterten. Ein weiterer, weitaus heftigerer Ruck erschütterte seinen Körper und hob ihn um einige Zentimeter aus dem Bett bevor er in die Kissen zurück fiel. Zögerlich, fast wie in Zeitlupe öffneten sich seine Lippen. Sein Brustkorb begann sich zu heben und zu senken. Er atmete wieder. "Was…was ist passiert?", durchbrach Annies angespannte Stimme den Bann unter dem alle Anwesenden standen. Dr. Sabourin fasste sich als Erste wieder und trat an Peters Bett, um seine Vitalfunktionen zu überprüfen. Der stetig kräftiger werdende Puls, den sie unter ihren Fingerspitzen spüren konnte, bestätigte ihr, dass sie nicht träumte. "Ein Wunder, Annie. Ein Wunder. Peter, er lebt!", brachte sie schließlich hervor. "Was?" Annies Beine trugen sie nicht länger, fassungslos sank sie auf den Stuhl zurück und tastete nach Peters Hand, um sich selbst davon zu überzeugen. Sie konnte die Freudentränen nicht verhindern, als sie spürte wie Peters Finger sich langsam um ihre Hand schlossen. So fest sie konnte drückte sie seine Hand, als wolle sie sie niemals wieder los lassen. "Peter", ertönte Caines Stimme in diesem Moment schwach durch den Raum. Niemand hatte auf den anderen Shaolin geachtet, der inzwischen ebenfalls wieder zu sich gekommen war. Dr. Sabourin eilte mit einem erfreuten und gleichzeitig fassungslosen Gesichtsausdruck zu seinem Bett und drückte ihn in die Kissen zurück. "Bleiben sie liegen, Caine, sie sind nicht in der Verfassung aufzustehen", sprach sie beruhigend auf ihn ein. Caine schob Dr. Sabourins Hände einfach zur Seite. Seine Augen waren noch leicht verhangen, dennoch wirkte er fest entschlossen, während er darum kämpfte, seine Muskeln dazu zu bewegen ihm zu gehorchen. "Peter, ich muss zu Peter", krächzte
er. Genauso gut hätte sie gegen eine Wand reden können. Trotz ihrer Versuche ihn im Bett zu halten, richtete sich Caine auf und stand schließlich auf beiden Beinen. Man konnte förmlich sehen, wie von Sekunde zu Sekunde die Kraft in seinen Körper zurück kehrte. Jody konnte nicht länger an sich halten. Sie stolperte vor und direkt in Caines Arme. Fest drückte sie ihn an sich. "Caine, ich bin so froh, dass du wieder bei uns bist", brachte sie zwischen Lachen und Weinen hervor. Caine erwiderte sie Umarmung einen Moment lang, bevor er sich von ihr löste, ihr den Arm um die Schultern legte und mit ihr zusammen zu Peters Bett ging. Dr. Sabourin lehnte sich kopfschüttelnd an die Wand und beschränkte sich aufs Beobachten. Sie konnte sich nicht erklären, warum plötzlich beide Männer, eben nahe an der Schwelle des Todes und einer sogar schon tot, wieder zu sich gekommen waren. Wahrscheinlich gab es eh nur einen, der ihr das erklären konnte, doch der war im Moment mit anderen Dingen beschäftigt. Sie konnte warten. En zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen. Ihren Patienten ging es den Umständen entsprechend wieder gut, was wollte sie mehr? Caine hatte derweil Peters Bett erreicht. Er drückte kurz Annies Hand, die sichtlich atemlos wirkte und konzentrierte sich dann ganz auf seinen Sohn. Mit geschlossenen Augen ließ er die Hände, bei den Füßen angefangen, über Peters Körper wandern, bis hin zu seinem Kopf. Seine Fingerspitzen legte sich an Peters Schläfen und er verharrte in dieser Position mehrere Minuten lang. Das kleine Wunder geschah. Peters Augenlider begannen immer mehr zu flattern. Und dann öffneten sich die Augen zum ersten Mal seit langer, langer Zeit. Er blinzelte in dem grellen Licht. Vollkommen verwirrt und orientierungslos schaute er um sich. Langsam wurden die Gesichter, die er nur wie durch einen dichten Nebel wahr nahm, klarer. Er erkannte Annie, Jody und seinen über ihn gebeugten Vater. Seine Zunge fühlte sich wie ein Reibeisen in seinem Mund an. Er schluckte hart, um seine trockene Kehle zu befeuchten. Seine Lippen öffneten sich, doch es kam kein Laut daraus hervor. Panik machte sich in ihm breit. In schneller Reihenfolge schwirrten Bilder durch seinen Kopf. Es waren so viele, dass es sie nicht sortieren konnte. Die Erinnerungen der realen Welt und der anderen Dimension vermischten sich. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. War es möglich, dass er noch träumte und sie in Wirklichkeit doch noch immer durch diese von den Sing Wah errichtete Welt irrten, oder war es anders herum? Er wusste es nicht. Eine kühle Hand legte sich auf seine Stirn. Er spürte wie ein warmer, beruhigender Strom, ausgehend von dieser Hand in seinen Körper eindrang. Langsam aber stetig entwirrten sich die Bilder in seinem Inneren, er erkannte, wo er sich befand. Zum wiederholten Male versuchte er zu sprechen. Diesmal gelang es, wenn auch nur ein Wort. "Paps?" "Alles ist wieder gut, mein Sohn. Wir sind zurück", bestätigte Caine die unausgesprochene Frage. Erleichterung machte sich auf Peters Gesichtszügen breit. Caine löste seine Hand von seiner Stirn und strich ihm über die Wange. "Schlaf jetzt, es wird dir gut tun." Ergeben schloss Peter die Augen. Alles war wieder da, wo es hin gehörte. Er war Zuhause. ************************ Zur selben Zeit in Caines Appartement. Cara stöhnte leise und fasste sich an den Kopf. Ein Gewicht lag auf ihrer Brust und machte ihr das Atmen schwer. Mühsam öffnete sie die Augen, wartete einen Moment bis sich die leichte Übelkeit gelegt hatte und machte sich dann daran, ihre Umgebung in Augenschein zu nehmen, da ihr Körper nicht ganz so wollte wie sie. Genauer gesagt konnte sie außer ihrer Hand sonst noch gar nichts bewegen. Sie befand sich in Caines Meditationszimmer und lag auf dem Boden. Ihre linke Hand befand sich auf einem Buch. Vorsichtig zog sie sie zurück und erkannte, dass es sich um das Buch von Shambhala handelte. Ihr Blick wanderte weiter und sie erkannte, dass es Kermits Oberkörper war, der halb über ihrer Brust lag und ihr somit das Atmen erschwerte. Die Erinnerung kehrte zurück. Cara konnte ein befreites Auflachen nicht unterdrücken. Anscheinend hatten sie es geschafft. Kermit stöhnte nun ebenfalls leise. Sie spürte das leichte Zucken seiner Finger auf ihrer Brust. Sie gab ihm noch einige Sekunden, bevor sie ihn ansprach. "Kermit?" Der Ex-Söldner hob den Kopf. Im ersten Moment schaute er etwas verwirrt, doch dann kehrte auch seine Erinnerung zurück. Seine Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln. Er blieb noch einen Moment so liegen bis seine Glieder ihm wieder gehorchten, dann befreite er Cara von seinem Gewicht, indem er einfach nur ein wenig zur Seite rückte. Den Kopf auf seine Hand gestützt schaute er ihr aus nächster Nähe in die Augen. "Das war vielleicht ein Trip", meinte er in seiner typischen Art. Cara erwiderte sein Lächeln. "Das kannst du Laut sagen. Könnten wir diesen Horror in Flaschen abfüllen und an Geisterbahnen verkaufen, wären wir reich." Einen Moment lang schwiegen beide, versunken in die Erinnerung. "Meinst du, Caine und Peter haben es auch geschafft?", fragte Cara leise und voller Sorge. Kermit lächelte ihr beruhigend zu. "Da bin ich mir ganz sicher. Sobald wir uns ein wenig erholt haben, fahren wir ins Krankenhaus, dann kannst du dich mit eigenen Augen davon überzeugen. Einverstanden?" Cara nickte. Plötzlich stand ihr eine ganz andere Szene im Krankenhaus vor Augen. Diejenige, die auch der Grund dafür gewesen war, warum sie hier gelandet war. Kermit schien ihre Gedanken erraten zu haben, denn das Lächeln wich aus seinem Gesicht. "Es tut mir leid, Prinzessin, dass ich dein Vertrauen so missbraucht habe. Ich weiß nun, dass ich vollkommen falsch gehandelt hab. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass du mir es irgend wann verzeihen und mir auch wieder vertrauen kannst. Ich wollte niemals unsere Freundschaft zerstören, dafür bist du mir viel zu wichtig." Caras Augen leuchteten auf. Nach all dem, was sie gemeinsam durchlebt hatten, war die Entscheidung ein Kinderspiel. "Da gibt es nichts zu verzeihen, Kermit. In Anbetracht dessen, was wir gerade durchgemacht haben, weiß ich nun, dass ich mich immer und überall auf dich verlassen kann. Vergessen wir einfach was gewesen ist und fangen wir neu an." "Aber ich hoffe nicht ganz von vorne", erwiderte Kermit in einem Tonfall, der Cara aufhorchen ließ. "Wie meinst du das?" Noch nie war sich Kermit so sicher gewesen, den richtigen Zeitpunkt für den nächsten Schritt in ihrer Beziehung gewählt zu haben. Die Tage, die sie in der Welt der Sing Wah verbracht hatten, hatten ihm gezeigt, dass sie und Peter, entgegen seiner Annahme, doch kein Liebespaar waren, sondern nur enge Freunde. Somit war der Weg für ihn frei, vorausgesetzt sie wollte auch. "Siehst du es denn nicht?" Mit einem schnellen Handgriff zog er sich die Brille ab und schaute ihr offen und frei in die Augen. Ihre Blicke versanken ineinander. Kermit hob die Hand, und legte sie Cara an die Wange. All die Gefühle, die sie im Moment füreinander empfanden, waren deutlich in ihren Augen zu lesen. Sein Herz machte einen kleinen Sprung als er erkannte, dass sie dasselbe fühlte. Cara schmiegte ihr Wange in seine Hand, nicht in der Lage seinem intensiven Blick auszuweichen, sie wollte es auch gar nicht. Im Gegenteil. Sie schlang nun ihrerseits ihren Arm um seine Taille und lächelte ihn einladend an. Fast wie in Zeitlupe überbrückte Kermit den wenigen Abstand zwischen ihnen, gab ihr Zeit zurück zu weichen. Sie tat es nicht, verharrte vollkommen bewegungslos in ihrer unbequemen Position auf dem Boden. Sein Atem strich leicht über ihre Lippen, es kam fast einer Liebkosung gleich. Ein kurzer, prüfender Blick in ihre Augen. Ja, sie wollte es auch. Ein Schauer lief Kermits Rückgrat hinab, als seine Lippen zum ersten Mal die ihren berührten. Es war, als hätte man einen Stromkreis geschlossen, alles passte perfekt zusammen. Er musste an sich halten, um sie nicht einfach mit seiner ungestüm aufwallenden Leidenschaft zu überfallen. Nie hätte er gedacht, dass ein einziger Kuss solche Gefühle in ihm hervor rufen könnte. Mit viel Willenskraft hielt er den Kuss sanft und forderte nichts. Er wartete, wartete darauf, dass sie die Entscheidung traf. Als er mit der Zungenspitze sanft ihre Unterlippe nachzeichnete, öffnete sie mit einem leisen Seufzen ihre Lippen. Kermit kam ihrer Einladung nach und vertiefte den Kuss. Erst als beide keine Luft mehr bekamen, löste er sich widerstrebend von ihr. "Wow", war alles, das Cara hervor brachte. Kermit nickte zustimmend und bemerkte trocken. "Nur gut, dass wir schon liegen, das hätte uns sonst umgehauen." Fragend schaute sie ihn an. "Und was machen wir jetzt?" Kermit grinste und stand auf. Dann bückte er sich, ergriff ihre Hand und zog sie ebenfalls auf die Beine. Einen Arm legte er um ihre Schultern und drückte sie an sich. "Jetzt, Prinzessin, fahren wir ins Krankenhaus
und schauen wie es den anderen beiden geht."
zurück zum Serien Index Zurück zum Story Index
|