Der nächste Tag verging für Angel wie im Flug. Bis sie alles erledigt hatte, war es fast schon Abend. Die Uhr zeigte kurz nach 19 Uhr, als sie ihren nagelneuen Wagen stolz auf dem Parkplatz abstellte. Der dunkelgrüne Trans Am mit dem feuerrot leuchtenden Drachen auf der Motorhaube gefiel ihr ausnehmend gut und sie strich liebevoll über das polierte Metall. Als sie ihn in einem Autohaus entdeckt hatte, hatte sie einfach nicht wiederstehen können und kurzerhand das Kraftpaket gekauft. Kermit würde Augen machen, dessen war sie sich sicher. Im Eiltempo hechtete Angel die Treppen hinauf und hüpfte gleich unter die Dusche. Sie wollte sich heute besonders hübsch machen und sehen, ob sie den spröden Detective nicht ein wenig aus der Reserve locken konnte. Ihre Sachen waren pünktlich heute Morgen geliefert worden, von dem her hatte sie die komplette Auswahl. Das Wohnzimmer sah nun auch behaglicher aus, nachdem sie ihre persönlichen Gegenstände aufgestellt hatte. Ihr gefiel es jedenfalls. Ein paar Minuten vor der verabredeten Zeit legte sie letzte Hand an sich. Prüfend blickte sie in den Spiegel, zufrieden mit dem was sie sah. Die langen Haare hatte sie solange gebürstet, bis sie in weichen Wellen ihr Gesicht umrahmten, dazu hatte sie sich dezent geschminkt und ihre blauen Augen betont, die nun regelrecht zu leuchten schienen, ohne dass das Make Up aufdringlich wirkte. Die hautenge weiße Carmenbluse betonte ihre vollen Brüste und die schlanke Taille, gehalten wurde sie nur von den bauschigen Ärmel, die ansonsten ihre gesamten Schultern frei ließ. Ihre gebräunte Haut bildete einen reizvollen Kontrast zu dem weißen Stoff. Der weit schwingende Meergrüne Rock endete eine gute Handbreit über dem Knie, ohne anstößig zu wirken und erinnerte an die Zeit, in der der Petticoat noch in war. Dazu hatte sie sich für hochhackige, ebenfalls meergrüne, Pumps entschieden und einer hautfarbenen glänzenden, durchsichtigen Strumpfhose, die ihre langen Beine mit den schlanken Fesseln noch mehr betonte. Alles in allem strahlte ihr eine begehrenswerte, hocherotische junge Frau entgegen. Angel lächelte ihr Spiegelbild an und streckte sich die Zunge heraus. *Das ist nicht gerade der brave Engellook. Aber wenn du hier nicht anbeißt, dann weiß ich auch nicht mehr weiter, Kermit Griffin*, dachte sie bei sich. Sie wollte diesen Mann unbedingt näher kennen lernen, und wenn ihr dabei ihr Aussehen half, warum nicht? **************** Pünktlich um Acht Uhr klingelte es an ihrer Türe. Angel strich sich noch einmal die Bluse glatt, ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, schnell die Handtasche geschnappt und die Türe aufgemacht. "Hallo Detective Griffin", begrüßte sie ihn. Kermit konnte sie nur mit offenem Mund anstarren. Gestern hatte er schon bemerkt, wie gut sie aussah - aber heute... Dieser Anblick machte ihn glatt sprachlos. Angel lächelte ihn engelsgleich an, legte ihre Hand unter sein Kinn und schloss seinen Mund mit sanftem Druck. "Alles okay?", erkundigte sie sich liebenswürdig. Kermit räusperte sich vernehmlich, bevor er seine Sprache wieder fand. "Uhm ja. Hallo Miss Caine. Sie sehen phantastisch aus." Angel errötete ein wenig und nahm brav das Kompliment an. Sekundenlang herrschte Stille. Kermit konnte den Blick einfach nicht von ihr wenden. Ihm wurde klar, dass er heute Abend einen schweren Stand gegen seine Kollegen haben würde, speziell gegen den gutaussehenden Peter. Jeder Mann in dieser Stadt würde sich alle zehn Finger ablecken, wenn er mit so einer Frau ausgehen durfte. In diesem Moment bereute der Detective es zutiefst, Angel in die Bar eingeladen zu haben. Dort sprangen einfach viel zu viele gutaussehende Männer herum, die er plötzlich alle nur noch als potentielle Rivalen sah. Mit erschreckender Deutlichkeit wurde ihm bewusst, dass er Angel viel lieber nur für sich selbst haben wollte, doch dazu war es, dank seiner eigenen Dummheit, viel zu spät. Seitdem er sie kannte, schien ihm irgendwie sein logischer und normalerweise sehr präzise arbeitender Verstand abhanden gekommen zu sein. "Können wir gehen, oder stehen wir noch weiter an der Türe herum?", fragte Angel sanft mit einem gekonnt unschuldigen Augenaufschlag. Die Worte rissen Kermit aus seiner Erstarrung. Was war nur mit ihm los? Er war doch ein erwachsener und sehr erfahrener Mann und sie war beileibe nicht die erste Schönheit, der er begegnete. Warum nur kam er sich in ihrer Gegenwart dennoch ständig vor, wie ein kleiner Schuljunge? Schnell sammelte er sich wieder, setzte seine undurchdringliche Miene auf und schob die störenden Gedanken vorerst zur Seite. "Natürlich, die anderen warten sicher schon auf uns", meinte er und räusperte sich erneut unauffällig. Gleich darauf bot er ihr, ganz der Gentleman, seinen Arm an, den sie ergriff und sich von ihm zum Fahrstuhl führen ließ. Auf dem Weg nach unten machten sie ein wenig Small Talk und die Stimmung wurde wieder lockerer. Kurz vor dem Parkplatz meinte Angel: "Ich würde gerne meinen Wagen nehmen, wenn es ihnen recht ist, Detective." "Oh, haben sie sich heute tatsächlich einen Wagen gekauft?" "Ja, sie ist eine reine Schönheit." *So wie du*, dachte Kermit. Laut meinte er: "Aber ich habe sie eingeladen, daher fahren wir mit meiner Corvair." "Aber mein Wagen muss noch eingefahren werden und dafür nütze ich gerne jede Gelegenheit. Wenn sie wollen, können sie ihn gerne fahren, dann kommt es doch auf dasselbe heraus, oder?" Mit diesen Worten hielt sie ihm die Wagenschlüssel hin und schaute ihn durchdringend an. Kermit kannte diesen entschlossenen Blick, den sie ihm zuwarf, nur zu gut. Genau so sah sein junger Kollege Peter auf dem Revier auch immer aus, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte und es unbedingt durchsetzen wollte. Wenn Kermit es nicht besser wüsste, würde er schwören, Peter hätte ihr diesen Blick beigebracht. Sie würde es wohl tatsächlich fertig bringen, ihm hinterher zu fahren, sollte er ihr Anliegen ablehnen. Daher nahm er zögernd die Schlüssel an. Er folgte Angel zu dem grünen Trans Am, dann pfiff er leise durch die Zähne. "Ein äußerst kraftvolles Prachtstück würde ich sagen." Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. "Ich mag es, schnell von einem Ort zum anderen zu gelangen und habe mich auf den ersten Blick in den Wagen verliebt." "Sie müssen gut verdienen, wenn sie sich so einen Wagen leisten können.", rutschte es Kermit unfreiwillig heraus. "Sagte ich ihnen schon, Detective. Ich kann es mir leisten, ein wenig extravagant zu sein." Kermit zuckte nur die Schultern und beließ es vorerst dabei. Obwohl er sich auf dem besten Wege befand, sich Hals über Kopf in die betörende junge Frau an seiner Seite zu verlieben, konnte er doch nicht aus seiner Haut und alles einfach als gegeben hinnehmen. Kurzgesagt war er mit seiner Überprüfung von Angel noch nicht durch. Gleich heute Früh hatte er sich an den Computer gesetzt und versucht, so viel wie möglich über die junge Frau heraus zu bringen. Leider war er nicht weit gekommen, da er sich mit einem Fall beschäftigen musste. Nur so viel konnte er bis jetzt sagen: Das, was sie ihm bis jetzt erzählt hatte stimmte. Des Weiteren hatte er noch eine ganz andere Anfrage laufen, auf deren Ergebnis er sehr gespannt war. Kermit stieg auf der Fahrerseite ein und steckte den Schlüssel ins Zündschloss. Der Motor startete mit einem satten Schnurren, das sein Gesicht aufhellte und ihn die düsteren Gedanken vergessen ließ. Er konnte förmlich die Kraft, die in diesem Wagen steckte, spüren und freute sich auf die Fahrt. Noch im Auto wechselten sie zum freundschaftlichen Du über und Angel versprach ihm, nichts darüber verlauten zu lassen, auf welche Art und Weise sie sich getroffen hatten. Den Rest der Zeit vertrieben sie sich damit, sich über Gott und die Welt zu unterhalten. Einige Zeit später kamen sie vor dem Delanceys an und Kermit fand einen Parkplatz direkt vor dem Laden. "Scheint, wir haben Glück heute Abend", lautete sein Kommentar dazu. Wie ein vollendeter Gentleman stieg er zuerst aus dem Wagen und hielt ihr die Türe auf. Dann bot er ihr erneut seinen Arm an, um sie in die Bar zu führen. Er spürte, wie ihre Finger leicht zitterten und blickte sie besorgt von der Seite an. "Alles in Ordnung mit dir?" Sie nickte. "Ja, ich bin nur ein wenig aufgeregt. Was ist, wenn mich deine Kollegen nicht leiden können? Immerhin werde ich über kurz oder lang auch sporadisch mit ihnen zusammen arbeiten, sofern Captain Simms mich braucht." Kermit drückte kurz ihre Hand auf seinem Arm. "Nur keine Sorge, Angel. Ich bin sicher, sie werden dich mögen. Du hast ein so offenes Wesen, dass du dir darum ganz bestimmt keine Sorgen machen musst." "Na dann hoffen wir mal das Beste. Hinein in die Höhle des Löwen.", meinte Angel und drückte sich ein klein wenig enger an Kermit, der ihre Nähe sehr genoss. ************* Kermits und Angels Auftritt im Delanceys war fast Showreif. Kaum hatten sie den Eingang hinter sich gelassen, verstummte das Gespräch an mehreren Tischen abrupt. Sogar Terry, der Barkeeper, starrte Angel mit offenem Mund an. Unzählige Augenpaare folgten dem gut aussehenden Paar, das direkt an einen fast voll besetzten Tisch zusteuerte, an dem schon vier Männer und zwei Frauen saßen. "Hallo zusammen. Darf ich euch Angel vorstellen?", begrüßte Kermit seine Kollegen nonchalant und machte sich gleich ans Werk mit der restlichen Vorstellung. "Das hier ist T.J. Kincaid, den kennst du sicher noch von gestern, Blake, auch genannt Shaky, Chief Frank Strenlich, Jody Powell, Mary Margret Skalany und der berühmte Peter Caine." "Hallo", erwiderte Angel ein wenig schüchtern und schüttelte der Reihe nach den genannten Personen die Hand. Peter, der als Letzter an die Reihe kam, küsste ihr galant die Hand und brachte Angel prompt zum Erröten. Kermit fühlte Eifersucht in sich hochsteigen, als er sah, wie Peter ihr sein schönstes Lächeln schenkte, mit dem er schon Dutzende von Frauenherzen erobert hatte. Erneut ärgerte er sich, sie hierher eingeladen zu haben. Falls Angel ihre Aufmerksamkeit nun dem vor Charme nur so sprühenden Peter zuwandte, war er selbst schuld. Zu seiner großen Erleichterung bemerkte Kermit, dass er sich wohl doch keine Sorgen machen musste. Angel behandelte Peter genauso höflich und zuvorkommend, wie die anderen. Es gab keine Anzeichen dafür, dass sie ihn besonders Attraktiv oder Anziehend fand. Ganz Gentleman der alten Schule, schob Kermit Angel einen Stuhl zurecht und drückte kurz ihre Schulter, bevor er sich neben sie setzte. Ihnen gegenüber saß der schüchterne Blake, der zur allgemeinen Überraschung spontan einen Kommentar von sich gab: "Angel, sie machen ihrem Namen alle Ehre, wenn ich das so sagen darf", meinte er in seiner treuherzigen und etwas drolligen Art. Angel lächelte ihn freundlich an und bedankte sich für das Kompliment. Das Eis brach und die Gespräche kamen in Gang. Peter wollte gleich wissen, wie sie sich kennen gelernt hatten und Kermit erzählte die Geschichte, dabei so dicht wie möglich bei der Wahrheit bleibend. Bald gingen alle zum üblichen Feierabend-Smalltalk über. Kermit freute sich, als er merkte, dass seine hübsche Begleiterin anscheinend von allen akzeptiert wurde. Als Angel irgendwann heraus ließ, dass sie ab und an für das Revier arbeiten würde, wurde mit Kommentaren nicht gespart. Auch einige anzügliche Bemerkungen gab es, die sie aber mit Witz und Charme konterte. Eine gute Stunde später schien es, als hätte Angel schon immer zu der Truppe gehört. Kermit, der sie aus dem Augenwinkel heraus genau beobachtete, stellte fest, dass sie sich mit jeder Minute mehr entspannte und das Treffen genoss. Peter tat sich ein wenig hervor, indem er sie direkt auf Chinesisch ansprach und Angel prompt darauf einging. Die beiden mussten erst rigoros von den anderen unterbrochen werden, bevor sie wieder in die Muttersprache über wechselten. Dabei blinzelten sie sich wie Verschwörer zu, was Kermit erneut einen Stich in die Magengrube versetzte. Mit Peter schien sie sich wirklich blendend zu verstehen, und auch für Blake schien sie eine besondere Vorliebe zu entwickeln. Die gute Laune der Runde wurde abrupt unterbrochen, als ein schon gut angeheiterter Mann sich in eindeutiger Ansicht Angel näherte. Kermit machte Anstalten sich zu erheben, doch Angel legte ihm die Hand auf den Arm. "Das kann ich gut alleine Handhaben, Kermit", sagte sie in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. Das Gespräch an dem Tisch verstummte. Man konnte den Cops die Anspannung förmlich ansehen, auch wenn sie sich auf Angels Geheiß hin zurück hielten. Dennoch wanderte die ein oder andere Hand unauffällig zur Waffe. Die junge Frau schaute dem schwankenden Typ mit einem lodernden Blick entgegen, der Eisberge zum schmelzen bringen konnte. "Hey Puppe, hast du Lust zu tanzen?", lallte dieser. "Nein danke, ich bin beschäftigt.", erwiderte sie frostig. "Na komm schon du hübsches Wesen, mach einem alten Mann wie mir eine Freude und zier dich nicht so.", beharrte der Schwankende und machte einen tapsigen Schritt auf sie zu. Angels Stimme klang absolut ruhig und selbstsicher, sie blieb wo sie war. "Du scheinst mich nicht verstehen zu wollen, ich will nicht mit dir Tanzen. Tu dir selbst einen Gefallen und lass mich in Ruhe." "Aber, aber, wer wird denn gleich so garstig sein, Püppchen? Wenn deine Haut so zart wie deine Stimme ist, dann wirst du mich sicher in den siebten Himmel katapultieren", versuchte der Mann ihr ungeschickt zu schmeicheln. Angel schenkte ihm ihr schönstes Lächeln, was den Mann dazu veranlasste, scharf die Luft einzuziehen. In ebensolcher sanfter Stimme erwiderte sie: "Fass mich an und ich breche dir den Arm." Der Mann brauchte einen Moment, um hinter die Bedeutung ihrer Worte zu kommen, die so unschuldig ausgesprochen worden waren. "Das ist ja wohl jetzt nicht dein ernst, Püppchen", meinte er mit einem halben Lachen, das mittlerweile doch ziemlich verunsichert klang. Plötzlich verschwand das Lächeln aus Angels Gesicht. Sie schaute ihn an mit einem Blick, der absolut klar machte, wie ernst sie es meinte. Ihre Stimme nahm einen leisen und sehr bedrohlichen Klang an. Selbst ihre Augenfarbe hatte sich verändert. Ihre Retina wirkte nun um einige Nuancen dunkler und ein Leuchten schien tief aus dem Inneren zu kommen. Gefährlich leise meinte sie: "Versuche es, und du wirst sehen was passiert! Nun mach, dass du hier verschwindest, bevor ich dich eigenhändig aus dem Lokal entferne; denn das wird verdammt weh tun, kann ich dir versprechen!" Der Mann bekam es mit der Angst zu tun und stolperte einen Schritt zurück. Er hob beide Hände beschwichtigend in die Höhe und meinte: "Schon gut, schon gut, ich gehe ja schon." Dann verschwand er, so schnell ihn seine wackeligen Füße trugen. Einen Augenblick herrschte Totenstille am Tisch. Alle wirkten überrascht, wie die sanfte Person sich verändern konnte. Von Kermit war man solche Auftritte gewohnt, aber von einer Frau? Wiederum ergriff Blake als Erster das Wort. "Ich hoffe nur, dass ich nie ihren Zorn auf mich ziehe." Zusammen mit Blakes etwas ängstlichem Blick, kam das so drollig herüber, dass sich die Spannung sofort auflöste. "Das könnten sie auch nie, dazu sind sie viel zu lieb", erwiderte Angel, die nun wieder vollkommen entspannt wirkte, ihre Hand kurz auf Blakes legte und sie drückte. "Wie hättest du reagiert, wenn er dich angefasst hätte?", hakte Peter mit großen, erstaunten Augen nach. "Wie wohl? Ich hab ihm doch gesagt, was passiert, wenn er mich anfasst", meinte sie mit einem Lächeln, das die Schärfe ihrer Worte aufhob. Peter schluckte trocken. "Mir scheint, vor dir muss man sich wirklich in acht nehmen." "Nur wenn du böses mit mir vorhast. Ansonsten bin ich relativ pflegeleicht und bei 40° waschbar", gab Angel zurück und hatte die Lacher wieder auf ihrer Seite. Während sich die anderen weiter unterhielten, beugte sich Kermit zu ihr. Sein Atem streifte leicht Angels Wange und verursachte ihr eine Gänsehaut, als er in ihr Ohr flüsterte: "Hast du nicht schlecht gemacht, aber beschwör nie wieder so eine Situation herauf." Angel blickte ihn mit großen Augen an. "Was habe ich denn getan?" "Tu nicht so unschuldig. Du hast verdammt große Töne gespuckt. Die Situation hätte leicht eskalieren können und dann?" "Nichts und dann. Hier sitzen genügend Cops um den Tisch herum. Was hätte schon passieren können? Mach bitte aus einer Fliege keinen Elefanten.", versetzte sie indigniert. Blake unterbrach unbeabsichtigt das sehr leise geführte Gespräch. Er stellte Angel eine Frage zu ihrem Beruf und sie wandte sich ihm sofort zu, froh darüber, dem Gespräch mit Kermit ausweichen zu können. Allerdings fragte sie sich schon, warum dieser so heftig auf diesen Zwischenfall reagierte. Lag das an seinem Beschützerinstinkt, den er ohne Zweifel ihr gegenüber an den Tag legte? Sie konnte es nicht richtig einordnen. Das Thema am Tisch wechselte erneut, man kam auf die verschiedensten Personen zu sprechen und erzählte sich Anekdoten über diesen und jenen. Gerade gab Peter eine Geschichte zum Besten, wie er bei der Verfolgung eines Verbrechers mitten im Wald vor den Augen seines Vaters in einer Dreckpfütze gelandet war und alles lachte. Die Erinnerung überkam Angel wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie ärgerte sich, wie sie so etwas Wichtiges durch all den Stress einfach vergessen konnte. Sie fluchte leise und erntete einen fragenden Seitenblick von Blake. Kurz darauf erhob sie sich und ging in Richtung der Toiletten. Dort steuerte sie auf eine kleine Telefonbucht und blätterte das Telefonbuch durch nach einer Adresse, die sie leider nicht fand. Ein wenig enttäuscht kehrte sie zu den anderen zurück. "Was ist los? Du schaust plötzlich so nachdenklich aus", erkundigte sich Kermit sofort. "Mir ist gerade etwas einfallen, was ich jemanden versprochen habe. Ich fürchte, ich brauche deine oder eure Hilfe." Peter warf ein: "Wobei brauchst du Hilfe?" Aller Aufmerksamkeit wandte sich Angel zu. Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Die ganze Situation war ihr ein wenig peinlich, aber sie fasste sich ein Herz. "Ich bräuchte eine Adresse hier in Sloanville und zwar von einer gewissen Annie Blaisdell. Sie steht leider nicht im Telefonbuch und ich dachte, jemand von euch könnte sie mir vielleicht heraus suchen." Atemlose Stille herrschte am Tisch, man hätte eine Stecknadel fallen hören so leise wurde es plötzlich. Angel wirkte ein wenig verwirrt. "Wozu brauchst du die Adresse?", erkundigte sich Peter, sie scharf beobachtend. "Weil ich Annie Blaisdell eine Nachricht überbringen soll, deswegen." "Von wem?" Peters Anspannung war fast greifbar. Er verkrallte die Finger an der Tischkante. "Von ihrem Mann. Er hat mich darum gebeten", ließ die junge Frau ungewollt die Bombe platzen. "Was? Wann hast du Paul getroffen und wo?" Peter schrie es fast und sprang von seinem Stuhl auf. Auch alle anderen am Tisch wirkten sichtlich betroffen. Angel, die nicht wusste in welchem Verhältnis Peter zu Paul stand, wirkte sichtlich irritiert. Instinktiv wich sie vor dem aufgebrachten Cop auf ihrem Stuhl zurück. Kermit sprang ebenfalls auf und stellte sich dem am ganzen Leib zitternden Peter in den Weg. "Was habe ich nun wieder angestellt? Mir scheint, ich kann hier keine Frage stellen, ohne dass nicht mindestens einer in die Luft geht, oder ich erstaunte Blicke ernte", meinte Angel beinahe verzweifelt. Blake legte beschützend den Arm um ihre Schultern. "Paul Blaisdell ist unser ehemaliger Captain. Er ist vor etwa einem Jahr spurlos verschwunden und keiner weiß, wo er sich seitdem aufhält", erklärte er ihr leise. "Oh, davon hatte ich keine Ahnung. Tut mir leid, dann habe ich hier wohl anscheinend mitten ins Wespenest gestochen." Peter achtete nicht auf Kermit, der ihm warnend eine Hand auf die Brust gelegt hatte. "Verdammt, Angel! Ich will sofort eine Antwort: wo und wann hast du Paul gesehen? Was hat er gesagt, wie geht es ihm?", rief er laut aus und machte einen Schritt auf die verwirrte Frau zu. "Peter, es reicht. Lass sie ihn Ruhe!", kam es äußerst drohend von Kermit. Angel stand ebenfalls auf und wich noch ein wenig weiter zurück, ein entschlossener Ausdruck lag in ihren Augen. "Ich kann dir nur sagen, dass es ihm gut geht, mehr nicht.", erwiderte sie so ruhig sie konnte. "Du hast ihn getroffen! Erzähl mir nicht einen solchen Mist. Wo ist er? Ich will es wissen und zwar sofort!", rief Peter mit glitzernden Augen und zu Fäusten geballten Händen aus. Frank erhob sich blitzartig. Er positionierte sich hinter Peter, um im Notfall gleich eingreifen zu können, denn der Heißsporn machte ganz den Eindruck, als wolle er, ungeachtet Kermits Warnung, auf Angel losgehen. "Tut mir leid, alles andere erzähle ich nur Annie und sonst niemandem", meinte diese entschlossen. "Ich bin sein Sohn. Ich habe ein verdammtes Recht zu erfahren wo er ist!", schrie Peter nun total außer sich. Angel zuckte erneut zurück. "Du bist sein Sohn? Wie das? Ich dachte, du heißt Caine mit Nachnamen?" "Zum letzten Mal! Wo ist er, Angel?", hakte Peter nach, ohne auf ihre Fragen einzugehen. Die blonde Frau schüttelte den Kopf. "Nein, Peter, tut mir leid. Mehr erfährst du von mir nicht. Ich habe Paul hoch und heilig versprochen, nur mit seiner Frau zu reden, ungeachtet wer sonst noch fragt und genau das werde ich tun. Aber wenn du etwas tun möchtest, um die Sache zu beschleunigen, dann könntest du mir die Adresse der Blaisdells nennen." "Peter, geh noch einen Schritt weiter auf Angel zu und du wachst erst morgen früh wieder auf", drohte Kermit mit eiskalter Stimme. Diesmal kam der Ex-Söldner zu Peter durch, der tief Luft holte und einen Schritt zurück wich. "Kermit, du verstehst das nicht. Sie hat Nachricht von Paul!", murmelte er verletzt. "Ich verstehe es sehr gut, Peter. Aber wenn Paul Angel gebeten hat, nur Annie etwas zu sagen, dann solltest du das akzeptieren. Sie kann nichts für die Situation", erwiderte der ältere Detective äußerlich ruhig. Angel löste sich aus Blakes Umarmung und trat an Peter heran, den warnenden Ruf von Kermit ignorierend. Dem jungen Detective tief in die Augen schauend, meinte sie: "Peter, ich mache dir einen Vorschlag. Du kannst gerne mit mir kommen, ich kenne die Adresse ja eh nicht. Mehr kann ich im Moment nicht für dich tun, so leid es mir tut." Peter beruhigte sich zusehends. Er streckte die Hände nach Angel aus, die sie auch ergriff. Frei und offen blickte sie ihn an. "Und es geht ihm wirklich gut?", hakte er nach. Tiefer Schmerz überschattete die sonst so sanften, haselnussfarbenen Augen. Angel drückte seine Hände. "Ja, es geht ihm gut, Peter. Er ist wohlauf." "Wann hast du ihn getroffen?" "Das ist noch nicht so lange her. Bitte, Peter, ich darf dir wirklich nicht mehr sagen. Ich habe es Paul versprochen." Flehend sah sie ihn an. Peter ließ langsam ihre Hände los und fuhr sich aufgeregt durch die eh schon zerzausten Haare. "Es ist beinahe eine Stunde Fahrt zum Haus meiner Eltern. Wärst du trotz allem bereit, noch heute Annie einen Besuch abzustatten? Immerhin ist es schon ziemlich spät." "Aber sicher, Peter. Wir müssen nur noch mal kurz bei mir vorbei, damit ich noch etwas holen kann, das für sie bestimmt ist." "Wo wohnst du denn?" "Bei Kermit, ich...." Sie konnte den Satz nicht beenden. Kermit mischte sich ein mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. "Peter, du rufst Annie an und kündigst unseren Besuch an. Angel und ich werden noch mal bei uns vorbei fahren und holen, was immer es auch ist und kommen dann nach." Peter nickte zustimmend und eilte im Stechschritt aus dem Lokal. Angel und Kermit folgten ihm etwas langsamer nach. Nachdem die drei gegangen waren, wechselten erstaunte Blicke am Tisch. "Wer hätte das gedacht?", meinte Blake leise. Jody schüttelte den Kopf. "Ich kann gar nicht glauben, was ich da gehört habe. Es ist so schön, endlich mal wieder etwas von Paul zu hören." Skalany meinte: "Und hast du es mitbekommen? Sie wohnt bei Kermit!" Frank erwiderte trocken: "Hat der ein Glück. Wie kommt ein Computerfreak wie Kermit nur an solche Frauen?"
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