Epilog
Autor: Fu-Dragon
 

Knapp eine Stunde später befanden sie sich nach einem längeren Telefongespräch von Kermit mit den Blaisdells auf der Heimfahrt. Angel war ziemlich nervös. Trotz seinen Versicherungen, dass man sie mit Freuden erwartete, konnte sie das nicht ganz überzeugen. Zuviel war geschehen in zu kurzer Zeit.

Die Rückreise kam der jungen Frau viel zu kurz vor. Als sie vor dem Haus der Blaisdells hielten, zuckte sie regelrecht zusammen. Auch als Kermit aus dem Wagen stieg, blieb sie sitzen.

Kermit trat um den Wagen herum, öffnete ihre Türe und reichte ihr die Hand. "Nun komm schon, sie warten auf dich."

Angel schaute ihn mit großen Augen an. "Ich habe einfach Angst und ich schäme mich furchtbar", bekannte sie.

Kermit beugte sich vor und küsste sie sanft auf den Mund. "Keine Angst, Dollface. Erstens bin ich bei dir und zweitens will dir wirklich niemand etwas böses. Wie lange willst du noch hier herum sitzen? Du kannst es nicht ewig aufschieben. Du weißt, wenn du nicht zu ihnen kommst, kommen sie zu dir."

Die Worte brachten die junge Frau zurück aus ihrem Staat der Benommenheit. Kermit sprach ein wahres Wort gelassen aus. Sie konnte es weder aufschieben, noch konnte sie einfach zurück treten. Es gab nur einen Weg, den Weg nach vorne und sich den Menschen stellen, die schon längst in ihrem Herzen verweilten.

Schließlich ergriff sie vertrauensvoll Kermits Hand und ließ sich von ihm aus dem Wagen helfen. Auf den Weg zur Haustür, ließ sie seine Hand nicht los. Er drückte die Ihre Beruhigend, gab ihr noch einen Moment Zeit zum Luft holen und betätigte dann die Türklingel.

Nicht einmal eine Sekunde später wurde die Haustüre aufgerissen. Es war mehr als deutlich, dass man schon auf die gewartet hatte. Mitten im Türrahmen stand Peter und sah sie nur an.

Angel wagte kaum den Kopf zu heben, sie schämte sich unendlich. Obwohl Kermit ihr auf der Heimfahrt immer wieder versichert hatte, dass Peter ihr nichts mehr nachtrug, hatte sie Probleme, dies zu glauben. Einzig der warme, aufordernde Druck von Kermits Hand hielt sie davon ab, in wilder Panik zu fliehen.

"Hallo Angel", meinte Peter schließlich, ebenfalls ziemlich unschlüssig, was er tun sollte.

"Hallo", gab sie leise zurück.

Peter spürte, dass er den ersten Schritt machen musste. "Willst du deinen Bruder nicht angemessen begrüßen?", fragte er.

Angel stand da wie festgefroren. Es war ihr unmöglich den Kopf zu heben und ihm in die Augen zu schauen, zu groß war ihre Furcht Ablehnung in den braunen Augen zu finden, die sie so liebgewonnen hatte.

Warme Finger schoben sich unter ihr Kinn. Mit sanftem Nachdruck wurde sie von Peter wortlos aufgefordert, den Kopf zu heben. Nun konnte sie nicht anders und kam der zärtlichen Aufforderung nach.

Augen mit nicht einer Spur von Abweisung musterten sie. Augen, die von Zuneigung und Verständnis sprachen und nicht von irgendwelchen Anschuldigungen. Augen, die offen erkennen ließen: Ich hab dich lieb, kleine Schwester. Angel nahm all diese Eindrücke mit leicht geöffnetem Mund in sich auf.

"Na, willst du mich immer noch nicht begrüßen?", erkundigte sich Peter lächelnd.

Im nächsten Moment warf sie die junge Frau gegen seine Brust. Kaum spürte sie die warmen Arme ihres Bruders um ihren Körper, kamen ihr, wieso oft in der letzten Zeit, die Tränen.

"Es tut mir so leid, so unendlich leid", schluchzte sie. "Ich wollte dir niemals etwas Böses. Niemals! Das musst du mir einfach glauben."

Der junge Shaolin-Cop hielt sie sanft umfangen und strich ihr beruhigend über den Rücken.

"Pscht, schon gut, Kleines. Das weiß ich doch. Es ist alles vergeben und vergessen", flüsterte er ihr mit nicht ganz fester Stimme ins Ohr.

Die liebevollen Worte legten sich wie Balsam auf ihre geschundene Seele. Sie bekam gar nicht mit, wie Kermit sich an ihnen vorbei schob und sich leise ins Wohnzimmer zurückzog, wo die anderen auf sie warteten.

Angel weinte sich all ihren Kummer von Seele, einfühlsam getröstet von ihrem großen Bruder, der sie wie in einem beschützenden Kokon einfach nur festhielt. Seine Nähe und Wärme tat ihr so unbeschreiblich gut.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis sie sich wieder soweit beruhigt hatte, dass sie sprechen konnte. Schließlich löste sie sich von ihm, damit sie ihm in die Augen schauen konnte.

"Na, alles besser jetzt?", erkundigte er sich.

Angel nickte überrascht. Ja, es war tatsächlich so. Sie fühlte sich um einiges besser, als wäre ihr eine große Last von der Seele genommen worden. Sie schaute sich nach Kermit um.

"Kermit ist schon zu den andren gegangen, wollen wir auch, Schwesterchen?"

Angel lächelte zum ersten Mal seit ihrer Ankunft und schmiegte sich vertrauensvoll an ihren Bruder.

"Okay Brüderchen, wir reden später über alles, okay?"

"Okay. Nun komm."

*********************

Mehrere Stunden später befand sich Angel alleine in ihrem Appartement und dachte über das Erlebte nach.

Der Rest des Abends war ihr wie ein Traum vorgekommen. Alle waren sie hier gewesen, Annie, Paul, Caine, Peter und Kermit und nicht ein Einziger befand sich unter ihnen, der ihr einen Vorwurf gemacht hätte. Im Gegenteil, sie war mit offenen Armen und viel Herzenswärme empfangen worden, ganz so wie Kermit es ihr prophezeit hatte.

Nachdem sie ihr anfängliches schlechtes Gewissen überwunden und noch einige weitere Tränen vergossen hatte, war es ein richtig schöner, angenehmer Abend geworden. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit hatte sie sich richtig entspannen können, musste nicht mehr auf der Hut sein und sich nicht jedes Wort zwei Mal überlegen. Endlich war das eingetreten, was sie sich schon seit vielen Jahren im Stillen wünschte. Sie hatte endgültig ihren Platz auf dieser Welt gefunden, inklusive einer Familie, die sie bedingungslos liebte und ohne Wenn und Aber zu ihr stand.

Familie. Ja, das Wort besaß nun einen ganz speziellen Klang für sie. Es klang nach Wärme, Geborgenheit, Zufriedenheit, Akzeptanz, gegenseitigem Respekt und festem Zusammenhalt. Und nach diesem Abend war ihr klar, dass sie das nun endgültig gefunden hatte und nie wieder Angst haben musste, jemals wieder alleine dazustehen.

Dieses Wissen tat ihr mehr als gut. Sie spürte deutlich, wie sich auch der letzte Rest des dunklen, peinigenden Schleiers von ihrem Sein lüftete und ihre Heilung begann. Auch wenn sie wusste, dass sie bis zur gänzlichen Genesung noch einen langen, weiten und harten Weg vor sich hatte, sah sie diesem nun mit frohem Mut entgegen, denn sie beschritt ihn nicht alleine. Da gab es jede Menge Menschen, die ihr dabei helfen würden, allen voran Peter, Kermit und Caine.

Das Läuten des Telefons riss sie aus ihren Gedanken. Sie nahm den Hörer ab und meldete sich. Kermit befand sich am anderen Ende der Leitung.

"Hi Dollface. Ich wollte mich nur erkundigen, ob es dir gut geht", drang seine tiefe, wohlklingende Stimme an ihr Ohr.

"Sicher geht es mir gut. Du hast mich doch erst vor einer halben Stunde hier abgeliefert. Was soll sich daran denn schon groß in der kurzen Zeit geändert haben?", erwiderte sie mit einem spöttischen Unterton, der ihre wahren Gefühle überdeckte.

"Trotzdem. Ich wollte nur sicher gehen."

"Das Geld fürs Telefon hättest du dir eigentlich sparen können, findest du nicht? Du hättest doch nur eine Türe weiter wandern müssen."

"Ich war mir nicht sicher, ob dir der Sinn nach Gesellschaft steht, immerhin war der gesamte Tag nicht gerade einfach für dich."

"Was hast du einmal so schön in deinem Büro zu mir gesagt? Du darfst mich immer stören. Die Worte gebe ich nun einfach an dich zurück."

Kermit lachte leise. "Touché meine Liebe. Gut, dann bin ich in 5 Minuten bei dir. Soll ich irgendetwas mitbringen?"

"Nur dich. Ich denke, ich habe noch genug im Haus, um uns morgen früh ein schönes Frühstück zubereiten zu können."

Sie hörte wie Kermit scharf die Luft einzog bei dieser offensichtlichen Einladung, die Nacht bei ihr zu verbringen.

"Ich glaube, ich schaffe es auch in zwei Minuten. Bis gleich", meinte er und beendete in Windeseile das Gespräch.

Angel legte den Hörer auf die Gabel zurück und lehnte sich mit einem glücklichen Lächeln in die Sofakissen zurück. Urplötzlich sah sie vor ihrem inneren Auge ein Bild, das sie, Kermit und zwei kleine Kinder zeigte. Das Mädchen hatte die blauen Augen seiner Mutter und der Junge die weiße Haarsträhne in ansonsten tiefschwarzem Haar seines Vaters geerbt. Gleich darauf war das Bild wieder verschwunden.

Angel schüttelte ein wenig verwundert den Kopf. War das reines Wunschdenken, oder hatte sie tatsächlich einen kleinen Blick in die Zukunft erhascht? Vielleicht wurde es ja tatsächlich Zeit, eine eigene Familie zu gründen? Den richtigen Mann dazu hatte sie jedenfalls schon gefunden, dessen war sie sich sicher.

War das Leben nicht schön?

ENDE

 

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