Teil 19
Autor: Fu-Dragon
 

Es dauerte fast drei Stunden bis Kermit wieder in der Hütte auftauchte. In der Zwischenzeit war die Dämmerung herein gebrochen und der Himmel leuchtete in allen nur erdenklichen Rottönen, während die Sonne langsam hinter den Bergen und Bäumen verschwand.

Der ehemalige Söldner entdeckte Angel hinter dem Haus. Sie saß in einem der Gartenstühle und beobachtete den Sonnenuntergang. Ohne ein Geräusch zu verursachen, trat er hinter sie, schnappte sich einen der Stühle und setzte sich daneben. Angel wandte nicht einmal den Kopf in seine Richtung.

"Die Sonne geht unter und am nächsten Morgen geht sie wieder auf. Seitdem ich hier bin, sitze ich jeden Abend und Morgen hier draußen und beobachte dieses Schauspiel. Das ist eine der wenigen Konstanten, auf die man sich fest verlassen kann. Es ist herrlich", meinte sie völlig übergangslos.

"Ja, gegen dieses Schauspiel kommt man sich selbst sehr klein vor", erwiderte Kermit.

Angel seufzte leise. "Ich wünsche mir oft, eine Wolke zu sein. Ich würde am Himmel schweben, auf die Erde hernieder schauen und irgendwann einfach vergehen, so als hätte ich niemals existiert. Keine Sorgen zu haben, keine Angst zu haben, sich nicht um das Morgen Gedanken machen müssen. Das wäre einfach nur schön", sagte sie sehnsuchtsvoll.

"Du vergisst nur die anderen Dinge des Lebens, Angel. Die Menschen, die sich um dich sorgen, die Menschen, die für dich da sind, wenn du sie brauchst. Die Menschen für die du da bist, wenn sie dich brauchen. Das alles würdest du dann nicht haben. Du wärst Einsam und auf dich alleine gestellt."

"Das bin ich doch eh schon", flüsterte sie voller Trauer.

Kermit setzte sich vor, so dass er Angel aus nächster Nähe betrachten konnte. "Nein, das bist du nicht. Du irrst dich."

Angel lachte hart auf. "Ach, ich irre mich? Kermit ich habe den Blick gesehen den du und Peter mir zugeworfen habt. Ich habe gespürt wie sehr ich mich hasst. Selbst Caine hat sich im ersten Moment von mir abgewandt. Nein, ich habe niemanden mehr."

Für Kermit war das nun endgültig zuviel. Wann würde sie endlich aufhören, sich über das Gedanken zu machen, was auf dem Revier geschah? Die Argumentation mit den Blicken hatten sie vorhin schon hinter sich gebracht und er hatte gedacht, sie hätte es kapiert, dass ihr keiner Vorwürfe machte. Anscheinend nicht. Seine eh schon kaum noch vorhandene Geduld erschöpfte sich rapide. Wenn man nicht mit reden weiter kam, dann mussten eben Taten herhalten. "Verdammt!", rief er aus und sprang auf die Beine.

In einer fließenden Bewegung packte er die völlig überrumpelte, junge Frau an den Schultern, zog sie aus dem Stuhl und schüttelte sie einen Tick zu heftig.

"Komm endlich wieder zu dir um Himmels willen! Du strickst dir hier etwas vollkommen haltloses zusammen. Ja, ich gebe zu, ich war wütend, sehr wütend an jenem Tag. Aber nachdem sich alles so entwickelte, wie es sich entwickelt hat, ist das ganz anders. Kapiere doch endlich, dass dir niemand etwas nachträgt. Gut, Peter hat noch Probleme, aber nur, weil er sich selbst Vorwürfe macht. Komm endlich wieder heraus aus deinem Kokon von Selbstmitleid und Selbstzerfleischung. Damit schadest du nicht nur dir, sondern auch allen anderen, die dir nahe stehen. Siehst du das denn nicht?"

"Ich... ich kann einfach nicht mehr zurück, bitte versteh das Kermit", flüsterte sie.

Sie machte nicht einmal den Versuch, sich aus seinem Griff zu befreien. Für ihn eindeutig ein schlechtes Zeichen. Wo war die Frau geblieben, die sich den Widrigkeiten des Lebens entgegen stellte und kämpfte?

"Den Teufel kannst du. Jeder wartet auf deine Heimkehr. Willst du uns alle wirklich hängen lassen? Das kann ich nicht glauben. Fang endlich wieder an zu kämpfen. Oh Mann, du ahnst gar nicht wozu ich im Moment Lust hätte. Am Liebsten würde ich dich übers Knie legen und wenn es sein muss, dir Verstand mit meiner Hand auf deinem Hosenboden einbläuen!"

Täuschte er sich, oder blitzte tatsächlich der erste Funken Widerstand in ihren Augen auf?

"Das wagst du nicht", flüsterte sie.

"Glaube lieber daran", entgegnete er.

Instinktiv versuchte Angel nun doch einen Schritt von ihm los zu kommen, doch Kermit hielt sie unerbittlich fest. Ja, er zog sie sogar noch ein wenig näher an sich heran und machte Anstalten, seinen rechten Fuß auf die Stuhllehne zu stellen.

"Nun komm schon, wehre dich dagegen", stachelte er sie an.

Angel tat nichts dergleichen. Er spürte zwar einen leichten, schwachen Widerstand, doch er hatte keine Probleme diesen zu überwinden. Wenige Sekunden später positionierte er sein Bein auf dem Stuhl und beugte Angel über sein Knie. Eine Hand drückte in ihren Rücken, hielt sie so gebeugt und seine andere Hand lag ruhig knapp über ihrem Po.

"So und nun sage noch einmal, ich würde es nicht wagen", forderte er sie heraus.

Angels Körper spannte sich an. Sie hätte sich mit einer einzigen winzigen Drehung problemlos befreien können, aber sie tat es nicht.

"Na los, dann tu es doch. Komm, mach schon. Du kannst mir nichts antun, was mir nicht schon angetan wurde. Das macht mir auch nichts mehr aus", flüsterte sie.

Kermit seufzte unhörbar. Diesmal hatte er Angel eindeutig überschätzt. Er hatte fest damit gerechnet, dass sie sich wehren würde, aber das war nicht eingetreten. Wusste sie, dass er sie niemals schlagen würde? Selbst wenn er es wirklich gewollt hätte, er hätte es nicht gekonnt.

Mit einem lauten Fluch ließ er sie los und trat einen Schritt zurück. Angel, die damit nicht gerechnet hatte, fiel zu Boden, wo sie einfach wie ein Häufchen Elend mit tief gebeugtem Kopf liegen blieb.

Kermit fuhr sich durch die Haare. Das durfte doch echt nicht wahr sein. Er hatte keinen blassen Schimmer wie er das nun wieder ins Lot bekommen sollte. Sie musste ja direkt Angst vor ihm bekommen, wenn er sie so behandelte. Zu spät erinnerte er sich daran, was sie in Strakers Camp durchgemacht haben musste. Die blauen Flecken an ihren Schenkeln deuteten für ihn jedenfalls darauf hin.

"Angel, es tut mir leid", wisperte er, nicht sicher ob er tatsächlich gesprochen hatte, oder es nur dachte.

"Es ist nicht deine Schuld, ist nichts passiert", erwiderte Angel.

Kermit konnte es nicht fassen. Er hatte sie eindeutig bedroht und schon wieder wollte sie die Schuld auf sich nehmen.

"Oh Mann, wie tief willst du eigentlich noch sinken? Komm doch endlich zu dir! Du bist nur noch ein Schatten deiner selbst. Wie kannst du dich nur so erniedrigen?", rief er erregt aus.

Plötzlich fing Angel an, unkontrolliert zu lachen, so dass Kermit sie nur verblüfft anstarren konnte. Was war nun wieder los?

"W...weißt du, dass ich genau in dieser Position das erste Mal in Strakers Camp gelandet bin?", brachte sie zwischen Lachsalven hervor.

Kermit fand das gar nicht lustig. Er konnte nur erahnen, was gleich darauf folgen sollte und er hatte Recht. Innerhalb der nächsten Sekunde hatte er nur noch ein zitterndes Nervenbündel vor sich, der die Worte wie ein Wasserfall heraus strömten.

Angel erzählte ihm alles. Angefangen von diesem grausamen Mord in ihrer Kindheit, über die Zeit danach, bis hin zu den Erlebnissen in Strakers Camp, in dem sie einige Zeit hatte verbringen müssen, um ihre Identität zu wahren, damit man sie für den 'Job' auf dem Revier 'buchte'. Sie ließ nichts aus, beschrieb ihre Gefühle, ihre Leiden, einfach alles. Kermit war Gottfroh, dass sie sich ihm endlich ganz öffnete. Längst hatte er den Standort gewechselt und sich mit ihr auf die Couch im Wohnzimmer verzogen. Angel hatte das nicht einmal gemerkt.

Das alles kam ihm vor wie ein Dejá Vu, doch nun weinte sie sich endlich richtig aus. Er hatte gedacht, der vor wenigen Stunden erlebte Tränenausbruch wäre schlimm gewesen, so wurde er jetzt eines besseren Belehrt. Selten hatte er einen Menschen erlebt, der seelisch durch Selbstkasteiung und das andere Erlebte so dermaßen litt, wie Angel. Es wurde endlich Zeit, dass sich alles dem besseren zuwenden würde und er würde auch dafür sorgen, komme was da wolle.

Nachdem Angel sich ausgeweint hatte, war sie so erschöpft, dass sie an seiner Schulter einschlief. Er brachte sie ins Bett und zog sich dann wieder ins Wohnzimmer zurück. Kermit ging einfach so viel im Kopf herum, dass er an Schlaf gar nicht zu denken wagte. Fast bis in die frühen Morgenstunden tigerte er unruhig durchs Haus, bis er auf der Couch letztendlich doch noch in einen unruhigen Schlaf fiel.

**************

Der nächste Tag verlief in einer Art gemächlichen Wiederkennenlernens. Kermit als auch Angel gingen äußerst vorsichtig miteinander um. Der Detective stellte bald fest, dass ein Teil der 'alten' Angel langsam wieder ans Tageslicht trat und er war unendlich dankbar dafür.

Kermit hatte darauf bestanden noch einmal alles mit ihr durchzugehen. Es waren schwere Stunden gewesen, aber sie hatten doch Erfolg gezeigt. Immerhin hatte sich Angel breit erklärt, mit ihm am nächsten Tag nach Sloanville zurück zu kehren. Ihren Wagen hatte sie eh gemietet, von dem her war auch das Fahren kein Problem. Nur ein Thema wurde noch immer vermieden und das war ihre persönliche Beziehung.

Gegen Abend saßen sie einträchtig zusammen und sahen sich in dem kleinen TV einen Film an. Eigentlich war es eine absolut doofe, unlustige Komödie, aber Angel kam nicht mehr aus dem Lachen heraus. Es tat so gut, endlich wieder lachen zu können, sie fühlte sich jedenfalls mehr und mehr befreit. Kermit konnte aufgrund ihres Benehmens nur schmunzeln, eine Bemerkung hielt er wohlweißlich zurück.

Nachdem der Film zu Ende war, schaltete Kermit den Fernseher aus und streckte sich. Innerlich war er richtig stolz darauf, dass er es geschafft hatte, sich den gesamten Abend zurück zu halten und sie nicht anzufassen, auch wenn es ihn ständig in den Fingern juckte.

"Wenn wir morgen früh gleich losfahren wollen, sollten wir uns langsam Richtung Bett bewegen", meinte er und erhob sich vom Sofa.

Angel schluckte hart. Kermits Bemerkung erweckte in ihr ein paar Erinnerungen, die ihr glatt die Röte in die Wangen trieb.

"I...ich bin noch nicht müde", stotterte sie. *Oh, oh, wie kann ich mich nur so verraten*, dachte sie gleichzeitig.

Kermit warf ihr einen Seitenblick zu. Ihm entging weder ihr Erröten noch ihr Stottern. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Anscheinend dachte sie an dasselbe wie er. Vielleicht ein guter Anfang, um über das zu Reden, was noch nicht angeschnitten worden war.

Kermit ließ sich auf die Couch zurück fallen. "Okay, dann reden wir noch ein wenig."

"I...Ich würde lieber noch fernsehen", entgegnete Angel und griff nach der Fernbedienung.

Kermit war schneller. Seine warme Hand legte sich auf die Ihre und mit der anderen zog er die Fernbedienung unter ihren Fingern weg.

"Es läuft nichts gescheites mehr. Eine gepflegte Unterhaltung finde ich besser."

Er drückte Angels Hand kurz, bevor er sie wieder los ließ und sich in die Couch zurück sinken ließ.

Irgendwie beschlich Angel das Gefühl, dass sie keine Chance hatte, diesem Gespräch zu entkommen, so fügte sie sich einfach ihrem Schicksal, denn wenn Kermit sich etwas in den Kopf setzte, kam man nicht dagegen an. Das war so ziemlich das Erste gewesen, was sie lernte, als sie ihn kennen gelernt hatte.

Ein ergebener Seufzer folgte auf die Worte: "Also, über was willst du reden?"

"Über uns", erwiderte Kermit sanft.

Angel schloss kurz die Augen. *Ich ahnte es.*, schoss es durch ihre Gedanken. Laut meinte sie: "Fang an."

"Wir hatten keine Möglichkeit uns zu unterhalten, du weißt was dazwischen kam. Aber vielleicht sollten wir das jetzt tun", begann Kermit.

Die junge Frau zuckte unsicher die Achseln. "Wenn du meinst."

"Du hast mich in dieser Nacht ziemlich überrascht, Dollface. Wenn ich gewusst hätte, dass du noch niemals mit einem Mann zusammen warst, wäre ich anders mit dir umgegangen."

"Anders wie in: Ich hätte dich nicht angefasst, oder wie?", erwiderte Angel leicht schnippisch in Erwartung eben jener Antwort.

Kermit verzog das Gesicht. "Das wohl weniger, aber jede Frau hat etwas besonderes verdient, bei ihrem ersten Mal", erwiderte er. "Ich denke da an ein erstklassiges Dinner, Kerzenlicht und sanfte Verführung."

Langsam dämmerte Angel, dass Kermit ihr doch keine 'Absage' erteilte.

"Ich habe mich jedenfalls nicht beschwert", meinte sie. "Oder hattest du das Gefühl, ich fand es nicht schön?"

Kermit schüttelte den Kopf. "Nein, das hatte ich natürlich nicht. Es ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass wir noch nicht darüber geredet haben, was da zwischen uns passierte. Du sollst wissen, dass es für mich kein One Night Stand gewesen ist."

"Na ich treibe mich auch nicht gerade in jedem Bett herum", erwiderte sie pikiert.

Kermit seufzte laut. "Angel, du machst es mir nicht gerade leicht."

"Ja, ja schon gut", gab sie zurück. "Ich..." sie zögerte einen Moment. "Ich bin einfach nicht gut, was zwischenmenschliche Beziehungen angeht. Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll", gab sie zu.

"Wie wäre es, wenn wir einfach sehen wohin es uns führt? Ich für meinen Teil möchte es versuchen. Klar, ich kann dir keine Versprechungen für die Zukunft machen. Wer weiß schon, was uns noch erwartet, aber ich will diese Nacht auch nicht einfach als niemals geschehen ad Akta legen."

"Das will ich ja auch nicht. Du weißt, dass ich dich mag, Kermit." Erneut ein Zögern. "Mehr als das, doch das ist einfach noch so neu für mich."

"Du hast alle Zeit der Welt. Ich habe nicht vor, dich zu bedrängen, oder dich zu irgendetwas zu überreden, was du nicht willst. Ich kann auch verstehen, wenn du es langsam angehen lassen willst."

Auf Angels Lippen zauberte sich ein Lächeln, das Kermit fast den Atem raubte. Endlich war es wieder da, dieses zauberhafte Kräuseln ihrer süßen Lippen, tief aus ihrem Inneren kommend, das er so schmerzlich schon seit Wochen vermisste.

"Einverstanden", meinte sie. "Lass uns schauen wie weit es uns bringt. Dir wird so klar sein wie mir, dass ein paar Menschen nicht besonders glücklich darüber sein werden, wenn wir unsere, ich sage mal, 'Beziehung' weiter führen. Ich kann mich gut daran erinnern wie Peter reagiert hat, als er es herausgefunden hat."

"Er dachte ja auch, ich hätte dich nur benutzt. Ich bin sicher, wenn er erkennt, dass es mir ernst ist, dann wird er es auch gutheißen."

Angel schaute auf. Ihre Blicke trafen sich, hielten sich einander fest.

"Ist es dir denn ernst?", fragte sie.

Kermit grinste sie an. "Natürlich, das solltest du mittlerweile auch schon wissen."

Angel erwiderte sein Lächeln. "Ja, schon, aber ich wollte es einfach noch einmal hören."

Kermit konnte ein Lachen nicht mehr unterdrücken. "Du bist mir vielleicht ein Früchtchen."

Angel lachte mit ihm mit, wurde aber auch gleich wieder ernst.

"Wenn nur alles so einfach wäre wie hier", meinte sie. Ein trauriger Ausdruck legte sich erneut in ihre Augen.

Kermit rückte näher an Angel heran und zog sie in die Arme. Sanft strich er ihr über die Haare und über den Rücken, wo er die Hand ruhig an ihrer Taille liegen ließ.

"Das wirst du auch noch schaffen. WIR werden es schaffen. Du wirst sehen, es ist alles nur halb so schlimm wie du denkst. Alle freuen sich darauf, dich wieder zu sehen, vertrau mir."

Angel schmiegte sich mit einem leisen Seufzen an seine Schulter und entspannte sich sichtlich. Träge strichen ihre Finger über seine breite, wohl definierte Brust.

"Na wenn du es sagst, dann muss es wohl stimmen."

"Sicher", flüsterte Kermit und verstärkte die Umarmung. Es tat so gut, sie wieder in den Armen zu halten.

Langsam wandelte sich die gelöste Stimmung. Eine leichte Anspannung machte sich breit. Stück für Stück wichen die Gedanken einem ganz anderen Gefühl. Erregung. Die Körperwärme breitete sich aus. An den Stellen, an denen sie sich berührten, fing die Haut langsam an zu brennen. So kam es Angel jedenfalls vor.

Kermit spürte den Schauer, der durch ihren Körper lief. Er entschloss sich, dass es an der Zeit war, die traute Zweisamkeit zu unterbrechen, bevor sie wieder an einer Stelle endete, an der sich Angel womöglich ausgenutzt vorkommen konnte. Immerhin war er derjenige, der Erfahrung auf diesem Gebiet hatte und nicht sie.

Sanft löste er sich aus der gemütlichen Umarmung und hauchte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Dann erhob er sich.

"Ich denke, es wird nun wirklich allerhöchste Zeit, dass wir Schlaf bekommen. Ich will nicht auf der Heimfahrt hinter dem Steuer einschlafen."

Angel kam ebenfalls auf die Beine. "Es hat ja niemand gesagt, dass wir um sechs Uhr losfahren müssen. Wenn es später wird, ist es auch kein Problem."

Dem hatte Kermit nicht viel entgegen zu setzen. "Dennoch, wir sollten nun wirklich schlafen gehen. Ich nehme..."

Angel unterbrach ihn mitten im Satz. "Kermit, das soll nun keine Anmache sein, aber ich will heute Nacht einfach nicht alleine sein, kannst du das verstehen?"

Bittende Augen schauten zu ihm hoch. Augen, denen Kermit nicht widerstehen konnte. Anstelle einer Antwort ergriff er ihre Hand und führte sie ins Schlafzimmer. Das glückliche Lächeln von Angel bekam er nur am Rande mit.

In stiller Übereinkunft benutzte Angel als Erste das Badezimmer. Kermit machte in der Zwischenzeit einen Rundgang durch die Hütte, um sicher zu stellen, dass es keine unliebsamen Überraschungen gab und die Türen als auch Fenster fest verschlossen waren. Alte Gewohnheiten starben eben nicht aus und es handelte sich um eine Gewohnheit, die ihm schon das eine oder andere Mal das Leben gerettet hatte.

Er kam gerade rechtzeitig, als Angel aus dem Bad kam. Sie trug ein dunkelblaues Schlafshorty - kurze Hosen und ein knappes T-Shirt, das ihn nach Luft schnappen ließ. Sie konnte wirklich tragen was sie wollte, sie sah einfach in allem atemberaubend aus. Um nicht in Versuchung zu geraten, stürmte er regelrecht ins Bad, dabei fragte er sich ernsthaft ob er nicht zu früh zugestimmt hatte, mit ihr ganz unschuldig die Nacht zu verbringen.

Nachdem er sich geduscht und die für die Nacht zurecht gemacht hatte, betrat er erneut das Schlafzimmer. Angel schien schon zu schlafen, was er erleichtert registrierte. Ohne ein Geräusch zu verursachen, oder die Matratze zu sehr zu bewegen, schlüpfte er unter die Bettdecke auf seine Seite des Bettes.

Kermit lag noch eine ganze Weile wach, der Schlaf wollte einfach nicht kommen. Um sich abzulenken, beschränkte er sich darauf, die zarte Gestalt neben sich zu betrachten. Nach wie vor erschien ihm Angels Äußeres als das Auferstehen eines Engels. Die blonden Haare lagen wie ein Fächer ausgebreitet um ihren Kopf, die vollen Lippen leuchteten sanft im Schein des Mondes, der durch die Fensters schien und die langen Wimpern warfen bizarre Schatten auf ihre Wangen. Alles in allem offenbarte sich ihm ein einziges Bild des Friedens, wenn nicht die dunklen Ringe unter ihren Augen und die Sorgenfalte auf ihrer Stirn, die auch im Schlaf nicht weichen wollte, gewesen wären.

Der ehemalige Söldner spürte einen überwältigenden Drang, sie zu beschützen. Fast schmerzhaft biss er die Zähne aufeinander, um nicht dem Verlangen nachzugeben, sie einfach in seine Arme zu ziehen und sie zu halten. Seine Gedanken drifteten zurück an jenen schicksalhaften Abend, an dem er genau das getan hatte. Und exakt jener Gedanke führte ihn dann auch über zum Schlaf – einem ziemlich unruhigen Schlaf.

************

Der nächste Morgen begann mit einer Überraschung für Kermit. Er erwachte zuerst und stellte erstaunt fest, dass die Frau seiner Träume eng an ihn geschmiegt und direkt in seinen Armen lag.

*Wann ist das denn passiert?*, fragte er sich erstaunt.

Normalerweise wachte er bei dem kleinsten Geräusch auf, gar nicht zu reden davon, was passierte wenn jemand ihn anfasste, und nun lag sie hier fast direkt auf ihm und er hatte es nicht mitbekommen.

*Logisch. Du fühlst dich in ihrer Nähe einfach so wohl, dass du nicht kampfbereit reagierst*, beantwortete er sich die Frage.

Angel bewegte sich ein wenig. Kermit konnte nicht widerstehen und strich ihr sanft über den Rücken. Von dieser leichten Bewegung erwachte sie. Zuerst blickten ihre Augen trübe und verschlafen, doch dann klärte sich ihr Blick und dieser bestimmte Glanz trat in ihre Augen, der ihn immer ganz schwach machte. Sie lächelte zu ihm hoch, ohne anstalten zu machen, sich von ihm zu lösen.

"Guten Morgen", begrüßte sie ihn leise.

"Guten Morgen", gab er zurück.

Er hob die Hand und legte sie um ihr Gesicht. Die Wärme ihrer Wange übertrug sich auf seine Handfläche. Instinktiv rückte sie ein wenig höher. Ihre Blicke versanken ineinander.

Niemand konnte sagen, wer von ihnen den ersten Schritt gemacht hatte. Jedenfalls küssten sie sich im nächsten Moment als gäbe es kein Morgen mehr. Kermit war es, der den leidenschaftlichen und dennoch sanften Kuss unterbrach.

"Wir sollten besser aufhören, wenn wir nicht wollen, dass uns jeder ansehen kann, was wir getrieben haben", meinte er leise.

Angel errötete leicht und zog sich schamhaft ein wenig zurück. "Du hast Recht. Also lass uns Frühstücken und dann geht's Richtung Heimat", erwiderte sie.

Kermit grinste sie an und erhob sich vom Bett. Angel tat es ihm gleich. An der Türe drehte er sich noch einmal zu ihr herum.

"Dollface?"

"Ja?"

"Du siehst richtig süß aus, wenn du rot wirst."

Dann verließ er schnell das Zimmer, um dem Kissen auszuweichen, das prompt in seine Richtung geflogen kam.

 

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