Peter blinzelte verwirrt. Warum konnte er sich nicht bewegen wie er wollte? Eine Welle von Übelkeit schwappte über ihn und ließ ihn stöhnen. In seinen Schläfen pochte es, als würde jemand mit dem Presslufthammer Tango tanzen und sein Gaumen fühlte sich an, als hätte er zum Frühstück Sandpapier verspeist. Dennoch kämpfte er sich Stück für Stück an die Oberfläche und spürte nun auch die unangenehmen Fesseln an seinen Hand- und Fußgelenken. Nach einer Weile gelang es ihm, die Augen zu öffnen und er nahm vorsichtig die Umgebung in Augenschein. Er entdeckte mehrere Männer in Kampfanzügen, sowie seinen Vater und Kermit, die nebeneinander saßen und ebenfalls Bewegungsunfähig gemacht worden waren. Was war geschehen? Er konnte sich nur noch an einen gleißenden Lichtblitz erinnern und dass er aufgesprungen war und dann war alles blank. Aus dem Augenwinkel sah er Kermit, der sich soeben mit dem Oberkörper aufrichtete und den Kopf in seine Richtung drehte. Sofort nahm er Blickkontakt mit ihm auf. "Was ist hier los?", flüsterte er. "Überfall", gab Kermit ebenso leise zurück. Das leise Raunen holte einen der Aggressoren auf den Plan. "Schnauze", sagte er brutal, "Keine Unterhaltung, oder ich stopfe dir das Maul." Peter schoss ihm sein typisches Grinsen entgegen, auch wenn ihm nach etwas anderem zumute war. "Was verschafft uns denn die Ehre ihres Besuches?", witzelte er. Als Antwort erhielt er einen Fausthieb in den Magen, der ihm die Luft aus den Lungen presste. Eine Magnum wurde ihm an den Kopf gehalten. "Und wie fühlt sich das an, noch immer so mutig?", hörte er die kalte Stimme des Mannes über sich. Caine zog scharf die Luft ein. Seinen Sohn so zu sehen, brach ihm fast das Herz. Instinktiv versuchte er, sich aus der Fesselung zu befreien, doch zu seiner großen Verwunderung verlief der Versuch im Sande. Was war hier nur los? Normalerweise konnte er sich immer und überall befreien. Als Shambhala Meister fiel es ihm leicht, seine Energie so zu leiten, dass sie jede Fesselung sprengte. Warum funktionierte dieser Trick diesmal nicht? "Lassen sie meinen Sohn in Ruhe!", sagte er harsch in dem Versuch, die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich zu leiten. Der Angreifer lachte nur und riss Peters Kopf roh zurück. Tief gruben sich seine Hände in dessen Haarschopf, was den jungen Detective schmerzvoll aufstöhnen ließ. "Oh, hat Papi Angst um dich?", höhnte er und fasste nur noch fester zu. In dem Moment wurde die Türe des Seiteneingangs geöffnet und jemand trat ein. "Evans, auf deinen Posten!", schallte eine eiskalte, weibliche Stimme durch das Revier. Sämtliche Köpfe flogen in die Richtung. Peters Augen weiteten sich vor Überraschung. Er konnte es nicht glauben und musste blinzeln. Vor ihnen stand Angel - und sie hatte Paul im Schlepptau, der ebenfalls wie ein Paket verschnürt war und reichlich mitgenommen aussah. Sie ließ ihn achtlos auf den Boden gleiten, bedeutete einem der anderen Söldner im Raum mit einer kurzen Handbewegung, sich um ihn zu kümmern und kam dann langsam auf den bulligen Typen zu. Kermit konnte einen überraschten Ausruf gerade noch unterdrücken. Auch er erkannte natürlich Angel sofort, obwohl sie sich sehr verändert hatte, zumindest was den Kleidungsstil anbelangte. Sie steckte in einer engen Lederhose, die sich wie eine zweite Haut an ihre Beine schmiegte. Von dem breiten, schwarzen, ihre schmale Taille betonenden, Ledergürtel baumelten eine gefährlich aussehende Uzzi und ein gewundener Dolch herab. An den Füßen trug sie schwere Kampfstiefel. Ihre Brüste wurden von einem eng anliegendem Lederbustier gehalten, das fast du platzen drohte angesichts ihrer üppigen Oberweite. Die Haare trug sie zu einem langen Zopf geflochten und ihre mittlerweile ebenfalls langen und wie Krallen wirkenden Fingernägel schimmerten in einem tiefen Blau. Sie hatte ein leichtes Make up aufgelegt, das ihre blauen Augen wie zwei kalte Diamanten funkeln ließ. "Warum sollte ich das tun?", fragte der Mann provozierend und riss Peters Kopf noch ein wenig weiter nach hinten. Angel trat dicht vor ihn. Ihre Stimme klang eisig. "Weil ich hier die Befehle gebe und nicht du. Tu was ich dir sage, oder du wirst es bereuen." "Ach herrje, was habe ich nun Angst vor dir.", griente er geringschätzig. "Ich kann nicht verstehen, dass Straker dir die Operation überlässt. Du bist nur eine Frau! Da habe ich wesentlich mehr auf dem Kasten." Angel lächelte gefährlich. "Letzte Chance, Evans. Geh zurück auf deine Position." "Ich lasse mir von dir keine Befehle geben!", spuckte er aus. Die junge Frau zuckte die Schultern. "Nun gut." Sie drehte sich halb herum. Noch mitten in der Bewegung ergriff sie Evans Handgelenk und schwenkte ihn mit einem kräftigen Ruck herum. Ihr Fuß traf ihn zielsicher mitten ins Gesicht. Der Mann schrie auf und hielt sich mit beiden Händen das Gesicht, ihr nächster Tritt gegen seine Kniekehlen ließ ihn zu Boden krachen. "Du Schlampe, du hast mir die Nase gebrochen!", schrie er auf. In einer fließenden Bewegung entsicherte Angel die Uzzi und hielt ihm den Lauf an den Kopf. Augenblicklich verstummte Evans. Ihre Blicke trafen sich. Ihre Augen kalt und tödlich, er mit deutlicher Furcht. "Wer gibt hier nun die Befehle, Evans? Du oder ich?", sagte sie drohend. "Du", erwiderte er mit zitternder Stimme. Sie beugte sich dicht über ihn und umfasste gebieterisch sein Kinn. "Das nächste Mal bist du Tot, merke dir das." Sie ließ ihn los. "Und nun zurück auf deinen Posten!" Evans strampelte sich so schnell er konnte auf die Beine, wischte seine blutverschmierten Finger an seiner Hose ab und taumelte zurück auf seinen Platz. Angels Blick wanderte über den gesamten Raum, eine deutliche Kampfansage in den Augen. "Will noch Jemand meine Befehlsgewalt anzweifeln?" erkundigte sie sich hart. Die anwesenden Söldner schüttelten die Köpfe und schauten verlegen zu Boden. Angel hatte mehr als deutlich gemacht, dass mit ihr nicht zu spaßen war. Keiner wollte sich mit dieser Verrückten anlegen. Ihr Lächeln wirkte alles andere als echt. "Gut." Sie sicherte die Uzzi und hakte sie an ihrem Gürtel wieder fest. "Miller, melde dich bei Straker und teile ihm mit, dass er seine Geschenke abholen kann. Er soll nicht vergessen, mein Geld mitzubringen." Kermit, Peter und Caine tauschten einen fassungslosen Blick. Das konnte nicht die Frau sein, die sie zu kennen glaubten. Die rohe Gewalt, die sie an den Tag legte, erschütterte sogar den hartgesottenen Ex-Söldner Kermit. Peter, der Angels drohenden Blick empfing, blieb das Wort im Halse stecken. Nein so konnte sie sich unmöglich verändert haben. Nicht seine kleine Schwester. Die bewaffnete Frau wandte sich an Paul und zog ihn unsanft auf die Beine. Er schwankte stark. Ein teuflisches Grinsen spiegelte sich auf ihren Lippen. "Ich will ja gar nicht so sein, Paul. Die letzten Minuten darfst du neben deinem ach so tollen Sohn verbringen…oh Verzeihung, Pflegesohn. Zu einem eigenen hat es dir ja nicht gereicht. Wenn Straker hier ist, habt ihr eh ausgespielt. Bin ich nicht nett?", meinte sie süffisant. Die Frau schleifte den ehemaligen Captain mit einer Kraft, die man ihr gar nicht zugetraut hätte, an die Seite von Peter und trat ihm dann, ebenso wie Evans vorhin, in die Kniekehlen, so dass er unsanft auf die Knie fiel. Spöttisch blickte sie auf den stöhnenden Mann herunter. "Du bist ja wahnsinnig!", stieß Peter erbost hervor und versuchte, Paul zu stützen, was ihm aber wegen den Fesseln nicht gelang. Angel lachte hart auf. "Mein lieber Peter, ich war selten so klar wie heute. Hättest wohl nicht gedacht, mich auf die Art und Weise wieder zu sehen, was?" "Du hast uns belogen und betrogen, wir waren deine Familie!", rief der Shaolin-Cop vor Zorn bebend aus. Sie warf ihm einen verächtlichen Blick zu. "Familie...von wegen und so. Wenn ich das Wort höre, wird mir schlecht. Wer hat mich denn von sich gestoßen, als sich die ersten Probleme zeigten? Hast du etwa schon vergessen, wie du mich behandelt hast? Du wolltest mich nicht einmal hier mit zum Revier nehmen! Tja, das habt ihr nun davon. Straker zahlt mir ein hübsches Sümmchen, dafür, dass ich euch an ihn ausliefere und genau das werde ich tun." "Das büßt du!", quetschte Kermit zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. Sein Blick loderte wie Höllenfeuer hinter den dunklen Gläsern. Wenn er daran dachte, dass er mit dieser Frau das Bett geteilt hatte, drehte sich ihm der Magen herum. Ihr Blick stand dem seinem in nichts nach. "Ach, meinst du, Kermit? Du der ach so gewitzte Söldner, hat sich so einfach fangen lassen wie eine Maus. Ich verstehe nicht, wo du deinen Ruf her bekommen hast. Du wirst keine Gelegenheit mehr haben, Rache zu üben. Ich bin dir weit überlegen, mein Lieber." Ihr Blick fiel auf Caine. "Hast du mir auch noch etwas zu sagen..." sie machte eine kleine Pause und spie das letzte Wort abfällig aus. "Vater." Der Shambhala Meister begegnete ihrem Blick mit vollkommener Ruhe. "Der Pfad, den jeder gehen muss, hat Irrungen und Wirrungen. Mehrere Wege führen zur Erleuchtung", meinte er. Angel neigte leicht den Kopf. Ihre Blicke versanken für den Bruchteil einer Sekunde ineinander. "Weise gesprochen, doch der andere Pfad zur Erleuchtung ist nicht halb so lukrativ wie dieser", erwiderte sie. Dann drehte sie sich einfach um. Sie lehnte sich mit der Hüfte an einen der Schreibtische und zündete sich genüsslich eine Zigarette an. Genießerisch inhalierte sie den Rauch. Ihr Blick schweifte über die Männer, die mit den Waffen in der Hand die Meute bewachten. Rein äußerlich wirkte sie absolut zufrieden mit sich. Die verletzten, glühenden Blicke, die ihr ihre ehemaligen Freunde zuwarfen, prallten einfach von ihr ab, während die Söldner sich gar nicht mehr getrauten, ihr in die Augen zu sehen. Ihr kleines Manöver hatte mehr als gut funktioniert. Keiner von Strakers Schergen getraute sich mehr, gegen sie anzutreten und sie freute sich ungemein darüber. Die junge Frau genoss die Stille um sich herum. Sie brauchte dies auch, um sich auf das Folgende vorzubereiten. Mit Straker würde sie sicher nicht so einfach zurecht kommen, wie mit diesen Blindschleichen vom Revier. Nur noch wenige Minuten und sie würde zum ersten Mal ihrem Auftraggeber gegenüber stehen. Bis jetzt kannte sie ihn nur von diversen Telefonaten, im Lager hatte er sich ihr nie gezeigt. Seinen reellen Aufenthaltsort hatte man ihr dort nicht verraten. Allerdings wusste sie, dass er sie gründlich überprüft hatte und sie hatte im Gegenzug alles getan, um ihrem miesen Ruf gerecht zu werden. Straker schien ihre Arbeit sehr imponiert zu haben, vor allem die Kaltblütigkeit, mit der sie vorgegangen war, so dass er sie engagiert hatte. Eine große Rolle spielte dabei auch, dass er entdeckte, wie eng sie mit dem verhassten Paul Blaisdell und Kermit Griffin liiert gewesen war. Sie hatte ihm glaubhaft machen können, dass sie alle aus tiefstem Herzen hasste und daher hatte er schließlich zugestimmt, dass sie die Mission alleine ausführte. Der Deal bestand darin, dass er erst auftauchen würde, wenn es ihr gelungen war, alle zu schnappen und er seine persönliche Rache haben konnte. Heute war es soweit und es war noch leichter gegangen als sie gedacht hatte. Sie hörte wie ein Wagen anhielt und straffte sich innerlich. Nun würde sie endlich Straker persönlich treffen können. Ihre Augen glitzerten eiskalt. Peter erschauerte, als er einen kurzen Blick auffing. Abgrundtiefer Hass und tödliche Entschlossenheit spiegelten sich in ihren blauen Tiefen. Die Seitentüre öffnete sich. Ein mittelgroßer Mann im Kampfanzug trat ein. Er besaß eine Aura, die fast mit der von Caine zu vergleichen war, nur dass er genau das Entgegengesetzte ausstrahlte. Innerhalb von einem Wimpernschlag fuhr Angel ihre Schilde hoch, damit ihr die mehr als negative Ausstrahlung nichts anhaben konnte, sie brauchte einen klaren Kopf. Ihr war sofort klar, dass sie mit ihm nicht einfach so umgehen konnte, wie mit den anderen Söldnern. Straker stieß einen leisen Pfiff aus und trat dicht an sie heran. "Nicht übel! Wenn ich gewusst hätte, was du zu bieten hast, dann hätte ich dich vielleicht doch früher getroffen. Wir hätten sicher viel Spaß miteinander gehabt." Er betrachtete sie von oben bis unten und grinste anzüglich. "Oder wir können ihn noch haben." "Sex ist im Preis nicht inbegriffen, Straker. Hast du mein Geld?", erwiderte sie kalt. Er hob die Hand und strich ihr lasziv über die Wange. "Aber, aber, wir haben doch Zeit, ich will dich ein wenig näher kennen lernen." "Fass mich noch mal an und du verlierst deinen Arm, Straker. Wir sind Geschäftspartner und ich werde mich garantiert nicht zu einem deiner Betthäschen degradieren lassen. Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt, nun bist du dran." Straker begann zu lachen. "Ich weiß es zu schätzen, wenn jemand nicht gleich vor mir zurück weicht. Du bist eine Frau ganz nach meinem Geschmack." Als Angel nicht auf die Worte reagierte, nickte Straker seinem Begleiter kurz zu. Dieser trat mit einem kleinen Geldkoffer zu der jungen Frau. Sie deutete ihm an, den Koffer auf den Schreibtisch zu stellen und zu öffnen. "Du traust mir wohl nicht, schöne Frau?", griente Straker. "Genauso wie du mir traust", antwortete sie mit einem zuckersüßen Lächeln, das ihre frostigen Augen nicht erreichte. Der Koffer wurde geöffnet. Angel nahm einige der Geldbündel in die Hand und prüfte sie. Kermit schluckte, das mussten locker an die 100 000$ sein. Sie ließ sich Peters, Caines, Pauls und seine Auslieferung gut bezahlen, das musste er ihr lassen. Kurz darauf schloss sie den Koffer und rutschte von der Schreibtischkante. "Gut, der erste Teil ist erledigt, kommen wir gleich zum zweiten Teil." Straker hob die Hand. "Gemach, junge Dame. Ich möchte zuerst unsere Gäste anständig begrüßen." Angel schaute unbeteiligt zu, wie Straker sich mit Caine, Kermit, Peter und Paul beschäftigte und seinen Sarkasmus in voller Stärke spielen ließ. Er schien seine Überlegenheit in vollen Zügen zu genießen. Erst als er seine Pistole zog und sie Paul an den Kopf hielt schritt sie ein. "Moment, so haben wir nicht gewettet. Paul gehört mir wie abgemacht. Du kannst mit dem Rest spielen." "Abmachungen sind dazu da, dass man sie übertritt.", meinte Straker leichthin. Mit einer Stimme, welche die Hölle zufrieren lassen konnte erwiderte sie: "Ich würde dir nicht raten, diese Abmachung zu brechen. Die Ehre Paul Blaisdell umzubringen gehört mir, das war Teil des Deals. Ich habe ihn nur extra solange leben lassen, dass du es mit ansehen kannst. Du weißt, ihn habe ich schon seit fünf Tagen in meinem Gewahrsam." Straker drehte sich langsam zu ihr um, seine Pistole richtete er auf sie. "Willst du mir etwa Vorschriften machen?", erkundigte er sich sanft. "Nein, ich will nur, dass du deinen Teil einhältst. Mehr nicht." "Du scheinst wohl zu übersehen, dass ich nur noch abdrücken müsste und es wäre aus mit dir?", forderte er sie heraus. Ein breites Grinsen spiegelte sich auf ihren Lippen. "Du vergisst nur eines dabei Straker. Ich bin eine Bethren und ich habe vorgesorgt. In dem Moment wenn du abdrückst stirbst du. Mein Chi wird dich töten auch wenn mein Körper tot ist. Also steck die Waffe weg und halte dich an den Deal, dann kann das Spiel beginnen." Strakers und Angels Blicke versanken ineinander, fochten ein stummes Duell miteinander aus. Kermit dem dieses Spielchen hirnreichlich bekannt war, immerhin benutzte er es auch ständig, war gespannt wer dieses Niederstarren gewinnen würde. Zumindest vor seinem Tod wollte er einmal erleben, dass Straker dabei verlor. Sie schien tatsächlich gewonnen zu haben, denn Straker steckte mit einem Lachen seine Waffe weg und machte eine weit ausholende Bewegung mit der Hand. "Bitteschön, meine Hübsche, wer kann solch schönen Augen schon widerstehen? Eigentlich hast du sogar recht: wenn du Paul erledigst, kann ich die Show viel mehr genießen." Sie wirkte plötzlich total sanft. "Genau das meinte ich, mein lieber Straker. Ich sehe, wir verstehen uns." "Also dann los", gab er seine Zustimmung. Angel stand einen Moment reglos da und kaute an der Unterlippe. Ein teuflisches Lächeln erhellte ihre Gesichtszüge. Dann bewegte sie sich lasziv auf den ehemaligen Captain zu, fasste ihn am Hemd und riss ihn mit kurzer Kraftanstrengung auf die Beine. "Wo wäre wohl der beste Platz für deine Exekution?", überlegte sie laut. Sie zog den deutlich widerstrebenden Mann hinter sich her, bis sie eine Stelle fand, von der aus Caine, Peter und Kermit einen guten Blick auf das Kommende hatten. "Gehst du freiwillig vor mir auf die Knie, oder muss ich nachhelfen?", erkundigte sie sich übertrieben freundlich. "Nein", erwiderte Paul kurz angebunden. Sie lächelte breit und hinterhältig. "Bedenke, gnädiger Herr, dass deine Mitarbeit Auswirkung auf deine Freunde haben wird. Kniest du vor mir, werden wir deinem Sohn einen kurzen und relativ schmerzfreien Tod bescheren. Tust du es nicht, dann, tja…" Sie ließ den Rest offen. "Dad, nimm auf mich keine Rücksicht", mischte sich Peter erregt ein. "Halt die Klappe, oder ich zertrümmere dir höchstpersönlich dein hübsches Gesicht, Kerlchen", versetzte Angel brutal. Ein kurzer Wink von ihr und der junge Shaolin-Cop erhielt einen unsanften Tritt von seinem Bewacher, den er ohne einen Ton von sich zu geben, über sich ergehen ließ. "Also, was ist nun?", wandte Angel ihre Aufmerksamkeit Paul zu. Der ehemalige Captain stieß einen Laut aus, der dem eines wütenden Bären ähnelte. Er blickte keinen seiner Kameraden an, als er langsam und widerstrebend ihrem Befehl nachkam. "Sehr schön", lobte die blonde Frau. Scheinbar sanft strich sie dem unfreiwillig vor ihr Knienden über die Haare. Ihr Lächeln verzog sich zu einem bösartigen Grinsen. "Ich will mal nicht so sein, weil du so brav warst. Hast du noch einen letzten Wunsch, bevor ich dich ins Jenseits befördere?", erkundigte sie sich. "Ja, ich möchte meine Memoiren schreiben. Ein Buch mit dem Titel: Traue keinem Engel", gab er trocken zurück. Sie lachte zynisch. "Nicht schlecht, mein Lieber. Besonders der Titel gefällt mir. Schade, dass du es nicht mehr heraus bringen kannst, das würde sicherlich ein Bestseller. Ich werde Annie deinen Wunsch vortragen, dann kann sie es schreiben, oder…" Angel machte eine effektvolle Pause. "…sie kann dich besuchen, wo immer du dich dann aufhalten wirst." Paul fuhr auf bei der offensichtlichen Bedrohung seiner geliebten Gattin. "Du elendes kleines Biest! Wage es nicht, meiner Frau zu nahe zu treten!" Die Angesprochene strich, deutlich unbeeindruckt, dem ehemaligen Captain über die Wange. Er konnte ihr nicht ausweichen und verzog angewidert das Gesicht. "Och du Armer, habe ich einen Nerv getroffen? Tut mir ja so leid." "Den Teufel tut es", knurrte Paul. "Och, wie kannst du mir nur so wenig vertrauen?", verhöhnte sie den Hilflosen. "Um dir zu zeigen, dass ich es tatsächlich so meine, werde ich dir einen gnadenvollen Tod bereiten. Ich werde dich nicht erschießen, sondern verbrennen. Somit spart deine Frau sogar die Kosten für den Sarg und kann dich noch als Dünger für eure Rosen benutzen. Bin ich nicht absolut nett zu dir?" Straker lachte laut bei ihrer Bemerkung. Die Frau war total verrückt. Selbst in seinen wildesten Träumen hatte er sich nicht träumen lassen, dass er einmal jemandem begegnen würde, der genauso kranke Gedanken hatte, wie er selbst. Er war gespannt wie sie das mit dem Verbrennen bewerkstelligen wollte. Sehr Neugierig auf das Folgende, lehnte er sich gegen die Wand und beobachtete sie amüsiert. Angel trat einen Schritt zurück und erhob die Hände. Sie beschrieb mehrere Kreise in der Luft, bevor sie sie vor ihrer Brust zusammen führte und dann nach vorne streckte. Ihre Lippen bewegten sich, formten unhörbare Worte. Ein Muskel zuckte in ihrem Gesicht, Schweißtropfen bildeten sich auf ihrer Stirn und liefen an der Seite ihrer Wange hinab. "Bitte Angel…Schwesterchen. Wir haben
uns doch mal so gut verstanden. Lass Paul am Leben, er hat dir nie etwas
getan. Wenn...wenn du schon jemanden umbringen möchtest, dann nimm
mich an seiner Stelle.", flehte Peter die junge Frau regelrecht an.
"Wenn auch nur noch ein Funken Gutes in dir steckt, dann tu es bitte
nicht." "Keine Angst, Kleiner, du kommst auch noch dran. Deine Trauer um deinen Vater wird nicht lange anhalten, das kann ich dir garantieren. Und nun halt endlich deine verdammte Klappe, bevor ich sie dir doch noch stopfe. Wenn es dir nicht passt, was mit deinem Daddylein gleich passieren wird, kannst du ja wegschauen", endete sie mit einem irren Kichern. Kermit erschauerte, als er einen kurzen Blick von ihr auffing. Übelkeit stieg in ihm auf. Purer Terror durchzuckte ihn. In ihren einst so sanften Augen konnte er keine Spur mehr von der lieben und netten Angel entdecken. Sie schien eine völlig andere Person zu sein. Das Schlimmste daran war, dass er nur tödliche Entschlossenheit in ihrem Blick aufspüren konnte und er wusste in diesem Moment genau, sie würde es durchziehen. Fassungslos und gleichzeitig außer sich vor Groll musste er erleben, wie die Frau, die ihm schon nach kurzer Zeit so viel bedeutet hatte, seinen besten Freund, Mentor und Vaterfigur in kühler Gelassenheit seinem Schicksal zuführte. Noch einmal vollzog Angel dasselbe Ritual wie am Anfang. Die Hände vor sich ausgestreckt sprach sie laut: "Feuer der Bethren ich rufe dich." Überraschte Laute drangen durch den Raum, als auf ihrer Handfläche plötzlich ein Feuerball tanzte. Im Schein der Flammen, die seltsam hoch loderten, wirkte ihr Gesicht wie eine teuflische Fratze. "Leb wohl mein Lieber", sagte sie sanft, dann warf sie den brennenden Ball auf ihn. Alle hörten den lauten, panischen Todesschrei, ausgestoßen von Paul. Innerhalb einer Sekunde umhüllten ihn die Flammen vollkommen und fraßen sich gierig weiter. Ein ekeliger Geruch nach kokelnden Haaren, Kleidung und verbrennendem Fleisch tränkte die Luft und machte das Atmen schwer. Pauls Todesschrei wandelte sich sehr schnell in einen gequälten Schmerzensschrei, der schließlich zu einem leisen Wimmern erstarb. Dann war der Spuk auch schon vorbei. Zurück blieb nur ein Häufchen Asche, ein barbarischer Zeuge des vollbrachten Mordes. Entsetzte Stille folgte auf die unglaubliche Tat. Peter liefen die Tränen über das Gesicht, er schluchzte mehrere Male unterdrückt auf. Verzweifelt versuchte er sich weis zu machen, dass er nur träumte, aber der in seiner Nase haftende, üble Brandgeruch teilte ihm die grausame Wahrheit mit. Er konnte nicht fassen, dass die Frau, die er wie eine Schwester liebte, gerade eben gnadenlos seinen Pflegevater umgebracht hatte. Der ganze Raum verschwamm vor seinen Augen, er stand kurz vor einer Ohnmacht. Straker fasste sich als Erster. "Wow, wie hast du das denn gemacht?", wollte er wissen. Angel grinste ihn an und streckte sich genüsslich, so dass er scharf den Atem anhielt, als sich ihre Brüste fast aus dem Mieder pressten. "Ich sagte dir doch, dass ich eine Bethren bin. Nur gut, dass du vorhin deine Waffe zur Seite gelegt hast, was? Hach, das hat richtig gut getan." Straker schüttelte nur den Kopf. Die Frau schien noch kranker im Gehirn zu sein, als er selbst. Kurz keimte ein Gefühl von Angst vor dieser Irren in ihm auf. Wenn sie über solche Kräfte verfügte, wer wusste schon, was sie mit ihm und seiner Gang machen konnte? Doch schnell drängte er die unangenehmen Gedanken zur Seite und konzentrierte sich auf die momentane Situation. Eines durfte er nämlich auf keinen Fall: Angst oder Schwäche vor ihr zeigen. Daher riss er sich zusammen und ließ sich nichts anmerken. "Och schau mal was du angerichtet hast, du Böse. Nun weint der Kleine hier", meinte er mit triefendem Hohn und deute auf Peter. Angel schlenderte auf den jungen Cop zu. "Ach ja, tatsächlich. Dabei war ich doch so lieb zu 'Daddy dearest' und habe ihm einen schnellen Tod beschert. Er hat kaum gelitten." Sie lachte heißer und weidete sich an Peters desolater Konstitution. "Der Kleine war schon immer ziemlich zart besaitet.", setzte sie abfällig hinzu und breitete einladend die Arme aus. "Vielleicht sollte ich ihn trösten?" Straker lachte laut auf. "Lass es bleiben, meine Hübsche. Tröste lieber mich. Ich werde ganz traurig sein, wenn das hier bald vorbei ist. Was meinst du, wen soll ich mir zuerst vornehmen?" "Das überlasse ich voll und ganz dir", erwiderte sie süffisant und trat einen Schritt zurück. "Hm… mal überlegen." Straker ging vor den drei Männern auf und ab und musterte einen nach dem anderen. Vor Peter blieb er stehen, beugte sich über ihn und starrte ihm aus nächster Nähe in die Augen. Dann richtete er sich mit einem breiten Grinsen wieder auf. "Der Junge kommt auf jeden Fall ganz zum Schluss dran. Ich finde es so erfrischend köstlich wie er trauert." Der Söldner nahm sein Wandern nochmals auf. Man konnte ihm ohne Probleme ansehen, wie sehr er es genoss, sich als Richter und Henker zugleich aufzuspielen. "Wen soll ich denn nun zuerst nehmen, Griffin oder Caine?" Er rieb nachdenklich über sein stoppeliges Kinn. "Oder doch Griffin zum Schluss, denn dann muss er zusehen, wie all seine Freunde wegen seiner Fehler dran glauben müssen. Oder noch besser, ich nehme Griffin mit und lass ihn ein paar Wochen länger leiden, immer mit dem Bild vor Augen wie seine Gefährten erledigt wurden", ging er ganze Szenarien durch. "Hast du es bald?", erkundigte sich Angel ungeduldig. "Du brauchst ja ewig, um deine Entscheidung zu fällen." Sie kicherte. "Ich muss doch wissen, von wem ich mich zuerst verabschieden soll." Straker machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand. "Ich hab's ja schon. Ich werde zuerst den Priester umbringen, dann Peter und Griffin werde ich für weitere Spielchen mit mir nehmen, nachdem ich ihm seine Kniescheiben zertrümmert habe. So kann er dann im Sande vor mir kriechen und um sein bisschen Leben flehen." "Das glaubst aber auch nur du", zischte Kermit ungehalten. "Wir werden sehen, wir werden sehen", entgegnete Straker selbstzufrieden. "Du bist weich geworden auf deine alten Tage, Freundchen. Du meinst, du weißt was Schmerzen sind, aber ich sage dir, den wahren Sinn des Wortes wirst du erst erfahren, wenn ich dich unter meine Fittiche nehme. Es wird mir das größte Vergnügen bereiten, dich zu brechen. Stück für Stück, ganz langsam und unglaublich qualvoll." "Ist das nun deine endgültige Entscheidung oder was?", unterbrach Angel das Zwiegespräch. "Lamentieren kannst du später noch." "Gemach, gnädige Frau. Lass mir doch mein Vergnügen.", stichelte der Söldner. "Ich will meines auch noch haben, also entscheide dich.", beharrte sie junge Frau. Straker seufzte tief auf. "Also gut, wenn du mich so nett darum bittest.", entgegnete er mit beißendem Spott, "Ja, so bleibt es nun. Erst Caine, dann das Jungchen und Griffin nehme ich mit." "Gute Wahl", stimmte Angel zu. "So in etwa hätte ich mich auch entschieden." Der Söldner wandte sich ihr neugierig zu. "Willst du dich wirklich von Caine verabschieden?" Sie lächelte entrückt. "Aber ja. Wie kann ich meinen 'Vater' gehen lassen, ohne ihm viel Glück auf seinem Weg zu wünschen?" Peter und Kermit konnten es nicht fassen, als sie auf Caine zutrat, sich zu ihm herab beugte und ihn in die Arme nahm. Ihre Hände glitten zu seinem Rücken und sie hielt ihn eine ganze Weile fest, ohne etwas zu sagen. Peter spürte erneute Übelkeit in sich aufsteigen. So etwas Abgebrühtes hatte er noch nie erlebt. Verzweifelt versuchte er alles, sich von der Fesselung zu befreien, pures Adrenalin schoss durch seinen Körper. Nur am Rande bekam er mit, dass Kermit genau dasselbe versuchte. Der junge Cop stemmte sich hoch, doch eine harte Hand an seiner Schulter drückte ihn unerbittlich auf den Boden zurück. Letztendlich wurde ihm die bittere Wahrheit bewusst, dass er nichts gegen den Tod seines Vaters ausrichten konnte. Psychisch wie Physisch nah am Rande eines Zusammenbruchs, flüsterte er leise und hilflos: "Bitte nicht." Angel reagierte nicht auf seinen Einwand. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, in seine Richtung zu schauen. Sie hielt Caine absichtlich ein wenig fester. Peter kam es so vor, als wolle sie ihn damit nur noch mehr verhöhnen. Schließlich erhob sie sich und trat einen Schritt zurück. "So, ich bin fertig. Caine gehört ganz dir", gab sie Straker freies Feld für eine weitere Gräueltat.
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