Autor: Honeybee

 

Die ersten wärmenden Strahlen der aufgehenden Maisonne badeten die Stadt in einem weichen und sanften Licht. Peter Caine lag friedlich schlafend in seinem Bett. Ein vorwitziger Lichtstrahl fand den Weg durch den Vorhang hindurch in sein Apartment und landete direkt auf seinem Gesicht. Peter murmelte etwas Undefinierbares vor sich hin, bevor er endgültig erwachte.

Verschlafen rieb er sich über die Augen. Sein erster Blick galt dem Wecker auf seinem Nachtisch, der kurz nach 9.00 Uhr anzeigte. Gähnend machte er es sich noch einmal in seinem Bett gemütlich und streckte sich genüsslich aus. Weil Peter nie wusste, wie sein Tag verlief, wollte er diesen Moment so lang als möglich auskosten und so kuschelte er sich noch einmal tief in sein Kissen.

Irgendwann fiel ihm ein, dass ihm doch nichts anderes übrig bleiben würde, als aufzustehen und so schlüpfte er letztendlich aus dem warmen Bett, schlurfte langsam, so wie Gott ihn geschaffen hatte, ins Bad und tapste unter die Dusche. Peter schloss seine Augen und genoss es, wie der Wasserstrahl seine Haut sanft massierte und den letzten Rest Müdigkeit aus seinem Körper vertrieb. Alles, was ihm an diesem Morgen noch fehlte, war eine hübsche junge Frau, doch leider schien im Moment keine in Sicht zu sein.

Peter beugte sich vor und ließ das Wasser über sein Gesicht laufen. Seit der Trennung von Jordan hatte er sich mit keinem weiblichen Wesen mehr verabredet. Vielleicht lag es daran, dass die Trennung mit viel Streit vollzogen wurde. Peter strich sich mit den Händen das Wasser aus dem Gesicht und seufzte auf. Die vielen Nächte, die er alleine im Bett verbrachte, belasteten ihn doch sehr und er fragte sich, ob es auf dieser Welt eine Frau gäbe, die ihn so liebte, wie er war.

Gewiss, das Leben mit ihm würde nicht einfach sein und jede Frau erschauerte bestimmt bei dem Gedanken, von Schattenmördern und diversen anderen bösen Buben umgeben zu sein. Peter seufzte erneut auf. Als Shaolin lebte man nun mal in einer eigenen Welt, trotz allem gab er die Hoffnung nicht auf. Er drehte das Wasser ab, wickelte sich in ein großes Handtuch um die Hüften und stieg aus der Dusche.

Frisch rasiert und angezogen, ging er in die Küche und schaltete die Kaffeemaschine an. Während er auf den Kaffee wartete, besah er sich seine Unterarme. Sanft strich er mit den Fingerspitzen über die Male. Die Narben waren sehr gut verheilt und man konnte jetzt deutlich den Drachen und den Tiger erkennen. Vor genau 9 Monaten hatte er diese Brandmale, die auch sein Vater trug, angenommen, und kurz darauf hatte er seinen Dienst bei der Polizei quittiert.

Es war ihm damals sehr schwer gefallen, seine Freunde, allen voran Kermit, zu verlassen, aber gleichzeitig war die Neugier auf die neuen Aufgaben gestiegen, die da vor ihm lagen. Sein Vater suchte seit einigen Monaten in Paris nach seiner Mutter und er nahm nun seinen Platz ein. Am Anfang hatte Peter sich sehr einsam und verlassen gefühlt, mittlerweile fanden jedoch immer mehr Hilfe suchende Menschen den Weg zu ihm. Es war anscheinend schon immer seine Bestimmung gewesen, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, und er tat es gerne.

Das blubbernde Geräusch der Kaffeemaschine riss Peter aus seinen Gedanken. Er goss sich gerade die erste Tasse ein, als plötzlich ein Mann mittleren Alters vor ihm auftauchte. Peter zuckte im ersten Moment erschreckt zusammen, gleich darauf fing er sich wieder. Daran, dass die Menschen ohne Klopfen und Klingeln bei ihm auftauchten, würde er sich noch gewöhnen müssen. Peter blickte den Fremden fragend an.

"Verzeihung, ich wollte sie nicht stören. Ich suche nach Caine. Man sagte mir, ich könnte ihn hier finden."

"Ich bin Peter Caine. Kann ich ihnen irgendwie helfen?"

"Ich weiß nicht, sie sind so jung. Verstehen sie mich nicht falsch, der Caine, den ich suche, ist viel älter."

"Sie meinen sicher meinen Vater."

Der Mann nickte und krauste seine Stirn. "Ihr Vater? Können sie mir sagen, wo ich ihn finde?"

Peter bot ihm einen Stuhl an. "Er ist zurzeit in Frankreich unterwegs. Vielleicht wollen sie mir erzählen, was sie bedrückt?"

"Entschuldigen sie bitte, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Simon Storm." meinte der Fremde.

Er streckte Peter seine Hand entgegen, die dieser sogleich ergriff. Nach dieser kurzen Geste setzten sie sich zusammen an den Tisch.

"Woher kennen sie meinen Vater?"

Simon lächelte. "Oh, ich lernte ihn vor fast, Gott ist das lange her, 18 Jahren kennen. Ich war 28 und damals in einer sehr schwierigen Lage und ihr Vater bot mir seine Hilfe an. Sagen wir es so, er brachte mich wieder auf den richtigen Weg. Ich wurde sein Schüler und in dieser fast zweijährigen Zeit habe ich sehr viel von ihm gelernt. Allerdings erinnere ich mich daran, dass er mir erzählte, sein Sohn wäre bei der Zerstörung des Tempels ums Leben gekommen."

Aufmerksam hörte Peter ihm zu und ein Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht. "Wie sie sehen, bin ich noch am Leben. Was führt sie hierher?" Peter unterbrach sich mitten im Redefluss und schlug einen Moment verschämt die Augen nieder, bevor er fort fuhr. "Wo hab ich nur meine Manieren gelassen? Möchten sie vielleicht einen Kaffee?"

Simon nickte. "Gerne, wenn es keine Umstände macht."

Peter erhob sich, drehte sich um und füllte eine zweite Tasse mit dem dampfenden Gebräu. Vorsichtig setzte er die Tasse vor Simon auf dem Tisch ab.

Simon deutete auf den Tiger auf Peters Arm. "Wie ich sehe, tragen sie bereits die gleichen Symbole, wie ihr Vater. Irgendwie erschließt sich mir der Eindruck, als hätten sie die Brandmale noch nicht allzu lange, oder täusche ich mich?"

Peter nickte. "Sie sind ein guter Beobachter. Ja, ich habe die Brandzeichen erst vor einigen Monaten erhalten, doch sie wollten bestimmt nicht darüber mit mir reden."

Simon schmunzelte. "Okay, ich bin irgendwie abgeschweift, Mr. Caine."

"Sagen sie Peter, das reicht völlig."

Simon zog aus seiner Tasche einen großen, braunen Umschlag hervor, nahm ein Foto heraus und legte es vor Peter auf den Tisch. Peter nahm das Foto in seine Hand und besah es sich genau. Eine bildhübsche, junge Frau mit ozeanblauen Augen und seidigem, schwarzen Haar blickte ihn an.

"Moment, ist das nicht diese Sängerin? Uh...wie war noch mal ihr Name?"

"Das ist Kimberly Ann."

"Eine sehr hübsche Frau.", bemerkte Peter und legte das Foto zurück auf den Tisch. "Was ist mit ihr?", fuhr er fort, ohne den Blick davon abzuwenden. Diese blauen Augen zogen ihn fast magisch an.

"Kimberly Ann, Kim, ist meine Tochter, na ja, Pflegetochter. Sie ist im Moment der aufgehende Stern am Pophimmel."

"Das ist schön für sie", meinte Peter, "leider weiß ich nicht, was das mit mir zu tun hat."

Simon sah ihm in die Augen. "Seit einiger Zeit wird Kim bedroht. Es fing mit harmlosen Anrufen und Briefen an. Wir haben dem Ganzen keine Bedeutung geschenkt."

Peters Neugier erwachte und wieder trat der Polizist in ihm zum Vorschein. "Wurde nachgeforscht woher die Briefe kamen? Was ist mit entlassenen Mitarbeitern, enttäuschten oder verärgerten Fans?"

Simon schüttelte den Kopf, stand auf und sah zum Fenster hinaus. "Nicht das wir wüssten. Die Nachforschungen haben leider nichts ergeben." Ruckartig drehte er sich zu Peter. Sein Blick wirkte bedrückt. "Wie gesagt, wir haben die Sache nicht ernst genommen, bis wir eines Besseren belehrt wurden."

Peter horchte auf. "Wie meinen Sie das?"

"Kim hielt sich für Tonaufnahmen im Studio auf, als plötzlich ohne ersichtlichen Grund die Tonanlage sich nicht mehr bedienen ließ. Der Tontechniker bekam die Anlage alleine nicht in den Griff und bat Alex, Kims Bodyguard, ihm zu helfen. Alex ließ Kim für einige Minuten in ihrer Garderobe allein. In dieser Zeit wurde sie angegriffen und sehr übel zugerichtet."

Simon ging mit schnellen Schritten zurück zum Tisch und zog weitere Fotos aus dem Umschlag. Schweigend reichte er sie Peter.

Auf den Fotos konnte man die junge Frau kaum noch erkennen. Ihr ganzes Gesicht wies unzählige Blutergüsse auf, ihr rechtes Auge war dick zugeschwollen. Ihre Lippe zeigte eine tiefe Platzwunde, offensichtlich herbei geführt durch einen heftigen Schlag, und ihre Nase schien gebrochen zu sein. Peter schluckte, denn von dem ebenmäßigen, schönen Gesicht war fast nichts mehr übrig. Am Hals fanden sich Würgemale und auch ihre Arme waren übersät mit blauen Flecken. Peter sah mit Schrecken auf die Bilder.

"Wann ist das passiert?"

"Vor ungefähr 3 Monaten."

"Gibt es irgendwelche Anhaltspunkte, wer sie so zugerichtet hat?"

"Nein, leider nicht. Der Unbekannte trug eine Maske und er hinterließ keinerlei Spuren. Alex kehrte zu Kims Garderobe zurück und überraschte dort den Angreifer. Leider gelang es dem Fremden, den Bodyguard erst einmal abzuschütteln und er rannte davon. Alex reagierte schnell und folgte dem Unbekannten, der ihm jedoch eine der großen Bongotrommeln vor die Füße warf und Alex so ins Straucheln brachte. Tja, und das führte dazu, dass der Angreifer es schaffte abzuhauen.."

Simon nahm einen zittrigen Atemzug. Man konnte ihm deutlich ansehen, wie sehr ihn das Erlebte heute noch belastete. "Wer weiß, wie die Sache sonst ausgegangen wäre, womöglich wäre Kim getötet worden. Kim hat danach sehr lange gebraucht, um darüber hinweg zu kommen. Die ersten Tage sprach sie kein Wort und wir fürchteten, sie könnte sich etwas antun. Ihr Therapeut half ihr über diese schwere Zeit hinweg."

Simon zögerte einen winzigen Moment, bevor er weiter sprach. "Sie müssen wissen, nach dem Unfalltod ihrer Eltern war Kim nicht mehr dieselbe. Sie besitzt einen sehr starken Willen. Sobald die gröbsten Verletzungen verheilt waren, hat Kim sich voll in die Musik gestürzt und sie trieb ihre Karriere immer weiter voran. Sie wollte auf ihre Art mit diesem Vorfall fertig werden. Wir haben sogar das FBI eingeschaltet, leider waren sie uns keine große Hilfe. Sie haben uns ausgelacht und meinten nur, wir sollten die Angelegenheit ruhen lassen. Sie haben sich nicht mal viel Mühe gemacht zu ermitteln. Einen kleinen Dieb, der sich zur gleichen Zeit im Studio aufhielt, haben sie geschnappt. Leider konnte man ihm nicht nachweisen, dass er Kim angegriffen hat."

Simon machte eine Ausweichbewegung mit seiner rechten Hand und wippte aufgeregt auf den Fußballen auf und ab. Eine Geste, die Peter nur allzu gut von sich selbst kannte. "Verstehen sie jetzt, warum ich Caines Hilfe brauche?"

Der junge Shaolin ging auf ihn zu und legte ihm seine Hand auf den Arm. "Bitte, setzten sie sich wieder und beruhigen sie sich."

Simon ließ sich auf den angebotenen Stuhl sinken und gewann langsam seine Fassung zurück. Gedankenverloren griff er nach seiner Tasse und nahm einen großen Schluck. "Sie machen einen sehr guten Kaffee, besser als in manchen Cafes."

Peter lachte. "Bisher wurde mein Kaffee nicht gelobt, also werde ich es mal glauben."

Simon sah ihn bedrückt an. "Fragen sie mich nicht, woher ich diese Ahnung habe, aber ich befürchte, dass er es wieder versuchen wird. Werden sie mir helfen?"

"Sicher, werde ich ihnen helfen. Eine Frage müssen sie mir gestatten. Haben sie diese Briefe noch?"

Simon sah ihn schuldbewusst an und schüttelte den Kopf. "Nein, ich habe sie verbrannt. Oh Peter, sehen sie mich nicht so an. Mir ist mittlerweile klar geworden, dass ich einen sehr großen Fehler begangen habe. Zum damaligen Zeitpunkt schien mir dies das Beste für Kim zu sein."

Peter nickte. "Es ist nun mal nicht mehr zu ändern, sie hätten uns allerdings nützlich sein können. Egal, wo befindet Kim sich jetzt?"

"Kim kam heute Morgen aus Paris hier an und bleibt voraussichtlich eine Woche hier. Wir wollen ein paar Studioaufnahmen machen und einen Fototermin wahrnehmen. Öffentliche Auftritte oder dergleichen sind vorerst nicht geplant. Wir haben im Hotel Maroni unter falschem Namen das Penthouse gebucht. Das Problem an der ganzen Sache ist, dass ich die nächsten vier Tage geschäftlich in London verbringen muss. Der Termin ließ sich leider nicht verschieben. Ich wollte Caine bitten, solange bei ihr zu bleiben. Doch da er nicht da ist, da..."

Peter unterbrach Simon mitten im Satz und lächelte ihn beruhigend an.

"Keine Sorge, ich werde für meinen Vater einspringen. Sie wird bei mir in guten Händen sein. Außerdem habe ich einige Freunde bei der Polizei. Wir werden Kim gut beschützen."

Simon griff spontan nach Peters Hand und drückte sie dankbar. Gleich darauf sprang er auf die Beine und ging zur Türe. "Ich habe leider nur noch wenig Zeit. Im Moment ist Kim in einem kleinen Tonstudio an der 103. Straße. Wir werden bereits erwartet. Also bitte, machen wir uns auf den Weg."

Peter lachte leise auf und folgte dem anderen Mann zur Tür. Dort stieß er beinahe mit Simon zusammen, der sich plötzlich umdrehte und einen Finger an die Stirn hielt. "Herrje, das Wichtigste wäre mir jetzt beinahe entfallen. Sie sollten auf der Hut sein, Kim testet ihre Beschützer gerne."

"Testen?" Fragend blickte Peter Simon an.

Im gleichen Moment schoss ihm ein interessanter Gedanke durch den Kopf. Es gab sehr viele Arten, sich testen zu lassen und in dieser Situation fiel ihm nur Eine ein. Er musste lächeln, ja auf diese eine Art und Weise würde er liebend gerne zu einem Test bereit sein.

"Peter, sind sie noch anwesend?"

Peter zuckte zusammen. "Oh, Entschuldigung, was sagten sie noch mal?"

"Wo waren sie nur mit ihren Gedanken?"

Peter schmunzelte. Nein, das behielt er lieber für sich.

"Ich sagte, sie bringt ihre Bodyguards gerne an den Rand des Wahnsinns. Kim neigt dazu, ihre Augen vor den unangenehmen Dingen des Lebens zu verschließen und ihr ist offensichtlich nicht ganz klar, in welcher Situation sie sich befindet. Wie soll ich ihnen dies nur erklären? Ich liebe Kim, wie meine eigene Tochter Sarah, und ich weiß, dass Kim mich zumindest mag. Ich bezeichne es als einen riesigen Fortschritt, als Kim nach zwei Jahren Dad zu mir sagte, trotzdem befürchte ich, dass sie kein grenzenloses Vertrauen zu mir entwickelte. Kim sagt mir zwar immer, dass sie mich liebt, allerdings weiß ich nicht, ob sie es wirklich ernst meint."

Peter blickte Simon verwirrt an. "Wie soll ich das verstehen?"

Simon schluckte trocken und in seinem Gesicht spiegelte sich Traurigkeit. "Kim ist kein besonders offener Mensch, sie hält ihre wirklichen Gefühle tief unter Verschluss. Sie wirkt nach außen locker und fast beschwingt, nur wie es wirklich tief in ihr drin aussieht, das weiß keiner. In all den Jahren habe ich Kim nicht ein einziges Mal vor anderen weinen sehen. Sie spricht nicht über damals und schon gar nicht über ihre Eltern. Es zerreißt mir das Herz, da ich Kim sehr oft in ihrem Bett weinen höre, aber zu meinem Bedauern lässt sie niemanden an sich heran. Kim will mit ihren Gefühlen alleine bleiben, obwohl es blödsinnig ist."

"Wie ist es mit Freunden oder einer besten Freundin? Ist niemand da, bei dem sie ihren Seelenkummer loswerden kann?"

Simon schüttelte den Kopf und seufzte auf. "Nein, Kim ist ständig unterwegs. Für Freundschaften blieb keine Zeit. Sie kämpft lieber mit sich selbst und ich habe Angst, dass sie irgendwann daran zerbricht. Manchmal verschwindet sie mitten in der Nacht. Meistens verkriecht sie sich im Tonstudio, um mit ihrer Musik alleine zu sein. Das Makabere daran ist, dass Kim in diesen Zeiten ihre besten Songs schreibt. Ich bin mit meinem Latein am Ende, ja ich habe aufgegeben. Denken sie bitte daran und halten sie ihre Augen offen."

Peter nickte und gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass auch er, so wie Kim jetzt auch, jahrelang sein Innerstes vor anderen verschlossen hielt. "Danke für den Hinweis, ich werde vorbereitet sein."

"Gut."

"Bevor ich zu Kim gehe, muss ich zuerst noch bei einem Freund vorbei schauen. Das Beste ist, sie fahren schon mal vor, ich komme dann nach."

"Wie sie meinen, Peter, wir sehen uns dann im Studio. Einen Wunsch hätte ich allerdings noch. Lassen sie sich bei ihrem Besuch nicht allzu viel Zeit, denn sie wissen ja, ich muss in Kürze abreisen."

Dann verschwand Simon ebenso leise, wie er kurz zuvor gekommen war.

Peter griff nach seinem Handy und wählte Kermits Nummer. Er redete eine Weile mit seinem Freund, legte auf, nahm den Umschlag mit den Fotos an sich, und machte sich dann auf den Weg zu ihm.

*******

Kurze Zeit später traf er auf seinem ehemaligen Revier ein. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn, denn es war schon sehr lange her, dass er sich hier blicken ließ. Das hieß aber nicht, dass er seine Freunde vergessen hätte, nein. Regelmäßig trafen sie sich alle ein- bis zweimal die Woche im Delancey's. Seine Freunde waren ihm zu wichtig, um sie einfach aufzugeben. Er dachte an Kim. Die Vorstellung, dass Kim keine Freunde besaß, die ihr beistanden, machte ihn traurig. Jeder brauchte irgendwann in seinem Leben eine Schulter, an der man sich ausweinen konnte. Bevor Peter weiter darüber nachdenken konnte, kam mit großem Hallo Mary-Margaret auf ihn zu und umarmte ihn.

"Hey Peter, wie geht es dir?"

Lachend drückte er sie an sich. "Es geht mir gut, danke."

"Hast du schon was von deinem Vater gehört?"

"Nein, bisher noch nicht."

Skalany löste sich wieder von Peter und tätschelte ihn an der Schulter, als wolle sie ihm Mut machen. "Glaub mir, er meldet sich bestimmt bald. Was führt dich zu uns?"

"Recherchen, ich muss zu Kermit." Er sah auf und wie bestellt, stand Kermit an der Tür. "Hast du was für mich?", fragte Peter.

"Aber sicher doch." Mit seinem breitesten Wolfsgrinsen stand sein Freund am Eingang seines Domizils und deutete den jungen Mann an, zu ihm zu kommen.

Peter folgte Kermit in sein voll gepacktes Büro, setze sich in den Besucherstuhl und hörte konzentriert zu, was sein Freund herausgefunden hatte.

Kermit nahm eine Akte in die Hand, räusperte sich kurz und fing an. "Kimberly Ann, geboren als Kim Richmond, 26 Jahre alt. Aufgewachsen ist sie in New Jersey. Schon im Alter von 4 Jahren, fing sie an zu singen, und dabei wurde man auf ihr riesiges Talent aufmerksam. Mit 16 verlor sie ihre Eltern bei einem Autounfall, wobei sie als Einzige schwer verletzt überlebte. Nach einigen Wochen im Krankenhaus kam Kim dann zu Simon Storm. Simon ist ein entfernter Cousin von Kims Mutter, Helen. Gleich nach dem Unfall hat er sich bereit erklärt, Kim zu sich zu nehmen. Dort lernte sie Sarah, Simons Tochter, und ihre heutige Assistentin, kennen."

Kermit machte eine kleine Pause und sah Peter an. "So jung und schon Vollwaise."

"Wenigstens ist ihr ein Heim erspart geblieben", meinte Peter, den die Aussage des Detectives unwillkürlich an seine eigene Kindheit erinnerte.

Kermit fuhr fort. "Nach dem Unfall begab sie sich in therapeutische Behandlung. Es scheint, dass die junge Frau es selbst mit Hilfe des Psychologen nicht ganz schaffte, ihr Trauma zu verarbeiten. Jedenfalls stürzte sie sich ab da voll in ihre Musik, die dann den ersten Platz in ihrem Leben einnahm. Mit 23 kam zunächst in Europa der große Durchbruch und sie erhielt ihren ersten Plattenvertrag. Hier bei uns verließ sie ihr Glück, ihre Karriere kam ein wenig ins Stottern. Es gab vor einigen Wochen angeblich einen Anschlag auf sie, der aber, wie mir scheint, entweder unter den Teppich gekehrt wurde, oder es handelt sich um eine Zeitungsente und damit um eine geschickte PR - Masche. Genaueres konnte ich jetzt in der kurzen Zeit nicht recherchieren. Wie auch immer: Jetzt will Kim es erneut versuchen und ihre Heimat erobern." Kermit unterbrach sich mitten in der Aufzählung. "Wozu brauchst du all diese Informationen, Peter? Klärst du mich auf, was hier los ist?"

Peter verzog das Gesicht und reichte Kermit einen Umschlag.

"Was ist das?"

"Deine Zeitungsente", entgegnete Peter sarkastisch, bevor er ihn mit kurzen, prägnanten Sätzen mit den weiteren Fakten vertraut machte.

"Das sind Fotos, die kurz nach dem Angriff auf Kim gemacht wurden.", schloss er die Erklärung.

"Dieser Mistkerl.", rutschte es Kermit heraus. "Eine unschuldige Frau so zu schlagen ist einfach widerlich. Wenn ich ihn in meine Finger bekomme, dann..." Weiter kam er nicht, denn Peter warf ihm einen sehr ernsten Blick zu.

"Schon gut", meinte Kermit und stand auf. "Okay, wir wissen jetzt eigentlich alles über Kim, nur über ihren Angreifer so gut wie nichts. Wie kommen sie eigentlich auf die Idee, Kim wäre hier sicher?"

Kermit beugte sich vor und ließ seinen Blick über die Akte gleiten. Er deutete mit dem Finger auf eine Stelle. "Wie zum Teufel kam der Angreifer überhaupt ins Studio rein? Es wurde nicht eingebrochen und laut Bodyguard war alles verriegelt. Dieser Typ muss also einen Schlüssel besessen haben."

Kermit verzog grimmig den Mund und ballte die Hand zur Faust. Peter spürte deutlich, wie es in dem Detective brodelte.

"Du bist wohl derselben Meinung wie ich, oder deute ich deine Körperhaltung etwa falsch?", fragte Peter.

Kermit nickte zustimmend. "Das ist kein Außenstehender. Der Angreifer muss sich in ihrem Umfeld aufhalten."

Peter stimmte ihm zu und wandte sich der Personalliste zu. "Mal sehen, was wir hier haben. Es gibt da einen Chauffeur, einen Hairstylisten, den Tanztrainer Jack und Sarah, ihre persönliche Assistentin. Den Manager Jason darf ich nicht vergessen, sowie einen Vocal Coach. Sieht eigentlich alles normal aus, es dürfte sicher nicht schaden, alle noch einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen." Er sah auf seine Uhr. "Oh, es wird langsam Zeit für mich. Ich muss los, sonst komm ich noch zu spät."

Kermit warf Peter einen Blick über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg zu. "Im Moment habe ich hier gerade wenig zu tun. Hast du was dagegen, wenn ich mitkomme? Nur so, aus reiner Neugier."

Peter lachte. "Warum nicht, dies ist ein freies Land."

*Kermit kann es nicht lassen*, dachte Peter, dennoch freute er sich, nach langen Monaten wieder mit Kermit arbeiten zu können. Auch wenn er ganz und gar in seiner neuen Aufgabe aufging, fehlten ihm seine Kollegen und die damit verbundene Detektivarbeit manchmal sehr und so nahm er Kermits Hilfe gerne an. Sie packten ihre Sachen zusammen und verließen gemeinsam das Revier.

*******

10 Minuten später trafen Peter und Kermit im Tonstudio ein, das etwas abseits der Hauptstraße lag. Von außen betrachtet, sah das Studio wie eine alte Villa aus. Peter beäugte das alte Gemäuer genauer. Nie wäre ihm in den Sinn gekommen, dass sich hier, versteckt hinter diesen alten, dicken Mauern, ein Tonstudio befand.

Sich unauffällig umschauend, stiegen Peter und Kermit die Treppe hoch zum Eingang. Ein bullig wirkender, ganz in schwarzem Leder gekleideter, Bodyguard, stellte sich ihnen mit grimmigem Gesicht in den Weg. Als Peter auf ihn zutrat, hob er seine Hand und grummelte mit tiefer Stimme. "Kein Zutritt."

Kermit ging um Peter herum und hielt dem Mann seinen Dienstausweiß unter die Nase. "Detective Kermit Griffin vom 101. Revier. Das ist Peter Caine, wir werden erwartet."

Der Bodyguard zog sein Handy aus der Hose, klappte es auf und sprach ein paar Worte. Er nickte und zeigte auf die Tür. "Sie können jetzt rein."

Peter öffnete die Tür und das Erste, was ihm und Kermit entgegen hallte, war laute, rockige Musik. Die beiden gingen einen kurzen Korridor entlang, an dessen Ende eine Tür offen stand. Peter trat als Erster ein und blickte sich neugierig um. Überall standen Bandgeräte und Computer, und vor dem großen Fenster, von dem aus man in den Aufnahmeraum sehen konnte, befand sich ein riesiges Mischpult mit Hunderten von Knöpfen und Reglern. Bevor Peter auch nur einen Ton von sich geben konnte, trat ein junger Mann an ihn heran.

"Sie müssen wohl Peter Caine sein? Simon hat mich und Kim informiert, dass sie auf dem Weg hierher sind."

Peter nickte und deutete auf seinen Freund. "Darf ich vorstellen, Detective Kermit Griffin vom 101. Revier."

"Simon sagte nichts davon, dass sie jemanden mitbringen."

"Er ist ein Freund von mir und will sich nur mal kurz umsehen. Sie haben doch nichts dagegen oder?"

Der junge Mann streckte ihnen die Hand entgegen. "Nein, natürlich nicht. Treten sie ruhig näher. Ich bin Jason, der Manager von Kim."

Peter beobachtete aufmerksam die kleine Gruppe, die sich im Aufnahmeraum aufhielt. Seine Augen streiften über unzählige Gitarren, kleine und große Bongotrommeln, verschiedene Keyboards, sowie unzählige andere Instrumente. Ganz hinten in der Ecke stand ein riesiges Schlagzeug, hinter dem sich jemand befand, doch außer einer kleinen Bewegung konnte Peter nichts erkennen.

Offensichtlich ging es hier nicht um irgendwelche ernsthaften Aufnahmen, denn eine kleine, nicht besonders talentierte Frau stand am Mikrofon und trällerte irgendein Lied. Peter schüttelte grinsend den Kopf. Was aus dem Lautsprecher dröhnte, klang absolut nicht hitverdächtig. Hinter dem Schlagzeug saß allerdings eine Person, die mehr Talent besaß. Begeistert hörte Peter eine Weile zu und nickte dann anerkennend mit dem Kopf.

"Wouh, der versteht sein Handwerk. Er ist gut, sehr gut sogar."

Vorne am Aufnahmepult saß ein junger, groß gewachsener, blonder Mann Mitte 20. Er drehte sich auf seinem Stuhl zu Peter, stand auf und stellte sich vor. "Hi, ich bin Shane, der Produzent von Kim." Dabei grinste er über das ganze Gesicht.

Shane schüttelte ihm die Hand, dann drehte er sich wieder um und sprach in das Mikrofon. "Okay Mädels, ihr hattet jetzt euren Spaß. Alle raus jetzt, wir starten die erste Aufnahme. Kim, bitte, bist du soweit?"

Der Shaolin suchte mit seinen Augen den ganzen Raum ab, noch konnte er die junge Sängerin nicht entdecken. Dann sah er sie. Kim kam hinter dem riesigen Schlagzeug hervor. Sie hielt die Trommelstöcke in ihren Fingern, legte sie beiseite und trat an das Mikrofon. Mit geübtem Griff stülpte sie sich die Kopfhörer über.

"Okay, Shane, ich bin bereit."

Ihre erotische Stimme verursachte bei Peter eine Gänsehaut und es lief ihm kalt über den Rücken. Er wandte sich Shane zu. "Ich dachte, Kim singt nur."

Shane lachte. "Oh nein, Kim ist ein Multitalent. Sie spielt Klavier, Schlagzeug und Gitarre und viele ihrer Songs spielt sie zum Teil selbst ein, so wie heute. Oh und singen kann sie, mmmhh, wie ein Engel." Shane verdrehte seine Augen und sah ganz verzückt aus, als er dies sagte und Peter musste unweigerlich lachen.

Der ehemalige Cop musterte Kim von oben bis unten. Sie war wirklich außerordentlich hübsch. Soweit er es von seiner Position aus erkennen konnte, schienen von den Verletzungen, die sie bei dem Angriff auf ihr Leben davon getragen hatte, keine sichtbaren Narben im Gesicht übrig geblieben zu sein. Sie trug eine schwarze, für seinen Geschmack etwas zu weite Hose und ein blaues, langes Shirt. Für einen kurzen Moment schmunzelte Peter. *In dem Aufzug sieht sie wie ein Totengräber aus *, schoss es ihm durch den Kopf.

Ihr schwarzes, wie Seide glänzendes, Haar passte genau zum Ton ihrer leicht gebräunten Haut. In weichen Wellen umrahmte es ihr hübsches Gesicht, lang und dunkel fiel es über ihre schmale Schultern und ihren Rücken. In vielen unzähligen kleinen Locken endete es ein paar Zentimeter oberhalb ihrer Taille.

Kim schenkte ihm ein wundervolles Lächeln, dem Peters Herz auf der Stelle verfiel. Für einen winzigen Augenblick schien die Welt still zu stehen und verwundert begriff Peter, dass es schon lange her war, als er Ähnliches verspürte hatte. Der Blick dieser bildhübschen jungen Frau traf ihn wie ein Blitz und tief in seinem Inneren machte sich ein Kribbeln breit, das ihn für einen kurzen Moment durcheinander brachte.

Die junge Sängerin stand hinter dem Mikro und beäugte durch die Glasscheibe ein wenig kritisch die beiden fremden Männer im Studio. Zuerst nahm sie den etwas älteren Mann mit interessantem Gesicht und graumeliertem Haar ins Visier. Mit ihren Augen verfolgte sie jeden seiner Schritte. *Ein gutaussehender Mann*, dachte Kim.

Irgendwie erinnerte er sie an ihren Vater. Vom Typ her waren sie sich sehr ähnlich. Nur seine grüne Brille fand sie ein wenig eigenwillig. *Und da heißt es, wir Popstars haben einen eigenartigen Stil.* Trotz allem fand Kim diesen Fremden sympathisch, wie ein Angreifer sah er jedenfalls nicht aus. Eher wie ein Mensch, auf den man sich verlassen konnte.

Kim ließ ihre Augen weiter durch den Raum gleiten, bis ihr Blick an dem zweiten Unbekannten hängen blieb. *Was für ein Mann*, fuhr es ihr durch den Kopf. Sie betrachtete diesen attraktiven Mann ganz genau. Der Traum aller Frauen, groß, kräftig und ein sehr sympathisches Gesicht. Er trug kurzes, im Nacken etwas längeres, dunkles Haar und obwohl sie mindestens 3 Meter von ihm entfernt stand, sah sie in wundervolle haselnussbraune Augen. Seine ganze Erscheinung brachte ihr Herz aus dem Rhythmus.

Kim musterte ihn von oben bis unten. Seine dunkelblauen Jeans sowie das enganliegende Hemd, unter dem sich seine Muskeln deutlich abzeichneten, brachten sie für einen kurzen Moment völlig aus der Fassung.

Alles an diesem Mann zog Kim magisch an, sie konnte sich nicht erklären weshalb. Sie spürte, wie sich eine gewisse Spannung in ihr aufbaute und ihr Atem schneller wurde. Sie betrachtete seine breiten Schultern und musste lächeln. Bestimmt gab es viele junge Damen, die sich diesen Platz zum Anlehnen suchten. Dieser junge Mann wirkte stark und selbstbewusst und besaß eine gefährlich sinnliche Ausstrahlung.

*Simon, solltest du ihn mir geschickt haben, dann danke ich dir dafür. Von ihm lasse ich mich sehr gerne beschützen.* Kim blickte dem Fremden in die Augen und ihr Körper wurde von einem lang verloren geglaubten Glücksgefühl durchzogen. Zum ersten Mal war sie bereit, alles zu vergessen, was sie bedrückte. Dieser unglaublich warme Blick, der ihr entgegen sah, weckte in Kim den Wunsch, sich in diese Augen fallen zu lassen, ohne darüber nachzudenken, was geschehen würde.

Shane tippte Peter auf die Schulter. "Sie sollten sich besser setzten, es wird wohl noch eine Weile dauern, bis wir fertig sind." Er wandte sich Kim zu. "Okay, ich spiele dir jetzt die Musik ein."

Peter zog einen Stuhl aus der Ecke, schob ihn neben Shane und setzte sich. Die Aufnahme begann und Peter sah fasziniert zu, wie Kim ihren Part einsang. Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete er Shane, der unablässig über die vielen Regler strich und hier und da an verschiedenen Knöpfen drehte. Die Aufnahme verzögerte sich, da Shane der jungen Sängerin immer wieder Anweisungen gab. Peter lächelte, denn obwohl Shane Kim immer wieder kurz unterbrach, schien es ihr nichts auszumachen.

Kermit lehnte lässig mit der Schulter an der dick gepolsterten Studiotür. Gespannt lauschte er Kims Stimme und immer wieder nickte er zustimmend mit dem Kopf.

Shane drehte sich zu Kermit um. "Gefällt ihnen die Musik, Detective Griffin?"

Kermit blickte Shane an. "Eigentlich entspricht diese Musikrichtung nicht ganz meinem Geschmack, trotzdem muss ich zugeben, dass Kim eine sehr schöne, kraftvolle Stimme besitzt. Ich denke, mit den richtigen Songs kann sie alle in ihren Bann ziehen."

Shane wandte sich wieder Kim zu. "Kim, wir versuchen noch eine Aufnahme, okay? Du bist jetzt auf dem richtigen Weg, versuche den Song mit mehr Emotionen herüber zu bringen."

Shane drückte verschiedene Knöpfe und gleich darauf startete er die rote Aufnahmeleuchte.

Kim fing erneut von vorne an. Sie studierte abermals durch die Scheibe das Gesicht des dunkelhaarigen Mannes. Sein Anblick brachte sie völlig aus dem Konzept und sie erlebte, wie dieser Mann einen ziemlich starken Einfluss auf ihre Hormone ausübte. Sie versuchte den gutaussehenden Adonis zu ignorieren, dieser hingegen fing ihren Blick ein, hielt ihn fest und lächelte sie unwiderstehlich an.

Kim fühlte, wie ihr ein wohliger Schauer über den Rücken lief. Alles an diesem attraktiven Mann, angefangen bei seinem Blick, den er ihr schenkte, wirkte so offen und klar, dass Kim eine unglaubliche Ruhe in sich verspürte. Sie schloss ihre Augen und fing an zu singen.

Shane beugte sich über sein Mischpult und sperrte erstaunt seinen Mund auf. Es gab so viele Aufnahmen, die er zusammen mit Kim schon aufgenommen hatte, aber diese stellte alles bisher Eingesungene in den Schatten. Kim sang mit so viel Gefühl, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb.

Kermit verließ mit langsamen Schritten seine Position an der Tür und trat leise hinter Shane. Er sah die junge Sängerin stumm an und bemerkte, wie ihre kräftige Soulstimme bei ihm eine Gänsehaut verursachte.

Peter saß sprachlos auf seinem Stuhl. *Gott, was für eine herrlicher Gesang.*, schoss es ihm durch den Kopf. *Wie ist es möglich, dass aus einer so zierlichen Person, solch stimmgewaltigen Töne kommen?* Er fühlte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten, während ihm gleichzeitig ein kalter Schauer über den Rücken lief.

Gespannt lauschten die drei, bis Kim fertig war und sie gemächlich ihre Kopfhörer abnahm.

Erwartungsvoll öffnete sie ihre Augen. "Shane, alles okay? Wie war die Aufnahme?"

Shane lehnte sich zurück und klatschte vor Freude in die Hände. "Kim, Darling. Die Aufnahme ist spitze geworden, einfach unglaublich. Hör zu, wir machen Schluss für heute."

Kim nickte und legte die Kopfhörer zur Seite. Sie verließ die Aufnahmekabine und kam direkt auf Peter und Kermit zu.

Die junge Sängerin war ca. einen halben Kopf kleiner als er, dennoch schaute Peter direkt in ihre strahlend blauen Augen, in denen er sowohl Humor als auch Intelligenz aufblitzen sah. Er wollte in diesen kleinen, blauen Seen am liebsten versinken. Ihr voller Mund leuchtete in der Farbe einer zartrosa farbigen Rose und unweigerlich wünschte er sich, diese verführerischen Lippen auf den Seinen zu spüren. Sie reichte ihm die Hand, die sich zierlich, aber gleichzeitig auch kräftig anfühlte. Ein kleiner elektrischer Schlag zuckte durch Peters Fingerspitzen, als sich ihre Hände berührten.

"Ich bin Kim, nett sie kennen zu lernen."

Peter sah sie ganz irritiert an, trotzdem konnte er seinen Blick kaum abwenden. Sie hatte ein offenes, freundliches Gesicht mit hohen Wangenknochen, eine ebenmäßige Haut und ihr Make-up war, anders als bei Popstars üblich, sehr zurückhaltend. Diese junge Frau sah atemberaubend aus und Peter stockte für einen Moment der Atem. Dann stieg ihm ein leichter, frischer Rosenduft stieg in die Nase.

"Peter Caine und das hier ist Detective Kermit Griffin."

Lächelnd griff Kim nach Kermits Hand, die ihr dieser zur Begrüßung hingehalten hatte. "Miss Richmond", begrüßte er sie mit einem leichten Kopfnicken.

"Oh Gott, nennen sie mich bitte Kim. Ich komme mir sonst so fürchterlich alt vor." Sie lachte. "Kermit? Sie heißen wie der Frosch aus der Muppet Show? So sehen sie aber gar nicht aus."

Kermit verzog nur kurz das Gesicht und Kim gab ihm einen kleinen Schubs.

"Entschuldigung, bitte nicht böse sein. Sie müssen wissen, ich bin für meinen seltsamen Humor bekannt." Dabei sah sie ihn so treuherzig an, dass Kermit unweigerlich schmunzeln musste. "So, so, sie sind also meine Beschützer für diese Woche", äußerte sie ihre Vermutung und Peter nickte zustimmend. Kim drehte sich zu Shane um. "Bye, Shane, bis morgen."

"Bye, Engelchen."

"Okay, ich bin hier soweit fertig." Kim griff nach Peters Arm und hielt ihn fest. "Bereit?", fragte sie ihn und Peter konnte nur sprachlos nicken.

Während Kim ihm tief in seine Augen sah, verstärkte sie den Druck auf seinen Arm, und Peter wünschte sich, dass diese bezaubernde Frau seinen Arm noch länger sanft drücken würde. Ausgelöst durch ihre zarte Berührung fuhr erneut ein warmer Schauer durch seinen Körper und er musste sich dazu zwingen, den Blick von ihr abzuwenden und sich in Bewegung zu setzten.

Kurz bevor sie Peters Auto erreichten, tauchte Simon am Studio auf. Er stieg aus dem Taxi und kam mit ausgestreckten Händen auf Kim zu.

"Kim, Schatz, wie ich sehe, hast du Peter schon kennen gelernt. Du weißt, dass ich in den nächsten Tagen nach London muss. Peter wird auf dich aufpassen, also sei artig und benimm dich."

Kim ließ Peters Arm los, kam Simon entgegen und fing laut an zu lachen. "Dad, ich bin doch keine zehn mehr, also red nicht so mit mir." Sie beugte sich an sein Ohr und flüsterte ihm zu. "Keine Sorge, sieh dir nur diesen smarten Mann an. Nein, ich werde ihm nicht davon laufen. Versprochen."

Simon zwinkerte Kim verschwörerisch zu und sah auf seine Uhr. "Oh, ich muss los, sonst verpass ich meinen Flieger." Er reichte Peter eine Chipkarte. "Das ist die Karte für das Penthouse, sowie dem Aufzug." Er griff in seine Jackentasche und zog eine Visitenkarte hervor, die er ebenfalls Peter reichte. "Nur für den Notfall, damit sie mich erreichen können."

Peter bemerkte Simons besorgten Blick. "Sie können beruhigt gehen. Wir werden uns gut um Kim kümmern."

"Ich weiß gar nicht, wie ich ihnen danken kann Peter."

Er wandte sich Kim zu, umarmte sie und drückte ihr einen Brief in die Hand. "Wenn du Zeit findest, dann lies ihn bitte durch."

Kim grinste. "Wieder von deinem Privatschnüffler?"

"Du kennst mich viel zu gut." Simon drückte ihr einen Kuss auf die Wange. "Ich melde mich, sobald ich im Hotel angekommen bin."

Kim lächelte. "Bis dann, Dad. Ich liebe dich."

Simon strich ihr sanft über die Wange und erwiderte. "Ich liebe dich auch. Bleib mir brav, pass auf dich auf und mach keinen Unsinn." Dann stieg er wieder in sein Taxi und fuhr los.


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