Kurz vor 10 Uhr, wurde Peter durch einen Sonnenstrahl geweckt. Verschlafen blinzelte er im Zimmer umher. Er blickte zur Seite und lächelte. Kim lag mit dem Rücken zu ihm und schlief. Peter drehte sich zur Seite und betrachtete ihren nackten Rücken. Womit hatte er diese Frau nur verdient? Kim war ein ganz besonderer Mensch und er liebte sie. Nach vielen unendlich einsamen Monaten hatte er nun endlich jemanden gefunden, der ihm sehr viel bedeutete und dennoch wusste er, dass es nur ein geliehenes Glück war. Peter seufzte auf. Warum war das Leben nur so ungerecht zu ihm? Warum gönnte es ihm kein dauerhaftes Glück? Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Kim ihn ansprach: "Hey, du Schlafmütze. Warum siehst du mich so an?" Peter lächelte. "Du bist so hübsch, ich muss dich einfach ansehen." Ohne sich umzudrehen, wisperte Kim ihm zu: "Mir ist kalt, willst du mich nicht wärmen?" Peter grinste. Und ob er wollte. Er rutschte näher an die junge Frau heran und presste seinen warmen Körper ganz dicht an ihren Rücken. Kim lachte und griff mit ihrer Hand nach hinten. "Hey, da ist aber jemand schon sehr fit." Sie drehte sich um und sah Peter in die Augen. "Willst du mir nicht zeigen, wie fit du schon wieder bist?" Peter lachte und anstelle einer Antwort küsste er sie leidenschaftlich auf den Mund. "Wir haben keine Zeit dazu. Ich muss heute noch zu Kermit ins Büro. Er erwartet mich dringend und ich sollte...", murmelte Peter zwischen zwei Küssen. "Plapperst du eigentlich immer so viel?", unterbrach ihn Kim, während sie ihn mit einer Hand intensiv streichelte. Peters Atem beschleunigte sich "Das ist leider eine schlechte Angewohnheit meinerseits, besonders, wenn ich aufgeregt oder nervös bin." Kim lachte und führte ihr zärtliches Spiel fort, bis sie fühlte, wie Peters Widerstand merklich erlahmte. "So so, du bist also aufgeregt. Das ist mir
egal, ich will dich hier und jetzt“, flüsterte sie verheißungsvoll
und setzte ihren Plan, ihren Liebsten nach allen Regeln der Kunst zu verführen
voller Freude in die Tat um. Kim richtete ihren Blick auf Peter. "Sex am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen." Peter sah sie zuerst stumm an, dann brach er in schallendes Gelächter aus. "Was bist du nur für eine Frau?" Kim wollte antworten, als sie plötzlich durch heftiges Klopfen unterbrochen wurden. Peter schreckte auf. "Hallo, Mr. Caine? Hallo?" Peter sprang aus dem Bett und zog seine Jeans über. Er lief zur Haustür, spähte durchs Fenster und sah Joe. Peter öffnete die Tür. "Was gibt es denn?" "Detective Griffin möchte sie in seinem Büro sehen. Ich werde hier auf sie warten und sie und Miss Kim begleiten." Peter seufzte auf. "Okay, wir brauchen etwa 20 Minuten." Er schloss die Tür und ging zurück zu Kim ins Schlafzimmer, wo die junge Sängerin gerade ihr Badetuch fallen ließ. "Du warst in der Dusche? Bist du morgens immer so schnell?", staunte Peter. Der ehemalige Cop blickte sehnsuchtsvoll auf Kims nackten Körper, der ihm mit jeder Minute begehrenswerter vorkam. "Du quälst mich, weißt du das?" Kim grinste nur schelmisch. "Wer war das?" "Unser Aufpasser, ich soll zu Kermit kommen." "Ist etwas passiert?" Kim blickte Peter sorgenvoll an. Peter schüttelte den Kopf. "Nein, ich glaube nicht. Zieh dir was über, ich spring nur kurz unter die Dusche." Kim schlüpfte in eine weiße Jeans und schloss langsam eine rote Bluse Knopf für Knopf. Peter beobachtete sie dabei und dachte daran, wie er letzte Nacht diese Knöpfe langsam aufgeknöpft hatte. Er schüttelte den Kopf, um die Gedanken daran zu verscheuchen. Ja, er brauchte eindeutig eine kalte Dusche. Kaum 10 Minuten später stand er angezogen vor Kim. "Warte Peter, wo bringst du mich hin? Wo bleibe ich, wenn du bei Kermit bist?" Peter nahm ihre Hand. "Ich bringe dich wie verabredet zu meinem Vater. Dort bist du sicher, bis ich wieder komme." Kim nickte und dachte daran, dass Caine ihr helfen wollte, ihre Erinnerung zurück zubekommen. Peter schien ihre Gedanken erraten zu haben. Er stellte sich vor Kim und hob ermahnend den Zeigefinger. "Ihr fangt nicht ohne mich an. Ihr wartet, bis ich zurück bin, versprochen?" "Versprochen. Ich warte, auch wenn es mir schwer fallen wird." Kim lächelte und küsste seine Fingerspitze. Wieder klopfte es an der Tür. "Wir kommen!", rief Peter und nahm Kims Hand. Zusammen verließen sie die Hütte. ******* 20 Minuten später traf Peter auf dem Revier ein. Er nickte lächelnd im Vorbeigehen kurz Blake und Chief Strenlich zu, nahm Jody freundschaftlich in den Arm, sprach einige kurze Worte mit Captain Simms und marschierte dann direkt in Kermits Büro. Tief in Gedanken versunken starrte Kermit auf seinen Bildschirm. Peter kannte dies nur zu gut. Kermits Gehirn schien auf Hochtouren zu laufen. Vorsichtig legte der junge Shaolin seine Hand auf Kermits Schulter, worauf dieser kurz zusammen zuckte, sich gleich darauf aber wieder fing. Kermit hob kurz seinen Kopf und funkelte Peter von der Seite aus an. "Solltest du dies noch einmal tun, dann werde ich dich töten." Peter hob grinsend seine Arme und hielt sie schützend vor sich. "Klar, ich tue es nie wieder." Suchend blickte sich Kermit um. "Wo ist Kim, wo hast du sie untergebracht?" Peter zog einen Stuhl an Kermits Schreibtisch heran und setzte sich. "Paps ist wieder in der Stadt, ich hab Kim zu ihm gebracht." "Seit wann?" Kermit wirkte verwirrt. "Gestern Abend tauchte er ganz plötzlich
draußen bei der Hütte auf." Peter schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern. Nach all den Jahren müsste er es eigentlich wissen, wie er das machte. Doch sein Vater tauchte immer überraschend irgendwo auf, speziell wenn man in Schwierigkeiten steckte. Peter hatte ihn schon oft gefragt, wie er es anstellte, doch nie eine präzise Antwort darauf bekommen. Daher hatte der junge Mann, was diese Dinge anging, einfach aufgegeben und forschte nicht weiter nach. "Also, was ist so dringend, dass ich her kommen sollte?" Kermit wollte ihm gerade antworten, als er von Mary-Margaret unterbrochen wurde. "Kermit. Nicky Elder ist am Telefon." Kermit nahm den Hörer ab und drückte den Lautsprecherknopf. Peter konnte sich nicht zurück halten und kam Kermit zuvor. "Also, Nicky, was hast du für uns?" Kermit warf Peter einen tadelnden Blick zu, obwohl er genau wusste, dass dieser meist seinen Mund nicht halten konnte. "Fühl dich wie Zuhause.", kommentierte er Peters Handeln. Dann konzentrierte er sich ganz darauf, was Nicky so wichtiges zu berichten hatte. "Oh, hallo Peter. Also, außer der Schusswunde
hat unser Freund keine weiteren Verletzungen. Die Kugel traf den Mann
mitten ins Herz, er war sofort tot. Ah, aber Peter, wenn du gerade hier
bist. Ich habe heute einen neuen Palmer Katalog erhalten. Vielleicht könntest
du…" "Okay, bei der Untersuchung seines Blutes fand ich eine sehr große Menge Kokain. Wie er bei dieser Menge überhaupt noch stehen konnte, ist mir ein Rätsel. Er..." Diesmal unterbrach Kermit Nicky. "Konnte er mir diesen Schlag auf den Kopf versetzen? War er überhaupt in der Lage dazu, so kräftig zuzuschlagen?" "Ich bin mir nicht sicher. Nach der Menge des Kokains in seinem Körper, müsste er eigentlich nur Schmetterlinge oder ähnliches gesehen haben. Es grenzt schon an ein Wunder, dass er überhaupt eine Waffe halten konnte. Meiner Meinung nach, wohl eher nicht." Peter beobachtete Kermits Gesicht, das einen bedrohlich
grimmigen Ausdruck annahm. Er wandte sich wieder Nicky zu. "Okay,
danke Nicky." Kermit legte auf und noch immer stand ihm der Ärger ins Gesicht geschrieben. Peter setzte sich ratlos in den Besucherstuhl in Kermits Büro. "Es sieht wohl so aus, also ob wir es hier mit zwei Tätern zu tun haben. Oder was denkst du darüber?" Er wagte kaum, diese Frage auszusprechen. Kermit strich sich über den noch immer schmerzenden Kopf. "Frag mich nicht. Irgendjemand hat mir diese verdammte Beule verpasst und ich gebe keine Ruhe, bis ich diesen Burschen habe." "Hast du schon irgendwas über diese mysteriöse Blondine aus dem Penthouse in Erfahrung bringen können?" Kermit schüttelte den Kopf. "Nein, wir sind noch auf Spurensuche. Keine Sorge, ich bleib an der Sache dran." Peter fuhr sich nervös durch die Haare und verfolgte Kermit dabei, wie er aus der Schreibtischschublade eine Akte hervor holte und sie ihm hin rüberreichte. Peter öffnete sie und ließ seinen Blick darüber schweifen. "Was ist das?" Als Peter aufsah, bemerkte er, wie Kermit, vermutlich ohne darüber nachzudenken, sich erneut über den Kopf strich. Peter spürte deutlich den Schmerz, den Kermit plagte. Doch obwohl es dem Detective nicht besonders gut ging, konnte Peter ein Gefühl der Erleichterung nicht unterdrücken. Nicht auszudenken, wenn seinem besten Freund mehr zugestoßen wäre. Schließlich half Kermit ihm aus reiner Freundschaft bei diesem Fall. Peter holte kurz tief Luft und wandte sich dann wieder seinem Kumpel zu. Kermit nahm ihm die Akte aus der Hand. "Also, ich habe alle, die direkt oder indirekt mit Kim zu tun haben, nochmals durchleuchtet." Peter sah ihn fragend an. "Und?" "Wie schon gesagt, nichts, absolut nichts habe ich gefunden." In einem leichten Anfall von Wut warf Kermit die Papiere auf den Tisch. "Verdammt! Weißt du eigentlich, wie frustrierend das alles ist?" Peter schmunzelte. "Niemand behauptet, dass die Arbeit eines Polizisten immer einfach ist. Sag mir einfach, was du herausgefunden hast. Vielleicht haben wir irgendwo etwas übersehen." Kermit holte tief Luft. "Okay, fangen wir bei Kims Pflegevater Simon an. Er ist 50 Jahre alt und im Vorstand einer großen Automobilfirma tätig. Seit 2 Jahren ist Simon Witwer. Er besitzt in New Orleans ein kleines Haus, ist schuldenfrei und auch sonst ist er ein sehr unauffälliger Mensch." Kermit unterbrach kurz und schüttelte den Kopf. "Ich glaube nicht, dass Simon irgendetwas damit zu tun hat. Er besitzt eine riesige Jacht im Hafen von Miami und auf seinem Konto stehen so viele Zahlen, dass es einem schwindelig davon wird. Nein, ich schließe ihn aus. Außerdem scheint er Kim abgöttisch zu lieben. Das wird mehr als deutlich, wenn man verfolgt, was der Mann schon alles für sie getan hat. Für ihn ist Kim wie eine leibliche Tochter, da bin ich mir ziemlich sicher. "Was ist mit Simons Frau? Du sagtest er wäre Witwer." Kermit blätterte in seinen Unterlagen. "Francesca, eine hübsche, rassige Italienerin. Simon lernte sie bei einer seiner Auslandsreisen kennen und die beiden haben schon nach 6 Wochen geheiratet. Muss wohl so was wie die große Liebe gewesen sein. Leider verstarb Francesca vor knapp 2 Jahren mit 49 an Brustkrebs. Das tragische daran ist, dass sie eigentlich als geheilt aus dem Krankenhaus entlassen wurde." Für einen kurzen Moment schwiegen Kermit und Peter sich an. Um die Stille zu unterbrechen, erhob sich Kermit und schaute Peter fragend an. "Kaffee?" Peter nickte. Seine Gedanken schweiften zu Kim ab. Warum musste er ausgerechnet jetzt an die letzte Nacht mit ihr denken? Die Vorstellung, wie diese attraktive Frau ganz eng bei ihm lag, er sie innig im Arm hielt und sie küsste, löste ein gewaltiges Prickeln in seinem Bauch aus. Ein paar Minuten später standen zwei dampfende Tassen mit dem heißen Gebräu auf Kermits Schreibtisch. Noch immer tief in seine Gedanken versunken, griff Peter nach der Tasse und nahm einen großen Schluck. "Autsch, heiß." Schlagartig wurde er aus seinen Träumen zurückgeholt. Kermit hob erstaunt seine Tasse hoch und grinste. "Wo bist du nur mit deinen Gedanken? Sag mal, du hast wohl noch nie davon gehört, dass man Kaffee nicht so heiß trinken soll?" Peter hielt sich die Lippe und lachte. "Offensichtlich nicht. Okay, lass uns weitermachen." Kermit setzte sich wieder und zog ein weiteres Stück Papier aus der Akte. Er blickte auf und beobachtete Peter dabei, wie dieser sich ganz kurz über die schmerzende Stelle strich. "Ich hoffe nur, dass der Gedanke es wert war, sich dafür eine dicke Lippe zu holen." Peters verlegenen Ausdruck ließ Kermit schmunzeln. "Schon gut, so genau will ich es gar nicht wissen. Können wir jetzt weitermachen? Okay, dann hätten wir noch Sarah, Simons Tochter, 28 Jahre alt und ein bildhübsches Ding. Sarah ist gelernte Steuerfachfrau und besitzt seit 2 Jahren eine eigene Kanzlei. Kim übertrug ihr vor 2 Jahren die Verantwortung über ihre ganzen Finanzen. Sarah ist ein Naturtalent. Mit geschickten Investitionen hat sie es geschafft, Kims Vermögen von damals 15 Millionen Dollar zu verdoppeln. Ja, unsere kleine Kim besitzt, zusammen mit den ganzen Werbeeinnahmen und dem Erlös ihrer Kleiderkollektion und diversen anderen Artikeln, die stattliche Summe von fast 65 Millionen Dollar." Peter stellte überrascht seine Tasse ab. Außer einem beeindruckenden Pfiff kam ihm nichts über die Lippen. Kermit stand auf, zog sein Sakko aus und lockerte seine Krawatte. "Sag mal, weißt du schon irgendwas über die besagte Nacht. Konntest du Kim dazu bringen, dir was zu erzählen?" Mit kurzen Worten teilte Peter seinem Freund mit, was ihm Kim über ihre Eltern und über jene Unfallnacht erzählt hatte. "Tut mir leid. Mit mehr kann ich dir im Moment nicht dienen. Kim spricht nicht über ihre Eltern. Sie weicht sehr geschickt den Fragen danach aus. Wie Simon mir gleich sagte, ist sie in dieser Angelegenheit ein sehr verschlossener Mensch." Kermit ging um Peter herum. "Tja, dann lass ich mal meine Kontakte spielen. Mal sehen, was ich noch herausfinde." Die beiden wurden unterbrochen, als Jody an die
Bürotür klopfte und herein trat. "Hi ihr beiden. Ich habe
Neuigkeiten über unseren toten Studiofreund." Sie hielt ein
Stück Papier in der Hand. "Chin kam gerade mit interessanten Neuigkeiten zurück. Er hat ein paar Leute in der Nähe des Studios befragt und hatte Glück. Ein paar der Jungs erkannten den Toten auf den Bildern. Der Mann heißt Eddie Samoas, ein kleiner Junkie. Gerade habe ich seinen Namen durch unsere Datenbank gejagt und bin prompt fündig geworden." Jody grinste zu Kermit. "Du solltest dir mal was überlegen, wie man die Abgleichung von Fingerabdrücken beschleunigen kann, so hätten wir schon viel früher gewusst, mit wem wir es zu tun haben. Wie auch immer. Vor einigen Jahren wurde Eddie mal dabei erwischt, wie er in einem kleinen Lebensmittelladen eingebrochen ist. Eddie ist eigentlich harmlos und fiel keinem groß auf. Die Jungs auf der Straße haben übereinstimmend erklärt, dass Eddie in der vorletzten Woche unerwartet mit einem dicken Bündel Geld herum gelaufen ist. Eddie hat allen eine Geschichte aufgetischt, dass seine Schwester aus Florida ihm das Geld geschickt hätte." Peter atmete tief ein. "Klar, wenn die große Schwester viel Geld schickt, wer fragt dann schon, ob die Geschichte stimmt." Jody sah ihn an. "Das dumme an der Geschichte ist, dass Eddie ein Einzelkind ist. Allerdings hat wohl sein bester Kumpel, Ron, etwas beobachtet. Eddie bekam an besagtem Tag von einem kleinen Jungen aus der Nachbarschaft einen Zettel zugesteckt und verschwand dann für einige Minuten in einer Seitenstraße. Gleich darauf sah man Eddie stolz mit den Geld herum spazieren." Peter erhob sich von seinem Stuhl und fuhr sich nervös mit der Hand durch die Haare. "Weiß sein Kumpel vielleicht auch, wer bei Eddie stand und ihm das Geld überreichte?", fragte er. Jody schüttelte den Kopf. "Nein, davon hat Chin nichts erwähnt. Es schien wohl alles zu sein, was Eddies Kumpel wusste. Es tut mir leid, Peter." "Ist schon okay, du kannst ja nichts dafür." Peter ging auf Jody zu und strich ihr freundschaftlich über den Arm. Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln, dann sammelte sie ihre Unterlagen zusammen und verließ sein Büro. Kermit setzte sich zurück an seinen Schreibtisch und seufzte. Peter stand neben ihm und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. "Hey, nimm es nicht so schwer, wir werden schon noch herausfinden, wer Kim nach dem Leben trachtet." Glaubte er eigentlich selbst, was er da von sich gab? Jeder konnte es sein, selbst der immer freundliche Briefträger oder Eisverkäufer. Er hoffte, dass der oder die Unbekannte irgendwann einen Fehler begehen würde, dann wäre alles viel einfacher. Gleichzeitig wurde er traurig. Nach vielen Monaten fühlte er sich zum ersten Mal unnütz. Er bemerkte, wie sehr ihm die Arbeit hier fehlte. Das Aufspüren von Informationen, das Auswerten der Spuren, ja alles hier im Revier erinnerte ihn daran, wie gerne er hier gewesen war. Nicht zum ersten Mal dachte er darüber nach, ob es ein Fehler gewesen war, dies alles hinter sich zu lassen. Er versuchte, seine Gedanken in die Richtung des Falles zu lenken. Peter hob seine Tasse und nahm noch einmal einen kräftigen Schluck. Über den Rand der Tasse hinweg sah er in Kermits mittlerweile sehr ernst gewordenes Gesicht. "Stimmt was nicht?" Kermit sah ihn bedrückt an und Peter fragte sich, ob sein Freund wohl seine Gedanken erraten hatte. "Sag mal, du und Kim", Kermit hielt kurz inne. "Du magst diese junge Frau wohl sehr." Peter atmete tief durch und nickte. Kermit zog seinen Stuhl zurück und legte seinen Kopf leicht schief. Er kannte Peter schon viel zu lange und sein Blick verriet ihm mehr, als dieser ihm sagen wollte. "Du liebst sie, hab ich nicht recht?" Peter schluckte trocken. Kermit war sein bester Freund und er wusste genau, wie es in ihm aussah. "Ja, ich habe mich verliebt. Warum fragst du mich das?" Kermit nahm seine Brille ab und mit seinen schokoladenbraunen Augen fixierte er Peter. "Dir ist hoffentlich bewusst, dass Kim in wenigen Tagen die Stadt wieder verlässt. Wie kommst du damit klar?" Peter stellte seine Tasse ab. "Ich weiß es nicht. Kim ist etwas ganz besonderes. Bei ihr, wie soll ich es dir nur erklären, bei ihr fühle ich mich wie Zuhause. Kim ist wie eine Seelenverwandte, ich kann es nicht anders ausdrücken. Ich habe mein Herz und meine Seele an sie verloren und ich habe Angst davor, wenn sie die Stadt wieder verlässt." "Wer weiß, vielleicht findet ihr einen Weg, der euch für immer zusammen führt. Du weißt: Es gibt immer einen anderen Weg." Kermit zuckte zusammen. "Gott ich bin einfach zu viel mit dir und deinem Vater zusammen, jetzt rede ich schon genauso wie ihr." Peter stand auf. Fahrig nestelte er an seinem Shirt herum. Er beugte sich vor und stützte sich auf Kermits Schreibtisch ab. "Kermit, wie lange kennen wir uns jetzt schon?" Er wartete eine Sekunde, bevor er schnell weiter sprach. "Ist ja auch egal, ich weiß, dass ich ein Träumer bin und dass aus Kim und mir nie etwas werden kann." Kermit blickte ihn überrascht an. "Peter, ich weiß zwar nicht, was du von mir hören willst, aber bist du wirklich der Peter, den ich kenne? Der ehemalige Cop, der niemals so schnell aufgibt und bisher immer versuchte, seinen Kopf durchzusetzen? Wo liegt dein Problem? Du liebst Kim, das sieht man in jedem deiner Gesichtszüge. Ich habe Kim zwar noch nicht so oft gesehen und ich weiß nicht, was sie denkt. Doch glaub mir, Junge; so wie sie dich ansieht, fühlt sie anscheinend das gleiche wie du. Worüber zerbrichst du dir also den Kopf?" Peter richtete sich auf und lief unruhig im Zimmer hin und her. "Ach Kermit, machen wir uns nichts vor. Kim lebt in einer Welt, in der ich nicht existieren kann. Ständig reist sie umher, ist heute mal hier, morgen dann wieder am anderen Ende der Welt. Kermit glaube mir, ich bin Realist, es würde nicht gut gehen. Stell dir mal die Meldungen in der Presse vor, die Sängerin und der Ex-Polizist, oder was sicher noch besser klingen würde, die reiche Sängerin und ihr armer Shaolin. Für ihre Karriere wäre dies bestimmt nicht förderlich." Peter machte eine Pause, zog den Stuhl heran und setzte sich. Er atmete tief auf und sein Körper sackte ein wenig in sich zusammen. "Erkläre es mir: wie kann man sich nur in zwei Tagen unsterblich verlieben? Gott Kermit, ich liebe Kim. So sehr, dass ich den Rest meines Lebens mit ihr teilen möchte. Ich will nicht, dass sie wieder geht." Kermit musterte Peter, der wie ein kleines Häufchen Elend vor ihm saß. War die Situation für die beiden wirklich so aussichtslos? Nachdenklich betrachtete der ältere Detective seinen ehemaligen Kollegen. Wie oft hatte er beobachten müssen, wie Peter sich verliebte und doch immer wieder enttäuscht wurde. Wie er sich oft von Verzweiflung geplagt, einredete, er sei unfähig eine Frau zu lieben. Kermit seufzte leise auf. Es hatte viele Situationen gegeben, in denen Peter glaubte, es gäbe keinen Ausweg, doch immer war irgendwie für ihn das Leben weiter gegangen. Für einen kurzen Moment wusste Kermit nicht, was er zu Peter sagen sollte. Schließlich fasste er sich ein Herz. "Weiß Kim, wie du denkst? Hast du mit ihr darüber geredet?" Peter sah ihn an. "Ich weiß, dass es ihr genauso geht." Kermits Hand landete mit einem lauten `Platsch` auf der Schreibtischplatte. Peter zuckte zusammen und blickte erschrocken auf. "Herrgott noch mal." Kermit starrte Peter an. "Wo liegt dann dein Problem? Verrat mir mal eines Peter, willst du wirklich hier herumsitzen und die Chance deines Lebens verpassen? Willst du diese junge Dame wirklich einfach so gehen lassen? Bist du wirklich so naiv? Woher willst du wissen, dass es mit euch beiden nicht klappt?" Kermit hob seine Hand, um Peter zu zeigen, dass er ihm jetzt besser nicht antworten sollte. "Komm mir jetzt nicht mit der Presse. Seit wann stört dich, was die Presse schreibt? Nein, nein, das kaufe ich dir nicht ab, dafür kenne ich dich zu gut. Da steckt etwas ganz anderes dahinter. Hab ich recht?" Kermit sah Peter herausfordernd an, doch dieser schien es vorzuziehen, zu schweigen. Kermit runzelte die Stirn. Er blickte in Peters ausdrucksloses Gesicht und plötzlich ging ihm ein Licht auf. "Du hast Angst, ich kann es deutlich in deinem Gesicht lesen. Du hast Angst davor, Kim zu verlieren, so wie du damals Rebecca verloren hast. Du hast Angst davor, dass Kim etwas zustoßen könnte, weil du und dein Vater noch immer mächtige Feinde habt, die immer wieder versuchen, euch umzubringen. Von all den Typen, die du in deiner Laufbahn als Cop hinter Gittern gebracht hast, ganz zu schweigen. Sag mir, ob ich so falsch liege mit meiner Meinung." Peter riss verdutzt die Augen weit auf. Diese Reaktion auf seine Bemerkung zeigte Kermit, dass er richtig lag mit seiner Vermutung. *Bingo*, dachte er. Peter saß dem Ex-Söldner gegenüber und starrte ihn sprachlos an. Ob sein Freund wohl ahnte, dass seine kleine Rede voll den Nagel auf den Kopf getroffen hatte? Er straffte seinen Oberkörper und zog verlegen sein Hemd glatt. "Du hast ja recht. Ich weiß selbst nicht, wie ich auf solche Gedanken komme. Ja es stimmt, ich habe Angst. Rebecca musste ihr Leben lassen, nur weil sie mich liebte, aber es ist nicht nur das. Kelly und Jordan, ich habe beide tief verletzt, vielleicht ohne dass ich es richtig wahrnahm oder gar wollte. Mein Leben ist gefährlich und wird von Gestalten bedroht, von denen Kim nicht mal weiß, dass sie überhaupt existieren. Wie soll sie denn damit klar kommen? Selbst ich habe manche Tage meine Probleme mit meinem Leben, wie kann ich dann dies von Kim verlangen? Nein, ich will sie nicht durch mich in Gefahr bringen." Kermit holte tief Luft. Glaubte Peter eigentlich selbst, was er da von sich gab? Er räusperte sich. "Jetzt hör mir mal genau zu, mein Freund. Was mit Rebecca geschah ist tragisch gewesen und du kannst jetzt nichts mehr daran ändern. In unserem Leben läuft nun mal nicht alles nach Plan. Was ist mit dir? Schon mal daran gedacht? Du gehst zur Tür hinaus und wirst von einem Auto erfasst, oder der Blitz trifft dich. Okay, das ist jetzt vielleicht ein etwas komischer Vergleich, nur ist das kein Grund, um Kim fortzuschicken. Selbst auf die Gefahr hin, dass ihr oder dir nach einigen Monaten oder Jahren etwas zustoßen sollte, was, Gott Hilf keiner will, willst du trotzdem auf die offensichtlich große Liebe deines Lebens verzichten? Sieh deinen Vater an. Deine Mutter und er verbrachten eine wundervolle Zeit miteinander und du weißt so gut wie ich, dass dein Vater diese, wenn auch leider sehr kurze Zeit, nie vergessen wird. Peter, ich verstehe dich nicht. Greif zu, solange du die Chance dazu hast und freu dich an der Zeit, die du mit Kim verbringen kannst." Nach dieser kleinen Rede lehnte Kermit sich in seinem Stuhl zurück. Kurz darauf beugte er sich nach vorne und stütze sich auf seinen Armen ab. "Peter, warum sprichst du nicht mit Kim darüber? Frag sie frei heraus, wie sie darüber denkt. Gestehe ihr deine Gefühle und deine Ängste ein. Ich bin mir ganz sicher, und du weißt, dass ich mich selten irre, dass sie dich versteht. Frag Kim, ob sie bereit ist, mit dir diesen Weg zu gehen. Einen anderen Rat kann ich dir leider nicht geben. Rede mit ihr, tu es für euch beide." Kermit lehnte sich erneut in seinen Stuhl zurück und atmete zufrieden tief durch. Peter sah seinem besten Freund ins Gesicht, der in der Zwischenzeit seine Brille wieder aufgesetzt hatte. Er erhob sich und ging mit verlegenem Blick um den Schreibtisch herum. "Also, ich weiß nicht, was ich jetzt sagen soll. Danke Kermit, danke fürs Zuhören und dafür, dass du mir den Kopf ein wenig zurecht gerückt hast." Ein leichtes Lächeln huschte kurz über Kermits Gesicht, als er aufstand und Peter auf den Rücken klopfte. "Gerne geschehen, dafür sind Freunde da und jetzt geh und lass deine Herzdame nicht so lange warten. Ich melde mich bei dir, sobald ich was Neues weiß. Na los, worauf wartest du? Mach dass du raus kommst, du störst mich bei der Arbeit." Kermit drehte sich um, ließ sich in seinen Schreibtischstuhl sinken und kurz darauf hörte Peter das vertraute Geräusch der Computertastatur. Wieder einmal musste er sich eingestehen, dass ihm dies hier mehr fehlte, als er sich es eingestehen wollte. Der Wunsch, wieder in seinen alten Beruf zurück zu kehren wurde von Tag zu Tag übermächtiger in ihm, doch er zögerte, weil er wusste, das sein Vater dies bestimmt nicht gutheißen würde. Er erinnerte sich daran, wie oft Kermit übel gelaunt oder schlecht drauf gewesen war. Keiner, mal abgesehen von Captain Simms, traute sich dann in sein Büro. Doch die zählte als seine Vorgesetzte in dem Fall nicht. Nur er hatte sich immer todesmutig in die Höhle des Löwen gewagt und jedes Mal war er mit heiler Haut wieder heraus gekommen. Peter beobachtete Kermit dabei, wie er unablässig seine Finger über die Tastatur fliegen ließ. Ja, dieser Ex-Söldner war ein ganz besonderer Mensch und Peter war froh, dass er ihn seinen besten Freund nennen konnte. Ein befreiendes Gefühl machte sich in ihm breit. Er verließ Kermits Büro, verabschiedete sich kurz von seinen Ex-Kollegen und begab sich dann auf dem schnellsten Weg zu seinem Vater und Kim.
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