Bevor sie sich hinlegte, schaute sie noch einmal kurz nach Kermit. Sie ging auf ihn zu und fühlte seine Stirn, die sich zwar warm, aber nicht heiß anfühlte. Sie betete, dass er sich keine schwere Entzündung geholt hatte. Sein Gesicht hatte wieder deutlich Farbe bekommen. Ein leises Schnarchen drang an ihr Ohr und zum ersten Mal an diesem Abend lächelte sie. Mit weichen Beinen, kraftlos und völlig erledigt ließ sie sich auf ihr Bett sinken. Sie fröstelte, zog ihre Bettdecke nach oben und kuschelte sich darin ein. Im Haus war es so still, dass sie den älteren Detective bis in ihr Zimmer hören konnte. Eine ganze Weile lauschte sie noch auf Kermits gleichmäßigem Atem und betete inständig, dass es ihm morgen viel besser gehen möge und sich keine Infektion bildete. Sie dachte an Peter. Wo er wohl sein mochte, ob er sie und Kermit finden würde? Sie vermisste ihn, mehr als sie es je gedacht hätte. Schließlich fielen ihr langsam die Augen zu und sie driftete in einen erholsamen Schlaf. ******* Zur gleichen Zeit suchte Peter verzweifelt nach einer Spur oder einem Hinweis, wohin Kermit und Kim verschwunden waren. Ein wenig kopflos stolperte er durch die Gegend und er ärgerte sich über sich selbst, dass er seine Konzentration anscheinend völlig verloren hatte. Seine Gedanken drehten sich nur noch um Kim und um seinen besten Freund. Wieso war er auch so unvorsichtig gewesen? Wieder einmal kamen ihm Zweifel, ob er wohl jemals ein so guter Shaolin werden würde, wie sein Vater. Dieser hätte bestimmt gleich bemerkt, dass sich außer ihm noch jemand im oberen Stockwerk befand. Peter seufzte leise auf. Blind wie ein Fisch war er in die Falle getappt und darüber ärgerte er sich mehr, als ihm lieb war. Verzweifelt blickte er sich um. "Mist", fluchte er leise vor sich hin. "Mensch Peter, denk nach." Frustriert fuhr er sich mit der Hand durch sein, von den vielen Ästen wild durch gewuscheltes, Haar. Er blieb stehen und rief sich eine der Lektionen in den Kopf, die er von seinem Vater gelernt hatte. Der junge Shaolin schloss seine Augen und öffnete sie kurz darauf wieder. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er in Sichtweite einen abgebrochenen Ast entdeckte, der ihm vorher, aufgrund seiner unüberlegten Hetze durch den Wald, nicht aufgefallen war. Vorsichtig ging der junge Priester auf die Stelle zu und berührte das abgebrochene Holz. Sofort durchfuhr ihn eine eigenartige Wärme. Ja, hier waren Kim und Kermit vorbei gekommen. Je mehr er sich umsah, umso deutlicher sah er den Weg, den die zwei gegangen waren. Schließlich kam er zu der großen Felswand und er fühlte, dass die Aura von Kim hier bisher am stärksten war. Der Gedanke daran, seine Freundin bald wieder in seine Arme schließen zu können, ließ ihn neuen Mut schöpfen. Seine Freundin? Bisher hatte er darüber gar nicht groß nachgedacht. Sollte sie nur seine Freundin sein, oder eines Tages vielleicht mehr? Peter schüttelte den Kopf und er schwor sich, sollte er diese junge Frau lebend wieder finden, würde er sie nie wieder gehen lassen. Sein Leben würde er mit ihr teilen wollen, egal ob Kim als Sängerin unterwegs war oder nicht. Sie sollte zu ihm gehören, so wie er zu ihr. Ein glückliches Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als dieser Gedanke in seinem Kopf sich zu einem festen Vorsatz verwandelte. Angetrieben von diesen Gefühlen machte sich der junge Shaolin auf den Weg, stets darum bedacht, sich keinen Hinweis entgehen zu lassen, den die beiden unabsichtlich hinterlassen hatten. ******* Zwei Stunden später erwachte die junge Sängerin durch ein Geräusch. Unfähig sich zu bewegen, horchte sie angestrengt auf das seltsame Geraschel in der Nähe. Hatte man sie etwa schon gefunden? Wie konnte dies möglich sein? Wo war Kermit? Viele Fragen rauschten ihr durch den Kopf, während sie überlegte, was sie tun sollte. Sie rief sich Peters Gesicht ins Gedächtnis und eine Träne kullerte über ihre Wange. Ob er ihr es jemals verzeihen würde, dass sie ihn im Stich gelassen hatten? Sie wurde aus ihren trüben Gedanken gerissen, als das Rascheln in ihrer Nähe lauter wurde. Ängstlich öffnete sie ihre Augen und erschrak fast zu Tode, als sie Kermit, der dicht vor ihrem Bett in die Hocke gegangen war, vor sich sah. "Himmel, ich wollte dich nicht erschrecken", zuckte der Ex-Söldner zurück, offensichtlich genauso überrascht wie sie. In der Hand hielt Kermit einen weißen Zettel und Kim beäugte dieses Stück Papier genau. "Was ist das?" Kermit richtete sich unter einem kleinen Stöhnen auf. "Ich muss hinaus. Ich muss wissen, was mit Peter geschehen ist. Es war unverantwortlich von mir, ihn einfach zurück gelassen zu haben. Verstehst du? Es lässt mir keine Ruhe, bevor ich nicht weiß, was mit ihm ist. Ich wollte dir eine kleine Nachricht hinterlassen, das ist alles." "Du…du wolltest mich hier allein lassen?" Leicht verärgert blickte sie ihn an. "Das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich bleib hier nicht allein zurück." Kermits Gesichtsausdruck veränderte sich merklich, als er sie plötzlich an den Schultern fasste. Sein Händedruck war fest, während er sie streng ansah. "Das, meine Liebe, kommt überhaupt nicht in Betracht. Du bleibst hier, wo du in Sicherheit bist. Ist das klar?" Die junge Sängerin zuckte zusammen und sie fühlte, wie Tränen in ihre Augen stiegen. "Ich…ich." Sie wollte nicht weinen, doch die Träne bahnte sich, unabhängig von ihren Gefühlen, ihren eigenen Weg. Langsam rollte sie ihr über die Wange und hinterließ eine feucht, glitzernde Spur zurück. Der Detective lockerte seinen Griff, als ihm selbst bewusst wurde, wie hart er Kim angefasst hatte. Er holte tief Luft, ließ die junge Frau los und ging erneut in die Hocke. "Hör mir zu, Kim. Ich kann dich nicht mitnehmen, es wäre zu gefährlich. Ich kann nicht nach Peter suchen und gleichzeitig auf dich aufpassen." Er beäugte Kim und wartete gespannt auf ihre Reaktion. Es tat ihm weh, dass er sie zum weinen gebracht hatte. Verdammt, warum musste er sie auch so hart anfassen? Doch im gleichen Moment kam ihm der Gedanke, dass sie nicht nur deswegen weinte. Die Angst allein zu sein, die Angst um Peter, die Angst, die sie um ihn hatte, es war wohl alles ein bisschen viel für so eine zierliche Person. Er hob seinen Arm und wischte ihr behutsam die Träne vom Gesicht. Mit sanfter Stimme sprach er auf Kim ein. "Ich werde Peter finden und ihn dir zurück bringen, aber das kann ich nur allein tun. Ich bin mir nicht sicher, wie lange dieses Versteck hier unentdeckt bleibt. Deshalb muss ich die Gelegenheit nutzen und nach Peter suchen. Versteh mich bitte. Alleine komme ich einfach besser voran." Die junge Frau nickte stumm. "Kannst du denn gehen? Was macht deine Wunde?" Sie schniefte laut auf. Der Ex-Söldner lächelte sie an. "Keine Sorge, du hast wundervolle Arbeit geleistet. Es geht mir gut und ich hab keinerlei Probleme." Er blickte auf seine Uhr. "Ich muss jetzt los." Wieder nickte Kim. Sie stand auf und zog geräuschvoll die Nase hoch. "Wo willst du hin?" Misstrauisch verfolgte Kermit die junge Frau. "Na ich muss doch hinter dir die Tür verriegeln, schon vergessen?" Kim versuchte zu lächeln, was ihr jedoch nicht ganz gelang. "Okay. Das ist eine gute Idee." Schweigend verließen sie Kims Zimmer. Kermit checkte seine Waffe durch, überprüfte, ob er genug Munition eingesteckt hatte, dann begab er sich zur Tür. Er hielt inne, drehte sich zu Kim um und griff nach ihrer Hand. "Ich komm so schnell wie möglich zurück, versprochen." Er zuckte überrascht zusammen, als ihm die junge Sängerin plötzlich um den Hals fiel. Sie drückte ihn ganz nah an sich heran und er spürte, wie sie zitterte. "Pass auf dich auf, Kermit." Verwirrt blickte er in ihr Gesicht, als sie sich wieder von ihm gelöst hatte. Oh ja, Peter hatte sehr viel Glück und sollte er sie jemals gehen lassen, dann würde er seinen besten Freund für total verrückt halten. Er räusperte sich kurz. "Versprochen." Dann drehte er sich um, schloss die Tür auf und verließ das unterirdische Gebäude. Als Kim den Hebel zum öffnen der Steinwand benutze, sah er sich noch mal lange an. "Ich komme wieder." Dann verschwand er hinaus in die mittlerweile dunkle Nacht. Die junge Sängerin verschloss den Eingang wieder und ging mit hängenden Schultern und Tränen im Gesicht wieder zurück. Ob Kermit Erfolg haben würde? Würde er Peter finden? In welchem Zustand? War Peter verletzt oder gar tot? Die vielen Fragen schnürten ihr das Herz zusammen und verzweifelt blickte sie sich in den, ihr nun zunehmend leer vorkommenden Räumen um. ******* Nachdem Peter der Spur der beiden weiterhin gefolgt war und feststellen musste, dass sie dabei auch ein paar mal im Kreis gelaufen waren, blieb er völlig außer Puste an einer großen Steinformation stehen. *Was nun?*, fragte er sich. Tief einatmend lehnte er sich an dem kühlen Felsen an. Im selben Moment durchfuhr ihn eine Wärme, die ihn innehalten ließ. *Kim*, fuhr es ihm durch den Kopf. Diese Aura war so stark, dass er glaubte, die junge Frau würde hinter ihm stehen. Er stützte sich mit den Händen vom Felsen ab und beäugte ihn von allen Seiten. Seine Empfindungen waren so stark, als würde dieses nackte Gestein Kim selbst sein. Er schüttelte den Kopf und fragte sich, ob er wohl unter Sauerstoffmangel litt. Ein Stein, der sich anfühlte wie Kim? *Du bist verrückt!* Er streckte seine Hand aus und berührte noch einmal den Gegenstand vor sich. Wieder durchzog ihn Kims kräftige Aura und für einen winzigen Moment hielt er diese Verbindung aufrecht. Gleichzeitig fragte er sich, was dies alles zu bedeuten hatte. Nach einem kurzen Moment des Durchatmens beschloss Peter, sich dieses Gebilde näher zu betrachten. Er bemerkte, dass der Stein an manchen Stellen wie blank poliert glitzerte. Es schien fast, als könne man diesen Stein zur Seite schieben. Er runzelte die Stirn und strich sich das wirre Haar aus dem Gesicht. Er streckte seine Arme aus, legte sie flach auf das Gestein und wieder durchflutete ihn Kims Aura. Gleichzeitig nahm er auch noch eine andere Person wahr - Kermit. Ein erleichtertes Seufzen entfuhr ihm, auch sein bester Freund war am Leben. Bevor er noch weiter darüber nachdenken konnte, fühlte er unter seinen Handflächen, wie der Stein vibrierte. Erschrocken zog er sich zurück, trat einen Schritt nach hinten und beobachtete genau, was hier vor sich ging. Der Stein schob sich Zentimeterweise zu Seite und weil der junge Shaolin nicht wusste, was ihn dort eventuell erwartete, ging er nochmals einige Schritte rückwärts. Dabei übersah er eine dicke Baumwurzel, die gut 20 cm über den Boden hinaus ragte. Er blieb mit der Wade daran hängen, verlor sein Gleichgewicht und stürzte rückwärts über dieses Gewächs. Noch bevor er einen Laut von sich geben konnte, schlug er mit dem Kopf gegen einen Baumstamm und verlor das Bewusstsein. Sein schlaffer Körper rutschte einen kleinen Abhang hinab und blieb schließlich zwei Meter weiter unten liegen. ***** Kermit musterte sorgfältig die Umgebung und horchte in die Stille hinein. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass ihm keine Gefahr drohte, wartete er geduldig, bis Kim den Eingang wieder verschlossen hatte. Der Ex-Söldner legte noch einmal die Hand an seinen Dessert Eagle, vergewisserte sich, dass alles, was er benötigte in Griffweite war und lief dann entschlossen los. Dass sein Freund Peter nur wenige Meter von ihm entfernt auf dem Boden lag, konnte er nicht ahnen. Mit schnellen Schritten bewegte sich der ehemalige Söldner durch den Wald und nach knapp einer Stunde stand er vor Kims Elternhaus. Er hielt sich im Schatten der Bäume und beobachtete das Gebäude genau. Alles schien ruhig zu sein, er konnte keinen Laut aus dem Haus vernehmen. Seine Gedanken kreisten nur um eines: Wie war es Peter ergangen? War er noch am Leben? Diese Frage zermürbte ihn schon seit Stunden. Würde er es sich jemals verzeihen können, wenn seinem Freund das Schlimmste wieder fahren wäre? Energisch schob er seine Gedanken zur Seite und konzentrierte sich auf das, was vor ihm lag. Egal was dort drinnen auf ihn warten würde, er musste Peter finden. Vorsichtig verließ er sein Versteck und schlich, immer darauf bedacht, genügend Schutz durch Büsche oder Bäume zu haben, auf das Haus zu, bis er ein wenig außer Atem an der Hintertür ankam. Wieder hielt er sich versteckt und beobachtete er alles genau. Nachdem noch immer kein Laut oder Geräusch zu hören war, griff er vorsichtig nach dem Türknauf und drehte ihn um. ***** Kim lief in ihrem Zimmer wie ein gehetztes Tier auf und ab. Sie hasste es, hier allein eingesperrt zu sein, während Kermit draußen ihren Freund suchte. Sie setzte sich in einen bequemen Sessel, zog ihre Beine dicht an sich heran und schlang ihre Arme darum. "Mein Freund?", murmelte sie nachdenklich. Ja dieser junge Shaolin war ihr Freund. Sie hatte sich in ihn verliebt, als sie das erste Mal in seine Augen sah. Sie legte ihren Kopf auf ihre Knie und wünschte sich, sie wäre mehr als nur eine Freundin für Peter. Sie würde so gerne eine Ehefrau für ihn sein, doch da er sich sehnlichst Kinder wünschte, könnte dies nicht mehr als nur ein Wunsch sein. Sie schniefte leise auf und wischte sich die Tränen ab, die ihr übers Gesicht liefen. *Ich muss hier raus, sonst dreh ich noch durch.* Sie sprang sie auf, rannte aus dem Raum, schlüpfte in ihre Schuhe und eilte zum Ausgang. Ihr war klar, das Kermit fuchsteufelswild sein würde, wenn er entdecken würde, dass sie ihm entgegen seiner Anweisung heimlich folgte. Aber sie konnte einfach nicht aus ihrer Haut, sie fühlte sich ihm verpflichtet, ihm zu helfen. Sie musste Peter finden und ihm all das sagen, was sie dachte. Sie musste es einfach. Kim lief so schnell sie konnte zum Ausgang, drückte den Hebel für den Stein und schlüpfte durch den schmalen Spalt nach draußen. Für einen winzigen Augenblick blieb sie stehen und zögerte, denn es war stockdunkle Nacht. In ihrer Eile hatte sie nicht mal an eine Taschenlampe gedacht. Sie überlegte kurz, ob sie zurückgehen und eine holen sollte, entschied sich dann aber doch dagegen. Jeder könnte sie sehen, wenn sie die Lampe benützen würde. Sie holte tief Luft, bemühte sich, ihren Herzschlag zu beruhigen und versuchte ruhig zu werden, um sich selber Mut zu machen. Dann verschloss sie den Eingang und machte sich auf den Weg zurück zu ihrem Elternhaus. Jetzt, da sie sich an das Versteck erinnert hatte, fiel ihr der Rückweg leichter, da sie ja den Weg jetzt kannte. Ihr Herz schlug wild in ihrer Brust. Schon bald ging ihr Atem schwer, während sie durch den Wald rannte. Ihre Beine schmerzten, weil sie schon seit Tagen ihre Fitnesskurs nicht gemacht hatte. Endlich, als sie schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte, erreichte sie das Grundstück ihrer Eltern. Sie duckte sich hinter einem großen Busch und beobachtete die Umgebung. Ihr Herz schlug so kräftig, dass sie Angst bekam, man könnte es hören. Um sich selbst zu beruhigen, legte sie sich eine Hand auf die Brust und versuchte sich ein wenig zu entspannen, was ihr jedoch nicht gelang. Plötzlich sah sie an der Hintertür eine Bewegung. *Kermit.* Sie verfolgte ihn mit ihren Augen, sah wie er die Tür öffnete und darin verschwand. Das war für sie das Zeichen zum loslaufen. Obwohl Kim bewusst war, dass sie sich in große Gefahr begab, folgte sie weiter Peters Freund. Solange er sich in der Nähe befand, fühlte sie sich sicher. Sie schlich leise an der Wand entlang und spitzte ihre Ohren, um jedes Geräusch herum aufzunehmen. Außer der Waldeule, die weit entfernt ihren Ruf ausstieß, konnte sie nichts hören. Sie streckte ihre Hand aus, öffnete leise die Tür und schlüpfte hinein. Im gleichen Moment wurde sie von starken Armen festgehalten und eine große Hand legte sich über ihren Mund. Sie versuchte aufzuschreien, doch ihre Schreie wurden durch die Handfläche gedämpft und verpufften wie eine Wolke in der Sonne. Verzweifelt wehrte sie sich mit Händen und Füßen und bemerkte gleichzeitig, wie wenig Wirkung sie dadurch erreichte. Tränen stiegen ihr in die Augen, während die Arme sie unerbittlich festhielten. *Es ist aus, ich werde sterben. Großer Gott, ich will noch nicht!* Die Gedanken rauschten durch ihren Kopf und ihr Widerstand brach. Sie ließ ihre Arme sinken und ergab sich ihrem Schicksal. Plötzlich hörte sie eine Stimme die ihr zuflüsterte: "Hatte ich dir nicht gesagt, ich geh allein?" Die Hand rutschte von ihrem Mund und erleichtert schnappte Kim nach Luft. "Kermit!" Ohne darüber nachzudenken, fiel sie ihm um den Hals und klammerte sich an ihn. Ein Zittern fuhr durch ihren Körper, während sie sich dicht an ihn drückte. Kermit wusste zuerst gar nicht, wie ihm geschah. Kim hing an ihm wie eine Frau, die Angst vor dem Ertrinken hatte. Er zögerte einen winzigen Moment, war er sich ihrer Nähe doch sehr bewusst. Dann legte er seine Arme um sie und strich ihr beruhigend über den Rücken. "Schsch…schon okay. Es ist ja nichts passiert." Behutsam löste er ihre Arme von seinem Hals und sah ihr dann doch streng in die Augen. "Was zum Teufel tust du hier? Hast du eigentlich eine Ahnung, in welche Gefahr du dich hier bringst? Ich hoffe nur, dass Peter dein Temperament irgendwann zügeln kann, du kleine, störrische Sängerin, du." Trotz der Situation musste er kurz schmunzeln. "Du bist genauso stur wie Peter." ***** Peter öffnete langsam seine Augen. Verwirrt sah er sich um. Er brauchte volle zwei Minuten, bis ihm wieder einfiel, wo er sich befand. Sämtliche Knochen taten ihm weh, und beim Versuch sich aufzurichten, wurde ihm für einen kurzen Moment schwindelig. Er atmete ein paar Mal tief ein, strich sich dann das feuchte Haar aus dem Gesicht und blickte sich um. Er erkannte den kleinen Abhang, den er hinunter gerutscht war und schüttelte kurz den Kopf. *Das konnte ja nur mir passieren*, schoss es ihm in den Kopf, als er über sein Missgeschick nachdachte. Ächzend stemmte sich der junge Shaolin hoch und hielt sich eine Weile am Baumstamm fest, bis er sicher stand. Sein Kopf brummte, als würden tausende von Bienen darin fangen spielen und am Hinterkopf ertastete er eine mächtige Beule. *Na großartig, ich bin wohl der Einzige, der sich selbst k.o. schlägt.* Er streckte kurz seinen malträtierten Körper aus und stellte mit Erleichterung fest, dass nichts gebrochen war. Langsam krabbelte er den kleinen Abhang hinauf, stets darum bemüht, nicht wieder einen Salto Rückwärts hinzulegen. Völlig außer Atem kam er schließlich oben an, beugte sich nach vorne und stützte sich mit seinen Händen auf den Knien ab. "Ich werde langsam zu alt für solche Sachen.", murmelte er vor sich hin und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Da stand er nun, mitten im stockdunklen Forst und wusste nicht, was er jetzt noch tun sollte. Eine Weile verharrte Peter regungslos und als er neue Kraft gesammelt hatte, machte er sich auf den Weg zurück zum Haus. Es würde keinem nützen, wenn er sich hier im feuchten Gehölz eine Lungenentzündung holen würde. Mit schleppenden Schritten lief er los, gleichzeitig dachte er an Kermit und Kim. Er hatte sie nicht gefunden und die Ungewissheit, was mit ihnen geschehen war, ließ ihn langsam verzweifeln. ***** Kermit sah Kim streng an. "Du bleibst jetzt hier und versteckst dich, während ich Peter suche." Die junge Frau öffnete ihren Mund, um etwas darauf zu erwidern, doch der Ex-Söldner hob die Hand, um ihr zu zeigen, dass sie jetzt besser schweigen sollte. "Keine Widerrede, du bleibst hier. Ist das klar?" Kim nickte stumm. Sie wusste, dass sie eine große Dummheit begangen hatte, in dem sie ihm gefolgt war. Eingeschüchtert durch seinen sehr strengen Ton, blickte sie sich nach einem Versteck um. Außer der Speisekammer blieb ihr keine Möglichkeit und so ging sie auf leisen Sohlen auf die Tür zu. Plötzlich wurde sie unsanft am Arm gepackt und fast umgerissen. Erschrocken schrie sie auf, und versuchte sich zu wehren. In der Dunkelheit konnte sie nicht erkennen, wer sie so grob festhielt und unweigerlich hielt sie ihren Atem an. Im selben Moment ging das Licht an und vor Schreck blieb ihr der Mund offen stehen. "Na ist das nicht süß?", hörte sie eine ihr sehr bekannte Stimme verächtlich sagen. "Stehen wie ein Liebespaar im Dunkeln herum." Die junge Sängerin versuchte sich zu drehen, wurde jedoch weiterhin am Arm festgehalten. Schließlich schaffte sie es doch. "Jason?", rief sie erstaunt aus. "Na? Überrascht mich hier zu sehen?" Sein Lächeln wirkte aufgesetzt und kalt. "Was tust du hier? Lass mich los, du tust mir weh." Hilfe suchend blickte sie sich nach Kermit um. Dieser stand, seltsam ruhig in der Mitte des Raumes. Verwirrt sah sie ihn an, sich wundernd, warum er nicht eingriff. "Wo sind die Münzen?" Zuerst begriff Kim nicht, was Jason von ihr wollte. Sie war zu sehr damit beschäftigt, Kermit zu beobachten. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos. Schuldgefühle stiegen in ihr hoch. Wäre sie nicht so störrisch gewesen, säßen sie jetzt nicht in der Falle. Ihr wurde klar, dass sie sich und Kermit durch ihre Unbedachtheit soeben in größte Gefahr gebracht hatte. Einem Ex-Söldner wie Kermit wäre dieser Fehler bestimmt nicht passiert. Zu spät kam sie zu der Einsicht, dass sie wohl besser auf ihn gehört und das Versteck nicht verlassen hätte. *Gott, ich war so dumm*, schimpfte sie sich selber aus. "Hast du deine Sprache verloren?", fauchte Jason sie an. Kim drehte, soweit sie konnte, sich zu ihm hin und mit aufgerissenen Augen starrte sie auf die Waffe in seiner Hand. "Was…was soll das?" Ihr Herz schlug ihr schmerzhaft gegen die Rippen und ihr Atem beschleunigte sich. "Ich frage dich noch einmal. Wo sind die Münzen?" Die junge Sängerin schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht." Jasons Finger bohrten sich tief in ihren Arm. "Verkauf mich nicht für dumm, meine Liebe. Ich weiß, dass du sie hast." "Lass mich los. Ich hab keine Ahnung, wovon du redest." Verzweifelt versuchte sie sich zu befreien, doch der Griff von Jason wurde stärker. Ein hämisches Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht. "Gut, du willst es mir also nicht sagen?" Ein Funkeln in seinen Augen ließ Kim nichts gutes ahnen und sie sollte recht behalten, denn Jason hob seinen Arm und richtete die Waffe auf Kermit. "Vielleicht ist dein Freund gesprächiger?" "Nein!", schrie Kim auf, riss sich mit einer für Jason überraschend kommenden Aktion los und stellte sich vor Kermit. Sie wunderte sich noch immer, warum dieser bisher noch keinen Ton von sich gegeben hatte. Sie blickte sich zu ihm um und erschrak fast zu Tode. "Emily", flüsterte sie leise. "Ja, liebste Kim. Ich bin es." Mit eiskaltem Ausdruck im Gesicht sah Emily sie an. Dann entdeckte Kim den Grund für Kermits Stillhalten. Der Lauf einer Waffe zielte genau auf seinen Nacken. "Wenn du uns verrätst, wo die Münzen sind, dann bleibt dein Freund hier am leben." Seufzend ließ die junge Sängerin ihre Schultern hängen. "Es tut mir so leid, Kermit. Das ist alles meine Schuld." Dann drehte sie sich zu Jason um. "Ich gebe euch die Münzen, wenn ihr ihn gehen lasst." "Nein!", rief der ältere Detective entschlossen aus. "Glaubst du vielleicht, sie lassen uns laufen, wenn du ihnen gibst, was sie wollen?" Kermit verstummte, als er spürte, wie der kalte Stahl sich in seinen Nacken bohrte. Kim starrte Jason an. Noch immer die Waffe auf sie gerichtet, kam er langsam auf sie zu. Unaufhörlich stieg Angst in ihr hoch, während er immer näher kam. Er streckte seine Hand aus und berührte ihr Gesicht. "Nimm deine Finger von ihr", zischte Kermit ihn an. Jason lachte laut auf. Dann blickte er erneut auf Kim, die zitternd vor ihm stand. "Na dein Freund scheint dich ja mächtig zu verteidigen. Was ist? Hat dir dein Shaolin Junge nicht das gegeben, was du wolltest? Hast du schon genug von ihm?" Kim stand starr vor Angst vor ihm. Ihre Hände zitterten und sie hatte Mühe, sie unter Kontrolle zu behalten. *Bitte lass mich aus diesem Albtraum aufwachen*, betete sie. Sie hörte ihn laut sagen: "Keine Sorge, ich werde sie nicht töten." Erleichtert stieß sie die Luft aus. Gleichzeitig bemerkte sie Jasons gehässigen Gesichtsausdruck, der ihr eine Gänsehaut verursachte. Bevor sie reagieren konnte, streckte er seine Hand aus, griff an ihre rechte Brust und umschloss und drückte sie, so als wolle er ihre Körbchengröße prüfen. Unweigerlich trat sie einen Schritt zurück. "Nein, ich werde sie nicht sofort töten. Zuerst will ich noch meinen Spaß haben." Sein eiskalter Ton ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. "Lass sie los, du Schwein! Ich breche dir sämtliche Knochen, wenn du sie anrührst." Wütend darüber, dass er sich nicht wehren konnte, funkelte Kermit Jason an. Dieser grinste nur, riss mit einer schnellen Bewegung Kim an ihrem Shirt zu sich heran und presste seine Lippen hart auf die ihren. Angst und Ekel stiegen in der jungen Frau auf, während sie versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Wieder drückte er ihre Brust und sie zuckte vor Schmerz zusammen. Ein Schauer des Grauens erfasste sie und Wut stieg in ihr auf. Sie hob beide Hände und drückte sie gegen seinen Brustkorb. Im gleichen Moment griff Jason in ihr Haar und riss ihr grob den Kopf zurück. "Ich hätte dich im Studio schon nehmen können. Schade, das Alex dazwischen kam, er hat meine Pläne durchkreuzt." Dann ließ er sie los, umfasste ihren Ellbogen und schob sie Richtung Keller. "Na los, geh schon. Mir geht die Geduld aus, ich will endlich diese Münzen haben." Verängstigt stolperte Kim vorwärts. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie Emily Kermit zwang, ihnen nachzugehen. Erleichterung überkam die junge Sängerin. Wenigstens war sie mit Jason im Keller nicht allein und sie zermarterte sich den Kopf, wie sie aus dieser Situation heraus kommen könnten. ***** Ein wenig außer Atem kam Peter schließlich am Haus an. Er schlich gerade an der Hauswand entlang, als er Stimmen hörte. Angestrengt lauschte er in die Nacht hinein und er erkannte Kim. Ein Schauer durchfuhr ihn, als er die Angst in ihrer Stimme hörte. Gleich darauf vernahm er Kermit. Dessen Tonlage ließ ihn erkennen, dass dieser mächtig wütend war. Was zum Teufel ging da drinnen vor? Geduckt arbeitete sich der junge Ex-Detective auf die nur angelehnte Tür zu. Vorsichtig späte er durch den schmalen Spalt hindurch. Er zuckte zusammen, als er Jason mit einer Waffe sah, die dieser auf Kim gerichtet hatte. Er schluckte trocken und große Angst überkam ihn. Seine Kim war in Gefahr und am liebsten wäre er sofort hinein gestürmt, entdeckte jedoch, dass auch Kermit sich in bedrohlicher Situation befand. Es würde in einer Katastrophe enden, würde er jetzt unbedarft hinein stürmen. Außerdem war er unbewaffnet und gegen zwei geladene Waffen hätte er wohl auch groß keine Chance. Abwartend ging er in die Hocke und überlegte fieberhaft, was er jetzt tun könnte. In dem Moment setzte sich die kleine Gruppe in Richtung Keller in Bewegung. Nachdem ein wenig Ruhe eingekehrt war, verließ er leise sein Versteck und schlich ihnen hinterher. Unablässig dachte er an Kim und seinen Freund. Er musste sie retten, egal wie. Schritt für Schritt näherte Peter sich dem Kellereingang. Von unten her hörte er Jasons wütende Stimme. Lange würde er nicht zögern dürfen, das war ihm in diesem Moment klar. *Ich bin bei euch, Kim.*, dieser sehr intensive Gedanke schoss ihm durch den Kopf. ***** Kim stand zitternd vor Angst neben dem silbernen Schrank, als sie plötzlich meinte, Peters Stimme zu hören. *Ich bin bei euch, Kim*. Erschrocken riss sie ihre Augen auf. Woher kam das? Gleichzeitig glaubte sie seine Nähe zu spüren. Für einen Moment unsicher, was dies alles zu bedeuten hatte, gab sie sich ihren Gefühlen hin. *Ich habe Angst, Peter* *Ich weiß, Kleines. Keine Sorge, ich bin hier. Ich werde euch da rausholen!* Die junge Frau atmete tief durch. Was hatte dies zu bedeuten? Peter sprach mit ihr, als stünde er direkt vor ihr. *Vertrau mir, mein Engel.* Verwirrt und völlig durcheinander schüttelte Kim den Kopf. *Das ist verrückt. Ich…ich höre Stimmen von Menschen, die gar nicht da sind.* *Ich bin hier, Kim. Kannst du versuchen, die beiden abzulenken?* *Okay, ich versuche es.* Noch immer verdutzt darüber, dass Peter mit ihr über die Gedanken reden konnte, nahm sie ihren ganzen Mut zusammen. Sie musste es schaffen, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, ohne Kermit zu gefährden. Sie blickte zu Emily hinüber, die noch immer ihre Waffe in Kermits Nacken drückte und ihn so dazu verdammte, still zu halten. Kim schaute in das Gesicht des Ex-Söldners und sie schämte sich unendlich dafür, dass sein Leben nun genauso bedroht wurde, wie ihres. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, konzentrierte sich auf ihre innere Mitte und merkte, wie ruhig sie wurde. Sie straffte ihren Körper und ihre Gedanken formten sich langsam zu einem Plan. "Es tut mir leid, Kermit, das ich dich in diese Situation gebracht habe, das hatte ich nicht beabsichtigt." Peter stand ungeduldig am Treppenaufgang, als er laut und deutlich Kims Stimme vernahm. *Gut, du machst das sehr gut. Rede einfach weiter* Überrascht durch diese unerwartete Äußerung, wirbelte Jason herum. Wütend starrte er die junge Frau an. "Was soll das?" "Ich wollte mich nur entschuldigen, bevor ich sterbe. Ist das zuviel verlangt?" Jason trat auf sie zu. Seine Augen funkelten sie böse an. "Vergiss es. Sag mir endlich, wo die Münzen sind." Für einen kurzen Moment schwieg er, dann schrie er sie an. "Na los, mach schon!" Die junge Sängerin zuckte zusammen und hob beschwichtigend ihre Arme. "Schon gut, ich bin ja nicht taub." Unauffällig versuchte sie die Kellertreppe im Auge zu behalten. Wenn Peter dort unbeobachtet herunter kommen wollte, musste sie Jason und Emily dazu bringen, ihr in den kleinen Raum zu folgen. *Mach weiter, Kim. Du schaffst das.* Dankbarkeit durchströmte die junge Frau. Einzig diese Verbindung zu Peter gab ihr den nötigen Mut, diese Sache durch zu ziehen. In einem unbeobachteten Moment zwinkerte sie Kermit zu. Ein leichtes Zucken an seinem Mundwinkel ließ sie hoffen, dass er diese kleine Geste verstanden hatte. Ohne Furcht stellte sie sich Jason in den Weg. "Nur unter einer Bedingung führ ich dich dorthin." Dieser hob verächtlich seine Augenbraue. "Ich glaube kaum, dass du in der Lage bist, Forderungen zu stellen." Kim ließ sich nicht einschüchtern und zeigte auf Kermit. "Er kommt mit. Ohne ihn zeig ich dir die Münzen nicht." Sie spürte, dass sie mit ihrem Vorstoß Jason leicht verunsicherte, denn dieser tauschte einen langen Blick mit Emily, die ebenfalls überrascht aussah. Als diese mit einem kurzen Nicken zustimmte, lächelte Kim triumphierend auf. "Okay, er geht mit, doch eines lass mich dir sagen." Jason stellte sich dicht vor sie, so dass sie seinen Atem im Gesicht spüren konnte. "Verarschen lass ich mich nicht, klar?" "Klar." Betont langsam ging Kim auf den kleinen Raum zu, dicht gefolgt von den anderen. *Peter, ich bin soweit. Jetzt bist du dran* Peter schlich vorsichtig die Treppen hinab. Ungesehen von den anderen schaffte er es, den Keller zu betreten. Kim und Jason waren in der Kammer fast verschwunden, Kermit und Emily standen ein Stück weit entfernt. Auf Zehenspitzen schlich der junge Shaolin weiter, bis der dicht hinter Emily zum Stehen kam. Mit einem einzigen, beherzten Nervengriff in ihrem Nacken, setzte er sie lautlos außer Gefecht. Bevor ihre Waffe zu Boden fiel, griff Peter mit sicherer Hand zu und verstaute sie hinter seinem Rücken im Gürtel. Sein Freund Kermit stand noch immer bewegungslos vor ihm. "Hey alter Kumpel, was hältst du davon, wenn wir diesem Kerl zeigen, wen er vor sich hat?", wisperte er dem älteren Detective zu. Dieser verzog keine Miene. "Du hast dir ja mächtig Zeit gelassen. Wo zum Teufel warst du?", flüsterte dieser zurück. Peter konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Ich hab nur mal kurz Rumpelstilzchen im Wald gespielt. Glaub mir, war mächtig langweilig da draußen."
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