Teil 2
Autor: Ratzenlady
 

"Griffin", rief Captain Monahan nach seinem Detective, der an der Kaffeemaschine stand und kurz mit Jody über seinen aktuellen Fall redete. Es ging um eine Leiche, die man letzte Nacht nach dem Konzert gefunden hatte, bei dem sich Cat und Ryan kennengelernt hatten, aber davon wusste er natürlich nichts.

"Ja?", erklang die sofortige Antwort, ohne dass sich der frühere Söldner auch nur einen Zentimeter von dem Schrank wegbewegte, an dem er lehnte.

Sein Vorgesetzter kam zu ihm rüber. "Haben sie den Bericht für die Überdosis von gestern Abend schon fertig?" fragte er und warf einen überdeutlichen Blick auf die Uhr, die frühen Nachmittag anzeigte.

"Der Fall ist noch nicht abgeschlossen", sagte Kermit knapp.

Monahan zog die Brauen zusammen. "Und warum nicht?", fragte er mit einer hörbaren Schärfe in der Stimme. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass diese zwei Männer noch immer eine Art Machtkampf um Respekt und Stellung in diesem Revier austrugen. Der Captain hatte Mühe, auch nur ein wenig über Kermit zu erfahren, und der Cop wusste noch nicht, was er von seinem Boss halten sollte, schließlich war der noch nicht allzu lange im Dienst. Es war ihm klar, dass Monahan seinen Stand als Captain behaupten und verdeutlichen musste, aber deshalb ließ er sich nicht seine Intuition und seine Kompetenz absprechen.

"Weil ich nicht glaube, dass es eine einfache Überdosis war. Und Nicky Elder hat meinen Verdacht bereits telefonisch bestätigt, der Obduktionsbericht kommt heute Nachmittag."

"Und warum erfahre ich das dann nicht?"

"Weil ich noch nicht genug habe, um einen anständigen Bericht bei ihnen vorzutragen."

Der Captain wollte grade den Mund aufmachen, als ein großer blonder Kerl auf ihn zutrat.

"Captain Monahan?", fragte er und reichte ihm die Hand.

Der ältere Mann guckte etwas verdutzt, erwiderte aber den Handschlag. "Ja?"

"Detective Ryan Walker. Aus Newark."

Verlegenheit breiten sich auf Monahans Gesicht aus. "Entschuldigung, sie habe ich ja völlig vergessen", sagte er wahrheitsgemäß, scharf beobachtet von allen anderen Beamten des Reviers. Jody und Skalany tauschten einen Blick, der nur eines ausdrückte bei dem Anblick des fremden Cops: 'lecker'. Aber natürlich erkannte ihr geschulter Polizistenblick sofort, dass er einen Ehering trug.

"Officers und Detectives, bitte hören sie kurz zu. Das hier ist Detective Ryan Walker, er wurde von Newark hier her zu uns versetzt." Dann leiser, zu dem Neuen, "ich habe gleich Zeit für sie, aber erst muss ich noch mal telefonieren." Damit wandte er sich ab und verschwand in seinem Büro. Ryan drehte sich zu dem Mann mit den grünen Gläsern um, der neben ihm stand und ihn musterte.

"Sie müssen Kermit Griffin sein", sagte er und reichte auch ihm die Hand, die Kermit völlig verblüfft, und darum auch argwöhnisch, annahm.

"Woher wissen sie das?", hakte er umgehend nach, sein humorloses Wolfsgrinsen auf dem Gesicht.

Ryan lachte auf. "Ich habe gestern Abend jemanden kennengelernt. Und die Dame hat mir von ihnen erzählt. Oder mich vielmehr vorgewarnt."

Kermit zog eine Braue hoch, konnte der Kerl ihm nicht einfach klar sagen, was Sache war? "Und wer war die Dame?" Sein Tonfall war zunehmend ungeduldig.

"Ihr Name..." weiter kam er nicht, denn aus Kermits Büro drang plötzlich ein grelles Piepen, was den Cop dazu bewog, sich sofort auf den Hacken umzudrehen und hinter seine Tastatur zu rutschen, auf die er jetzt wild einhackte.

Die anderen Detectives nutzten die Gelegenheit, Ryan Walker ebenfalls bei sich zu begrüßen. Sie hatten allerdings die Unterhaltung zuvor mit Kermit nicht mitbekommen, sodass sie nicht wussten, dass der Neue alle ihre Namen am Abend zuvor schon einmal gehört hatte.

Als wilde Flüche aus dem Büro kamen, drehten sie sich zu Kermit um, dessen Finger immer noch hastig über die Tasten flogen. Selbst Monahan kam irgendwann aus seinem Büro, weil das Piepen noch immer das ganze Revier erfüllte.

"Was zu Hölle ist denn hier los?", fragte er laut und blickte in die Runde, insbesondere in Kermits offene Tür, der aber unterbrach seine Bemühungen nicht für den Bruchteil einer Sekunde.

"Jemand hat sich eingehackt!", war alles was er dazu sagte, und im selben Moment erstarb auch das Piepen, dennoch tippte er weiter.

"Ich habe den Angreifer wieder rausgeworfen, jetzt gucken wir mal, was er denn gesucht hat", sagte der Computerexperte und kippte seinen Kopf hin und her.

Ryan wusste schon jetzt, was Cat am Abend vorher gemeint hatte, als sie ihm erzählte, dass Kermit unnahbar und etwas schwierig sein konnte, vor allem wenn man ihn nicht kannte.

Der schwirrte noch immer durch den Datendschungel im Polizeisystem, die Blicke in seinem Rücken deutlich spürend. Sie sahen, wie sich endlich ein Fenster öffnete und seine Finger urplötzlich in schwebender Position stillstanden. Kermit raffte sie Stirn zusammen, was er da las, gefiel ihm nicht.

"Und, Detective?", hakte Monahan nach.

Dankbar, die Brille auf der Nase zu haben und seine Überraschung nicht nach außen tragen zu müssen, drehte er sich um.

"Jemand hat sich in die Personalkartei eingehackt. Er hat nach einem speziellen Cop gesucht. Leider kann ich die Verbindung nicht zurückverfolgen, der Hacker hat sich über mehrere Satelliten auf der ganzen Welt verbunden."

"Haben sie auch einen Namen, wen die gesucht haben?"

Kermit blickte in die Runde, er hatte gehofft, dass die Frage nicht direkt gestellt wurde; seine Lippen pressten sich zu einem schmalen Strich zusammen, ehe er mehr widerwillig antwortete: "Peter Caine."

Das Erstaunen war allen Beteiligten im Gesicht anzusehen, Monahan zog nachdenklich die Brauen zusammen. Hinter seiner Stirn schien es zu arbeiten, als versuchte er den Namen einzuordnen, auch Ryan Walker schaute etwas verwirrt. Kermit zog unterdes sein Handy aus der Jacketttasche und suchte im Telefonspeicher.

"Was tun sie da?", fragte sein Captain, noch immer nachdenklich.

"Ich werde Peter Caine anrufen und ihn fragen, ob er eine Ahnung hat, was das bedeutet", sagte Kermit mit deutlicher Kälte in der Stimme.

Im Grunde hatte er nie etwas gegen seinen neuen Vorgesetzten sagen können und die Art, wie sich dieser am Tag seiner Rückkehr verhalten hatte, verdiente durchaus Respekt; aber im Moment ging er ihm auf die Nerven. Sicherlich konnte er nichts dafür, dass der Name ihm fremd war, aber dennoch hatte der frühere Söldner das Gefühl, dass ihm bald der Kragen platzen würde.

"Sie wollen interne Informationen nach außen tragen?", fragte Monahan und sein Tonfall war ernst.

Während Kermit noch aufstand und tief einatmete, schob sich Skalany dazwischen und antwortete schneller als ihr Kollege, um die Situation zu entschärfen.

"Hören sie, Captain. Peter Caine ist kein Fremder, ok? Er war früher selbst Detective hier und hat vor wenigen Jahren gekündigt, um sich einer neuen Aufgabe zu widmen. Aber er ist immer noch integriert und hat auch des Öfteren als offizieller Berater der Polizei fungiert."

Kermit blieb ruhig und starrte nur finster durch seine grünen Gläser, während alle gespannt auf die Reaktion ihres Captain warteten. Noch immer schien er zu versuchen, eine Erinnerung in seinem Kopf abzurufen. Dann endlich klärten sich seine Gesichtszüge.

"Der Shaolin-Priester, nicht wahr? Man hat mir davon erzählt." Er schaute in die Runde, inzwischen hatten sich alle Detectives um ihn versammelt und die Situation artete mehr und mehr ins Chaos aus. Er hatte einen neuen Detective, eine Überdosis, die wohl keine war, und einen Mitarbeiter, mit dem er drauf und dran war aneinander zu geraten, obwohl er das eigentlich nicht wollte.

Monahan wusste selbst nicht, wie er Kermit begegnen wollte. Zum einen war er Captain dieses Reviers und musste auf den nötigen Respekt vertrauen können, aber zum anderen hielt er eigentlich sehr viel von diesem Cop, über den er nicht viel wusste. Irgendetwas strahlte der Mann mit der silbernen Strähne aus, das ihn dazu bewog, ihm in dienstlicher Hinsicht zu vertrauen. Aber näher erklären konnte er das nicht, noch nicht einmal sich selbst. Vielleicht lag es an seinem Auftreten, das Monahan als früherem Soldat in einer Spezialeinheit vertraut war, vielleicht war es auch einfach die geheimnisvolle Aura, die der Mann ausstrahlte.

Um die Situation nicht noch weiter zu verfahren, zog er sich zunächst seine Krawatte zurecht und atmete tief durch. Er musst erst mal das Chaos auflösen und sich den Problemen nacheinander stellen, und das möglichst schnell.

"OK, gut. Griffin, tun sie was sie für richtig halten, aber unterrichten sie mich in Zukunft! Auch im Fall ihrer Drogentoten vom dem Konzert gestern. Walker, sie..." weiter kam er leider nicht, weil sich eben dieser zu Wort meldete.

"Konzert? Welches denn?"

"Dark Tran-irgendwas", warf Kermit ein, immer noch etwas erstaunt über die plötzlich so losen Zügel seines Chefs, aber das sah man ihm wie immer nicht an.

"Dark Tranquility. Da war ich gestern auch", sagte Ryan Walker und erntete damit viele skeptische Blicke.

Kermit aber kombinierte sofort die Zusammenhänge und grinste. "Dann weiß ich auch, mit wem sie über mich gesprochen haben", sagte er humorlos und wartete gespannt auf eine Antwort. Da Walker erwähnt hatte, dass er sie gestern Abend kennengelernt hatte, blieb nur eine Frau, die man bei einem solchen Konzert treffen konnte. Sein Beschützerinstinkt klinkte sich ein; sobald er mit ihm allein war, würde er ihm das Passende dazu sagen. Monahan blickte indes schon wieder mit geraffter Stirn von einem zum anderen.

"OK, wenn sie was davon verstehen, unterstützen sie ab sofort Detective Griffin in diesem Fall. Dort ist ihr Schreibtisch", er zeigte auf Peters früheren Arbeitsplatz, "und falls es noch Probleme gibt, ich bin in meinem Büro", sagte der Captain und setzt sich sofort in Bewegung eben dorthin.

Die Versammlung löste sich allmählich auf, nur Ryan blieb noch stehen und blickte abwartend zu Kermit, der seinerseits drauf wartete, dass die anderen außer Hörweite waren. Allerdings ergriff sein neuer Partner zuerst das Wort.

"Dieser Peter Caine ist Cats Ehemann, oder?", fragte er nach. Er hatte sich seine Gedanken gemacht, seit der Name gefallen war, aber natürlich kannte er nach dem Abend mit Cat noch nicht die Zusammenhänge und konnte das alles nicht einordnen.

"Richtig. Und sollten sie irgendwelche unlauteren Absichten bezüglich dieser Frau haben, werde ich sie höchstpersönlich vernichten", sagte Kermit mit eiskalter Stimmte.

Ryan allerdings ließ sich von ihm nicht so schnell abschrecken, vor allem weil er sich fälschlicherweise angegriffen fühlte.

"Hören sie, Griffin. Ich bin verheiratet und habe eine Familie! Ich habe Cat gestern Abend kennengelernt, wir haben uns gut verstanden! Nicht mehr, nicht weniger! Wenn sie mir an den Karren fahren wollen, weil ich mit ihr befreundet bin, dann sagen sie es gleich!", zischte Ryan für alle anderen unhörbar zurück.

Seine Augen hafteten fest an Kermits Brille und ließen sich von ihm nicht beeindrucken. Der wiederum war es nicht gewohnt, dass ihm jemand so deutlich Kontra bot; denn die, die ihn kannten, wussten dass sie in solchen Situation besser schweigen sollten, und die ihn nicht kannten, ließen sich in der Regel von ihm einschüchtern. Bei seinem neuen Kollegen allerdings schien das nicht zu funktionieren.

Ohne eine Miene zu verziehen, winkte Kermit ihn in sein Büro und schloss die Tür. Da er Fremden schon ohnehin nicht traute, und dazu die schmerzhafte Erfahrung mit Alex Woods gemacht hatte, lag ihm aktuell nicht daran, mit dem Neuen Freundschaft zu schließen. Er würde ihn später am Tag noch gründlich durchleuchten, das nahm er sich fest vor.

"Offensichtlich hat Cat ihnen nicht genug von mir erzählt, Walker", sagte Kermit mit einem bösen Grinsen im Gesicht, "sie sollten mich nicht reizen. Ich habe nur eine Warnung ausgesprochen, und glauben sie mir, die werde ich wahr machen, sollte es soweit kommen!"

Ryan wirkte noch immer nicht wirklich beeindruckt. "Dann sind wir uns ja einig. Sie haben mir Konsequenzen für etwas angedroht, das ich nicht vorhabe zu tun. Also gibt es kein Problem zwischen uns. Weisen sie mich jetzt in den Fall ein oder nicht?"

"Ich habe wohl keine andere Wahl", knurrte Kermit und ließ sich in seinen Drehstuhl fallen. Aber so leicht wollte er sich nicht geschlagen geben, er würde erst Ruhe geben, wenn die Überprüfung unter Einbeziehung aller ihm möglichen Register ergebnislos blieb.

"Aber zunächst muss ich telefonieren", sagte er und sah Ryan auffordernd an. Der ging sogleich wortlos aus dem Büro, die Zeit konnte er nutzen, um sich seinen Schreibtisch einzurichten.

Kermit wählte unterdessen Peters Nummer, der Ärger rumorte noch immer in seinem Magen, veränderte sich aber zu Unbehagen, als sich am anderen Ende niemand meldete. Normalerweise ging der Shaolin an sein Handy, außer er hatte einen wirklich wichtigen Grund, um es nicht zu tun. Und dann dieser neue Cop in ihrem Revier; und da er aus Prinzip nicht an Zufälle glaubte, griff er nach seinem Jackett und verließ sein Büro.

"Walker, die Einweisung wird noch etwas warten müssen, ich muss noch mal weg!", warf Kermit in Richtung des blonden Mannes und war ohne auf eine Antwort zu warten schon verschwunden.

Auf dem Parkplatz fiel ihm sofort der Wagen des Neuen auf, es war der einzige, den er nicht kannte und zuordnen konnte. Es war eine sportgelbe Viper mit zwei schwarzen Rennstreifen, die sich über Motorhaube, Dach und Heck zogen.

*Wie kann der sich so was leisen?*, schoss es ihm durch den Kopf. Ein solches Auto kostete ein Vermögen, und als normaler Cop war das sicherlich nicht drin. Er fühlte sich in seinem Argwohn Walker gegenüber bestätigt und erinnerte sich selbst daran, ihn genauestens unter die Lupe zu nehmen, sobald er von Peter zurück war.

* * *

Als Cat am Mittag aufgewacht war, hatte sie nur noch eine Nachricht von Peter gefunden, dass er ein paar Hausbesuche machen musste und bald wiederkommen würde. Sie zog sich eine Jeans, ein T-Shirt und eine Sweat-Jacke über, warf sich gutgelaunt eine CD in den Player und drehte die Lautstärke auf, anschließend ging sie mit federndem Kopf und lautlos mitsingenden Lippen in die Küche, wo Peter ihr einen Kaffee in der Thermoskanne übriggelassen hatte.

Fröhlich füllte sie sich die Tasse ein, ging damit zurück ins Wohnzimmer und ließ sich aufs Sofa fallen. Genau in dem Moment klingelte ihr Handy in ihrer Hosentasche. Sie zog es heraus und sah Ryans Namen auf dem Display blinken. Sie sprachen nicht lange miteinander, er wollte ihr eigentlich nur mitteilen, dass Kermit seinem Ruf alle Ehre gemacht hatte und berichtete kurz über die Auseinandersetzung mit dem Ex-Söldner, die bereits hinter ihm lag.

Nachdem die Unterhaltung beendet war schüttelte die junge Frau den Kopf. Es war zwar verständlich, dass er dem Neuen nicht von Anfang an traute, aber so zu reagieren, weil sie und Ryan sich kannten, war in ihren Augen schon etwas übertrieben.

Sie griff wieder nach ihrem Becher und nahm einen großen Schluck, als Peter zurückkehrte und ihr einen liebevollen Kuss auf die Lippen drückte. Er setzte sich neben sie und legte den Arm um ihre Schultern.

"Wie war dein Konzert gestern?", fragte er interessiert. Cat grinste von einem Ohr zum anderen und erzählte ihrem Mann davon. Lächelnd hörte er zu, bis sie zu dem Teil kam, in dem sie Ryan kennenlernte und mit ihm was trinken gegangen war. Aufgeregt sprang er auf und sah sie entsetzt an.

"Du bist mit einem Wildfremden in eine Bar gegangen?" schoss er los.

Cat zuckte nur die Schultern. "Ja, und? Ich hab auch vorher mit dreitausend anderen Wildfremden getanzt und gesungen", sagte sie flapsig und erhob sich ihrerseits, um ihre Tasse zurück in die Küche zu bringen, Peter folgte ihr aufgebracht. Innerhalb weniger Sekunden wandelte sich ihre fröhliche Unterhaltung in ein Kräftemessen der Argumente, das in noch mehr mündete, als sie sich in diesem Moment vorstellen konnten.

 

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