![]() |
Teil 36 Autor: Ratzenlady |
Ryan saß mit seiner Familie am Frühstückstisch, die Stimmung war verhalten. Haley hatte ihm eine ordentlich Standpauke gehalten, -in ihrem besten Operations-Stil-, weil er sich in die Schusslinie geworfen hatte und nur ganz knapp dem Tod von der Schippe gesprungen war. Aber der Sunny Boy nahm das nicht besonders schwer, wie immer eigentlich. "Und wie geht es jetzt weiter?", fragte sie zwischen zwei Bissen in ihr Croissant und einem weichem Stück Toast für Joanna. "Ich habe keine Ahnung. Ich werde nachher Kermit ablösen und ich hoffe, dass es bald einen Hinweis auf den Aufenthaltsort von George gibt. Mich martert aber immer noch die Geschichte von gestern Abend", meinte er und brachte mit einer Grimasse seine Tochter so sehr zum Lachen, dass das Stück Brot wieder aus dem fast zahnlosen Gebiss heraus fiel. "Hör auf damit, sonst isst sie gar nichts. Du meinst die Tatsache, dass er nicht noch mal geschossen hat?", meinte Hal und brachte den Toast wieder zurück zum Bestimmungsort zwischen Jos Lippen. "Mhm. Es macht einfach keinen Sinn. Erst schießt er auf ihn, und dann auf einmal nicht mehr, wenn er es problemlos noch mal könnte. Kannst du mir das erklären?", fragte er und nahm einen Schluck Kaffee. Haley überlegte, Ryan konnte förmlich sehen, wie ihr scharfer Verstand hinter ihrer Stirn arbeitete. "Ich habe dazu zwei Ideen. Entweder war es eine gezielte Verwirrungstaktik, um euch so nervös zu machen, wie ihr es jetzt seid, oder aber, -Jo, du sollst das essen und nicht damit spielen-, es war ein Gedankenblitz in genau dem Moment. Vielleicht wollte er wirklich erst Kermit erwischen, hat dich getroffen, und dann beschlossen, dass er viel mehr mit ihm vorhat. Schließlich war er damals dabei, oder?", meinte sie und bemühte sich gleichzeitig, ihre Tochter davon abzuhalten, mit ihrem Vater zu schäkern. "Möglich. Aber das ändert auch nichts", seufzte er und machte hinter dem Rücken wieder eine Grimasse zu Jo, "ich weiß nur, dass wir uns bald abgewöhnen sollten, so offen über solche Dinge zu sprechen. Die Kleine wird auch nicht jünger." "Stimmt. Aber wir haben ja auch noch ein paar Fremdsprachen zur Auswahl, wenn es denn wirklich nötig sein sollte." "Aber bitte kein Französisch, damit steh ich bis heute auf Kriegsfuß", murrte er gespielt und grinste seine Tochter an. "RYAN! Jetzt hör auf!", meinte Haley inzwischen wirklich ärgerlich und wischte dem vermatschten Toast hinterher. Er stand in der Zwischenzeit auf und begann, den Tisch abzuräumen. "Mir gefällt die ganze Geschichte nicht. Es kann jeden treffen, und irgendwann wird er versuchen, an Peter ranzukommen. Vermutlich weiß er auch, wo der sich befindet", murmelte er und stellte das Geschirr in die Spüle. "Wir können eine Satteliten-Beobachtung schalten. Das dürfen wir sogar offiziell, wenn auch eigentlich nur zu UNSEREM Schutz, aber was soll's", meinte sie und hob Joanna aus dem Stuhl, um sie auf dem Boden abzusetzen. Nachdenklich wog Ryan den Kopf hin und her, unschlüssig, ob er die Idee gut fand. Aber auf der anderen Seite zog das wenigstens keinen Ärger mit Moon oder jemanden anderem aus der alten Einheit nach sich. "Ja, mach das. Dann wissen wir wenigstens Bescheid, sollte er tatsächlich auf die Idee kommen, das Haus von Blaisdell zu überfallen, auch wenn ich eigentlich nicht damit rechne", meinte er und beseitigte die letzten Reste des Frühstücks. Haley wandte sich sogleich an ihren Laptop und wählte sich in das entsprechende Programm ein, das sie dafür benötigte. Ryan konnte das zwar auch, aber seine Frau war wesentlich flinker und geschickter am PC als er. Er konnte ihn bedienen, sie konnte mit ihm sprechen, davon war er überzeugt. "OK, ich muss gleich nur noch die Koordinaten suchen und dann haben wir ein Live-Bild vom Haus", meinte sie unbeschwert und kitzelte Jo, die grade an ihr vorbeikrabbelte. Deren Vater wollte grade die Treppe nach oben nehmen, um sich im Bad langsam fertig zu machen, als Hal ihn zurückrief. "Ryan! Es ist schon passiert!", rief sie ihm zu und zwei Sekunden später stand er hinter ihr und starrte auf das Bild, das Pauls Haus von oben zeigte, seinen Wagen, und zwei schwarze Transporter etwas Abseits im Gebüsch. "Oh scheiße!", entfuhr es ihm, dann schaltete sich seine alte, sachlich prüfende Denkweise wieder ein. "Ok, also den Wagen nach würde ich auf acht bis zwölf Mann tippen. Vermutlich hat er Profis dafür angeheuert. Im Haus sind vermutlich fünf Geiseln. Und die Kavallerie hilft uns da auch nicht, die sind schneller tot als die auch nur die Tür aufgebrochen haben." "Dem kann ich nichts hinzufügen", sagte Hal ebenso professionell. "Haben wir Richtmikrofone?" "Du glaubst auch, dass ich den Laden damals ausgeräumt habe, oder? Wir haben nur Fenstermikros, unten im Keller, im rechten Akustikkoffer", meinte sie. "Toll, dass du deinen Kram immer so schön ordentlich hältst!", sagte er und verschwand sogleich nach unten, wo sie ihre Ausrüstung aus früheren Tagen aufbewahrten. Nach weniger als fünf Minuten kam er wieder hoch, seine Beine steckten in einer grünlich-braunen Tarnhose, seinen Oberkörper bedeckte ein ebenso gemustertes Hemd. Seine Beretta steckte im Waffengürtel, dazu auf der anderen Seite ein Kampfmesser. Er hatte einen Saugnapf mit eingebautem Mikrofon mitgebracht und den Koffer mit seinem besten Scharfschützengewehr, das mit dem unter seiner Sitzbank nicht zu vergleichen war, denn es war größer und genauer, und dazu ein Schnelllader mit einem Magazin von fünfzehn Schuss. "Ich muss sehen, dass ich nah genug rankomme, um das Ding anzubringen", meinte er und schaute an sich runter, um festzustellen, ob er alles hatte. "Du schaffst das schon. Ich bleib per Headset mit dir in Verbindung, falls sich was bewegt. Aber aktuell sieht es nicht so aus, als hätten sie Außenposten aufgestellt." "Man kann nie wissen. Ich nehme den Hummer", meinte Ryan, gab ihr noch einen tiefen Kuss und ging dann zum Durchgang zur Garage. "Shooter!", rief sie ihn beim alten Namen, mit dem sie ihn früher auf den Missionen auch immer angesprochen hatte. Und genau so sah er jetzt auch wieder aus. "Ja?" "Pass auf dich auf!" Er nickte ihr nur zu, wie es immer gemacht hatte, wenn er sie für einen gefährlichen Einsatz verlassen musste. * * * Kermit schaute auf seine Uhr. Die Ablösung durch Ryan würde noch fast zwei Stunden dauern, und wahrscheinlich kam der dann mit der Viper auf dem Hof gebraust, wie immer, sodass die Söldner ihn entdeckten und wahrscheinlich durchsiebten, ehe er an der Haustür ankam. Das war also dann doch keine hoffnungsvolle Lösung, selbst wenn der Mann mehr konnte, als die meisten anderen. Cat hockte noch immer bewegungslos auf ihrem Sessel, das Gesicht versteckt, nur ab und an sah man, wie ihr Körper von Angst geschüttelt wurde und sie schluchzte, aber immer noch geräuschlos. Annie saß aufrecht auf ihrem Platz, ihre Augen geschlossen, absolut starr. Die drei Männer, die nebeneinander auf der langen Couch saßen beobachteten George, wie er hin und her ging, ihre Blicke waren tödlich und voller Hass. Aber gegen die acht Söldner und Carter konnten sie absolut nichts ausrichten, nicht einmal wenn sie die Möglichkeit hätten, sich abzusprechen. Dafür waren die Männer zu professionell und ihre Waffen zu schnell. "Sagen sie mir Caine, auf welchen der Anwesenden könnten sie am ehesten verzichten?", fragte George nach einer Weile des hin und her Laufens. Völlig fassungslos starrte er ihn an, seine Augen waren schon vor Zorn gerötet, ein ganzer Körper bebte. Den stechenden Schmerz in seinen Rippen nahm er schon gar nicht mehr wahr. "Sie sind doch total wahnsinnig!", presste er zwischen seinen Zähen hindurch, ganz kurz davor, zu explodieren. George grinste entsetzlich böse. "Das mag sein, Caine. Aber man wird zwangsläufig wahnsinnig, wenn man über Jahre in einem tobenden Krieg steckt, der niemals schläft, in dem man nicht stirbt. Sie haben keine Ahnung, was sie mir angetan haben. Aber keine Angst, ich werde es ihnen verdeutlichen!", sagte er und packte Cat heftig in den Haaren. Die junge Frau schrie kurz und laut auf, Peter sprang wiederum aus den Kissen und wurde diesmal nicht behelligt, obwohl der Mann neben ihm kampfbereit war, ebenso wie die anderen ihre Waffen auf ihn anlegten. Aber sie schienen strikte Anweisung zu haben, ihn nicht zu töten; zumindest nicht sofort. "LASS – SIE – LOS!", stieß Peter zornig hervor. Er fühlte deutlich, dass es nicht mehr lange dauerte, bis er sich und alle anderen vergaß und nur noch das Ziel verfolgen würde, George zu töten, ehe man ihn umbrachte. Seine Frau hatte die Augen immer noch fest verschlossen, Paul und Kermit beugten sich drohend, aber wirkungslos vor, Annie hörte unangenehm gespannt zu. George aber grinste nur böse. "Glauben sie, ich bin hier hergekommen, um Kinderspiele zu spielen? Ich meine es ernst, mit jeder Faser meines Körpers, ich werde ihnen unendliche Qualen bereiten, Caine!", sagte er kalt und ließ Cat dann überraschend los, die sich sofort wieder einigelte und ihrem Mann nicht die Chance gab, ihr auch nur einmal kurz in die Augen zu sehen. "Aber wir fangen nicht mit ihrer Frau an. Die hebe ich mir auf für den Schluss, wenn sie schon am Ende sind, dann wird es ihnen das Herz endgültig brechen, dann werden sie schon innerlich tot sein, wenn ich ihren Körper hinterher schicke", führte er aus und stellte sich dann mit den Händen in den Hüften vor das Sofa. Sein Blick ging jetzt stetig von Paul zu Kermit und wieder zurück. "Also, wollen sie an der Entscheidung mitwirken?", fragte er noch mal in Peters Richtung. "Fahr zur Hölle!", blaffte der ihn nur hasserfüllt an und sah dann zu seinem Vater und seinem besten Freund rüber, die den Blick in dem Moment erwiderten und deutlich machten, dass den Shaolin keine Schuld an allem traf, was passierte und noch passieren würde. Als Kermit wieder zurückblickte, fielen seine Augen auf die große Glasfront. Hatte sich da grade was bewegt? Waren da draußen noch mehr Gangster? Oder aber vielleicht jemand anderes, der eindeutig zu früh dran war? Hoffnung keimte in ihm auf. Wenn dem tatsächlich so war, dann brauchten sie jetzt nur noch Zeit. "Captain Blaisdell!", traf George seine Wahl und winkte ihn mit der Waffe zu sich. Bereitwillig, seinen harten Blick nicht von ihrem Peiniger nehmend, stand er langsam auf und ging rüber. "Paul, nicht!", meldete Annie sich zu Wort, die seine Schritt deutete. "Ganz ruhig Liebling, es wird alles wieder gut", sagte leise zu ihr. Peter hätte diese Worte auch zu gerne zu seiner Frau gesagt, aber es ging nicht. Cat durchlitt ihre Qualen ganz für sich allein, wusste nicht, was vor sich ging, konnte nicht getröstet werden. "Das wird es sicher nicht", entgegnete George und musterte dann Annie für einen Moment. "Auf die Knie", befahl er Paul jetzt hart. Der sah ihn nur an, als hätte er den Verstand verloren. "Niemals!" "AUF DIE KNIE HABE ICH GESAGT!", donnerte er durch den Raum, aber Paul regte sich nicht. Reagieren konnte er immer noch, sollte George die Waffe auf jemand anderen richten. "Nicht vor einem dreckigen Schwein wie dir!" Peter wollte etwas sagen, wollte ihm raten, den Kerl nicht zu reizen; zu groß war seine Angst, dass sein geliebter Pflegevater gleich hier vor seinen Augen starb. Aber aus irgendeinem Grund kamen keine Worte über seine Lippen, stattdessen wurde alles in einen roten Schleier getaucht, bewirkt durch den unbändigen Hass, der alles andere in seinem Inneren vertrieben hatte. Unterdessen focht George ein weiteres Blick-Duell mit Paul aus, ging dann plötzlich zu ihm herum und trat ihm mit aller Gewalt in die Kniekehlen, sodann er hart auf den Kniescheiben landete und das Gesicht verzog. "Paul!", schrieen Peter, Annie und Kermit gleichzeitig, Cat zuckte zusammen, wagte aber offenbar nicht, aufzublicken und zu sehen, was passierte. Und das war auch besser so. "Es geht doch", kam jetzt wieder die honigsüße Stimme des Anführers hervor, der ihm die Pistole an den Hinterkopf presste. Kermits Blick wanderte hinter der Brille dahin, wo er vorhin die Bewegung gesehen hatte, und entdeckte jetzt einen kleinen Saugnapf in der unteren Ecke des Rahmens. Er kannte die Teile, der CIA setzte sie ein, es waren Abhörmikrofone. Es konnte nur noch Ryan sein. *Hoffentlich ist er schnell genug*, betete er in Gedanken, denn mehr konnten sie nicht mehr tun. Zeit. Sie brauchten mehr Zeit! "Mrs. Blaisdell, bitte stehen sie auf", wandte George sich jetzt übertrieben höflich an Annie, die sich erschrocken in seine Richtung wendete. "Tu's nicht, Mom!", sagte Peter sofort und machte einen Schritt vorwärts, der ihm aber sofort wieder in den Rippen vergolten wurde. Kermit fing ihn auf und sorgte so dafür, dass er nicht wieder aufs Sofa stürzte. Annie drückte sich unterdessen ganz langsam in den Stand. "So ist es brav. Kommen sie her. Sie können doch sicher meiner Stimme folgen." "Nicht, Mom", flüsterte Peter verzweifelt, es glich mehr einem Wimmern. Er hielt es nicht mehr aus. Die ganze Anspannung der letzten Tage, es war einfach zu viel. Jede Sekunde konnte er zusammenbrechen, das merkte er deutlich, es war einfach zu schwer. George hatte sein Ziel schon jetzt erreicht, er fühlte sich innerlich fast tot. Kermit drückte Peters Schultern, versuchte ihm Kraft zu geben, obwohl er verstehen konnte, dass er nicht mehr wusste, woraus er sie schöpfen sollte. Denn er wusste nichts von Ryans Anwesenheit da draußen, wusste nicht, dass die Unterstützung schon da war und bald eingreifen würde. Hoffentlich. Und hoffentlich rechtzeitig. Annie ging unterdessen ganz langsam und widerwillig auf George zu, bis er sie am Arm packen und dahin zerren konnte, wo er sie haben wollte: Direkt zwischen Paul und sich selbst. Von hinten griff er um sie herum, mit der Pistole in der Hand, und nahm dann ihre Hand dazu, um sie unter seiner um den Griff zu legen. Aber die blinde Frau wehrte sich und zog ihre Finger weg, als sie fühlte, was sie fassen sollte; was er von ihr verlangte. "Lassen sie sie los!", donnerte Paul und wollte wieder aufstehen, aber George drückte ihm sofort die Pistole in den Nacken und zwang ihn dazu, unten zu bleiben. Zwei Söldner kamen jetzt noch näher zu Peter und Kermit und pressten ihnen die Uzis seitlich an den Hals, weil die beiden Männer zunehmend unruhig vor dem Sofa wurden. Peter wünschte sich in dem Moment nichts sehnlicher, als seine Kräfte zur Verfügung zu haben. Dann konnte er sie vermutlich entwaffnen und sich auf sie stürzen, dann konnte er George umbringen. Seine Gedanken gingen weiter, ohne das er es wirklich wollte, er wollte hier in der Situation bleiben, aber sein Geist trieb die Überlegung voran, stellte die Frage, ob er mit so vielen Waffen fertig werden würde. Er wusste es nicht, zehn Mann, soviel hatte er noch nie vor sich gehabt. *Ich kann auch ohne meine Kräfte helfen*, hallte es in seinem Kopf wider, obwohl er an nichts weniger denken wollte als an seine Prüfung. Aber die Lösung, der Umkehrschluss lag jetzt auf einmal so offen, war so einfach, so furchtbar simpel. *Und mit meinen Kräften kann ich nicht immer helfen*, schoss es durch seine Gedanken. Deshalb sein Vater, deshalb Karen. Aber warum kam diese Erkenntnis jetzt, in einem Moment, in dem er sie überhaupt nicht gebrauchen konnte? Warum ließ sein Geist nicht zu, dass er sich auf George konzentrierte und einen Ausweg fand? *Weil es keinen gibt. Weil die Hoffnung verloren ist*, kam die erschreckende Antwort in seinem Kopf. Er versuchte, den Gedanken endgültig beiseite zu schieben und straffte seinen Körper, zwang sich, nicht weiter darüber nachzudenken und stattdessen ihren Geiselnehmer mit brennenden Blicken zu beobachten, wie er etwas tat, was an psychischer Grausamkeit kaum zu überbieten war. Denn wieder angelte dessen Hand nach Annies Handgelenk, fasste es diesmal schmerzhaft fest und zwang sie so wieder zu dem Waffengriff, wo er gewaltsam ihre Finger auf die üblichen Positionen legte und seine dann darüber. Paul schrie wild auf, auch Kermit und Peter verloren sich in üblen Beschimpfungen. Aber es half alles nichts. Paul kniete auf dem Boden, die Waffe am Hinterkopf, gehalten von George, der aber Annies Finger darumgelegt hatte. Sie zitterte stark, und Peter wünschte ihr, dass sie ohnmächtig wurde. Aber leider trat es nicht ein, sie war einfach eine zu starke Frau, und diesmal wurde es ihr zum Verhängnis. *Komm schon, Ryan!*, bettelte Kermit jetzt in Gedanken darum, dass sein Kollege etwas unternahm, um das alles hier vielleicht doch noch zum Guten zu wenden. Immer noch konnte er nicht sicher sein, dass es wirklich sein Partner war, aber wer sollte es sonst sein? Außerdem war das der letzte dünne Bindfaden, an dem ihr Leben hing. Diese Hoffnung in Frage zu stellen, war gleichbedeutend damit, aufzugeben. Und das wollte und konnte er nicht tun. Peter hielt die Situation nicht mehr aus. Jede Sekunde konnte George Annie zwingen, abzudrücken und Paul zu töten. Obwohl er die Uzi am Hals hatte, verlor er die Kontrolle über sein Handeln. Er wollte einen Satz nach vorne machen, einen Schritt und dann über den Tisch springen, aber soweit kam er gar nicht. Er hatte kaum gezuckt, als der Mann neben ihm die Uzi hart in seine Rippen schlug, dann mit der Faust in sein Gesicht. Kermit wollte ihm helfen und auf den Söldner losgehen, aber einer der anderen feuerte einen Schuss direkt neben seinen Kopf in die Wand und zwang ihn damit zur Bewegungsunfähigkeit. Peter taumelte schwer angeschlagen zurück und kippte aufs Sofa. Der Typ wollte noch mal ausholen und auf ihn einschlagen, aber George pfiff ihn zurück, ohne seinen Blick auch nur von Paul zu nehmen. "Sie können es nicht verhindern, Caine", sagte er und grinste böse. Peter kämpfte sich mühsam wieder hoch, sein Rumpf schmerzte höllisch, sein Jochbein pochte schwer. Aber es war ihm egal. Mit Kermits Hilfe brachte er sich wieder auf die Beine und starrte George finster an, sein ganzer Körper bebte vor Zorn und Verzweiflung. "Sie soll zusehen", wies der Gangster jetzt einen seiner Söldner mit einem Kopfnicken zu Cat an. Umgehend trat der vor und griff ihr von hinten in die Haare. Peter wollte wiederum einen Schritt vor machen, aber sein Freund verkrallte sich fest in seinem Unterarm und wollte ihn damit davon abhalten. Der junge Shaolin aber schüttelte ihn wütend ab. "Lass sie los!", donnerte er durch das Wohnzimmer und setzte einen Fuß vor. Sofort traf ihn der Griff der Uzi wieder im Gesicht und ließ ihn in die Arme von Kermit taumeln. "Bleib ruhig!", flüsterte der ihm zu, auch wenn er wusste, dass es sinnlos war. Auch er empfand diesen Terror und diese unbändige Wut. Nur hatte er den Hoffnungsschimmer, dass sein Partner womöglich da draußen war und sie noch retten konnte. Aber das konnte er Peter nicht sagen, ohne Gefahr zu laufen, dass George und seine Handlanger Wind davon bekamen; sei es, weil sie es hörten, oder weil Peter auffällig darauf reagierte. Nein, dieses Risiko konnte er nicht eingehen, so schmerzhaft es auch war. Der Söldner drückte jetzt seine Hand in Cats Backen, weil sie die Augen fest geschlossen hielt. Tatsächlich öffnete sie sie widerwillig und starrte voller Panik auf die Szenerie, die sich ihr bot. Peter und Kermit konnten in ihren Augen sehen, wie geschockt sie war. Aber jetzt, wo sie hinsehen musste, klebte ihr Blick daran fest; ob sie wollte oder nicht, sie musste hinsehen. "Sagen sie Lebe Wohl zu ihrem Captain Blaisdell", säuselte George und löste in allen eine Lawine der puren Verzweiflung aus. Besonders Peter fühlte sich einer Ohnmacht
nahe, er konnte es einfach nicht mehr aushalten. Und das schlimmste war,
dass er seinem Feind Recht geben musste. Er konnte es nicht verhindern,
er hatte keine Möglichkeit, er musste Lebe Wohl sagen. Die Hoffnung
war verloren. In jedem Moment würde George abdrücken und Annie
dazu zwingen, Paul zu töten.
|
Teil1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 Epilog zurück zum Autoren Index zurück zum Story Index
|