Teil 19
Autor: Ratzenlady
 

"WER, Peter?", fragte Kermit hartnäckig und packte ihn fest an den Schultern. Der junge Shaolin machte grade den Mund auf, als Paul den Gang runterkam.

"Um Gottes Willen, was ist passiert? Ich bin so schnell es ging gekommen!", sagte er laut aus einigen Metern Entfernung. Peter und Kermit blickten zu ihm rüber, Paul aber fixierte aktuell nur seinen Sohn.

"George ist zurück um mich fertig zu machen", sagte der trocken mit tödlich wütendem Tonfall.

Die Augen des ehemaligen Captains gingen weit auf und starrten ihn fassungslos an.

"Er hat den Loft in die Luft gesprengt, um Cat zu töten", ließ Peter bebend raus, wieder flammte das Feuer des Hasses in seinen Pupillen auf. "Aber er hat es nicht geschafft. Ich bete, dass er es nicht geschafft hat", berichtete Peter weiter, sein Unterkiefer begann zu zittern, in seinen Augen sammelten sich Tränen. Dann brach er vor den Augen der zwei Ex-Söldner zusammen.

Schnell fing Paul ihn auf, Kermit eilte an die andere Seite, sie schleppten ihn zu den Besucherstühlen und ließen ihn dort nieder. Kermit zog sein Handy aus der Tasche und rief auf dem Revier an, um den von Peter geforderten Polizeischutz für Cats Zimmertür zu bestellen. Sie hatten von den Überwachungskameras des Museums noch die Bilder von George, das fiel ihm sofort ein, aber eigentlich wollte er den jungen Mann nicht hier allein lassen, um sich drum zu kümmern.

Sein Laptop lag zwar im Wagen, aber die Daten waren auf seinem Rechner im Revier. Unschlüssig blickte er zu Paul, der den Arm um Peters bebende Schultern gelegt hatte.

"Ich bin gleich wieder da", sagte er schließlich und bewegte sich Richtung Ausgang. Die Bilder sollten so schnell es ging in Umlauf. Aber wenn er das jetzt tatsächlich machen wollte, würde er etwas tun müssen, was er nicht wirklich wollte. Aber das Bild MUSSTE so schnell wie möglich weitergegeben werden, damit man George stoppen konnte, bevor noch mehr passierte. Wieder zog er sein Handy aus der Tasche und rief auf dem Revier an.

"Blake", meldete sich der, den er sprechen wollte.

"Kermit. Hör zu, du musst mir einen Gefallen tun. Geh in mein Büro, mach die Tür hinter dir zu und starte meinen Computer, dann ruf mich von da wieder an", gab er kurz Anweisung und legte dann wieder auf.

Während er auf den Rückruf wartete, kam er zur Corvair und zog die Notebooktasche heraus, verweilte aber auf dem nächtlichen, leeren Parkplatz, bis sein Handy wieder klingelte.

"Wie geht es Castor?", fragte der alte Cop erstmal nach, wozu ihm sein Kollege ihm vorher keine Zeit gelassen hatte.

"Sie wird noch behandelt", sagte Kermit knapp und missmutig, dann kam er wieder zum Thema.

"Hör zu, du musst mich anmelden, damit ich mit dem Laptop auf bestimmte Daten zugreifen kann. Ich werde dir also mein Passwort nennen. Du wirst…"

"Keine Sorge, ich behalte es für mich. Und du wirst es ohnehin ändern, sobald du wieder hier bist."

"Stimmt", gab er zu und nannte Blake dann die Zahlen- und Buchstabenkombination für den Zugang.

"Hat geklappt. Du bist drin", kommentierte er und wartete auf weitere Worte.

"Gut. Ich werde das Bild des Mistkerls raussuchen und euch schicken. Bitte bleibt so lange noch da, um die Fahndung anzuweisen. Und seid vorsichtig, der Kerl will Peter fertigmachen und schreckt auch nicht vor seinen Freunden zurück, also passt auf!"

"Alles klar, ich warte auf das Foto, dann kommen wir zu euch, denke ich."

Kermit versuchte erst gar nicht, es ihnen auszureden, es wäre ohnehin zwecklos gewesen, dafür kannte er seine Kollegen zu gut. Er verabschiedete sich knapp und legte dann auf, mit dem Notebook schon wieder auf dem Weg zurück ins Krankenhaus, auf dem er aufgrund eines Gedankenblitzes noch einen Anruf tätigte, ehe er zu den anderen zurückkehrte.

Peter war mittlerweile wieder zu sich gekommen und lief verstört im Wartebereich auf und ab. Immer wieder fuhr seine Hand durch die braunen Haare, seine Augen bewegten sich unruhig hin und her und vermieden deutlich, in Pauls oder jetzt auch Kermits Richtung zu blicken.

"Ihr seid alle in Gefahr", sagte er nach einem Moment zu den zwei Ex-Söldnern, die nebeneinander auf den Stühlen saßen, der eine von ihnen mit dem PC auf dem Schoß. Wieder ging Peter die Reihe entlang, dann wieder zurück, drehte sich wieder rum, wurde aber jetzt von Paul festgehalten.

"Beruhige dich, Peter. Mach dir um uns mal keine Sorgen. Es nützt aber auch nichts, wenn du hier ein Loch in den Boden läufst", sagte er beruhigend.

"Vielleicht nicht! Aber es nützt auch nichts, wenn ich da sitze! Es nützt alles nichts!", knurrte er böse, immer lauter werdend.

Paul seufzte schwer und stand auf. "Beruhige dich. Sie wird wieder, da bin ich sicher."

"Und wenn nicht?", hakte er mit zusammengebissenen Zähnen nach, wieder sammelten sich Tränen in seinen haselnussbraunen Augen und ließen sie einsam und verletzt wirken.

"Daran darfst du nicht mal denken", meinte Paul und drückte seine Schulter.

Peter fuhr sich erneut durch die Haare und wischte die Tränen weg. Dann ging er wieder zu den Stühlen und ließ sich auf einen drauf fallen.

"Wahrscheinlich hast du Recht", murmelte er in einem Tonfall, der sehr deutlich machte, dass er nicht wirklich daran glaubte.

"Was machst du da, Kermit?", fragte Paul jetzt, um das Thema ein wenig zu wechseln.

"Ich suche nach den Bildern von George, um die Fahndung einzuleiten", sagte er ohne aufzublicken.

"Das wird nichts bringen", ließ Peter mutlos verlauten, "er konnte hier her kommen, sich neben mich setzen und sich über mich lustig machen, ohne dass etwas passierte! Er wird sich nicht schnappen lassen, nicht bevor er jeden und alles getötet hat, der mir etwas bedeutet!"

Erneut schwelte die unsagbare Wut in der Aussage mit, Feuer brannte hinter seinen Pupillen, seine Finger verkrallten sich in seinen Oberschenkeln. Dann aber blickte er plötzlich auf und starrte Paul an.

"Mom! Was, wenn er sie…", sagte er hastig.

Seine Gedanken waren so sehr um seine Frau und den Hass auf George gekreist, dass er nicht realisiert hatte, dass seine Mutter allein zu Hause und ein perfektes Ziel war.

"Ich habe einen Streifenwagen hingeschickt", sagte Kermit und beruhigte damit Vater und Sohn gleichermaßen.

Schweigen legte sich über die drei Männer, nur unterbrochen durch das gleichmäßige Ticken der Tastatur. Grade als sie unerträglich zu werden drohte, kam ein Arzt mir nicht lesbarem Gesichtsausdruck in den Warteraum und ließ sie aufspringen.

* * *

"Hast du mit Kermit telefoniert? Wie geht es Castor?", fragte Jody, als Blake aus dem Büro des Ex-Söldners kam.

Nachdem die Spurensicherung aufgetaucht und auf Basis der Anweisungen der Cops ihre Arbeit aufgenommen hatte, waren sie zunächst aufs Revier zurückgekehrt, wollten aber bald ins Krankenhaus fahren. In seiner typischen, zurückhaltenden Art nahm Blake die Brille ab und putzte sie an seinem Pullover, obwohl es überhaupt nicht nötig gewesen wäre.

"Ja, habe ich. Castor wird noch untersucht, sie haben noch kein Ergebnis. Kermit schickt uns gleich das Phantombild, und wir sollen die Fahndung einleiten", erklärte er.

"OK, dann warten wir so lange. Ich wollte eigentlich gleich los ins Krankenhaus und sehen, ob ich irgendwie helfen kann", meinte die blonde Polizistin und bekam ein unterstützendes Nicken von Skalany, die sich dazu gesellt hatte.

"Warum hat Kermit eigentlich ein Bild von ihm? War das jemand, den wir kennen?", fragte sie und sah zwischen den beiden hin und her.

"Äh, das hab ich gar nicht gefragt. Ich…", stotterte Blake, der zuvor gar nicht drüber nachgedacht hatte. Es war ihm jetzt schon fast peinlich, dass ihm dieser Faux Pas passiert war.

"Naja, es wird ja gleich kommen. Dann werden wir es wissen. Mann, ich komm da immer noch nicht mit! Ich kann das noch gar nicht glauben!" sagte Jody und legte Blake kurz die Hand aufmunternd auf die Schulter.

"Mhm. Ich hoffe, sie ist nicht zu schwer verletzt. Aber wenn ich drüber nachdenke, wie das Haus gebrannt und wie hoch die Flammen geschlagen sind… nee, da will ich nicht weiter drüber nachdenken!", kommentierte Skalany und erntete wieder Zustimmung.

"War es schlimm?", fragte Blake, der im Revier zurückgeblieben war, als die beiden Frauen zum Loft gefahren waren. Er wirkte wieder schüchtern und unsicher, und sein Blick verriet, dass er noch nicht mal sicher wusste, ob er es wirklich wissen wollte.

"Ja, das war es. Das hat alles gebrannt, man konnte das Haus kaum noch sehen… aber Cat war da schon draußen. Gott sei Dank!", erklärte Jody.

"Aber was wird denn jetzt aus den beiden? Ich meine, die Wohnung war ja im Grunde alles, was sie hatten. Und alles, was Peter von Caine geerbt hat", meinte Mary-Margaret nachdenklich und traurig.

Jody legte ihr den Arm um die Schulter. "Ich bin mir sicher, dass Paul sie zunächst bei sich aufnehmen wird. Aber was letztendlich wird? Wahrscheinlich können sie sich vor Angeboten aus Chinatown kaum retten, dennoch wird es nie dasselbe sein", meinte sie bedrückt.

"Vielleicht ist die Wohnung ja noch zu retten. Vielleicht sah es ja nur schlimmer aus, als es ist", tat er seine Hoffnung kund, aber die beiden weiblichen Cops schienen sie wenig glauben zu wollen. Bevor sie aber etwas erwidern konnte, piepte Blakes Computer und ließ sie wissen, dass Kermit ihnen die Daten des Attentäters übermittelte.

"Das ist George!", sagte Blake nach einem Moment am PC.

Auch die beiden Damen erinnerten sich noch an ihn, die Geschichte im Museum damals hatte weite Kreise gezogen, besonders die Tatsache, dass er nach den Erzählungen einfach 'verschwunden' war und nie wieder gesehen wurde. Jetzt war er offenbar zurück.

"Kermit hat gesagt, er will sich an Peter rächen und zieht alle mit rein, die ihm nahe stehen. Wir sollen aufpassen", sagte der alte Cop weiter.

Wieder nickten die beiden Frauen und schauten Blake dann schweigend über die Schulter, während er das Bild ausdruckte und auch für die Online-Fahndung verwendete. Erst nach einer halben Stunde ließen sie Broderick und die anderen anwesenden Polizisten der Nachtschicht allein, um ins Krankenhaus zu fahren und zumindest Anwesenheit und Beistand darzustellen.

* * *

George stand allein im Dunkel. Er hatte seinen zwei Mitarbeitern für 24 Stunden frei gegeben, wollte Peter Caine zunächst in der Angst lassen, dass jede Minute jedem Menschen den er mochte etwas passieren konnte. Aber noch sollte es dabei bleiben.

Nachdem er im Krankenhaus aufgetaucht und den hilflosen, fast schon gebrochenen Mann gesehen, ihn aufs Tiefste gereizt hatte und dennoch unbehelligt wieder verschwunden war, hatte er seinen Weg hierher beschritten. Der Ort, an dem er sich aktuell versteckte und seine Rache plante. Und sie würde blutig sein. Zudem war sie noch lange nicht beendet.

Aber jetzt würde er warten und Caine in der Ungewissheit lassen. Unwissend darüber, wie er den Weg in diese Welt zurückgefunden hatte, unwissend darüber, was als nächstes passierte, wen es treffen würde. Sollten sie Angst haben, sich stetig über die Schulter sehen, langsam verzweifeln.

Noch wusste er nicht, wie schwer Mrs. Caine verletzt war, ob sie noch lebte, aber das war herauszufinden. Und wenn sie es überlebte und vielleicht schnell wieder auf den Beinen war, dann würde er sie ihr brechen. Sprichwörtlich natürlich. Diese Frau würde sterben, ihre Tage waren gezählt, und Caine würde nichts dagegen tun können und hilflos zusehen, wie seine Ehefrau starb.

Seine Fingerspitzen wanderten über die Narben in seinem Gesicht. Und das waren nur die sichtbaren, die ihn entstellten. Sein ganzer Körper war gezeichnet von der immerwährenden Schlacht, in welche die Caines ihn verbannt hatten. Ob sie wussten, dass hinter dem Standbild des Gemäldes der Krieg weiter tobte?

Aber jetzt war er zurück, und das mit aller Besessenheit von seiner Wiedergutmachung. Das gab ihm Kraft und die Energie, seine teuflischen Pläne auszuarbeiten. Seine Rückkehr hatte er mit einem Donnerknall verkündet, jetzt aber mussten seine Feinde auf die leisen Schritte horchen, mit denen der sichere Tod sich an sie heran schlich. Und selbst wenn sie ihn kommen sahen, würden sie nichts dagegen tun können.

Er genoss die Dunkelheit, denn die Schlacht fand immer am Tage statt, dauerhaft, ohne Nacht, ohne Schlaf, ohne Pause. Ein stetiges Toben und Kämpfen, dauerhafte Schreie der Sterbenden in der Luft. Er hatte alles probiert. Er hatte sich tot gestellt, aber die Krieger hatten ihn dennoch mit einem kräftigen Tritt auf den Rücken gerollt, um ihm den letzten Stoß ins Herz zuzufügen, seinen Tod sicherzustellen. Also wehrte er sich, regte sich, versuchte zu flüchten.

Immer wieder trafen ihre Klingen seinen Körper, sein Gesicht, hinterließen ihre Spuren. Unzählige Male glaubte er, zu sterben, aber sein Herz hörte nie auf zu schlagen. Es gab einfach keine Leichen in einem Krieg, der kein Ende fand. Wer getötet wurde, stand wieder auf, kämpfte weiter. Aber die Zeichnungen blieben, so wie auf seiner Haut, für immer.

Jetzt genoss er Dunkelheit und Stille, weit ab von der immerwährenden Schlacht, der er hatte entfliehen können. Es war wie ein Wunder für ihn gewesen, eine Wiedergeburt, wenn auch als gefühlter Krüppel. Und er widmete diese Wiederkehr in die Welt nur einem einzigen Ziel: seiner Rache an den Caines!

Dafür hatte er die beiden Männer engagiert, absolute Treue und Folgsamkeit gefordert, ein fürstliches Honorar bei Abschluss der Arbeit geboten. Er wusste, dass sie Angst vor seiner Erscheinung hatten, aber das störte ihn nicht im Geringsten. Denn wer Angst hatte, gehorchte, und wer gehorchte, sorgte dafür, dass der Plan nicht schief ging. Und er hatte große Pläne mit Peter Caine, nachdem er von dem Tod dessen Vaters gehört hatte. Der junge Mann würde all seinen Zorn zu spüren bekommen. Und jeder, der zu ihm stand auch.

Er wusste, dass auch Kermit Griffin und Paul Blaisdell ihren Teil dazu beigetragen hatten, aber letztendlich waren es die Shaolin gewesen, die ihn in diese Hölle beförderten, aus der er vor kurzem hatte entfliehen können. Dennoch würden auch diese beiden Männer ihren Anteil bekommen, auch wenn es nur war, um Peter Caine wehzutun, ihm das Herz herauszureißen und zu zermalmen.

Bei lebendigem Leib.

 

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