Teil 20
Autor: Ratzenlady
 

"Mr. Caine?," fragte der Arzt überflüssigerweise, als Peter sofort auf ihn zugestürmt kam, Kermit und Paul direkt hinter sich. Das Gesicht des Arztes ließ noch immer nichts über Cats Zustand vermuten.

"Was ist mit meiner Frau? Wie geht es ihr?", schoss der junge Shaolin heraus und sah den Mediziner auffordernd und ungeduldig an.

"Nach dem was die Sanitäter berichtet haben, die ihre Informationen von den Rettungskräften vor Ort…"

"Kommen sie auf den Punkt!", unterbrach Peter unwirsch. Paul legte ihm die Hand auf die Schulter und versuchte, ihn so zu beruhigen.

"Entschuldigung", murmelte er leise.

"Schon gut. Um es kurz zu machen: Ihre Frau hatte unbeschreibliches Glück. Als sie durch die Explosion aus dem Bett geschleudert wurde, hat sie die Decke mitgerissen und lag darunter, wodurch sie nur sehr wenig Rauch einatmen konnte. Bei ihrer Erkältung und der Vereiterungen der Bronchien das Beste, was passieren konnte. Sie hat eine Platzwunde an der Stirn, ich nehme an, sie hat sich am Nachttisch oder dem Boden den Kopf angeschlagen. Aber außer einer mittleren Gehirnerschütterung konnten wir nichts feststellen", erklärte der Arzt.

Peter starrte ihn an, als würde er nicht verstehen, was ihm grade erzählt wurde. Noch immer lagen Schock, Ungläubigkeit und Hass so nah in seinem Inneren beieinander, dass es ihm die Sinne vernebelte und jeden klaren Gedanken sofort wieder auflöste. Der Doktor schien das zu merken und wurde jetzt deutlicher.

"Es geht ihr soweit gut. Sie schläft jetzt noch, aber nach dem, was die Untersuchungen ergeben haben, kann sie morgen schon wieder nach Hause. Vorausgesetzt, sie haben einen Ort, wo sie jetzt unterkommen können."

Peter musste zugeben, dass er sich darüber noch gar keine Gedanken gemacht hatte. Die Sorge um Cat hatte ihn so eingenommen, dass er noch gar nicht realisiert hatte, dass seine Wohnung jetzt ein Trümmerfeld war, aber aktuell interessierte ihn das auch nicht.

"Ihr könnt natürlich bei uns wohnen", sagte Paul zu seinem Sohn, der nur abwesend nickte und immer noch den Arzt fixierte.

"Ihr geht es gut?", fragte er noch mal nach, als könnte er es nicht glauben, als wäre es zu viel Glück auf einem Haufen.

"Soweit wir es sagen können: Ja! Sie dürfte bald aufwachen, wir hatten sie aus der Bewusstlosigkeit erstmal beruhigt, um die Untersuchungen durchführen zu können. Aber außer Kopfschmerzen sollte sie nichts haben, wenn sie aufwacht. Möchten sie zu ihr?"

Peter nickte sofort und folgte dem Arzt dann den Flur entlang. Kermit und Paul blieben zurück und sahen ihm nach, beide die Erleichterung deutlich im Blick.

Der Arzt führte den jungen Mann in das Krankenzimmer, in dem Cat blass und mit einem Pflaster auf der Stirn im Bett lag. Aber ihre Brust hob und senkte sich gleichmäßig und stark, was Peter die Freudentränen in die Augen trieb.

"Sollte noch was sein, rufen sie mich", sagte der Doktor freundlich und ließ das Ehepaar dann allein. Peter setzte sich neben sie ans Bett und nahm ihre Hand, sanft streichelte er ihren Handrücken und hauchte einen Kuss darauf; dann schossen Tränen ungebremst aus dem tiefsten inneren seiner Seele und benetzten ihre bleiche Haut.

"Es tut mir so leid! Es tut mir so leid, dass ich nicht da war, mein Liebling! Kannst du mir das verzeihen, kannst du…", er schluchzte auf, "oh bitte, kannst du mir verzeihen?," wimmerte er in ihre Hand. Dass er es selbst nicht konnte, sprach er nicht laut aus.

Es dauerte noch eine Viertelstunde, in der er sich auch zunehmend wieder beruhigte, bis der Druck seiner Finger langsam erwidert wurde. Sofort richtete er sich in seinem Stuhl auf und beobachtete voller Freude und Hoffnung ihr Gesicht. Wie in Zeitlupe öffneten sich ihre Lider und ließen ihn in ihre tiefblauen Augen schauen, die noch ziemlich verwirrt wirkten.

"Hey mein Liebling, wie geht es dir?", fragte Peter sanft und strich Cat über die Haare. Er lächelte, wollte ihr Mut machen, sie aber bekam riesige Augen und starrte ihn geschockt an.

"Was ist denn? Cat, alles in Ordnung?", Besorgnis zeigte sich in seinem Gesicht, aber seine Worte schienen sie nur noch mehr zu bestürzen. Panische Angst war plötzlich in ihrem Gesicht zu sehen, als würde er mit einem Messer vor ihr stehen.

"Cat?", fragte er noch mal und wollte sich zu ihr hinabbeugen, aber sie rutschte von ihm weg.

Stumm starrte sie ihn an, begann zu zittern. Laut rief Peter nach einem Arzt und drückte den Alarmknopf am Bett. Er fühlte Panik in sich aufsteigen.

"Um Gottes Willen, Süße, was ist los?", fragte Peter verzweifelt.

Sein erster Gedanke war Amnesie, dass sie ihn nicht erkannte, durch den Schlag gegen den Kopf vielleicht ihr Gedächtnis verloren hatte. Der Arzt kam rein, hinter ihm zwei Schwestern und im Anschluss Kermit, den der Ruf seines Freundes auch aufgescheucht hatte; Paul hatte er zurückgelassen, da dieser grade auf der Toilette gewesen war.

"Was ist?", fragte der Arzt.

Cat blickte zwischen ihnen hin und her. "Hört auf dam…" begann sie schnell, stoppte dann aber ab. Eine Hand flog auf ihren Mund, packte dann an ihren Hals.

"Oh mein Gott", keuchte sie leise.

Peter wollte wieder näher zu ihr und streckte seinen Arm aus, aber sie schlug ihn panisch weg. Sie begann zu beben, dann zu weinen. Heftige Schluchzer schüttelten ihren Körper, aber dennoch wies sie jeden Versuch ab, sie zu trösten.

"Verdammt Doc, was ist hier los?", blaffte Kermit jetzt forsch in Richtung des Arztes und baute sich drohend auf. Der drehte sich nur kurz um und sah den Cop an, dann wieder zurück. Auch Peters Augen klebten an ihm.

"Ich habe da eine Vermutung", sagte er und griff in seine Tasche. Heraus zog er einen Block und einen Kugelschreiber.

"Was wird das?", fragte der Shaolin skeptisch.

Der Arzt sah zu ihm rüber, dann noch mal zu Kermit, die beiden Männer wirkten jetzt schon fast bedrohlich.

"Ich schätze, dass ihre Frau ein Knalltrauma erlitten hat. Das hätten wir vorher nicht feststellen können", erklärte er und schrieb einige Worte auf den Block, dann hielt er ihn vor Cats Gesicht. Es dauerte lange, bis sie sich endlich bereiterklärte, sich zu beruhigen, stillzuhalten und die Nachricht zu lesen.

//Sie können nichts hören, nicht wahr?//

Sie starrte mit verheulten, leeren Augen zu ihm hoch und bewegte den Kopf ganz langsam auf und ab. Der Arzt nickte ihr aufmunternd zu und zog den Block zurück, um etwas Neues zu schreiben, dann reichte er ihn wieder rüber. Peter beobachtete völlig fassungslos, was sich vor seinen Augen zutrug. Seine Frau so zu sehen, am Boden zerstört und entsetzlich verzweifelt, brach ihm schier das Herz.

"Sie ist taub?", fragte Peter noch mal nach, auch seine Stimme drohte nun zu brechen.

"Aktuell ja. Aber ich muss erst noch weitere Untersuchungen machen. Schwester, holen sie einen Rollstuhl. Das habe ich ihr auch aufgeschrieben."

"Oh Gott", murmelte der Shaolin und fuhr sich durch die Haare.

"Beruhigen sie sich. Ich kann noch nichts Genaues sagen, aber normalerweise stehen die Chancen gut, dass das Gehör zurückkehrt", erklärte er weiter und half der doch sehr widerstrebenden jungen Frau dann in den Rollstuhl, um sie zur Untersuchung zu bringen. Sie hielt ihren Blick gesenkt, sodass Peter ihr nicht mal in die Augen sehen und Mut machen konnte.

Nachdem der Arzt und die Schwestern den Raum verlassen hatten, ging Kermit zu Peter rüber und griff seinen Oberarm. Ein Kopfnicken deutete ihm an, dass sie rausgehen und warten sollten. Langsam folgte Peter seinem Freund, wenn auch mit den Gedanken ganz woanders.

Im Warteraum hatten sich mittlerweile nahezu alle Freunde und Kollegen vom Revier versammelt. Skalany und Jody standen an der Wand. Ryan, der auf der Heimfahrt im Polizeifunk davon gehört hatte, saß zwei Stühle neben Paul, der sich schon gefragt hatte, wohin Kermit verschwunden war. Blake kam grade mit einem Halter voller Kaffeebecher zurück.

Mit einer Geste deutete Kermit allen an, seinen jungen Freund nicht mit Fragen zu löchern, dann setzte er ihn zunächst neben dem Platz seines Pflegevaters ab und rieb sich die Augen. Auch Peter wirkte jetzt apathisch, sein Blick war starr vor seine Füße gerichtet, sein Körper bewegungslos.

Die anderen kamen jetzt zu Kermit, der sich ein paar Meter entfernt hatte. In kurzen Worten erklärte er, was sich in dem Krankenzimmer zugetragen hatte. Bestürzung machte die Runde und ließ sie verstummen.

"Dauerhaft?", fragte Ryan nach einem Moment.

Kermit wog den Kopf hin und her. "Der Doc meint, wahrscheinlich nicht. Aber er muss erst noch Tests machen", brummte der frühere Söldner und starrte zu Ryan rüber, dessen Gesichtsausdruck auf besondere Weise geschockt wirkte.

"Was?", fragte er argwöhnisch und starrte ihn an. Die Blicke der anderen folgten jetzt. Ryan fuhr sich über das Gesicht und warf einen Schulterblick zu Peter, der immer noch wie eine Statue in seinem Stuhl saß.

"So, wie ich Cat kennen gelernt habe, ist Musik das Wichtigste auf der Welt für sie. Neben Peter natürlich. Aber es ist ihr Lebensgefühl, etwas, das sonst auch kaum jemand nachvollziehen kann, das sie freiwillig nie aufgeben würde", führte er aus. Die anderen konnten wohl oder übel nur zustimmen, sie war ein Musik-Junkie, sie würde verzweifeln, sollte sie taub bleiben.

"Wir müssen den verdammten Scheißkerl finden, der ihr das angetan hat!", sagte Kermit jetzt mit Nachdruck und blickte in die Runde.

"Ich habe die Fahndung raus gegeben, die Bilder sind überall im Umlauf", sagte Blake und nickte Kermit zu. Der erwiderte die Geste dankbar und ließ seinen Blick dann zu Ryan wandern, starrte ihn an. Der merkte deutlich, dass er etwas, und vor allem WAS er von ihm wollte.

"Nein", meinte Ryan nur und wurde jetzt von den anderen Cops merkwürdig beäugt. Aber er ließ den Blickkontakt zu Kermit nicht abreißen, der jetzt zunehmend wütender wirkte. Die Freunde blickten zwischen den beiden Männern hin und her wie bei einem Tennismatch.

"Oh doch!", knurrte Kermit eindringlich, dem jetzt die Sicherung durchbrannten. Bei klarem Verstand hätte er diese Aufforderung nämlich nie gestellt, hätte gewusst, was er damit anrichtete. Aber die Sorge um Cat vernebelte auch seine Gedankengänge.

"So funktioniert das nicht!", machte Walker jetzt deutlicher, aber der Ex-Söldner schien wenig beeindruckt.

"Doch so funktioniert das! Es ist die einzige Möglichkeit ihn möglichst schnell zu kriegen!", donnerte er ihm entgegen.

Ryan atmete tief durch, auch er wirkte jetzt angespannt und zur Not angriffsbereit. Aber er schwieg, es wurde in der Runde mit den anderen ohnehin schon viel zu viel gesagt.

"Wovon redet ihr da? Und wer sind sie eigentlich?", hakte Paul jetzt näher nach und starrte den Fremden an.

"Ryan Walker, der neue Detective auf dem 101. Revier", sagte er knapp, ohne die Augen von Kermits Blick zu nehmen.

"Und was können sie tun, um George schnell zu finden?", mischte er sich weiter forsch und fordernd ein.

"Nichts!", sagte er überdeutlich und warf dem Ex-Captain einen kurzen, harten Blick zu. Dass Kermit ihn hier öffentlich in die Bredouille brachte, schmeckte ihm überhaupt nicht.

"Alles!", warf Kermit wiederum ein und brachte seinen Kollegen damit dazu, fast zu platzen, was dieser mit seinem Blick auch sehr deutlich machte.

"Wenn du etwas tun kannst, Ryan, MUSST du es tun!", schaltete sich jetzt Jody ein, die sich auf dem Revier auch schon mit ihm angefreundet hatte.

"Ihr habt keine Ahnung, wovon ihr redet", brummte er drohend und drehte sich dann weg, um die kleine Gruppe ein paar Meter zu verlassen. Aber Kermit ließ das nicht zu. Wütend machte er einen Schritt vorwärts, packte Ryan am Ärmel und zerrte ihn herum, was sich dieser aber nicht im Geringsten gefallen ließ. Er griff nach Kermits Arm, verdrehte ihn und schob ihn rüde von sich.

"Hör auf!", donnerte er ihm im Krankenhausflur entgegen, sodass es weit hallte und sogar Peter aus seiner Lethargie riss. Aber das bemerkte aktuell keiner.

"Nicht ehe du tust, was du kannst!", zischte er und ging wieder auf den Mann los, von dem er bei klarem Verstand eigentlich wusste, dass er ihm trotz seiner Erfahrung als Söldner unterlegen sein würde.

Ryan fing ihn ab, wirbelte ihn herum und drückte ihn mit dem Gesicht hart an die Krankenhauswand, seinen Ellenbogen im Nacken.

"Verdammt, Kermit, du hast keine Ahnung!", ließ er leise an dessen Ohr verlauten und entfernte sich dann unter den geschockten Blicken der Kollegen und Freunde, die völlig entsetzt zwischen ihnen hin und her blickten.

"HÖRT AUF!", brüllte jetzt Peter dazwischen und sah aufgebracht zu den beiden Streithähnen, "HABT IHR EIGENTLCH DEN VERSTAND VERLOREN? WAS ZUR HÖLLE DENKT IHR EUCH DABEI?"

Kermit und Ryan beruhigten sich ein wenig, warfen sich aber immer noch böse Blicke zu, begleitet von den unverständigen der Freunde.

"Frag ihn", sagte der Ex-Söldner knapp, zeigte auf Ryan und dachte, dass er damit eine Lawine ins Rollen brachte.

Peter sah jetzt zu dem neuen Cop und hob anwartend und auffordernd die Brauen.

"Tu es lieber nicht, Peter, frag nicht", meinte Ryan mit besonderem Nachdruck zu dem Shaolin, warf Kermit noch einen bitterbösen Blick zu, drehte sich um und verließ das Krankenhaus.

Er bereute nicht, dem Ex-Söldner von seiner wahren Vergangenheit erzählt zu haben, konnte dessen Reaktion sogar nachvollziehen. Kermit war aufgebracht und hilflos, deshalb dieser Angriff nach vorn, aber trotzdem hatte er einfach keine Ahnung von der Tragweite.

Es war bei weitem nicht so einfach, wie er es sich vorstellte, er hatte den Gedanken schon selbst gehabt, aber wie hoch war überhaupt die Wahrscheinlichkeit, dass es diesen ominösen George überhaupt in ihrer Datenbank gab? Vermutlich war der Fisch viel zu klein, um in diesem See schwimmen. Denn dort gab es nur Haie und große Wale, keine Heringe.

Ryan fuhr sich durch die Haare. Kermits Ausbruch hatte ihn in Bedrängnis gebracht, und er konnte nicht sicher abschätzen, wie viel er ihnen jetzt sagen würde, aufgrund der Flut von Fragen, die nun sicherlich auf ihn einhagelte. Würde Kermit die Klappe halten? Würde er abwiegeln, schweigen und damit auch den Zorn der besorgten Freunde auf sich ziehen, um ihn, -Ryan-, zu schützen.

Der ehemalige Agent wusste es nicht, allerdings konnte er aktuell auch nichts tun. Er hatte sich dermaßen mit Moon angelegt, dass es unmöglich war, jetzt Kontakt aufzunehmen und Informationen zu fordern. Im Grunde konnte er schon dankbar sein, dass das FBI nach allem, was schief gelaufen war, überhaupt noch auf ihn und seine Familie aufpasste. Ein Schutz, der für ihn und Haley überlebenswichtig und zwingend erforderlich war.

"Scheiße!", flüsterte er in die kalte Nachtluft und sah über die Schulter zurück zum Eingang. Die anderen dachten vermutlich etwas völlig falsches, und entweder ließ Kermit sie in dem Glauben, oder er klärte sie auf. Beides waren keine wirklich positiven Möglichkeiten für seine Situation. Aber sicher war, dass er sich erklären musste, wenn er das nächste Mal mit ihnen zusammentraf.

Er dachte weiter nach. Was Kermit über Peter sagte, hatte ihm lange zu denken gegeben und ihn sogar ganz tief drin schon zum Einverständnis damit gebracht, ihn und dann eben auch Cat einzuweihen. Aber sie alle? Das konnte er nicht tun. Nicht um seines Willen, und auch nicht um ihres. Die Gefahr, dass diese brisante Information nach außen ging, war viel zu groß.

Er hatte sich die letzten Jahre, nach dem knochenharten Training, im Inland unendlich viele Feinde gemacht. Die, welche auf juristisch legalem Wege nicht zu fassen waren, hatte er zusammen mit Moon, Turn und Operations zu Fall gebracht. Und das bedeutete, dass seine Identität in der Unterwelt wahrscheinlich höher gehandelt und gesucht war, als ein unbewachter Laster voller Bargeld.

Er kam so nicht weiter. Wenn er jetzt abhaute, dann würden sie üble Gedanken haben, und er hatte keine wirkliche Chance mehr, sie auszuräumen, egal was er ihnen erzählte. Ging er zurück, musste er sich der Situation stellen. Das konnte er aber erst, wenn er wusste, wie er vorgehen und was er sagen wollte. In dem Moment kam ihn sein Handy zur Hilfe und riss ihn aus den Gedanken, die sich ohnehin grade im Kreis drehten.

"Hallo Baby. Alles klar?", fragte Haley sofort, als er rangegangen war.

"Frag nicht", knurrte er müde. Sie kannte ihn viel zu gut, um nicht zu wissen, in welche Richtung die offensichtlichen Probleme gingen.

"Was ist passiert?", hakte sie sofort nach, Ryan hörte an ihrer Stimme, dass auch sie soeben auf den alten Einsatzmodus umgeschaltet hatte. Aber zunächst drehte er sich um und vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war, denn die Viper stand zu weit weg, um eben für das Gespräch hinzugehen.

"Kermit. Er ist mich öffentlich angegangen, dass ich meine Beziehungen doch nutzen soll, um den Kerl zu finden, der hinter dem Anschlag auf Cat steckt."

"Dann war es ein Anschlag? Wie geht es ihr?"

"Ja, war es. Und ihr geht es schrecklich. Körperlich nichts annähernd Lebensgefährliches. Aber sie hat ein Knalltrauma und ist taub", erklärte er gedrückt.

"Oh shit!", kommentierte Haley hörbar betroffen, "aber was hast du jetzt mit Kermit vor? Meinst du, es war nicht doch ein Fehler…?"

"Nein! Was wäre die Alternative gewesen? Ich meine, ganz ehrlich, im Endeffekt? Das weißt du so gut wie ich! Das ist vorbei, Hal. Ein für alle Mal!" sagte er entschieden. Sie wussten beide, wovon sie da sprachen, und allein die Tatsache, dass sie so etwas tun KONNTEN, wäre für jeden Menschenrechtler ein Graus.

"Und wie geht's weiter?", fragte sie, wesentlich versöhnlicher.

Ryan zuckte die Schultern, obwohl er wusste, dass sie das natürlich nicht sah. "Wenn ich das wüsste. Früher hätte ich Operations kontaktiert und um Anweisungen gebeten", sinnierte er leise, sich ein weiteres Mal umsehend.

"Nein, das hättest du nicht. Du hättest deine eigene Entscheidung getroffen und mich hinterher darüber informiert, das weißt du selbst. Also?", kam sie immer wieder auf die Frage zurück, die ihn schon beschäftigte, seit er durch die Tür ins Freie getreten war.

"Wie du schon sagtest, ich denk mir was aus. Bei euch ist alles klar?", fragte er jetzt müde.

Die ganze Geschichte war ihm viel zu weit aus dem Ruder gelaufen, etwas, das ihm früher nie passiert wäre. Er war einfach unaufmerksam geworden in den letzten Jahren. Und das konnte er sich eigentlich nicht leisten, das wusste er nur zu gut.

"Ja, ist es. Pass auf dich auf, Ryan. Pass auf UNS auf", sagte sie nachdenklich zum Abschied.

"Mach ich. Versprochen!" damit legte er auf und starrte wieder in die kalte Nacht. Und zur Tür des Krankenhauses, durch die er eben getreten war. Sollte er sie wieder durchschreiten? Konnte er alles aufklären? Und wenn ja, wie viel Lüge würde dann darin stecken? Zu viele Fragen waren noch in seinem Kopf, und er konnte erst eine Entscheidung treffen, wenn er sie für sich beantwortet hatte.

 

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